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Arbeitsqualität


Inhaltsübersicht
I. Problemstellung und geschichtliche Entwicklung
II. Grundsatzfragen der Arbeitsqualität
III. Dimensionen der Arbeitsqualität
IV. Ansatzpunkte zu einem Arbeitsqualitätsmanagement
V. Ausblick

I. Problemstellung und geschichtliche Entwicklung


Es ist noch nicht sehr lange her, dass die Qualität der Arbeit oder des Arbeitslebens ein zentraler Gegenstand der personalwirtschaftlichen Diskussion geworden ist. Es war im Wesentlichen in den 1970er-Jahren, dass der Fokus auf diesen Gesichtspunkt gelenkt wurde, damals in erster Linie von einem kritischen Impuls geleitet, der sich gegen die extreme Form der Arbeitsteilung richtete, wie sie im Zuge der weithin akzeptierten Prinzipien des Taylorismus entstanden war (Taylor,  1911; Vahrenkamp, /Volpert,  1977).
Das Taylor-System hatte zu Anfang des 20. Jahrhunderts schnell Fuß gefasst. Es ist im Wesentlichen auf die Nutzung von Spezialisierungs- und Lerneffekten ausgerichtet. Die Arbeitsprozesse werden weitgehend standardisiert und in kleinste Teileinheiten zerlegt. Der nicht-routinisierbare planerische Teil der Arbeit wurde ausgegliedert und einer darauf spezialisierten Gruppe von Ingenieuren (der sog. Arbeitsvorbereitung) zugewiesen. Das Ergebnis auf der ausführenden Ebene sind hoch spezialisierte Routineverrichtungen, die kurzfristig gelernt werden können. Das Fließband galt und gilt bis heute als letzte Steigerung des Taylor-Systems. Die durch diese, damals gänzlich neuartigen Gestaltungsprinzipien erzielten Produktivitätsfortschritte waren enorm. Diese Prinzipien sog. wissenschaftlicher Betriebsführung haben deshalb zunächst im gewerblichen, später dann auch im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich rasch Fuß gefasst (Schreyögg, /Steinmann, /Zauner, 1978).
So sehr erfolgreich das Taylor-System auf der einen Seite war, so sehr umstritten war es auf der anderen Seite. Schon früh erhob sich Protest (o. V.,  1912) und schon früh wurde auf die negativen Konsequenzen für die arbeitenden Menschen aufmerksam gemacht. Zentrale Themen der Kritik waren Sinnentleerung der Arbeit, Monotonie und Abstumpfung durch extreme Routinisierung sowie gesundheitliche Schäden infolge einseitiger Belastung.
In den 1970er-Jahren wurde diese Kritik theoretisch und praktisch manifest. In ganz Europa, und sehr stark auch in Deutschland, entstand eine Bewegung mit dem Ziel, die Arbeit (wieder) zu humanisieren und die Qualität der Arbeit zu steigern (etwa Bunz, /Jansen, /Schacht,  1973; Gaugler, /Kolb, /Ling,  1977; Matthöfer,  1978). In den USA wurde 1971 von der Regierung eine spezielle Task Force ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die immer häufiger zu registrierende Unzufriedenheit mit der Arbeit auszuleuchten und Vorschläge zur Verbesserung der Situation zu unterbreiten (o. V.,  1973). Seit dieser Zeit ist die Frage der Arbeitsqualität zentraler Bestandteil der betriebswirtschaftlichen Diskussion am Schnittpunkt von Personalwirtschaft und Organisationslehre. Der normative Impetus, die Arbeitswelt humaner zu gestalten, ist im Laufe der Jahre schwächer geworden und zugunsten anderer Gesichtspunkte in den Hintergrund getreten. Die Arbeitsqualität wird heute sehr viel häufiger im Zusammenhang mit der Steigerung der Arbeitsmotivation oder als Voraussetzung für ausgeprägte Kundenorientierung diskutiert. In den jüngsten Jahren wird die Arbeitsqualität auch sehr häufig in einen Zusammenhang mit der Personalrekrutierung gestellt und mit der Fähigkeit von Unternehmen, hoch qualifizierte Arbeitskräfte zu akquirieren und an sich zu binden.

