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Gewinn und Verlust


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Konzeptionen der Gewinnermittlung
III. Ermittlung des Gewinnes und Verlustes
IV. Darstellung des Gewinnes und Verlustes

I. Grundlagen


1. Begriff


Gewinn und Verlust bezeichnen den in einer bestimmten Periode erzielten Erfolg eines Unternehmens. Gewinn ist ein positiver Erfolg, Verlust ein negativer Erfolg. Der Gewinn ist eine wesentliche Zielgröße unternehmerischen Handelns, und die Gewinnermittlung ist eine der zentralen Funktionen des Rechnungswesens.
Der Gewinn bzw. Verlust kann formal auf zwei Arten bestimmt werden:
(a) Bestandsorientierte Gewinnermittlung: Differenz des (Netto-)Vermögens zum Ende der Periode und des (Netto-)Vermögens zu Beginn der Periode, korrigiert um Kapitaltransaktionen mit den Eigentümern (Entnahmen, Einlagen).
(b) Stromgrößenorientierte Gewinnermittlung: Differenz der Erträge und Aufwendungen der Periode.
Diese beiden Bestimmungsmöglichkeiten ergeben sich aufgrund des Zusammenhangs zwischen (Netto-)Vermögenserhöhung und Ertrag bzw. (Netto-)Vermögensminderung und Aufwand, jeweils vor Kapitaltransaktionen mit den Eigentümern. Die Gewinnermittlung nach beiden Arten ist allerdings inhaltsleer, solange weder die Bewertung des Vermögens noch der Inhalt von Ertrag und Aufwand definiert ist. Dies hängt vom Zweck der Gewinnermittlung ab.

2. Zweckabhängigkeit des Gewinnes und Verlustes


Unternehmerische Entscheidungen bedingen Geschäftsvorfälle, die Einzahlungen und Auszahlungen zur Folge haben können, die über mehrere Perioden hinweg anfallen. Der Einzahlungsüberschuss einer einzelnen Periode ist daher für viele Rechnungszwecke kein geeigneter Maßstab. Gewinn bzw. Verlust ist die aus Zahlungen (und Güterbewegungen anstatt Zahlungen, etwa bei einem Tausch) abgeleitete repräsentative Maßgröße für den betreffenden Zweck (Schneider, D. 1997). Rechnungszwecke, die eine Ermittlung des Gewinnes bzw. Verlustes erfordern, sind z.B. die Beurteilung der Ertragslage, die Beurteilung der Leistung des Managements (Rechenschaft), die Bemessung des entnahmefähigen Betrages unter der Bedingung der Substanzerhaltung oder des Gläubigerschutzes, die Bemessung von Steuern und anderen gewinnabhängigen Zahlungsverpflichtungen sowie die Information Dritter für deren Entscheidungen in Bezug auf das Unternehmen (z.B. Prognosefähigkeit). Je nach Rechnungszweck ergeben sich damit zum Teil abweichende Regeln für die Gewinnermittlung.
Für manche Rechnungszwecke bestehen gesetzliche Vorschriften. Das HGB enthält Gewinnermittlungsvorschriften für alle Kaufleute und für Kapitalgesellschaften. Der Gewinn bzw. Verlust im Einzelabschluss dient nicht nur der Information über die Ertragslage, sondern auch als Basis für die Ausschüttungs- und Ertragsteuerermittlung. Internationale Rechnungslegungsgrundsätze wie International Financial Reporting Standards (IFRS) und US-GAAP haben eine investororientierte Berichterstattung zum Ziel. Das Steuerrecht definiert die Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 5 EStG, § 4 I EStG) und durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 III EStG).
In letzter Zeit wird verstärkt wieder der Zahlungsüberschuss für viele der oben genannten Zwecke herangezogen. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Gewinn und Verlust liegt in der höheren Objektivierbarkeit aufgrund geringerer Manipulationsmöglichkeiten, ein wesentlicher Nachteil in größeren Schwankungen im Zeitablauf.
In der Kostenrechnung wird der (kalkulatorische) Gewinn bzw. Verlust durch Gegenüberstellung der Erlöse und der (umsatzbezogenen) Kosten oder, alternativ, der Leistungen und der gesamten Periodenkosten ermittelt. Die Erlöse bzw. Leistungen und die Kosten sind dabei auf einen bestimmten Kalkulationszweck, wie etwa die Periodenergebnisrechnung (Kostenträgerzeitrechnung), ausgerichtet.
Im Rahmen des wertorientierten Management wird häufig ein Residualgewinn bzw. -verlust ermittelt. Er entspricht dem Gewinn bzw. Verlust vor Zinsaufwand und (zumeist) nach Steuern, von dem die Kosten des investierten Kapitals (Eigenkapital und verzinsliches Fremdkapital) abgezogen werden. Je nachdem, inwieweit Bereinigungen vorgenommen werden, lassen sich verschiedene Definitionen des Residualgewinns ableiten, von denen manche unter Bezeichnungen wie Economic Value Added oder Economic Profit bekannt sind. Der Residualgewinn besitzt die formale Eigenschaft, dass der Barwert der Residualgewinne eines Investitionsprojekts dessen Kapitalwert entspricht, wenn die gesamten Zahlungsüberschüsse der Summe der Gewinne und Verluste des Investitionsprojekts entsprechen (Kongruenzprinzip, clean surplus). Diese Eigenschaft ist auch als Lücke-Theorem bekannt. Durch sie kann der Residualgewinn vielfach wünschenswerte Wirkungen für die Unternehmenssteuerung ausüben.

