Arbeitszufriedenheit
Inhaltsübersicht
I. Arbeitszufriedenheit: Definition, Theorie, Messung, Ursachen und Konsequenzen
II. Dynamische Sicht: Formen der Arbeitszufriedenheit
III. Einige Schlussfolgerungen und aktuelle Themen der Arbeitszufriedenheitsforschung
I. Arbeitszufriedenheit: Definition, Theorie, Messung, Ursachen und Konsequenzen
Schon vor über 25 Jahren hat Locke (Locke, 1976) mehr als 3.000 Studien gezählt, die sich mit unterschiedlichen Aspekten von Arbeitszufriedenheit (AZ) beschäftigen. Es finden sich eine Reihe von Gründen für das starke Interesse an der AZ. Diese Gründe umfassen etwa die einfache Messbarkeit mit „ paper-pencil “ Instrumenten, das landläufige Verständnis eines engen Zusammenhangs von Zufriedenheit mit anderen bekannten Konzepten und Variablen wie Führung, Leistung, Belohnung, Gruppenprozesse usw. Und nicht zuletzt der Umstand, dass Zufriedenheit von den allermeisten Menschen als ein hohes Gut betrachtet wird, wonach es sich zu streben lohnt.
Wenn seitdem auch die Zahl neuer Veröffentlichungen zurückgegangen ist, die Forschung und Praxis zur AZ ist weiter lebendig (Roznowski, /Hulin, 1992). Arbeitszufriedenheit bleibt ein wichtiges Gebiet in den Arbeits-, Organisations- und Personalwissenschaften, allerdings mit diffusem Status. Denn die empirisch orientierten Arbeiten in diesen Gebieten betrachten AZ als quantitative unabhängige, abhängige und/oder Moderator-/Mediatorvariable (zum Überblick Cranny, /Smith, /Stone, 1992; Fischer, 1991; Spector, 1997).
Obgleich ein großer Umfang an Ergebnissen zur AZ vorliegt und Aktivität und Eifer in dieser Forschung unverkennbar sind, so lassen sich doch Probleme nicht ignorieren. Einer der wesentlichen Gründe ist die lose Koppelung zwischen Theorie und Messung. Wir finden hier eine geradezu paradoxe Situation vor: Während AZ als eines der am meisten untersuchten Konzepte gelten kann, ist es gleichzeitig eines der theorieärmsten; denn AZ-Theorien greifen fast ausnahmslos auf Motivationstheorien zur Erklärung von AZ zurück, eigenständige AZ-Theorien finden wir so gut wie nicht. Arbeitszufriedenheit wird bis heute verstanden und definiert als „ the achievement of one\'s job values in the work situation results in the pleasurable emotional state known as job satisfaction “ (Locke, /Henne, 1986, S. 21). Die Mehrzahl der Definitionen anderer Autoren lautet ähnlich, auch wenn sie sich in der Konzeption dessen, was unter „ achievement of one\'s job values “ verstanden wird, unterscheiden mögen.
