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Gewinnverteilung und Gewinnverwendungspolitik


Inhaltsübersicht
I. Problemstellung
II. Gewinnverteilung und Entnahme- bzw. Ausschüttungsregelungen
III. Gewinnverwendungspolitik

I. Problemstellung


Als Gewinn oder Verlust wird die Saldogröße zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen einer Periode (korrigiert um Einlagen und Entnahmen) bzw. zwischen den periodischen Erträgen und Aufwendungen bezeichnet, die sich aufgrund einer doppelten Buchführung ergibt. Der Gewinn als buchhalterische Größe ist keine Zielgröße von Investoren. Die Zielgrößen von Investoren werden nicht durch Gewinne, sondern durch Entnahmen bzw. Dividenden sowie durch Abfindungen bzw. Veräußerungserlöse für Kapitalanteile gebildet.
Aus der Sicht des allein verfügungsberechtigten Kapitaleigners einer Unternehmung ist eine Bindung der Entnahme bzw. Ausschüttung an buchhalterische Gewinne sowohl für den Fall einer Reinvestition als auch für den Fall des Konsums der ausgeschütteten Mittel nicht einsichtig. Bei einer Reinvestition der Entnahmen sollte aus der Sicht des Kapitaleigners ein Vergleich zwischen intern und extern erzielbarer Rendite für die Höhe der Entnahmen entscheidend sein. Hohe Gewinne im Unternehmen sind aus dieser Sicht eher ein Argument gegen Entnahmen, während bei Ausbleiben von Gewinnen die finanziellen Mittel eher rentableren externen Anlagen zugeführt werden sollten. Bei der Verwendung der Entnahmen für Konsumzwecke sollte deren Höhe nicht vom Vorliegen buchhalterischer Gewinne, sondern von der Zeitpräferenz des Kapitaleigners abhängig sein.
Dennoch werden die Ausschüttungen aus Unternehmen häufig in Abhängigkeit von der Rechtsform des Unternehmens durch Gesetz oder vertragliche Regelungen an buchhalterisch ermittelte Gewinne gekoppelt. Dadurch wird die Ausschüttungspolitik auf die Verwendung von Gewinnen eingeschränkt. Trotz der bei einer Verknüpfung von Ausschüttung und Gewinn im Individualkalkül erläuterten Verstöße gegen rationales Verhalten kann eine solche Verknüpfung eingesetzt werden, um eine konfliktschlichtende Abgrenzung zwischen den Verfügungskompetenzen unter mehreren Gesellschaftern sowie den Organen einer Gesellschaft zu erreichen. Dies gilt sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften, wobei bei letzteren die Notwendigkeit einer Ausschüttungsbegrenzung zur Erhaltung eines Mindesthaftungsvermögens hinzukommt. Die Möglichkeit, sich bei der Abgrenzung von Verfügungskompetenzen auf robuste und justiziable Größen verlassen zu können, die aufgrund gesetzlich normierter Ansatz- und Bewertungsvorschriften ermittelt werden, tritt gegenüber den möglichen allokativen Defiziten einer auf Gewinne begrenzten Ausschüttung in Gesellschaftsverträgen und im AktG in den Vordergrund.
Hierdurch wird eine Problemlage geschaffen, die es als sinnvoll erscheinen lässt, das Ausschüttungsproblem in der verengten Version der Gewinnverteilung und Gewinnverwendungspolitik zu thematisieren.

II. Gewinnverteilung und Entnahme- bzw. Ausschüttungsregelungen


Ein positiver buchhalterischer Periodenerfolg (Gewinn) wächst dem Eigenkapital zu, ein negativer (Verlust) mindert es. Probleme bezüglich der Verteilung eines Gewinns sind maßgeblich von der gewählten Rechtsform abhängig; dieses Kriterium gibt daher die weitergehende Gliederung vor, die auf die beiden idealtypischen Gesellschaftsformen der OHG und der AG beschränkt wird.

