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Gewinnverwendung


Inhaltsübersicht
I. Begriffseingrenzung
II. Regelungen der Gewinnverwendung
III. Darstellung und Prüfung der Gewinnverwendung

I. Begriffseingrenzung


Ausgangspunkt der Gewinnverwendung ist das buchhalterisch ermittelte Periodenergebnis, das dem Eigenkapital unter Berücksichtigung vorzeitiger Entnahmen zusteht. Im Einzelnen umschließt dies die Gewinnverteilung innerhalb des Gesellschafterkreises sowie die Abstimmung zwischen Ausschüttung und Gewinnthesaurierung. Statt „ Gewinnverwendung “ sind auch Begriffe wie „ Verwendung des Jahresergebnisses “ (§§ 268 I, 270 II HGB), „ Verwendung des Ergebnisses “ (§ 29 I, II GmbHG) oder „ Verwendung des Jahresüberschusses “ (§ 58 AktG, § 48 I GenG) gebräuchlich. Wegen der offensichtlichen Interessenkollisionen mit der Existenzsicherung der Unternehmung sowie zwischen Eigenkapitalgebern sind umfangreiche institutionelle Regelungen der Gewinnverwendung entstanden.

II. Regelungen der Gewinnverwendung


Art und Grad der Gewinnverwendungsregelungen sind stark durch die jeweilige Rechtsform geprägt.

1. Personengesellschaften


Für Personengesellschaften finden sich die gesetzlichen Regelungen der Verteilung von Gewinn und Verlust im HGB, speziell in § 121 für die OHG, § 168 für die KG und § 231 für die Stille Gesellschaft. Demgemäß steht dem OHG- und KG-Gesellschafter zunächst eine Verzinsung seines eingebrachten Kapitals in Höhe von 4% zu (bzw. ein entsprechend geringerer Satz, soweit der Jahresgewinn nicht ausreicht); hierbei werden Einlagen und Entnahmen zeitanteilig berücksichtigt. Höhere Gewinne sowie Verluste werden bei der OHG „ nach Köpfen “ , bei der KG und der Stillen Gesellschaft hingegen nach Würdigung der Umstände anteilig verteilt. Als dispositives Recht sind diese Normen abdingbar und werden regelmäßig durch (gesellschafts-)vertragliche Vereinbarungen präzisiert. Auf diese Weise kann einerseits stärker die Existenz der Unternehmung durch Gewinneinbehaltung gesichert, andererseits die Bemessung der Ausschüttung nicht nur an der Höhe des Kapitaleinsatzes oder der Mitarbeit der Gesellschafter ausgerichtet werden. Gerade deren unterschiedliche Haftungsposition, die entweder, wie beim Kommanditisten (§ 171 I HGB) und beim Stillen Gesellschafter (§ 232 II), auf die Einlage beschränkt ist oder sich bei unbeschränkter Haftung durch abweichende private Vermögensmassen unterscheidet, bleibt andernfalls unbeachtet.