Der schwachen eigenständigen theoretischen Fundierung der AZ steht eine enge Verbindung zwischen Motivations- und Zufriedenheitsforschung gegenüber. Diese Verbindung ist durch Inhalts-, Prozess- und Zielsetzungstheorien der Motivation gekennzeichnet. Während Inhaltstheorien wie die von Maslow, /, Herzberg, /, Alderfer, / oder McClelland, / etwas darüber aussagen, was Gegenstand von Arbeitsmotivation und deren Entwicklung ist – also zentrale menschliche Bedürfnisse und Motive benennen (z.B. Wertschätzung oder Selbstverwirklichung in der Pyramide von Maslow, /, Hygiene- und Motivationsbedürfnisse bei Herzberg, /, Daseins- und Existenzbedürfnisse bei Alderfer, /, Leistungs-, Macht- und Affiliationsbedürfnisse bei McClelland, /), beschäftigen sich die Prozesstheorien wie die von Vroom, / oder Porter, / und Lawler, / damit, wie Prozesse des Verhaltens ablaufen, also angetrieben, gerichtet und beendet werden; dabei stehen Variablen wie Erwartung und Instrumentalität von Handlungen und die Valenz der Ergebnisse im Mittelpunkt. Die Zielsetzungstheorie von Locke, / und Latham, / geht schließlich davon aus, dass Ziele das Handeln motivieren und lenken und dass das Erreichen von Zielen wesentliche motivationale Grundlage menschlichen Handelns darstellt (zum Überblick z.B. Heckhausen, 1989; Locke, 1997; Weinert, 1998). Der begrenzte Erfolg dieser Theorien zur Erklärung von AZ hat zum einen mit der Trennung in Inhalte und Prozesse und zum anderen damit zu tun, dass je getrennt weder Inhalts-, Prozess- noch Zieltheorien menschliches Arbeitshandeln umfassend zu erklären vermögen (Büssing, 1998). Die aktuelle Motivationsforschung zeigt Wege auf und bietet integrative motivationale bzw. volitionale Ansätze, die näher beim Handeln sind, so etwa Selbstregulationstheorien oder das Rubikon-Model von Heckhausen, / und Gollwitzer, (zum Überblick Gollwitzer, /Bargh, 1996; zusammenfassend Büssing, 2002). Allerdings, die Entwicklungen spielen sich nahezu ausschließlich im Theoretischen ab (z.B. Locke, 1997).
Zur Messung von einstellungsbezogener AZ haben sich vor allem Fragebogen durchgesetzt, die kognitiv-affektive Einstellungen zu unterschiedlichen Aspekten erfassen lassen. Neben Fragebogen, die AZ über eine gewichtete oder ungewichtete Summation von Urteilen über verschiedene Aspekte der Arbeit zu erfassen und eine Gesamtzufriedenheit zu schätzen versuchen, finden wir Instrumente, die nach verschiedenen Bereichen von Arbeit und dementsprechenden Skalen unterscheiden, z.B. Kollegen, Vorgesetzter, Tätigkeit, Arbeitsbedingungen, Entwicklung, Bezahlung, wobei diese Skalen meist beachtlich korreliert sind. Darüber hinaus existieren zahlreiche weitere Methoden zur Messung der AZ, so etwa die Messung mit nur einem Item zur Gesamtzufriedenheit oder über grafische Darstellungen, wie z.B. die sogenannten Kunin-Gesichter. Im Folgenden werden bekannte deutsch- und englischsprachige Instrumente zusammengestellt, die in der Mehrzahl der AZ-Studien eingesetzt werden.
- | Skala zur Messung von Arbeitszufriedenheit (SAZ) (Fischer, /Lück, 1972) – Gesamt | - | Arbeitsbeschreibungs-Bogen (ABB) (Neuberger, /Allerbeck, 1978) – Bereiche | - | Aspekte der Arbeitszufriedenheit (AZ-ASPE) (Büssing, 1992) – Gesamt | - | Minnesota Satisfaction Questionnaire (MSQ) (Weiss, /Dawis, /England, et al. 1967) – Bereiche | - | Job Descriptive Index (JDI) (Smith, /Kendall, /Hulin, 1969) – Bereiche | - | Job Diagnostic Survey (JDS) (Hackman, /Oldham, 1975) – Bereiche | - | Job Satisfaction Survey (JSS) (Spector, 1985) – Bereiche | - | Job in General Scale (JIG) (Ironson, /Smith, /Brannick, et al. 1989) – Gesamt |
Zu unterscheiden von der AZ sind verwandte Konstrukte wie Organisationsklima, Arbeitsmoral, Arbeitsorientierung etc. Payne/Fineman/Wall (Payne, /Fineman, /Wall, 1976) haben zur Unterscheidung verschiedener arbeitszufriedenheitsnaher Konstrukte eine Fassettenanalyse vorgeschlagen, die nach den drei Fassetten Datenquelle (Individuum, Kollektiv), Bezugsgröße (Arbeitsplatz, Organisation) und Art der Aussage (Beschreibung, Bewertung) trennt und zu acht Kombinationen kommt, wobei die Fassettenkombination „ Individuum-Arbeitsplatz-Bewertung “ die AZ und „ Kollektiv-Organisation-Beschreibung “ das gleichfalls populäre Betriebs- und Organisationsklima abbildet. Nach der Fassettenanalyse verbietet es sich aus Validitätsgründen, AZ-Urteile etwa zur Schätzung des Organisationsklimas durch Aggregierung heranzuziehen, ein Vorgehen, das man leider immer wieder beobachten kann.