II. Grundsatzfragen der Arbeitsqualität


Die Diskussion um die Qualität der Arbeit hat sich frühzeitig in zwei konträre Positionen gespalten. Die eine Seite stellt primär auf das subjektive Erleben ab und betont daher in erster Linie persönliche Zufriedenheitsmaße als Indikator für eine hohe Arbeitsqualität (vgl. zur Diskussion Neuberger,  1985). Dagegen betonen Vertreter der anderen Position die strukturellen Dimensionen der Arbeit und versuchen, allgemeingültige und in diesem Sinne objektive Qualitätsmerkmale zu entwickeln (z.B. Hackman, /Oldham,  1980). Im Verlauf der Diskussion hat sich allerdings rasch gezeigt, dass ein bloßes Abstellen auf Zufriedenheitsäußerungen zu kurz greift; zu vielfältig sind dazu die Gründe, die zu einer (Un-)Zufriedenheitsbekundung führen. So wiesen Bruggemann et al. (Bruggemann, /Groskurth, /Ulich, 1975) schon sehr früh darauf hin, dass Arbeitsunzufriedenheit konstruktiv gemeint sein kann im Sinne einer kontinuierlichen Suche nach Verbesserung. Und umgekehrt kann sich hinter einer Arbeitszufriedenheitsbekundung in Wirklichkeit eine resignative Haltung verbergen, die dann unter Umständen sogar – und dies nur scheinbar paradox – mit körperlichen und psychosomatischen Beschwerden korreliert (Semmer, /Udris,  1993). Äußerungen über Arbeitszufriedenheit sind bedeutsam und gehören ohne Zweifel in den Kontext von Arbeitsqualität, sie lassen aber keinen einfachen Schluss auf hohe erlebte Arbeitsqualität zu. Erst wenn der Bezugsrahmen für das Urteil bekannt ist, kann die Zufriedenheitsäußerung qualifiziert werden. Um den Bezugsrahmen der Arbeitsaufgaben bezeichnen zu können, müssen aber zunächst einmal intersubjektiv gültige Dimensionen der Arbeitsqualität entwickelt sein.

III. Dimensionen der Arbeitsqualität


1. Weite Fassung


Die Frage nach den Dimensionen der Arbeitsqualität wird in einem weiten und in einem engeren Sinne beantwortet. Die weitere Fassung stellt auf den gesamten Arbeitskontext ab und versucht, alle diejenigen Dimensionen zu identifizieren, die die Qualität des Arbeitslebens bestimmen. Bekannte Konzepte zu dieser weiten Fassung sind etwa das 2-Faktoren-Modell von Herzberg (Herzberg,  1968) oder das High-Involvement-Management (Lawler,  1991); auch die erwähnte U.S.-Task Force verwendet die weite Fassung. Bei aller Unterschiedlichkeit im Detail lässt sich doch ein mehr oder weniger fester Kanon von Dimensionen erkennen, der in den Konzepten der weiten Fassung Verwendung findet (vgl. auch Frieling,  1999). Dazu gehören vor allem

-

Arbeitsumgebung (Lärm, Staub, Hitze, Licht usw.)

-

Arbeitsorganisation (Arbeitszeit, Stress, Überlastung, Unter- bzw. Überforderung usw.)

-

Organisatorische Rahmenbedingungen (Information, Arbeitsplatzsicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten, Weiterbildung, Frauenförderung, Organisations-/Unternehmenskultur; Mitbestimmung usw.)

-

Soziales Umfeld ( Führungsstil und Führungserfolg; Verhältnis zu Kollegen, Gruppenklima, Verhältnis zu angrenzenden Gruppen usw.)

-

Entlohnung (Gehalt, Lohngerechtigkeit; Sozialleistungen, betriebliche und Sozialeinrichtungen; geldwerte Leistungen usw.)

-

Arbeitsinhalt (Varietät, Autonomie, Bedeutung, Rückkoppelung, Ganzheitlichkeit usw.)