1. Gewinnverteilung und Entnahmeregelung bei der OHG

a) Gewinnverteilung


Die OHG ist eine Personengesellschaft, bei der die Gesellschafter den Gläubigern unbeschränkt haften. Wie jeder Kaufmann hat die OHG zum Schluss des Geschäftsjahres durch eine Bilanz den Gewinn oder Verlust festzustellen. Das so ermittelte Ergebnis des Geschäftsjahrs wird zunächst rechnerisch, also rein buchmäßig, unter die Gesellschafter verteilt; d.h. ein Gewinn wird den Kapitalkonten gutgeschrieben, ein Verlust von denselben abgebucht. Den Gesellschaftern steht das Recht zu, Leistungen aller Art mit gesellschaftsrechtlicher Wirkung entweder im Rahmen der Gewinnermittlung oder im Rahmen der Gewinnverteilung zu vergüten. Geht man davon aus, dass die Gewinnermittlung Ermessensspielräume enthält, so wird hierdurch implizit bereits die Gewinnverteilung beeinflusst. Die handelsrechtliche Gewinnverteilung ist somit von den Regelungen des Bilanzrechts und von denen bezüglich der Vergütungen der Gesellschafter abhängig (Sudhoff, H. 1985). Die Maßgrößen für eine angemessene Vergütung der Gesellschafter bestehen vor allem im Kapitaleinsatz und dem Arbeitseinsatz, der im Idealfall nicht über den Zeiteinsatz, sondern über die Produktivität der Gesellschafter zu definieren ist (Gilson, R.J./Mnookin, R.H. 1984/85; Mc Chesney, 1982). Es ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter bei Vereinbarung eines Gesellschaftsvertrags für ihre Beteiligung mindestens alternativ erlangbare Entgelte fordern. Da sie darüber hinaus mit ihrem Privatvermögen haften, für das sie keine Verzinsung von der Gesellschaft erhalten, werden sie für dessen Verlustrisiko ebenfalls eine Prämie erwarten. Die gesetzliche Gewinn- und Verlustverteilung in der OHG ist wie folgt geregelt: Nach § 121 HGB steht zunächst jedem Gesellschafter ein Anteil am Jahresgewinn in Höhe von 4% seines Kapitalanteils zu. Der verbleibende Gewinnrest wird nach Köpfen verteilt. Reicht ein Gewinn nicht für eine vierprozentige Verzinsung der Kapitalkonten aus, so werden diese mit demjenigen niedrigeren Prozentsatz verzinst, der zu einer vollständigen Verteilung des Gewinns führt. Verluste werden nach Köpfen verteilt.
Der gesetzlichen Regelung mit einer relativ niedrigen Kapitalverzinsung liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Arbeitseinsatz die entscheidende Gewinnquelle sei. Dies gilt um so mehr, als die Kapitalkonten i.d.R. unterbewertet sind, sodass die auf die Anteilswerte bezogene Effektivverzinsung meist unter vier Prozent liegt, wenn man den Marktwert des Gesellschaftsvermögens zugrunde legt (Wangler, C. 1994).
Da § 121 HGB dispositives Recht darstellt, wird die Gewinnverteilung in der üblichen Vertragsgestaltung den individuellen Verhältnissen der jeweiligen Gesellschaft angepasst (Morck, W. 1980), wobei für die Verteilung der Gewinne gemäß den Kapitalanteilen empfohlen wird, diese jeweils in einen festen Teil (Kapitalkonto I) und einen variablen Teil (Kapitalkonto II) aufzuspalten und nur ersteren als Maßstab für die Gewinnverteilung zu verwenden und letzteren marktüblich zu verzinsen (Huber, U. 1988). Damit wird erreicht, dass die Verteilungsschlüssel für die Gewinnverteilung sowie gegebenenfalls auch für Entnahmerechte, Stimmrechte und Nachschusspflichten der Gesellschafter stabil bleiben.