Die Forschung zur AZ kann in vier Kategorien eingeteilt werden: die Suche nach Ursachen, Moderatoren/Mediatoren, Konsequenzen und nach der Rate von AZ bzw. Arbeitsunzufriedenheit (AUZ). Bei der Suche nach Ursachen beziehen sich nicht wenige Studien direkt oder indirekt auf die Überlegungen von Herzberg, der mit seiner Zwei-Faktorentheorie zwischen Ursachen für AZ (sog. Motivatoren, z.B. Arbeitsinhalt, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten) und AUZ (sog. Hygienefaktoren, z.B. Lohn, Arbeitsmittel) unterscheidet (Herzberg, /Mausner, /Bloch-Snyderman, 1959). Als Ursachen für AZ werden etwa genannt: Merkmale von Arbeitsinhalt und Arbeitsumgebung, soziale Beziehungen bei der Arbeit, Information und Mitsprache, Förderung und Weiterbildung, Arbeitsplatzsicherheit u.v.a.m.; als Moderatoren und Mediatoren kommen etwa für den Zusammenhang von AZ und Arbeitsleistung Variablen wie Selbstkonzept, Selbstwirksamkeitserleben, Leistungsmotivation, Zielerreichung, positive Stimmung, erlebte Sinnhaftigkeit der Arbeit und Verantwortlichkeit für Arbeitsergebnisse in Betracht (z.B. Judge, /Bono, /Thoreson, et al. 2001; Locke, /Henne, 1986).
Mit Bezug auf die Konsequenzen von AZ hat sich die Forschung mit bekannten Aspekten des Verhaltens in der Arbeit wie Absentismus (z.B. Goldberg, /Waldman, 2000) oder Arbeitsleistung (Judge, /Bono, /Thoreson, et al. 2001) befasst. Metaanalytische Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass etwa in Bezug auf Absentismus keine engen Korrelationen mit der AZ bestehen; so erreichen die Werte für Absentismus nur sehr selten .40, und die mittlere Korrelation fällt mit .09 ernüchternd aus (Hackett, /Guion, 1985). Man muss hier offenbar genauer differenzieren und beispielsweise unterscheiden danach, ob sich jemand der unbefriedigenden Arbeitssituation aufgrund von Spielräumen zeitweise entziehen kann oder ihr ausgeliefert und daher für Absentismus anfälliger ist (z.B. bei der Fließbandproduktion).
Darüber hinaus zeigen Metaanalysen eine eher schwache Beziehung von mittels Einstellungsmessung erfasster AZ auf der einen Seite und verschiedenen Parametern von Arbeitsleistung auf der anderen Seite, als da sind Vorgesetztenurteile oder objektive Maße für Qualität, Quantität (Umsätze, erledigte Fälle) etc.. Die mittleren Korrelationen variieren gering im Bereich von .17 (Iaffaldano, /Muchinsky, 1985). Eine jüngst vorgelegte Metaanalyse von Judge/Bono/Thoreson et al. (Judge, /Bono, /Thoreson, et al. 2001) kommt zu einer mittleren Korrelation von .30, die zwar substanziell höher, aber dennoch nicht hoch ausfällt. Dieses Ergebnis zeigt, dass ein – wenn auch moderater – Zusammenhang von AZ und Arbeitsleistung vorliegt, und es daher nicht gerechtfertigt ist, diesen Zusammenhang zu ignorieren. Es ist vielmehr wichtig zu untersuchen, wie der Zusammenhang differenziert werden kann anhand der erwähnten Moderator- und Mediatorvariablen.