II. Konzeptionen der Gewinnermittlung


1. Postulate der Unternehmenserhaltung


In der ökonomischen Theorie ist der Gewinn einer Periode jener Betrag, den ein Entscheidungsträger konsumieren kann, ohne sein erwartetes Vermögen am Ende der Periode zu verringern. Dementsprechend wird in der gesetzlich geprägten Rechnungslegung als ein wesentlicher Rechnungszweck die Erhaltung des Unternehmens postuliert. Gewinn bzw. Verlust einer Periode ist danach jener Betrag, der aus dem Unternehmen (für verschiedene Zwecke) entnommen werden kann, ohne dass das Unternehmen und seine künftige Gewinnerzielungsfähigkeit gefährdet werden. Dies wird auch aus Gläubigerschutzüberlegungen als wichtig erachtet. Ebenso soll nur das Einkommen des Unternehmens versteuert werden, nicht aber dessen Substanz. Die Unternehmenserhaltung wird in jüngerer Zeit allerdings aus steuerpolitischer Sicht von der Forderung nach Entscheidungs- oder Allokationsneutralität eines Steuersystems verdrängt. In der Betriebswirtschaftslehre wurden bereits sehr früh im 20. Jh. eine Reihe von Bilanztheorien entwickelt, die sich mit der Gewinnermittlung unter verschiedenen Postulaten über die Unternehmenserhaltung beschäftigten. Diese Postulate werden im Folgenden in aller Kürze dargestellt.
(a) Nominalkapitalerhaltung: Bei der Nominalkapitalerhaltung wird davon ausgegangen, dass das nominelle Eigenkapital zu Periodenbeginn erhalten bleiben soll. Ein Eigenkapitalzuwachs stellt Gewinn, eine Eigenkapitalminderung Verlust dar. Das Eigenkapital zu Periodenbeginn wird dabei auf Basis des ursprünglichen Geldmaßstabes gemessen. Inflationsbedingte und sonstige Preisänderungen finden keine Berücksichtigung. Auf der Nominalkapitalerhaltung basiert die Gewinnermittlung nach Handels- und Steuerrecht und weitgehend auch nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen.
(b) Reale Kapitalerhaltung: Bei realer Kapitalerhaltung wird das Eigenkapital zu Periodenbeginn um Geldwertänderungen bereinigt und mit dem Geldwert am Periodenende gemessen. Die Anpassung erfolgt dabei mit einem allgemeinen Preisindex. Das solcherart bereinigte Eigenkapital bildet die Basis für die Gewinnermittlung. Herrschte während der Periode Inflation, ist diese Größe um die Inflationsauswirkung höher und der Gewinn entsprechend geringer als bei nomineller Rechnung. Die Differenz zwischen dem nominellen und dem realen Gewinn wird auch Scheingewinn genannt.
(c) Substanzerhaltung: Bei der Substanzerhaltung entsteht ein Gewinn erst, nachdem das Reinvermögen erhalten wurde oder die Möglichkeit dazu besteht. Es kommt also nicht auf das Eigenkapital, sondern auf die Vermögensgegenstände an. Der praktische Unterschied zur realen Kapitalerhaltung ist das Abstellen auf die Tageswerte der Vermögensgegenstände, die vielfach durch spezifische Preisindizes ermittelt werden. Dabei lassen sich zwei Formen unterscheiden: Bei der reproduktiven Substanzerhaltung wird angenommen, dass am Periodenende die zu Periodenbeginn vorhandenen Vermögensgegenstände identisch wiederbeschafft würden. Bei der leistungsmäßigen Substanzerhaltung wird auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der zu Periodenbeginn vorhandenen Vermögensgegenstände abgestellt. Im Gegensatz zur Ertragswerterhaltung (siehe II.1.(d)) handelt es sich aber weiterhin um eine Einzelbewertung und nicht um eine Gesamtbewertung. Bei der Bruttosubstanzerhaltung werden die Preisänderungen sämtlicher Vermögensgegenstände als Scheingewinn qualifiziert, bei der Nettosubstanzerhaltung nur jene Teile, die durch Eigenkapital finanziert wurden. Die Zuordnung der Vermögensgegenstände zum Eigenkapital setzt Finanzierungsannahmen voraus und ist daher selten eindeutig.
(d) Ertragswerterhaltung: Bei der Ertragswerterhaltung wird nur jener Betrag als Gewinn ermittelt, der dem Unternehmen entziehbar ist, ohne dessen Ertragswert zu verringern. Der Ertragswert am Periodenende entspricht dem aufgezinsten Ertragswert am Periodenbeginn abzüglich des Zahlungsüberschusses in der betreffenden Periode. Daraus ergibt sich der ökonomische oder kapitaltheoretische kapitaltheoretische (Schneider, D. 1997) Gewinn als Zahlungsüberschuss abzüglich der Ertragswertabschreibung oder, äquivalent, als Zinsen auf den Ertragswert zu Periodenbeginn.