b) Entnahmeregelung


Die buchhalterische Gewinnverteilung hat zunächst keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entnahmemöglichkeiten der Gesellschafter. Das Gesetz unterscheidet zwischen Entnahmen nach Maßgabe des Kapitalanteils und der Gewinnentnahme: Nach § 122 I Hs. 1 HGB ist jeder Gesellschafter berechtigt, Entnahmen in Höhe von 4% seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten (positiven) Kapitalanteils zu tätigen. Dieses Kapitalentnahmerecht besteht unabhängig davon, ob ein Gewinn erwirtschaftet wurde. Dies kann damit begründet werden, dass sich das Gesetz die OHG als eine Gesellschaft vorstellt, deren Gesellschafter ihren Lebensunterhalt aus dem Gesellschaftsvermögen bestreiten und ihre Konsumausgaben nicht von der Erzielung buchhalterischer Gewinne abhängig machen können. Deshalb genießt die Entnahmenotwendigkeit gegenüber der Erhaltung des Kapitalanteils Priorität. Unbeschadet seines Kapitalentnahmerechts ist jeder Gesellschafter nach § 122 I Hs. 2 HGB berechtigt, auch die Auszahlung seines die Kapitalentnahme übersteigenden Anteils am Gewinn des letzten Jahres zu verlangen, soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht (Gewinnentnahmerecht). Das gesamte Entnahmerecht erlischt jedoch mit der Feststellung der nächsten Bilanz.
In vielen Gesellschaftsverträgen wird festgelegt, dass bestimmte Teile der auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Gewinne nicht entnommen werden dürfen. Derartige Gewinnanteile verbessern die ökonomische Position der betroffenen Gesellschafter nur insoweit, als sie zur Erhöhung der künftigen Gewinnerwartungen und in der Folge auch der künftigen Entnahmemöglichkeiten entsprechend der festgelegten Entnahmequote führen. Auch die mögliche Abfindung im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gesellschaft wird durch die Entnahmebeschränkung erhöht, wenn die Abfindung an den Stand des Kapitalkontos anknüpft.

2. Gewinnverteilung und Ausschüttungsregelung bei der AG


Um die Gewinnverteilung und die Ausschüttungsregelung des AktG darstellen zu können, ist ein Rückgriff auf die im HGB für Kapitalgesellschaften vorgesehenen Eigenkapitalpositionen erforderlich. Das Gezeichnete Kapital entspricht nach § 272 I HGB dem Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Zu der gesondert auszuweisenden Kapitalrücklage gehören alle Einlagen, die nicht gezeichnetes Kapital sind. Als zweite Rücklagenart sind die Gewinnrücklagen unter dem Eigenkapital auszuweisen. Als Gewinnrücklagen dürfen nach § 272 III Satz 1 HGB nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind.
Für die Erfolgsverbuchung kommt entweder die Position der Gewinnrücklagen oder die Position des Gewinn-/Verlustvortrags in Frage. Der Ausweis der Ergebnisverwendung erfolgt in Abhängigkeit von der Rechtsform der Kapitalgesellschaft, wobei hier nur die aktienrechtlichen Regelungen dargestellt werden.

a) Gewinnverteilung


Die Gewinnverteilung bei Aktiengesellschaften ist in § 60 AktG geregelt. Danach entscheidet über die Aufteilung des zur Ausschüttung beschlossenen Gewinns in erster Linie die Satzung und in zweiter Linie das Gesetz. Schweigt die Satzung, so richtet sich der Gewinnanteil des einzelnen Aktionärs nach dem Verhältnis der von ihm geleisteten Einlage zur Einlageleistung aller Aktionäre. Sind die Einlagen auf das Grundkapital bezüglich aller Aktien in demselben Verhältnis zu den Aktiennennbeträgen geleistet, so bestimmen sich die Anteile der Aktionäre am Gewinn nach dem Verhältnis der Aktiennennbeträge. Liegt dagegen eine der Höhe oder der Zeit nach ungleiche Einlageleistung vor, so soll den Aktionären auf die tatsächlich geleistete Einlage zeitanteilig eine Vorabdividende von 4% zukommen (§ 60 II AktG). Erreicht der zur Verteilung bereitstehende Gewinn die genannte Höhe nicht, so kommt ein entsprechend niedrigerer Satz zur Anwendung. Übersteigt der zur Verteilung bereitstehende Gewinn hingegen die genannte Höhe, so wird der übersteigende Teil nach dem Verhältnis der Nennwerte verteilt.