Ergebnisse zahlloser Untersuchungen zur AZ verweisen auf hohe bis sehr hohe Zufriedenheitsraten. Raten, die nicht selten 90% und mehr an Zufriedenen ausweisen und in kaum einer Studie in die Nähe von oder gar unter 60% kommen. Natürlich sind die Unternehmen an der Kenntnis über den Umfang von AZ stark interessiert, gilt doch AZ als Maßstab für humane Arbeit und als Ausdruck für glückliche Mitarbeiter und eine leistungsfähige Organisation. Daher verwundert es nicht, dass sich die Ermittlung von AZ-Raten weltweit großer Beliebtheit erfreut, weitgehend unabhängig von Kultur- und Gesellschaftsunterschieden. Doch ebenso unabhängig von diesen Unterschieden gelten die hohen Zufriedenheitsraten (Büssing, 1992).
Was sind die Gründe für diese eindrucksvollen Raten an Arbeitszufriedenen? Berücksichtigt man die negativen Stellungnahmen, die befragte Arbeitnehmer im Rahmen von Zufriedenheitsstudien in Interviews und Gesprächen über ihre Arbeitssituation immer wieder äußern, so verwundern die hohen Quoten. Wie ist es zu vereinbaren, dass Klagen über mangelnden Arbeits- und Gesundheitsschutz, schlechte Arbeitsbedingungen und Organisation, mangelnde Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten usw. gemacht werden und gleichzeitig der Löwenanteil von Belegschaften hohe bis sehr hohe Zufriedenheit in Befragungen nennt? Vor solchem Hintergrund erscheinen positive Zufriedenheitsergebnisse nicht selten artifiziell (z.B. Büssing, 1991; Neuberger, 1985).
II. Dynamische Sicht: Formen der Arbeitszufriedenheit
In Bezug auf Konzept und Messung der AZ ist der Umstand, dass einstellungsbasierte AZ situationale Faktoren in der Arbeit außer Acht lässt, ein besonderes Problem. Denn der Grad der AZ bringt die Übereinstimmung zum Ausdruck zwischen Zielen/Anspruchsniveau einer Person und der Arbeitssituation, es handelt sich um einen Soll-Ist-Wert-Vergleich. Darauf hebt das Modell der verschiedenen Formen von AZ von Bruggemann (Bruggemann, 1974) ab. In diesem Modell wird das Verhältnis zwischen Person und Situation als dynamisch verstanden: Veränderungen der Arbeitssituation durch die Person in Abhängigkeit von ihren situationalen Kontroll- und Einflussmöglichkeiten werden ebenso berücksichtigt wie Veränderungen der Ziele und des Anspruchsniveaus auf der Seite der Person. In diesem Licht ist AZ nicht ein Produkt, sondern Abbild eines Prozesses, und es geht nicht um Quantitäten, sondern um Qualitäten von Zufriedenheit.
Abb. 1: Erweitertes Modell der Formen von Arbeitszufriedenheit (Bruggemann, 1974; Büssing, 1991)
In den vergangenen Jahren wurde das Modell von Bruggemann (Bruggemann, 1974), von Büssing und Mitarbeitern eingehend untersucht und ergänzt (Büssing, 1991; Büssing, 1992; Büssing, /Bissels, 1998; Büssing, /Bissels, /Fuchs, et al. 1999; Büssing, /Bissels, /Herbig, et al. 1999). Es werden sechs Formen von AZ (siehe Abb. 1) in Abhängigkeit von vier Kernvariablen unterschieden, wobei das ursprüngliche Modell um die wahrgenommene Kontrollierbarkeit ergänzt wurde (Büssing, 1991).
Nach dem Modell entwickelt sich AZ bzw. AUZ in einem vierstufigen Prozess: (1) Arbeits(un)zufriedenheit resultiert aus dem Passungsgrad zwischen individuellen Ansprüchen und Erwartungen (Soll-Wert) und der gegebenen Arbeitssituation (Ist-Wert) einerseits, und (2) der wahrgenommenen Kontrollierbarkeit andererseits. Aufgrund von (3) Veränderungen im Anspruchsniveau (Senkung, Erhöhung, Aufrechterhaltung) und (4) Problembewältigungsverhaltensweisen werden die sechs verschiedenen Formen von AZ bzw. AUZ vorhergesagt.