Fasst man Arbeitsqualität in dieser Breite, ergibt sich allerdings ein grundsätzliches Problem, und zwar sowohl theoretischer als auch praktischer Natur. Zum einen wird es schwer, hier überhaupt eine Grenze zu ziehen. Alle Faktoren, die in irgendeiner Weise auf die Arbeit Einfluss nehmen, werden hier automatisch zu Qualitätsdimensionen. Das Feld potenzieller Einflussfaktoren ist damit unbegrenzt. Zusätzlich zu den oben genannten lassen sich im Prinzip Faktoren in fast unbegrenzter Zahl hinzufügen, wie etwa Lieferanten-, Kundenbeziehungen oder Kooperation mit anderen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Ein Management der Arbeitsqualität wäre dann gleichzusetzen mit Personalwirtschaft oder noch breiter mit Unternehmensführung schlechthin. Dies ist offenkundig zu weit, um daraus ein tragfähiges Qualitätskonzept ableiten zu können. Es empfiehlt sich daher, ein selektiveres Konzept zu wählen, ohne dabei allerdings zu implizieren, dass die anderen nicht berücksichtigten Faktoren keine größere Bedeutung hätten. Der prominenteste Vorschlag, Arbeitsqualität in einem engeren Sinne zu bestimmen, läuft darauf hinaus, den Arbeitsinhalt in das Zentrum zu rücken.

2. Engere Fassung: Arbeitsinhalt


Ausgangspunkt der meisten Überlegungen zum Arbeitsinhalt ist der Handlungsspielraum, den das einzelne Organisationsmitglied bei seiner Tätigkeit hat. Zu diesem Zweck wird für gewöhnlich in zwei Dimensionen unterschieden, nämlich in den Tätigkeitsspielraum einerseits und den Entscheidungs- und Kontrollspielraum andererseits. Unter Tätigkeitsspielraum ist der Grad an Varietät in den Tätigkeiten zu verstehen, wobei sich die Varietät nicht nur nach der Zahl unterschiedlicher Operationen, sondern qualitativ auch nach dem Ausmaß der Unterschiedlichkeit (Distanz) richtet. Der Entscheidungs- und Kontrollspielraum ist durch das Ausmaß selbstständiger Planungs-, Organisations- und Kontrollbefugnisse bestimmt. Interpretiert man diese beiden Dimensionen als unabhängig (orthogonal) voneinander, so lässt sich der Handlungsspielraum eines bestimmten Arbeitsplatzes als Punkt in einem zweidimensionalen Koordinatensystem darstellen (vgl. Abb. 1).
Arbeitsqualität
Abb. 1: Der Handlungsspielraum eines Arbeitsplatzes (nach Ulich, /Groskurth, /Bruggemann,  1973, S. 65).
Eine interessante Erweiterung hat dieses Konzept der Dimensionen des Arbeitsinhaltes durch Hackman und Oldham (Hackman, /Oldham,  1980) erfahren. Sie unterscheiden anstelle der dargelegten zwei die folgenden fünf Dimensionen:

-

Aufgabenvielfalt, d.h. das Ausmaß, in dem die Ausführung einer Arbeit unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten verlangt.

-

Ganzheitscharakter der Aufgabe, d.h. das Ausmaß, in dem die Tätigkeit die Erstellung eines abgeschlossenen und eigenständig identifizierbaren „ Arbeitsstückes “ verlangt.

-

Bedeutungsgehalt der Aufgabe, d.h. das Ausmaß, in dem die Tätigkeit einen bedeutsamen und wahrnehmbaren Nutzen für andere innerhalb und außerhalb der Organisation hat.

-

Autonomie des Handelns, d.h. das Ausmaß, in dem die Arbeit dem Beschäftigten Unabhängigkeit und einen zeitlichen und sachlichen Spielraum bei der Arbeitsausführung lässt.

-

Rückkoppelung, d.h. das Ausmaß an Information, das der Arbeitsplatzinhaber über die Ergebnisse seiner Arbeit erhält.