b) Ausschüttungsregelung


Nach § 150 II AktG ist in die gesetzliche Rücklage solange der zwanzigste Teil des um einen eventuellen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals erreichen. Solange die gesetzliche Rücklage zusammen mit den Kapitalrücklagen den zehnten oder den in der Satzung festgelegten höheren Teil des Grundkapitals nicht erreicht, darf sie nur zur Deckung von Verlusten bzw. Verlustvorträgen verwendet werden, wenn diese nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr, einen Jahresüberschuss oder durch die Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen werden können (§ 150 III AktG). Übersteigt die gesetzliche Rücklage zusammen mit den Kapitalrücklagen die genannten Beträge, so darf der übersteigende Betrag nur zum Ausgleich eines um den vorjährigen Gewinnvortrag gekürzten Jahresfehlbetrages, eines um den Jahresüberschuss verminderten Verlustvortrages oder zur Erhöhung des Grundkapitals aus Gesellschaftsmitteln in Anspruch genommen werden (§ 150 IV AktG).
Die Einstellung von Beträgen in andere Gewinnrücklagen ist in § 58 AktG geregelt: Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss fest, können sie maximal die Hälfte des um den eventuellen Verlustvortrag und den in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag gekürzten Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen einstellen, soweit die Satzung nicht ausdrücklich eine höhere Zuführung gestattet; die Wirksamkeit einer solchen Satzungsbestimmung besteht nur insoweit, als die Summe der anderen Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals nicht übersteigt (§ 58 II AktG). Für den Fall, dass die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt, kann die Satzung bestimmen, dass maximal der oben genannte Betrag zurückgelegt wird (§ 58 I AktG). Ferner haben Vorstand und Aufsichtsrat die Möglichkeit, den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen sowie von Passivposten, die bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gebildet wurden und die nicht im Sonderposten mit Rücklageanteil ausgewiesen werden dürfen, in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen (§ 58 IIa AktG). Diese Zuführungen berühren die Gewinnverwendungskompetenz des Vorstandes zur Dotierung des hälftigen Jahresüberschusses nicht (ADS, 1997). § 58 AktG, Rz. 105). Darüber hinaus kann die Hauptversammlung unabhängig davon, wer den Jahresabschluss feststellt, im Rahmen ihres Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Beträge den anderen Gewinnrücklagen zuführen (§ 58 III AktG).
Im Gegensatz zur Zuführungsbefugnis zu den anderen Gewinnrücklagen fehlen im AktG ausdrückliche Regelungen für Entnahmen aus diesen Rücklagen. Das Gesetz liefert jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die Auflösung von anderen Gewinnrücklagen nicht zur Gewinnverwendung, sondern noch zur Feststellung des Jahresabschlusses zählt und somit in die Hände der zur Feststellung befugten Organe fällt. Sind dies Vorstand und Aufsichtsrat, ist die Hauptversammlung auch dann nicht zur Auflösung von Gewinnrücklagen berechtigt, wenn sie diese im Wege der Verwendung des Bilanzgewinns selbst gebildet hat. Will die Hauptversammlung sich weitere Dispositionen über die von ihr selbst vorgenommenen Thesaurierungsentscheidungen vorbehalten, so kann sie bei der Verwendung des Bilanzgewinns einen beliebig hohen Gewinnvortrag bilden; dieser erhöht automatisch den Bilanzgewinn des nächsten Geschäftsjahres und fällt damit erneut unter die Verfügungskompetenz der Hauptversammlung (Wagner, F.W. 1988).
Ausgangsgröße für die Ausschüttungen einer AG ist der Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag, der über den im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschafteten Erfolg informiert. Nach § 158 I S. 1 AktG sind dem Jahresergebnis der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr und Entnahmen aus Gewinnrücklagen hinzuzurechnen, während der Verlustvortrag aus dem Vorjahr und Einstellungen in die Gewinnrücklagen abzuziehen sind. Diese Kürzungen und Hinzurechnungen führen zum Bilanzgewinn bzw. -verlust, der die Verwendungsbefugnis der Hauptversammlung begrenzt. Der nach § 57 III AktG vor Auflösung der Gesellschaft maximal ausschüttbare Bilanzgewinn umfasst auch die Bestände anderer Gewinnrücklagen, wenn diese von den feststellungsbefugten Organen aufgelöst worden sind. Eine Dividende von 4% bei ausreichendem Gewinn schließt die Anfechtung des Gewinnverwendungsbeschlusses aus (§ 254 I AktG). Weitere Ausschüttungen setzen Satzungsänderungen in Form von Kapitalherabsetzungen oder einer Liquidation voraus.
Wird nicht von einem vorgegebenen Jahresüberschuss ausgegangen, in dem die ergebnisabhängigen Aufwendungen bereits enthalten sind, sondern werden diese explizit bei der Ermittlung und Verwendung des Jahresüberschusses und des daraus abzuleitenden Bilanzgewinns berücksichtigt, tritt ein Interdependenzproblem auf (Dirrigl, /Wagner, 1993). Die ergebnisabhängigen Aufwendungen (Tantiemen und gewinnabhängige Steuern) mindern einerseits den aktienrechtlichen Jahresüberschuss; andererseits stellt diese Größe die Bemessungsgrundlage der ergebnisabhängigen Aufwendungen dar. Zusätzliche Schwierigkeiten verursacht der Körperschaftsteuertarif, da der Umfang des Körperschaftsteueraufwandes bis zum vollständigen Verbrauch von Altrücklagen im Rahmen der fünfzehnjährigen Übergangsphase vom bisherigen Anrechnungsverfahren zum seit 2001 geltenden „ Halbeinkünfteverfahren “ weiterhin von der Höhe der Ausschüttung abhängig ist.