2. Umsetzung in der Rechnungslegung


Einige dieser Postulate der Unternehmenserhaltung werden mit Bewertungsprinzipien in Verbindung gebracht. Das Anschaffungswertprinzip wird typischerweise als Umsetzung der nominalen oder realen Kapitalerhaltung verstanden, das Tageswertprinzip als Umsetzung der Substanzerhaltung. Für die Unternehmenserhaltung ist jedoch weniger die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden von Bedeutung, sondern viel mehr die Frage, was mit den Wertänderungen des Vermögens und der Schulden geschieht. Werden sie sofort oder in einer späteren Periode erfolgswirksam, so handelt es sich um eine Nominalkapitalerhaltung, werden sie niemals erfolgswirksam, entspricht dies i.d.R. einer Substanzerhaltung.
Grundsätzlich können Beschränkungen des ermittelten Gewinnes direkt durch entsprechende Bewertung von Vermögen und Schulden, durch entsprechende Rücklagenbildung (z.B. Geldentwertungsrücklage, Substanzwertrücklage) oder in einer Nebenrechnung erfolgen (z.B. in Form von Ausschüttungssperren).
Die Neubewertung des Anlagevermögens nach IFRS/IAS ist grds. eine Art der Substanzerhaltung, die in der Bilanz direkt durchgeführt wird. Anlagevermögen kann unter bestimmten Voraussetzungen mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value) bewertet werden, wobei Wertsteigerungen über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinaus nicht erfolgswirksam werden und damit niemals Gewinn darstellen (Schildbach, 1998). Die Gegenposition ist eine Neubewertungsrücklage (unter Berücksichtigung allfälliger latenter Steuern; Latente Steuern), die bei Ausscheiden des betreffenden Vermögensgegenstandes aus der Bilanz direkt in eine Gewinnrücklage umgebucht wird. Eine derartige Konzeption der Neubewertung ist auch nach Art. 33 der 4. Richtlinie der EG für Sach- und Finanzanlagevermögen als Mitgliedstaatenwahlrecht normiert. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU gaben sie als Wahlrecht ihren Unternehmen weiter, Deutschland und Österreich setzten sie jedoch nicht um. Auch nach US-GAAP ist eine Neubewertung nicht zulässig.
In der Vergangenheit machten verschiedene Standardsetter Versuche, Substanzerhaltung in Form von Nebenrechnungen oder als Angabe im Anhang vorzuschreiben oder zu empfehlen. Das deutsche Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichte 1975 die Stellungnahme HFA 2/75, „ Zur Berücksichtigung der Substanzerhaltung bei der Ermittlung des Jahresergebnisses “ , in der den Unternehmen empfohlen wird, den zur Substanzerhaltung notwendigen Betrag zu ermitteln, „ um Klarheit über die wirkliche Ertragslage zu gewinnen “ , und diesen in einer freiwilligen Nebenrechnung darzustellen. Im Jahr 1979 wurde mit SFAS 33 in den USA eine Verpflichtung für große Unternehmen eingeführt, Inflationswirkungen im Anhang darzustellen, wobei eine reale Kapitalerhaltung oder Substanzerhaltung zu Grunde gelegt werden konnte. Diese Verpflichtung wurde 1986 durch eine Empfehlung ersetzt (SFAS 89). Nur in der Form 10-K der SEC (Regulation S-K) sind Angaben über den Einfluss der Inflation auf die Ertragslage erforderlich. Das IASC beschloss 1981 IAS 15, der vergleichbare Angaben über Inflationswirkungen zum Inhalt hat; diese Angaben waren seit dem Jahr 1989 ebenfalls nurmehr empfohlen und wurden Ende 2004 eliminiert.