2. Aktiengesellschaft


Die Gewinnverteilung der AG orientiert sich am Verhältnis der Einlagen des einzelnen Aktionärs am gesamten (eingezahlten) Aktienkapital, wobei die Satzung andere Regelungen vorsehen kann (§ 60 AktG). Die Ausschüttung bzw. Gewinnthesaurierung bestimmt sich aus nicht abdingbaren gesetzlichen Vorschriften, die insbes. auf eine Ausschüttungsbegrenzung zum Erhalt eines Mindesthaftungsvermögens abzielen, und einer situativen Gestaltbarkeit über Satzung und Kompetenzzuordnung an die Organe. Schematisch fasst Abb. 1 diese Gewinnverwendungsrechnung in Anlehnung an § 158 I AktG zusammen.
Gewinnverwendung
Abb. 1: Gewinnverwendungsrechnung einer AG (bei Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat)
Ausgangspunkt der Verwendungsrechnung ist der um einen Verlustvortrag verminderte Jahresüberschuss, wovon vorab 5% in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden müssen, solange bis die Summe aus gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklage 10% – oder einen nach Satzung höheren Prozentsatz – des Grundkapitals beträgt (§ 150 II AktG). Diese vorgeschriebene Gewinnthesaurierung dient allein dem Ausgleich eines Jahresfehlbetrages oder eines Verlustvortrages, soweit diese nicht durch einen Gewinnvortrag bzw. Jahresüberschuss oder durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen gedeckt werden können (§ 150 III AktG). Der die vorgeschriebene Grenze übersteigende Betrag darf einen um einen Gewinnvortrag verminderten Jahresfehlbetrag oder einen um den Jahresüberschuss gekürzten Verlustvortrag ausgleichen, soweit nicht gleichzeitig Gewinnrücklagen zur Ausschüttung aufgelöst werden; alternativ kann dieser Betrag zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln beigezogen werden (§ 150 IV AktG).
Bei der Aufstockung der Gewinnrücklagen steht die Dotierung der anderen Gewinnrücklagen im Zentrum; ansonsten werden gesetzliche Vorschriften (Rücklagen für eigene Anteile § 272 IV HGB) und satzungsmäßige Vereinbarungen (§ 272 III HGB) erfüllt oder es handelt sich – wie bei der Einstellung gewisser Eigenkapitalanteile in die anderen Gewinnrücklagen (§ 58 IIa AktG) – um zwischenzeitlich praktisch bedeutungslose Regelungen (ADS, 1995). Entscheidend ist hierbei, in wessen Zuständigkeit die Feststellung des Jahresabschlusses fällt: Liegt dieses Recht bei der Hauptversammlung, kann die Satzung vorsehen, dass bis zur Hälfte des korrigierten Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt wird (§ 58 I AktG). Stellen hingegen Vorstand und Aufsichtsrat, also die „ Verwaltung “ , den Jahresabschluss fest, wovon i.d.R. auszugehen ist, so dürfen sie bis zu 50% des korrigierten Jahresüberschusses den anderen Gewinnrücklagen zuführen. Die Satzung kann die Verwaltung ermächtigen, einen größeren Teil des korrigierten Jahresüberschusses einzustellen, im Falle nicht-börsennotierter Gesellschaften ( „ Kleine AG “ ) auch eines beliebig kleineren Teils. Diese Satzungsbestimmung wird allein dadurch begrenzt, dass die anderen Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals nicht übersteigen dürfen (§ 58 II AktG).
Die Auflösung von Rücklagen erfolgt im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses (ADS, 1995), fällt demzufolge i.d.R. in die Zuständigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat. Soweit keine Zweckbindungen dem entgegenstehen, darf die Verwaltung insbes. Entnahmen aus den anderen Gewinnrücklagen tätigen, unabhängig davon, auf wessen Beschluss hin sie gebildet wurden.
Als Ergebnis der Gewinnverwendungsrechnung gem. Tab. 1 resultiert der Bilanzgewinn (bzw. der Bilanzverlust). Diesen kann die Hauptversammlung vollständig oder anteilig als – ggf. zweckgebundene – andere Gewinnrücklagen, aber auch freiwillig in der gesetzlichen Rücklage thesaurieren (§§ 58 III, 174 AktG). Alternativ dazu kann der einzubehaltende Teil des Bilanzgewinns auch auf neue Rechnung vorgetragen werden. Diese Möglichkeit, die meist nur zum Spitzenausgleich genutzt wird, um einen „ glatten “ Prozentsatz bzw. Geldbetrag zur Ausschüttung freizugeben, hat aus Sicht der Hauptversammlung den Vorteil, auch im Folgejahr als Gewinnvortrag wieder in ihrem Ermessen zu stehen, mithin der Disposition durch Vorstand und Aufsichtsrat entzogen zu sein. Die Hauptversammlung darf den Bilanzgewinn (bzw. dessen nicht thesaurierten Teil) aber auch an die Aktionäre ausschütten (§ 58 IV AktG); eine Dividende von 4% schließt dabei die Anfechtung des Gewinnverwendungsbeschlusses aus (§ 254 I AktG). Diese Ausschüttung ist u.U. durch Beschluss – etwa aufgrund in der Satzung vorgesehener gemeinnütziger Verwendung (§ 58 III 2 AktG) – oder durch Satzung und Gesetz beschränkt. Beispiele hierfür sind Ausschüttungsverbote im Falle einer Kapitalherabsetzung oder betragsmäßige Vorfestlegungen wie eine Satzungsbestimmung, welche einen Gewinnvortrag erzwingt oder verbietet (ADS, 1995).
Die diesbezüglichen US-amerikanischen Institutionen sind hingegen erheblich einfacher strukturiert, als, soweit nicht per Satzung geregelt, über die Gewinnverwendung – einschließlich der Dividendenzahlung – allein vom Board of Directors befunden wird; gesetzliche Ausschüttungssperren existieren dabei nur in einigen Staaten (Haller, 1994). Auch die IFRS kennen eine Gewinnverwendungsrechnung im Sinne von Abb. 1 nicht; es empfiehlt sich jedoch ein entsprechender Ausweis (etwa aufgrund IAS 1.76).