Zwei der fünf Kerndimensionen von Hackman, / und Oldham, entsprechen den Dimensionen des Handlungsspielraum-Konzepts, nämlich die „ Aufgabenvielfalt “ dem „ Tätigkeitsspielraum “ und die „ Autonomie des Handelns “ dem „ Entscheidungs- und Kontrollspielraum “ .
Die Dimension „ Ganzheitscharakter der Aufgabe “ stellt eine wichtige Ergänzung dar. Sie verweist auf die Bedeutung, die die Erstellung eines abgeschlossenen und eigenständig identifizierbaren Arbeitsstückes für ein positives Erleben der Arbeitssituation hat. Eine Erhöhung des Variationsgrades der Arbeitsvollzüge geht nicht automatisch mit einer Komplettierung der Arbeitsvollzüge in Richtung auf ein in sich abgeschlossenes Arbeitsstück einher. Deshalb erscheint es einsichtig, diesen Aspekt als eigenständige Dimension des Arbeitsinhaltes anzusehen. Diese Dimension hat in der neueren Diskussion um die Prozessorganisation eine ganz neue Relevanz erhalten (Hammer, /Champy,  1994; Osterloh, /Frost,  2003). Auch dort wird vehement die Wiederherstellung vollständiger Prozesszyklen verlangt. Dies allerdings nicht primär mit dem Ziel, die Arbeitsqualität zu steigern, sondern die vielen, durch eine forcierte Arbeitsteilung entstandenen Schnittstellen und die daraus resultierenden Koordinationsprobleme zu reduzieren. Die Arbeitsqualität spielt dabei aber auch insofern eine wichtige Rolle, als integrierte Prozesszyklen wesentlich höhere Anforderungen an die Beschäftigten stellen, die nur bei hinreichender Motivation bewältigbar sind.
Eine breitere Dimensionierung der Arbeitsqualität legt Hacker (Hacker,  1999) mit dem Konzept der „ vollständigen Arbeitstätigkeit “ vor. Diese ist definiert als eine Tätigkeit „ mit beeinträchtigungsarmen und potenziell gesundheits- und persönlichkeitsfördernden Wirkungen für anforderungsgerecht Ausgebildete “ (S. 393). Sie umfasst folgende wünschenswerte Merkmale:

-

Ausreichende Aktivität, d.h., es muss ein hinreichendes Maß an Möglichkeiten für selbst veranlasstes Eingreifen in den Arbeitsprozess geben.

-

Eigenverantwortliche Zielsetzungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, d.h., es muss hinreichende Möglichkeiten geben, auf den Zielbildungsprozess und die Verfahrensweise bei der Zielerreichung einzuwirken. Wesentliche Voraussetzung ist eine differenzierte Rückmeldung über die Arbeitsergebnisse.

-

Hinreichende Denkanforderungen, d.h., die Tätigkeit soll ausreichende Möglichkeiten bieten, die Arbeit selbst vorzustrukturieren und auftretende Probleme zu lösen.

-

Kooperation, d.h., die Tätigkeit muss ein ausreichendes Maß an Kooperation mit anderen Personen und Abteilungen beinhalten wie auch die Entwicklung sozialer Kompetenz ermöglichen.

-

Disponibilität und  Lernen, d.h., die Tätigkeit soll die Möglichkeit bieten, vorhandene Qualifikationen zu nutzen und neue auf andere Aufgaben übertragbare Qualifikationen zu erwerben.


Im Unterschied zu Hackman, / und Oldham, betont dieses Konzept zusätzlich die soziale Einbettung als Qualitätsmerkmal und eine dynamische Komponente im Sinne eines kontinuierlichen Lern- und Veränderungsprozesses in der Arbeit selbst (auf Systemebene vgl. dazu auch Schreyögg, /Noss,  2000).
Arbeitsqualität
Abb. 2: Qualität von Tätigkeiten im Vergleich.