III. Ermittlung des Gewinnes und Verlustes


1. Periodenabgrenzung


Eine Form der Gewinnermittlung ist die stromgrößenorientierte Gewinnermittlung als Differenz der Erträge und der Aufwendungen einer Periode. Die herrschenden Rechnungslegungsvorschriften legen dazu eine Reihe von Grundsätzen fest, die eine inhaltliche Bestimmung der Ertrags- und Aufwandsrealisation ermöglichen. Es handelt sich dabei um das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip, die beide als Ausprägungen des Vorsichtsprinzips im weiteren Sinne verstanden werden. Zusätzlich gibt es den Grundsatz der sachlichen und den der zeitlichen Abgrenzung. Diese werden im folgenden kurz dargestellt. Im deutschen Handelsgesetzbuch sind diese Grundsätze im wesentlichen in § 252 II Nr. 4 enthalten. International Financial Reporting Standards (IFRS) und US-GAAP enthalten ähnliche Grundsätze.
Die Gewinnermittlung durch Vergleich des (Netto-)Vermögens zu zwei Stichtagen führt zu demselben Ergebnis, wenn sämtliche Veränderungen des Eigenkapitals über Erträge und Aufwendungen laufen. Dann ist das Kongruenzprinzip erfüllt. Die herrschenden Rechnungslegungsvorschriften sehen eine Reihe von Ansatz- und Bewertungsvorschriften für das Vermögen und die Schulden vor, die damit direkt Auswirkungen auf die Gewinnermittlung haben. Dabei handelt es sich insbes. um die Bilanzierung dem Grunde nach. Dadurch wird festgelegt, wann ein aktivierungsfähiger Vermögensgegenstand oder ein passivierungsfähiger Schuldposten entstanden ist. Implizit wird damit ebenfalls die Ertrags- und Aufwandsrealisation festgelegt.