3. GmbH


Die Gewinnverwendung der GmbH entspricht im Tenor derjenigen der AG, ohne eine entsprechende Regelungsdichte zu erreichen (§ 29 GmbHG): Den Gesellschaftern steht im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile (oder nach einem vertraglich anderen Schlüssel) der Jahresüberschuss korrigiert um den Vortrag des Vorjahres zu. Einschränkungen bestehen hierbei durch Gesetz (z.B. die Rücklage für eigene Anteile), durch Gesellschaftsvertrag und durch Gesellschafterbeschluss. Sieht der Gesellschaftsvertrag die Dotierung von Rücklagen vor (verpflichtend oder im Ermessen der Geschäftsführung) oder werden Rücklagen aufgelöst, haben die Gesellschafter Anspruch auf den Bilanzgewinn.

III. Darstellung und Prüfung der Gewinnverwendung


1. Gewinnverwendung im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften


Die Regelungen der Gewinnverwendung bauen auf dem Jahresabschluss der Gesellschaft auf. Eine Verwendungsrechnung im Konzernabschluss ist zwar erwägenswert und in der Praxis durchaus gängig, aber letztlich allein deswegen systemwidrig, weil die zuständigen Organe im Konzern fehlen (Küting, 1998). Im Einzelabschluss ist dabei zu unterscheiden, ob die Gewinnverwendung Auswirkungen auf die Bilanz des betreffenden Jahres hat, d.h. bereits bei ihrer Feststellung Berücksichtigung findet, oder erst im Folgejahr aufgenommen wird: Diesbezüglich räumt der Gesetzgeber insofern ein Wahlrecht ein, als die Bilanz unter Berücksichtigung vollständiger oder teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden darf (§ 268 I HGB; zu Einschränkungen siehe §§ 270 II, 272 IV Satz 3 HGB; §§ 150 I, 300 AktG); letzteres ist für die AG und die KGaA der Regelfall, für die GmbH hingegen eine Option. In der GuV dürfen Rücklagenveränderungen erst nach dem Posten „ Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag “ aufgeführt werden (§ 275 IV HGB). Für die Aktiengesellschaft und die KGaA, nicht jedoch für andere Kapitalgesellschaften, existiert hierfür ein Rechenschema, das die GuV fortführt oder in den Anhang aufzunehmen ist (§§ 158 I, 278 III AktG). Dieses – sachlich demjenigen der Abb. 1 entsprechend – empfiehlt sich auch für andere Kapitalgesellschaften, da sie Vorschlag und Beschluss zur Verwendung des Ergebnisses jedenfalls beim Handelsregister einzureichen haben (§ 325 I Satz 1 HGB).
Die Gewinnverwendungsrechnung stellt einen zentralen Baustein der umfassenderen Eigenkapitalveränderungsrechnung dar. Die Bilanz bei vollständiger Verwendung des Jahresüberschusses betont insoweit schärfer ihre Verzahnung mit der GuV. Die auszuschüttende Dividende wird dabei eigentlich aus den Gewinnrücklagen (nicht aus dem Jahresüberschuss) gespeist, sodass ihr Ausweis als Verbindlichkeit folgerichtig erscheint (wie etwa IAS 10.13, Dörner, D./Wollmert, P./Oser, P. 2002).
Bei der Aktiengesellschaft unterbreitet der Vorstand der Hauptversammlung einen Vorschlag zur Verwendung des Bilanzgewinns (§ 170 II AktG), der zuvor vom Aufsichtsrat zu prüfen, jedoch nicht festzustellen ist (§ 171 I AktG). Dessen vorgeschriebene Mindestgliederung ist in Abb. 2 um die Position „ satzungsmäßige andere Verwendung “ (gem. § 58 III 2 AktG) und um Unterpunkte erweitert worden, welche den geschilderten Rechten der Hauptversammlung und den möglichen Aktiengattungen differenziert genügen (ähnlich ADS, 1995). Weicht die Hauptversammlung von der Vorstandsvorlage ab, ist Abb. 2 um den zusätzlichen (Steuer-)Aufwand aufgrund dieses Beschlusses zu ergänzen (§ 174 II AktG).
Gewinnverwendung
Abb. 2: Verwendungsvorschlag für den Bilanzgewinn