III. Gewinnverwendungspolitik


Sowohl bei der Einzelunternehmung als auch bei Personen- und Kapitalgesellschaften wird die einzelwirtschaftliche Zielsetzung in der Maximierung eines aus allen Einkommensquellen des Investors gespeisten und seinen Zeitpräferenzen angepassten Konsumstroms gesehen. Die Entnahme bzw. Ausschüttung ergibt sich im Zusammenspiel von Unternehmensrendite und der Rendite aus anderen Anlagen, dem Zinssatz für Fremdkapital und der Konsumpräferenz der Investoren (Fisher, I. 1930; Hirshleifer, J. 1958; Drukarczyk, J. 1993); sie bildet ein Residuum der Investitionspolitik.

1. Gewinnverwendungspolitik bei der OHG


Bei Einzelunternehmungen wird das einzelwirtschaftliche Entnahmeverhalten weder durch anders determinierte Gesellschafterinteressen noch durch Haftungsfragen auf die Gewinnverwendung beschränkt. Für Personengesellschaften können hinsichtlich der investitionstheoretisch als optimal angesehenen Entnahmen aufgrund einer unterschiedlichen Beurteilung von Investitionsrenditen, Konsumpräferenzen und Alternativrenditen Konflikte entstehen. Um permanente Verhandlungen über die Verwendung der freiwerdenden Zahlungsüberschüsse und die grundsätzliche Infragestellung des Fortbestands der Unternehmung zu vermeiden, können durch Beschränkung der Entnahmen auf den Gewinn als Vermögensmehrung einer Periode Mittel in Höhe des nominellen Anfangskapitals aus dem Verwendungskonflikt herausgehalten werden. Das Ausmaß der für die Verwirklichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks zurückbehaltenen Vermögensteile kann allerdings strittig sein. So wird in der juristischen Literatur teilweise die erwähnte gesetzliche Entnahmeregelung als „ zu weitgehend “ bezeichnet (Sudhoff, H. 1985, S. 294). Es wird das „ Kapitalerhaltungsinteresse der Gesellschaft “ betont (Schmidt, K. 1997, S. 1383) oder die „ Expansion des Unternehmens durch Selbstfinanzierung “ (Kübler, F. 1998, S. 76) als Ziel von Gesellschaftsverträgen genannt. Hierbei wird offensichtlich von gegenläufigen Interessenlagen von Gesellschaft und Gesellschafter ausgegangen. Diese in juristischen Darstellungen noch anzutreffende Argumentation ist mit einer ökonomischen Betrachtungsweise unvereinbar, da sie auf dem Standpunkt des „ Unternehmens an sich “ beruht. Die Problematik eines „ Unternehmensinteresses “ , das auf keinen hinter der Unternehmung stehenden Interessenträger verweist, wird auch innerhalb des juristischen Schrifttums gesehen. Auch verschiedene juristische Autoren betrachten den Eigenwert des Fortbestandes von Unternehmungen als untergeordnetes Ziel und erkennen, dass es gerade nicht dem volkswirtschaftlichen Interesse entspricht, Unternehmen in ihrem Bestand gegen konkurrierende Investitionsmöglichkeiten zu schützen (Reuter, D. 1973; Balz, M. 1986). Doch dürfte gegenwärtig von der traditionellen Sicht des Bestandsschutzes noch ein erheblicher Einfluss auf die praktische Gestaltung von Gesellschaftsverträgen ausgehen, wenn sich diese auf in der juristischen Literatur gegebene Begründungen stützen.
Von besonderer Bedeutung für die Vertragspraxis sind Klauseln, die Entnahmemöglichkeiten auf das für private Steuerzahlungen erforderliche Maß beschränken (Wiedemann, H. 1992; Beck\'sches Handbuch der Personengesellschaften 1999). In diesem Fall sind die Gesellschafter gezwungen, ihren Konsum durch andere Einkommensquellen zu alimentieren. Insofern muss die Annahme, dass Personengesellschafter typischerweise ihren Lebensunterhalt aus dem Gesellschaftsvermögen bestreiten, relativiert werden.
Wegen der erfolgsneutralen Verbuchung von Entnahmen, hat die Besteuerung bei Personengesellschaften – wie bereits bei Einzelunternehmungen – auf die Gewinnverwendungspolitik keinen Einfluss.