Empirische Untersuchungen zu diesem Modell stützen sich vornehmlich auf den von (Bruggemann, 1976) vorgelegten Arbeitszufriedenheits-Kurzfragebogen (AZK), der Fragen zum Anspruchsniveau und Items zu den verschiedenen Formen von AZ umfasst. Die Erfassung von Formen der AZ mittels Fragebogen wurde naheliegenderweise kritisch diskutiert (z.B. Büssing, 1991; Neuberger, 1985), und es wurden alternative, insbesondere qualitative Methoden wie etwa Interview- oder Kartenlegetechniken vorgeschlagen (Büssing, /Bissels, /Fuchs, et al. 1999), deren praktischer Einsatz allerdings nicht immer unproblematisch sein dürfte. Hervorzuheben sind drei Ergebnisse zu diesem Modell. Erstens, Formen von AZ können valide und reliabel voneinander unterschieden werden, insbesondere der Anteil der resignativ zufriedenen Personen bewegt sich in Größenordnungen von 15% bis zu 45% und der der konstruktiv Unzufriedenen erreicht in einigen Untersuchungen 30% (z.B. Büssing, 1992). Zweitens, die Formen von AZ hängen stärker an situationalen Faktoren wie der wahrgenommenen Kontrollierbarkeit als an dispositionellen Faktoren der Person. Drittens, Formen von AZ verhalten sich nicht wie psychologische Typen, d.h. sie sind insbesondere nicht stabil über einen längeren Zeitraum.
Obgleich das Modell einen allgemein als wichtig erachteten Fortschritt in der Forschung zur AZ markiert, hat es sich bis heute insbesondere in der Praxis nicht durchgesetzt. Wenig ist bekannt über die Bedingungen und Konsequenzen der verschiedenen Formen, die Güte der Methoden zur Erfassung, und es finden sich nur wenige Studien, die dieses Modell näher untersuchen und mit vorherrschenden Modellen der AZ vergleichen (z.B. Büssing, /Bissels, /Fuchs, et al. 1999).
III. Einige Schlussfolgerungen und aktuelle Themen der Arbeitszufriedenheitsforschung
Für den praktischen Einsatz in Organisationen etwa im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen liegen eine Fülle von Ergebnissen und die oben genannten sowie weitere Instrumente aus der AZ-Forschung vor. Bei allen Problemen, die mit der Messung von AZ verbunden sind, so kommt ihr nichts desto trotz eine wichtige Rolle zu, um die Bedürfnisbefriedigung der Mitarbeiter zu ermitteln, denn Arbeiten und Arbeitsleistung im Unternehmen sind kein Selbstzweck, sie dienen den Menschen nicht zuletzt auch dazu, sich zu entwickeln, Ziele und Werte zu verwirklichen, die Gesundheit und Persönlichkeit zu fördern. Eine differenzierte AZ-Messung beispielsweise zu den Bereichen Kollegen, Vorgesetzte, Bildung, Entwicklung, materielle Arbeitsbedingungen, Arbeitstätigkeit, Bezahlung, Sozialleistungen, Organisation und Führung kann Grundlage für das Erstellen von Profilen sein, die Vergleiche ermöglichen und Schwerpunkte von Zufriedenheit und Unzufriedenheit erkennen lassen. Im Sinne eines Screenings können solche Ergebnisse Mitarbeiter- und Gruppengesprächen dienen, in denen die Ergebnisse vertieft besprochen und den Wünschen und Zielen der Mitarbeiter gegenüber gestellt werden. So können die Ergebnisse zum Ausgangspunkt für Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen werden. Weniger geeignet sind solche AZ-Messungen hingegen für die Prognose von Leistung, Arbeitsverhalten oder zur Veröffentlichung von AZ-Raten.