2. Prüfung der Gewinnverwendung


Mit einer Beschlussprüfung ist die Rechtsgültigkeit aller dargestellten Gewinnverwendungsentscheidungen zu kontrollieren. Dies umschließt zum Einen die Einhaltung formaler Regelungen (wie Zuständigkeit und Beschlussfähigkeit der jeweiligen Organe, Ladungsfristen etc.) sowie den rechnerischen Abgleich, ob die relevanten Werte (insbes. Jahresüberschuss und Bilanzgewinn) korrekt ermittelt wurden. Zu verifizieren sind allerdings nur diejenigen Aspekte der Gewinnverwendung, welche im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses tangiert sind. Der Vorschlag des Vorstandes zur Verwendung des Bilanzgewinns zählt hingegen nicht dazu, abweichende Voten der Hauptversammlung nur insofern, als die errechneten zusätzlichen (Steuer-)Aufwendungen zu prüfen sind. Zum Anderen ist die materielle Vereinbarkeit mit Gesetz, Satzung und Vertrag einschließlich eventueller Verletzungen konfliktärer Normen Bestandteil der Prüfung. Dazu zählen auch verdeckte Erfolgsverwendungen, soweit sie gesellschaftsrechtlich bedeutsam sind (wie Zuwendungen an Gesellschafter außerhalb der Gewinnverwendungsrechnung) oder indirekt, wie steuerlich zu berücksichtigende verdeckte Gewinnausschüttungen, die auf die Bezugsgrößen (z.B. das Jahresergebnis) Einfluss haben. Der Übergang zur Prüfung, ob die Darstellung der Gewinnverwendung im Jahresabschluss gesetzeskonform erfolgt, ist mithin fließend, als die Einhaltung aller diesbezüglicher Normen (einschließlich der Erläuterungspflichten) abzuklären ist.
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, 6. A., bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., Stuttgart ab 1995
Baetge, J. : Bilanzen, 8. A., Düsseldorf 2005
Dörner, D./Wollmert, P./Oser, P. : IAS 10, Erfolgsunsicherheiten und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, in: Rechnungslegung nach International Accounting Standards (IAS), hrsg. v. Baetge, J./Dörner, D./Kleekämper, H. et. al., 2. A., Stuttgart 2002
Coenenberg, A. G. : Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. A., Stuttgart 2005
Haller, A. : Die Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, 4. A., Stuttgart 1994
Küting, K. : Die Darstellung der Erfolgsverwendung im Konzernabschluß, in: BB 1998, S. 887 – 891, 938 – 944
Schmidt, R.-B. : Wirtschaftslehre der Unternehmung, Band 3 Erfolgsverwendung, Stuttgart 1978
Selle, B. : Gewinnverteilung bei der OHG – Eine ökonomisch gerechte Regelung?, in: DB 1993, S. 2040 – 2043
Wagner, F. W./Wangler, C. : Gewinnverteilung und Gewinnverwendungspolitik, in: HWF, 3. A., Stuttgart 2001, Sp. 982 – 994

 

 


 

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