IV. Ansatzpunkte zu einem Arbeitsqualitätsmanagement


Entsprechend der oben getroffenen Unterscheidung ist auch bei der praktischen Umsetzung zwischen einem weiteren und einem engeren Qualitätskonzept zu unterscheiden. Maßnahmen zur Messung und Steigerung der Arbeitsqualität im weiten Sinne umfassen das gesamte Spektrum der personalwirtschaftlichen Arbeit und können deshalb an dieser Stelle nicht im Detail dargelegt werden (Bertram,  1996). Die Hauptansatzpunkte wurden oben aufgezeigt: Lohngerechtigkeit, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Lärm, Staub, Beleuchtung usw..
Für die Bearbeitung der Arbeitsqualität im engeren Sinne liegt eine Reihe von Vorschlägen vor, auch wenn diese nicht immer als Maßnahmen des „ Qualitätsmanagement “ bezeichnet werden. Jede Maßnahme zur Verbesserung der Qualität setzt zunächst einmal eine Bestandsaufnahme voraus, die eine Bewertung des aktuellen Qualitätsniveaus zulässt. Dies setzt einerseits ein geeignetes Messverfahren voraus, das die qualitätsbestimmenden Faktoren zuverlässig erfasst. Zum anderen setzt dies einen Bewertungsmaßstab voraus, der eine Aussage darüber zulässt, wie der erfasste Zustand einzuschätzen ist.
Nachdem Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsqualität in der Regel nicht kostenlos, sondern im Gegenteil mit erheblichen Kosten verbunden sind, ist der Bewertungsmaßstab auch im Spannungsfeld von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen zu diskutieren. Häufig findet sich die Argumentation, dass eine Steigerung der Arbeitsqualität in jedem Falle zu einer Steigerung der Produktivität und damit letztlich der Rentabilität führe (z.B. Herzberg,  1968; Lawler,  1991). Eine solche klare und eindeutige Beziehung ließ sich indessen nicht immer finden. Dies führt uns zurück zur Ausgangsthese, dass eine Steigerung der Arbeitsqualität nicht nur unter Rentabilitäts-, sondern auch unter ethischen und Humanitätsgesichtspunkten diskutiert werden muss (Schreyögg, /Steinmann, /Zauner, 1978, S. 48 ff.; Kreikebaum,  1996). Bei der Frage, wieviel Arbeitsqualität angestrebt werden kann und soll, wird immer wieder die Notwendigkeit angemahnt, persönliche Unterschiede bei den Beschäftigten zu berücksichtigen (so z.B. Ulich,  2005). Eine solche Relativierung des Qualitätskonzeptes machte allerdings jede Maßnahme der Qualitätsverbesserung zu einem Individualproblem und damit praktisch unlösbar (vgl. zu dieser Kontroverse Schreyögg, /Steinmann,  1980; Ulich,  1993; Ethik in der Personalwirtschaft).
Lässt man diese Grundsatzfragen beiseite und fragt nach einer praktischen Umsetzung des Arbeitsqualitätsgedankens, so steht die Bestandsaufnahme im Vordergrund, die den Verbessungsbedarf anzeigt. Hierfür bieten sich in besonderem Maße die Diagnostikprofile an, wie sie Hackman/Oldham (Hackman, /Oldham,  1980) entwickelt haben. Diese Profile zeigen die Stärken und Schwächen eines Arbeitsplatzes auf den dargelegten fünf Qualitätsdimensionen des Arbeitsinhalts auf. Der dabei bestimmte Qualitätswert ist nicht absolut, sondern ergibt sich durch die Art der Metrik (7-stufige Likertskalen). Aus der Gegenüberstellung eines gewünschten (oder intern zwischen den Interessengruppen ausgehandelten) Niveaus der Arbeitsqualität und dem IST-Profil ergeben sich sodann Anhaltspunkte für Verbesserungsmaßnahmen. Ferner können zu Vergleichszwecken die Profile verschiedener Tätigkeiten gegenübergestellt werden (vgl. Abb. 2).
Zeigen sich bei der Messung der Arbeitsqualität Defizite, so sind zur konkreten Verbesserung des Tätigkeitsinhalts im Wesentlichen vier arbeitsorganisatorische Maßnahmen entwickelt worden. Abb. 3 zeigt sie im Überblick.
Arbeitsqualität
Abb. 3: Arbeitsorganisatorische Modelle im Überblick.
In den letzten Jahren hat vor allem die Veränderung der Arbeitsinhalte auf Gruppenebene (Teamarbeit) an Bedeutung gewonnen. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass eine Anreicherung der Arbeit mit zahlreichen Randbedingungen konfrontiert ist, die bei diesen Maßnahmen zu berücksichtigen sind und den Gestaltungsspielraum beeinflussen. Neben der Technologie (Orlikowski,  2000) spielt dabei die Interdependenz der Aufgaben (Thompson,  1967) eine herausragende Rolle.