Im Unterschied zu der Messung von AZ im Sinne einer Quantität kann die Erfassung der Formen von AZ Aufschluss über Qualitäten geben. Arbeitende können nicht mehr einfach in Zufriedene und Unzufriedene gruppiert werden und komfortable AZ-Raten nicht so ohne weiteres organisationale Strukturen, die Verteilung von Ressourcen oder Selektion und Entwicklung rechtfertigen helfen. Auch kann AUZ nicht umstandslos zum Anlass von kritischen Maßnahmen werden, denn es dürfte von Bedeutung sein, ob z.B. die AUZ der Mitarbeiter überwiegend von konstruktiver oder fixierter Form ist. Unter den sechs Formen der AZ scheinen die beiden Formen der resignativen AZ und der konstruktiven AUZ nicht zuletzt für Unternehmen von besonderem Interesse.
Nach den Ergebnissen verschiedener Studien (vgl. z.B. Büssing, 1992; Büssing, /Bissels, /Fuchs, et al. 1999) müssen wir davon ausgehen, dass resignierte AZ mit einer Abnahme an Wohlbefinden, Arbeitsleistung, von Anstrengung und Zielsetzung und einem Widerstand gegen Veränderungen und damit auch einer begrenzten beruflichen Entwicklung verbunden ist. Dies ist aber keineswegs immer mit persönlicher Resignation verknüpft, sondern kann mit einer Verschiebung von Ansprüchen auf andere Lebensbereiche einhergehen und bemerkenswerterweise ein aktives Denken und Handeln in Bezug auf Hobbys, Familie oder andere Beschäftigungen zur Folge haben. Gerade dieser Umstand sollte Unternehmen zu denken geben und Anlass sein, durch differenzierte Maßnahmen der Arbeitsgestaltung, also etwa über „ job enlargement “ oder „ job enrichment “ frühzeitig der Veränderung bzw. Verlagerung von Ansprüchen und Zielen in der Arbeit vorzubeugen. Allerdings ist die Führung und das Management von resigniert Arbeitszufriedenen keine Angelegenheit kurzer Dauer, da diese AZ-Form das Ergebnis eines länger dauernden Konflikts zwischen individuellen Ansprüchen und den Strukturen und Bedingungen der Arbeit ist. Prävention scheint hier also bei weitem der kosteneffektivere Weg zu sein.
Bei konstruktiver AUZ kann hingegen zum einen von erhöhter Fluktuation ausgegangen werden, zum anderen sind Aktivitäten und Engagement für organisationale Veränderungen sowie ein differenziertes Zielsetzen charakteristisch für diese AZ-Form. Es wäre demnach verfehlt, konstruktive AUZ einseitig als organisationales Konfliktpotenzial zu verstehen; vielmehr sollte das kritische Veränderungs- und Entwicklungspotenzial dieser AZ-Form gesehen werden. Da konstruktive Arbeitsunzufriedene über Frustrationstoleranz verfügen und Problemlöseverhalten zeigen, sollte dies in organisationale Veränderungen eingeplant und in Prozesse der Personal- und Organisationsentwicklung eingebracht werden. Gibt man dieser Gruppe die Gelegenheit, kritische Momente ihrer Arbeit in Qualitätszirkel, andere Problemlösegruppen oder teilautonome Gruppen einzubringen, unterstützt man ihre Veränderungsbereitschaft und ermöglicht ihnen Situationskontrolle. Insgesamt sollten Organisationen konstruktive Arbeitsunzufriedene in einem positiven Licht sehen; denn in der sich immer schneller verändernden Arbeitswelt wird hoch motiviertes, kritisches und qualifiziertes Personal benötigt, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.