2. Ertragsrealisation


Das Realisationsprinzip definiert den Zeitpunkt, zu dem ein Ertrag aus der Erstellung von Produkten und Leistungen angesetzt wird. Es ist nach herrschender Ansicht jener Zeitpunkt, zu dem die Lieferung am Absatzmarkt vollzogen oder die Leistung erbracht wurde. Davor sind diese Produkte und Leistungen nach dem Anschaffungswertprinzip, d.h. zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter Berücksichtigung allfälliger Wertminderungen, anzusetzen. Zum Realisationszeitpunkt entsteht ein Ertrag in Höhe des vereinbarten Absatzpreises, und gleichzeitig kommt es zum Abgang der Produkte und zu einer Aufwandsrealisation mit deren Bilanzwert. In Höhe der Differenz zwischen diesem Ertrag und Aufwand wird ein Gewinn bzw. Verlust realisiert. Mit dem Realisationszeitpunkt sind i.d.R. noch nicht alle Risiken des Geschäfts beseitigt. Zu den verbleibenden Risiken zählen insbes. das Zahlungs- und das Gewährleistungsrisiko.
Besonderheiten für den Realisationszeitpunkt gelten unter anderem beim Tausch und bei sale and lease back-Geschäften. Beim Tausch kommt es zu einer Ertragsrealisation regelmäßig nur dann, wenn unterschiedliche Leistungen ausgetauscht werden; der Tausch gleichartiger und gleichwertiger Leistungen führt zu keiner Ertragsrealisierung. Bei einem sale and lease back-Geschäft wird nach handelsrechtlichen Regelungen eine Gewinnrealisierung im Zuge des Verkaufsgeschäfts angenommen, während IFRS/IAS und US-GAAP die beiden Geschäfte i.d.R. als einen einzigen wirtschaftlichen Vorgang betrachten und ein aus dem Verkauf entstandener Gewinn über die Laufzeit des (operate) Leasingvertrags verteilt wird.
Vielfach ist der Ertrag schon vor dem Realisationszeitpunkt hinreichend konkretisiert. Dies betrifft etwa bestimmte Aufträge. Dennoch wird der Ertrag aus einem solchen Geschäft nach HGB nicht schon früher realisiert. Nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen werden Erträge aus Fertigungs- und Dienstleistungsaufträgen dagegen unter bestimmten Bedingungen nach dem Fertigstellungsgrad als realisiert betrachtet (percentage of completion method) und nicht erst bei Fertigstellung der Leistung.
Nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen werden bestimmte Finanzinstrumente zum Zeitwert am Abschlussstichtag bewertet, und Wertänderungen gegenüber dem Wertansatz zu Beginn der Periode werden erfolgswirksam angesetzt. Dies gilt vor allem für den Handelsbestand an Wertpapieren (SFAS 115; IAS 39). Der Zeitwert wird dabei als jederzeit realisierbar unterstellt und deshalb schon vor der tatsächlichen Realisation (typischerweise bei Veräußerung) als Ertrag gebucht. Eine Auswirkung dieser Vorgehensweise liegt in der Verringerung des Spielraums des Unternehmens, durch kurzfristige Veräußerung solcher Wertpapiere vor dem Abschlussstichtag den Gewinn zu beeinflussen. Der Zeitwert von Finanzinstrumenten wird mitunter auch als zweckmäßigerer Wert als die Anschaffungskosten erachtet.
IFRS/IAS und US-GAAP kennen jedoch auch noch eine andere Vorgehensweise bei der Bewertung bestimmter Finanzinstrumente: die sogenannten available-for-sale-Wertpapiere werden ebenfalls zum Zeitwert am Abschlussstichtag bewertet, der Betrag, der die (fortgeschriebenen) Anschaffungskosten übersteigt, wird jedoch (nach IFRS/IAS wahlweise) zunächst in eine Neubewertungsrücklage (unter Berücksichtigung latenter Steuern; Latente Steuern) gestellt und nicht als Gewinn realisiert. Die Vermögensänderung, die sich direkt im Eigenkapital auswirkt, zeigt damit einen (voraussichtlich) realisierbaren, jedoch nach dem Realisationsprinzip noch nicht realisierten, Gewinn oder Verlust. Bei tatsächlicher Gewinnrealisierung, i.d.R. durch Veräußerung des betreffenden Wertpapiers, wird die Neubewertungsrücklage rückgeführt und das other comprehensive income zugunsten des net income belastet. Es handelt sich dabei weiterhin um eine Nominalkapitalerhaltungskonzeption; alleine die Gewinne aufgrund von Wertsteigerungen (holding gains) werden gesondert dargestellt. Damit wird die sonst gegebene direkte Verbindung von Bewertung des Vermögens und Gewinnermittlung aufgehoben: In der Bilanz stehen Zeitwerte, die Wertänderung ist jedoch (noch) nicht gewinnwirksam geworden.
Kommt es zu Vermögenswertänderungen, die nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit Leistungen des Unternehmens stehen, versagt das Realisationsprinzip als Ertragsrealisationsregel. Handelt es sich um nicht zeitraumbezogene Ereignisse, so gelten solche Erträge bzw. Aufwendungen dann als realisiert, wenn sie anfallen. Die Erträge und Aufwendungen streng zeitraumbezogener Ereignisse werden dagegen zeitproportional realisiert (Grundsatz der zeitlichen Abgrenzung). Dies betrifft insbes. Rechnungsabgrenzungsposten.