2. Gewinnverwendungspolitik bei der AG


Bei der Diskussion der Gewinnverwendung bei Kapitalgesellschaften ergeben sich zwei Unterschiede zur Gewinnverwendung in Einzelunternehmungen bzw. Personengesellschaften:

1.

Aufgrund der beschränkten Haftung wird die Ausschüttung aus Gründen des Gläubigerschutzes auf den Bilanzgewinn im Sinne von § 57 III AktG beschränkt. Hieraus ergibt sich eine gesetzliche Beschränkung der Ausschüttung auf den jeweiligen Jahresüberschuss zuzüglich des Bestandes nicht ausschüttungsgesperrter anderer Gewinnrücklagen. Nur bei Fehlen anderer Gewinnrücklagen reduziert sich das Ausschüttungsproblem auf das Problem der Verwendung des jeweiligen Periodengewinns.

2.

Aufgrund der bei Ausschüttung im Vergleich zur Thesaurierung ggf. zusätzlich anfallenden Einkommensteuerbelastung werden Ausschüttungsüberlegungen in Zukunft in besonderem Maße von den steuerlichen Konsequenzen bestimmt.

a) Konzeptionen der Ausschüttungspolitik


Im Rahmen der Gewinnverwendungspolitik von Aktiengesellschaften unterscheidet man die beiden Zielsetzungen der firmenbezogenen und der anteilseignerbezogenen Ausschüttungspolitik. Bei der noch in jüngerer Vergangenheit üblichen firmenbezogenen Ausschüttungspolitik wird die Höhe der Ausschüttung stets unter der Bedingung festgelegt, dass der Fortbestand der Unternehmung durch ausreichende Thesaurierung zu sichern sei. Wenn der Kapitaleigner jedoch eine Kapitalanlage in einer bestimmten Unternehmung als eine von mehreren Anlagealternativen betrachtet, so besteht an der Erhaltung jeweils einer bestimmten Unternehmung kein Interesse, wenn er seinen Wohlstand durch einen Abzug des Kapitals und die Investition in einer anderen Unternehmung steigern kann. Da es Anteilseignern nicht auf die Erhaltung eines bestimmten Einzelengagements innerhalb ihres Investment-Portefeuilles, sondern auf die Mehrung ihres persönlichen Vermögens ankommt, ist eine auf die Erhaltung einer Institution „ Aktiengesellschaft “ ausgerichtete Ausschüttungspolitik verfehlt.
Die Orientierung der Ausschüttungspolitik einer Unternehmung an deren Fortbestand ist vor allem für diejenigen von Vorteil, deren Einkommenserzielung gerade an den Fortbestand einer bestimmten Unternehmung gebunden ist; hierzu werden vor allem Arbeitnehmer und Manager zu zählen sein, wobei letztere in zunehmend geringerem Umfang eigene Zielvorstellungen im Rahmen der ihnen gesetzlich eingeräumten Gewinnverwendungskompetenzen realisieren, da die Wirksamkeit von Kapitalmarktmechanismen stärker geworden ist. Eine instrumental mit der Unternehmung verfolgte Zielsetzung der Manager darf nicht als eine Zielsetzung der Unternehmung als solcher missverstanden werden (Eisenberg, M. A. 1976), was in jüngerer Zeit nur noch selten geschieht.
Ausgangspunkt der anteilseignerbezogenen Ausschüttungspolitik ist das Bestreben, das persönliche Vermögen der Kapitaleigner – den Shareholder Value – im Sinne des Barwerts von erwarteten Ausschüttungen und dem nach Ausschüttungen verbleibenden Unternehmensvermögen zu maximieren. Da nicht ausgeschüttete Mittel im Unternehmensvermögen verbleiben und dessen Wert entsprechend erhöhen können, ist es zunächst denkbar, dass die Höhe der Ausschüttung für den Kapitaleigner ökonomisch irrelevant ist (Miller, M.H./Modigliani, F. 1961). Inwieweit dies der Fall ist, hängt von den Antworten auf die folgenden Fragen ab:
1) Wie wird der Anteilswert durch die Ausschüttung beeinflusst?
2) Wie wird das Gesamtvermögen des Anteilseigners durch die Ausschüttung beeinflusst?
Während bei einer personenbezogenen Kapitalgesellschaft der Gesellschafter vor allem durch Entnahme in den Genuss seines Gesellschaftsvermögens gelangt, da die Anteilsveräußerung eine aufwendige und seltene Transaktion darstellt, besteht bei börsennotierten AG permanent die Möglichkeit, den Wert des Gesellschaftsvermögens durch Veräußerung der Anteile zum Börsenkurs zu realisieren. An die Stelle der Kapitalwertmaximierung künftiger Ausschüttungen tritt daher die Maximierung des Marktwertes, bestehend aus dem Barwert der Ausschüttungen und des Börsenkurses (Moxter, A. 1976).
Das Problem der Aktionäre besteht darin sicherzustellen, dass die Gesellschaft so geführt wird, dass die Vermögensposition durch die Ausschüttungspolitik maximiert wird. Wenn die Geschäftsführung die Investitionspolitik nach Kapitalwerten steuert, dann muss bei perfekter Information aus Arbitragegründen der Kapitalwert der Investitionen der Unternehmung gleich dem Marktwert der Kapitalanteile sein. Die Durchsetzung der Anteilseignerinteressen auf Gesellschaftsebene läuft daher letztlich darauf hinaus, dass die Manager ihre Unternehmenspläne mit einem geeigneten Kalkulationszinsfuß abzinsen.