V. Ausblick


Die Frage der Arbeitsqualität ist jahrelang in ihrer Bedeutung unterschätzt worden. Von einem systematischen Arbeitsqualitätsmanagement in der Praxis kann auch heute nur in seltenen Fällen die Rede sein. Die neuen Formen der Organisation, vor allem die Netzwerkorganisation und die flache Hierarchie, haben jedoch in jüngster Zeit nachhaltig darauf hingewiesen, dass alle diese Organisationsmodelle nur dort eine Realisierungschance haben, wo bei den Beschäftigten durch eine hinreichend hohe Arbeitsqualität Interesse und Bereitschaft vorhanden ist, solche auf Eigeninitiative ausgerichteten Formen der organisatorischen Kooperation mitzutragen. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich das Qualitätsmanagement der Zukunft erweitert und sich nicht nur auf Produktmerkmale oder Prozessvorschriften konzentriert, sondern auch die Qualität der Arbeit selbst miteinbezieht.
Literatur:
Bertram, C. : Qualität in der Personalarbeit, München, Mering 1996
Bruggemann, A./Groskurth, P./Ulich, E. : Arbeitszufriedenheit, Bern 1975
Bunz, A. R./Jansen, R./Schacht, K. : Qualität des Arbeitslebens, Bonn 1973
Frieling, E. : Arbeitsanalyse und Arbeitsgestaltung, in: Arbeits- und Organisationspsychologie, hrsg. v. Hoyos, C. G., Weinheim 1999, S. 468 – 487
Gaugler, E./Kolb, M./Ling, B. : Humanisierung der Arbeitswelt und Produktivität, 2. A., Ludwigshafen 1977
Hacker, W. : Regulation und Struktur von Arbeitstätigkeiten, in: Arbeits- und Organisationspsychologie, hrsg. v. Hoyos, C. G./Frey, D., Weinheim 1999, S. 385 – 397
Hackman, J. R./Oldham, G. R. : Work redesign, Reading/Mass. 1980
Hammer, M./Champy, J. : Business Reengineering, 2. A., Frankfurt a.M., New York, 1994
Herzberg, F. : One more time: How do you motivate employees?, in: Harvard Business Review, Jg. 46, 1968, Bd. 1, S. 53 – 62
Kreikebaum, H. : Grundlagen der Unternehmensethik, Stuttgart 1996
Lawler, E. E. III. : High-Involvement-Management, San Francisco 1991
Matthöfer, H. : Humanisierung der Arbeit und Produktivität in der Industriegesellschaft, 2. A., Frankfurt a.M. 1978
Neuberger, O. : Arbeit. Begriff, Gestaltung, Motivation, Zufriedenheit, Stuttgart 1985
o.V., : Hearings before Special Committee of the House of Representatives to Investigate the Taylor and other Systems of Shop Management under Authority of House Resolution 90, Washington D.C. 1912
o.V., : Work in America, Report of a Special Task Force to the Secretary of Health, Education, and Welfare, Cambridge et al. 1973
Orlikowski, W. J. : Using Technology and Constituting Structures: A Practice Lens for Studying Technology in Organizations, in: Organization Science, Jg. 11, 2000, S. 404 – 428
Osterloh, M./Frost, J. : Prozessmanagement als Kernkompetenz, 4. A., Wiesbaden 2003
Schreyögg, G./Noss, C. : Von der Episode zum fortwährenden Prozess – Wege jenseits der Gleichgewichtslogik im Organisatorischen Wandel, in: Organisatorischer Wandel und Transformation, Managementforschung 10, hrsg. v. Schrey;ögg, G./Conrad, P., Wiesbaden 2000, S. 33 – 62
Schreyögg, G./Steinmann, H. : Arbeitsstrukturierung am Scheideweg, in: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, Jg. 36, 1980, S. 75 – 78
Schreyögg, G./Steinmann, H./Zauner, B. : Arbeitshumanisierung für Angestellte, Stuttgart et al. 1978
Semmer, N./Udris, I. : Bedeutung und Wirkung von Arbeit, in: Lehrbuch für Organisationspsychologie, hrsg. v. Schuler, H., Bern 1993, S. 133 – 166
Taylor, F. W. : The principles of scientific management, New York 1911
Thompson, J. D. : Organizations in action, New York 1967
Ulich, E. : Gestaltung von Arbeitstätigkeiten, in: Lehrbuch Organisationspsychologie, hrsg. v. Schuler, H., Bern et al. 1993, S. 189 – 207
Ulich, E. : Arbeitspsychologie, 6. A., Stuttgart 2005
Ulich, E./Groskurth, P./Bruggemann, A. : Neue Formen der Arbeitsgestaltung, Frankfurt a.M. 1973
Vahrenkamp, R./Volpert, W. : Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung (Taylor, F. W. 1913), Weinheim, Basel 1977

 

 


 

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