3. Aufwandsrealisation


Das Realisationsprinzip regelt grds. nur die Ertragsrealisation. Die Aufwandsrealisation wird durch den Grundsatz der sachlichen Abgrenzung festgelegt. Aufwendungen werden danach grds. in jener Periode realisiert, in der die sachlich zugehörigen Erträge realisiert werden (matching principle, Alimentationsformel; Moxter, 1995). Diese Zuordnung erfordert vielfach Annahmen über die Zusammenhänge von Erträgen und Aufwendungen; dies wird etwa bei der Frage der Zurechnung von fixen Gemeinkosten zu Produkten oder Leistungen deutlich.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Die meisten Rechnungslegungssysteme kennen ein Vorsichtsprinzip, welches das Imparitätsprinzip einschließt. Danach sind vorhersehbare Risiken oder Verluste aus in der Periode bestehenden Umständen bereits bei Bekanntwerden und nicht erst mit Realisation der zugehörigen Erträge anzusetzen. Das Bekanntwerden bezieht sich dabei nicht nur auf den Zeitraum bis zum Abschlussstichtag, sondern bis hin zum Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses (Werterhellung). Das Imparitätsprinzip liegt dem Niederstwertprinzip zugrunde, das die Bewertung der Vermögensgegenstände regelt. Es liefert auch die Basis für den Ansatz von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Das Imparitätsprinzip führt zu einem zeitlichen Vorziehen von Verlusten und damit zu einer asymmetrischen Bilanzierung von Erträgen und Aufwendungen eines Geschäftsfalles. Dies wird üblicherweise mit Gläubigerschutzüberlegungen begründet. Die Wirkung als Gläubigerschutzmaßnahme ist jedoch fraglich, wenn man nicht nur die Ausschüttungsfähigkeit, sondern auch die Informationsfunktion des Jahresabschlusses in Betracht zieht. Ein zeitliches Vorziehen von noch nicht realisierten Verlusten reduziert den ausschüttungsfähigen Gewinn, gleichzeitig wird die Periode, der der antizipierte Verlust tatsächlich sachlich zuordenbar wäre, entlastet und erscheint zu erfolgreich. Dadurch können negative Entwicklungen unter Umständen zu spät erkennbar werden.

IV. Darstellung des Gewinnes und Verlustes


1. Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung


Der Gewinn bzw. Verlust einer Periode wird in der Gewinn- und Verlustrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren; Gewinn- und Verlustrechnung, Umsatzkostenverfahren) nach bestimmten Positionen gegliedert dargestellt. Die im HGB vorgesehene Gliederung in der Staffelform trennt dabei folgende Gewinnkomponenten:

(a)

Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit, Betriebsergebnis

(b)

Finanzergebnis

(c)

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT); es ist die Summe von Betriebs- und Finanzergebnis

(d)

Außerordentliches Ergebnis

(e)

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.