b) Steuerorientierte Ausschüttungspolitik


Eine steuerorientierte Ausschüttungspolitik ergab sich im Rahmen des ausgelaufenen Anrechungsverfahrens aufgrund der Steuerbelastungsdifferenzen

1.

zwischen der Tarifbelastung mit Körperschaftsteuer auf Gesellschaftsebene und der individuellen Einkommensteuerbelastung auf Anteilseignerebene und

2.

zwischen der Einkommensteuerbelastung auf Dividendenausschüttungen und der (Nicht-)Besteuerung von Kapitalgewinnen außerhalb der „ Spekulationsfrist “ nach § 23 I Nr. 2 EStG.


Das Anrechungsverfahren kam, sofern das Wirtschaftsjahr der ausschüttenden Gesellschaft dem Kalenderjahr entsprach, letztmals bei Ausschüttungen von in früheren Geschäftsjahren entstandenen Gewinnen im Jahr 2001 zum Zuge.
Bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr gilt für Ausschüttungen an natürliche Personen seit 2002 das Halbeinkünfteverfahren: Die von der AG entrichtete Körperschaftsteuer in Höhe von 25 % kann als Definitivsteuer nicht mehr auf die Einkommensteuer der Anteilseigner angerechnet werden. Statt dessen gehen zur Milderung der Doppelsbesteuerung mit Körperschaft- und Einkommensteuer nur die hälftigen Dividendeneinkünfte in die Steuerbemessungsgrundlage der Anteilseigner ein. Im Rahmen einer steuerorientierten Ausschüttungspolitik müssen künftig die folgenden Wirkungen bedacht werden:

1.

Jede Ausschüttung löst auf der Ebene des Gesellschafters grundsätzlich eine weitere Einkommensteuerbelastung gemäß dem Halbeinkünfteverfahren aus, der grundsätzlich keine Körperschaftsteuerentlastung auf Gesellschaftsebene mehr gegenübersteht. Lediglich für eine Übergangsphase von fünfzehn Jahren erfolgt bei ausgeschütteten Altgewinnen eine Steuerminderung auf der Ebene der AG von vormals 40 % Körperschaftsteuerbelastung auf 30 %.

2.

Aktionäre haben die Möglichkeit, thesaurierte Gewinne durch Veräußerung der Anteile am Kapitalmarkt zu entsprechenden Börsenkursen außerhalb der „ Spekulationsfrist “ steuerfrei zu realisieren.


Im Ergebnis entsteht ein rechnerischer „ lock in-Effekt “ zugunsten der Gewinnthesaurierung, dessen praktische Auswirkungen noch offen sind.
Literatur:
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