Eine aktuelle Richtung der AZ-Forschung gilt der Rolle von Dispositionen. Nach Arvey/Carter/Buerkley (Arvey, /Carter, /Buerkley, 1991) ist von einer Verteilung von Varianz für die Erklärung von AZ auszugehen, die sich neben einem Anteil von 40% bis 60% an situationalen Faktoren, zu 10% bis 30% aus dispositionellen Personenfaktoren und zu etwa 10% bis 20% aus Varianz zusammensetzt, die einer Interaktion zwischen Person und Situation zuzuordnen ist. Um zu verstehen, wie die dispositionellen und situationalen Variablen auf AZ wirken, bedarf es einer Klärung der zugrunde liegenden Variablen und ihres Zusammenhangs. Einige Forschung wurde dazu in den vergangenen Jahren durchgeführt, so etwa von Judge/Locke/Durham (Judge, /Locke, /Durham, 1998).
Der Einfluss von Dispositionen auf die AZ wirft Fragen nach Selektion, Entwicklung und Förderung von Arbeitnehmern in Unternehmen auf und berührt damit die mit der AZ eng verbundene „ happy worker is the productive worker “ These. Allerdings hat, wie erwähnt, die AZ-Forschung selbst keine überzeugenden Belege geliefert, die diese These stützen können. Aktuelle Forschung etwa von Wright/Staw (Wright, /Staw, 1999) zieht Dispositionen zur Erklärung heran. Die Ergebnisse ihrer Längsschnittstudie im Feld weisen auf direkte Effekte von Persönlichkeitsdispositionen auf Leistung ebenso wie auf Moderatoreffekte von positiver und negativer Stimmung und Affektivität auf den Zusammenhang zwischen AZ und Leistung hin. Diese Ergebnisse wurden aus verschiedenen Gründen kritisiert. Eine Sorge von Ledford (Ledford, 1999) gilt den Implikationen, die aus den Ergebnissen zum Einfluss von Dispositionen gezogen werden können: „ If only trait-based happiness leads to performance, it is pointless to try to make employees happier as a way of improving performance. ? This eliminates the arguments for pay levels, working conditions, job designs, leadership styles, and so on ? " (S. 27).
Einen anderen Weg, diese Frage zu bearbeiten, sind (Büssing, /Bissels, /Herbig, et al. 1999) gegangen. In einer Laborstudie haben sie Leistungsunterschiede für verschiedene Formen von AZ verglichen und dabei eine Reihe dispositioneller Faktoren kontrolliert. Die Ergebnisse zeigen höhere Leistungen vor allem der konstruktiv AUZ, die ihr Anspruchsniveau nicht gesenkt und eine Kontrollierbarkeit ihrer Arbeitssituation wahrgenommen haben. Dispositionelle Persönlichkeitsfaktoren sind dafür nicht verantwortlich. Vor anderem theoretischen Hintergrund kommen Zhou/George (Zhou, /George, 2001) zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie stellen fest, dass Arbeitnehmer mit hoher AUZ die vergleichsweise höchste Kreativität zeigen, wenn sie in der Organisation verbleiben und Unterstützung erhalten.
Arbeitszufriedenheit ist nicht auf die Arbeit begrenzt, zumal in einer Zeit mit zunehmend flexiblen, entgrenzten, virtualisierten Unternehmen und Arbeitsplätzen. Beim Passieren von Büro-, Unternehmenseingang oder Werkstor lassen Arbeitnehmer ihre Arbeitserlebnisse, ihre Gedanken und Gefühle nicht zurück. Vielmehr finden wir eine enge Wechselbeziehung zwischen dem Leben in der Arbeit und dem Leben außerhalb in Bezug auf Motivation und Zufriedenheit, die unter neuen dezentralisierten Formen von Arbeit wie etwa Telearbeit geradezu selbstverständlich werden. Vor diesem Hintergrund berührt AZ nicht nur die Lebens-, Familien- und Freizeitzufriedenheit, sondern auch ganz unterschiedliche Rollen und deren gegenseitigen Einfluss in den verschiedenen Lebenswelten in Arbeit, Familie und Freizeit (z.B. Barnett, 1998. Nicht nur zum Zweck der Analyse, auch und besonders für Maßnahmen der Intervention und organisationalen Entwicklung sollte daher der Zusammenhang der Lebenswelten in die Forschung und Praxis der AZ integriert werden.
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