Abhängig von der Rechtsform des Unternehmens erfolgen Entscheidungen über die Gewinnverwendung. Bei Personengesellschaften geschieht dies direkt auf Basis des Jahresüberschusses/Jahresfehlbetrages im Einzelabschluss nach den gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Bei Kapitalgesellschaften schließt sich eine Aufstellung der Gewinnverwendung im Einzelabschluss an. Darin wird der für die Ausschüttung vorgesehene Betrag als Bilanzgewinn und andernfalls ein Bilanzverlust ermittelt. Der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag im Konzernabschluss besitzt ausschließlich Informationsfunktion.
Während die Zurechnung der Erträge und Aufwendungen in das Betriebsergebnis und das Finanzergebnis relativ problemlos möglich ist (wenngleich sich die beiden Ergebnisse ökonomisch nicht immer so einfach trennen lassen, etwa im Fall des Anlagenbaus aufgrund der Anzahlungen), eröffnet die Abgrenzung des außerordentlichen Ergebnisses meist einen großen Interpretationsspielraum.
Die Gewinn- und Verlustrechnung nach International Financial Reporting Standards (IFRS) und US-GAAP sieht eine vergleichbare Erfolgsspaltung vor, allerdings werden ungewöhnliche und aperiodische Posten sowie das Ergebnis von Betriebsaufgaben gesondert innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit dargestellt. Das außerordentliche Ergebnis ist im Vergleich zum HGB sehr eng definiert. Seit 2005 verbieten IFRS den Ausweis des außerordentlichen Ergebnisses, weil es eine parallele Gliederungsstruktur neben der Gliederung nach Betriebs-, Finanz- und sonstiges Ergebnis bedingt (so auch schon G4+1, 1999). Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sowie das außerordentliche Ergebnis werden gem. US-GAAP nach Steuern ausgewiesen. Das Periodenergebnis wird des Weiteren aufgrund der Konzeption der Konzernrechnungslegung nach der Interessentheorie ohne die Minderheitsanteile am Ergebnis ausgewiesen.
Integraler Bestandteil der Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS/IAS und US-GAAP ist die Kennzahl Gewinn je Aktie (earnings per share), die auf Basis bestehender Verhältnisse und bei Fiktion des Eintritts sämtlicher verwässernder Ereignisse sowie i.d.R. auch nach Erfolgskomponenten differenziert ermittelt wird.

2. Eigenkapitalveränderungsrechnung


Nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften wird die in Deutschland übliche Korrespondenz von Gewinn bzw. Verlust mit der Veränderung des Eigenkapitals in der selben Periode weniger strikt gesehen. So gibt es nach IFRS/IAS und US-GAAP etliche Transaktionen, die Wertänderungen des Vermögens oder der Schulden direkt im Eigenkapital bewirken und nicht über die Gewinn- und Verlustrechnung geführt werden. Zu diesen erfolgsneutralen Eigenkapitaländerungen gehören z.B. Gewinne und Verluste aus der Änderung der Zeitwerte von Wertpapieren und sonstigem Anlagevermögen bei Neubewertung, Differenzen aus der Umrechnung ausländischer Abschlüsse nach der Stichtagsmethode (dies erfolgt auch nach deutschem Recht) und retrospektive Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie Korrekturen grundlegender Fehler. Manche dieser Eigenkapitaländerungen sind nur temporär, andere endgültig erfolgsneutral. Die gesamte Änderung des Eigenkapitals einer Periode, die nicht durch Transaktionen mit Anteilseignern verursacht ist, wird nach US-GAAP als Comprehensive Income bezeichnet, sie besteht aus dem Periodenergebnis (net income) und dem other comprehensive income (OCI).
Literatur:
Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. : Bilanzen, 8. A., Düsseldorf 2005
Coenenberg, A. G. : Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. A., Stuttgart 2005
Edwards, E. O./Bell, P. W. : The Theory and Measurement of Business Income, Los Angeles, Berkeley 1961
G4+1, : Position Paper: Reporting Financial Performance, London 1999
Kloock, J. : Bilanz- und Erfolgsrechnung, 2. A., Düsseldorf 1993
Moxter, A. : Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, Tübingen 1982
Moxter, A. : Das „ matching principle “ : Zur Integration eines internationalen Rechnungslegungsgrundsatzes in das deutsche Recht, in: Internationale Wirtschaftsprüfung, hrsg. v. Lanfermann, J., Düsseldorf 1995, S. 487 – 504
Ordelheide, D. : Externes Rechnungswesen, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Bitz, M./Dellmann, K./Domsch, M. et al., Band 1, 4. A., München 1998, S. 475 – 586
Schildbach, T. : Geldentwertung und Bilanz, Düsseldorf 1979
Schildbach, T. : Zeitwertbilanzierung in USA und nach IAS, in: BFuP 1998, S. 580 – 592
Schneider, D. : Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen, 2. A., München, Wien 1997

 

 


 

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