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Markenstrategien


Inhaltsübersicht
I. Begriffliche Grundlagen
II. Typen von Markenstrategien
III. Managementprozess der Markenpolitik
IV. Entwicklungstendenzen der Markenpolitik

I. Begriffliche Grundlagen


1. Begriff der Marke


Seit den Anfängen der Erforschung des Markenwesens herrscht keine einheitliche Auffassung über die unterschiedlichen Begriffe Marke, Markenartikel, markierte Leistungen oder Warenzeichen.
Nach der klassischen Definition von Mellerowicz sind Markenartikel »die für den privaten Bedarf geschaffenen Fertigwaren, die in einem größeren Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Marke) in einheitlicher Aufmachung, gleicher Menge sowie in gleich bleibender oder verbesserter Güte erhältlich sind und sich dadurch sowie durch die für sie betriebene Werbung die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Händler und Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung)« (Mellerowicz, K. 1963, S. 39).
Bis 1994 erfolgte der Kennzeichnungsschutz nach dem Warenzeichengesetz, dem UWG, BGB und HGB. Mit der Markenrechtsreform im Jahr 1994 und dem Entwurf des Markengesetzes (MarkenG) hat der Gesetzgeber den rechtlichen Markenbegriff deutlich erweitert. Diese neue gesetzliche Grundlage ist im Rahmen der Schaffung des EG-Binnenmarktes zur Harmonisierung der nationalen Markengesetze notwendig geworden. Der bis dahin vielfach verwendete und im Warenzeichengesetz verankerte Begriff Warenzeichen ist seitdem überholt. Laut Jurisdiktion nach § 3 Abs. 1 MarkenG können in Zukunft sämtliche »? Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden« (dazu Bruhn, M. 2004a S. 13; Bruhn, M. 2004d; Fezer, K.-H. 2004). Wird ein Konsumgut, ein Industriegut oder eine Dienstleistung mit einem gemäß Markengesetz unterscheidungskräftigen marken- und schutzfähigen Zeichen versehen, handelt es sich um eine markierte Leistung.
Marken bzw. Markenartikel unterscheiden sich von markierten Leistungen dadurch, dass sie neben der Markierung durch ein schutzfähiges Zeichen aus Anbietersicht über einen systematischen Instrumenteeinsatz beworben werden und zugleich aus Nachfragersicht mit einem Qualitätsversprechen verbunden sind. Entsprechend werden sie definiert als Leistungen, die neben einer unterscheidungsfähigen Markierung durch ein systematisches Absatzkonzept im Markt ein Qualitätsversprechen geben, das eine dauerhaft werthaltige, nutzenstiftende Wirkung erzielt und bei der relevanten Zielgruppe in der Erfüllung der Kundenerwartungen einen nachhaltigen Erfolg im Markt realisiert bzw. realisieren kann (Bruhn, M. 2004a; Bruhn, M. 2004d; Bruhn, M./GEM, 2002).

2. Erscheinungsformen von Marken


Es lassen sich unterschiedliche Markentypen voneinander abgrenzen. Je nach Zielrichtung der Unterscheidung und Betrachtungsperspektive können vielfältige Erscheinungsformen von Marken ermittelt und klassifiziert werden (Bruhn, M. 2004a).
Neben der Unterscheidung nach der institutionellen Stellung des Markenträgers in Hersteller-, Handels- und Dienstleistungsmarken kann nach der geografischen Reichweite in regionale. nationale und internationale Marken differenziert werden. Vorprodukt- und Fertigproduktmarken lassen sich bei der Unterscheidung nach der vertikalen Reichweite im Warenweg gegeneinander abgrenzen. Die Anzahl der Markeneigner diskriminiert Individualmarken von den sog. Kollektivmarken, bei denen mehrere Unternehmen die Eigentumsrechte an einer Marke besitzen. Nach der Zahl der markierten Güter kann zwischen Einzelmarken, Produktgruppen- bzw. Familienmarken und Dachmarken unterschieden werden. Nach dem Kriterium bearbeitete Marktsegmente lassen sich Erst-, Zweit- und Drittmarken sowie bez. des Markeninhalts Firmen- oder Produkt- und Phantasiemarken gegeneinander abgrenzen. Optische, akustische, olfaktorische und taktile Marken kontrastieren in Bezug auf die Verwendung wahrnehmungsbezogener Markierungsmittel, Wort- und Bildmarken in Bezug auf die Art der Markierung. Nach dem Herstellerbekenntnis kann schließlich nach Eigen- und Fremdmarken unterschieden werden. Die verschiedenen Merkmalskategorien für Marken, ihre jeweiligen Erscheinungsformen sowie Beispiele aus der Praxis sind zusammenfassend in Abb. 1 dargestellt (Bruhn, M. 2004a).
Markenstrategien
Abb. 1: Klassifikation der Erscheinungsformen von Marken

3. Markenpolitik und Markenstrategie


In der Literatur bestehen unterschiedliche Auffassungen über die Einordnung der Markenpolitik in das Marketing-Konzept. Die Ansichten reichen von der Zuordnung der Markenpolitik zur Produktpolitik i.S. einer Markierung (z.B. Meffert, H. 2000; Bruhn, M. 2004c, S. 145) bis zur Auslegung der Markenpolitik als übergeordnetes, ganzheitliches Marketing-Konzept (z.B. Angehrn, O. 1974; Bruhn, M. 2001; Becker, J. 2004a; Meffert, H./Burmann, Ch./Keers, M. 2005). Markenpolitik i.e.S. beinhaltet demzufolge sämtliche mit der Markierung von Produkten durch Namen, Symbole und Zeichen verbundenen Maßnahmen und Entscheidungen (Ahlert, D. 2006).
Zur Markierung von Unternehmensleistungen zählen hierbei Aktivitäten der Auswahl, rechtlichen Absicherung und des Anbringens eines Warenzeichens an einem Produkt oder seiner Verpackung (Angehrn, O. 1974; Ahlert, D. 2006; Berekoven, L. 1992).
In der Marketing-Wissenschaft und -Praxis wird i.d.R. Markenpolitik in einer weiteren Begriffsfassung verstanden als systematischer Aufbau und Pflege von Markenprodukten zur Schaffung komparativer Wettbewerbsvorteile am Markt. Markenpolitik ist als übergreifendes und integriertes Marketing-Konzept für Markenartikel zu verstehen (Bruhn, M. 2004a, S. 26; Wiedmann, K.-P. 1994).
Ihren Ausdruck findet die Markenpolitik hierbei in unterschiedlichen Unternehmensstrategien zum Aufbau und zur Pflege von Marken, den sog. Markenstrategien. Markenstrategien werden als »längerfristige, bedingte Verhaltenspläne der Markengestaltung zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen« (Meffert, H. 1992, S. 135) definiert.

II. Typen von Markenstrategien


1. Klassifikation von Markenstrategien


In der Marketing-Forschung und -Praxis existieren zahlreiche Klassifikationskriterien zur Unterscheidung von Markenstrategien. Für Unternehmen sind zur grundsätzlichen Bearbeitung von Märkten verschiedene zentrale markenpolitische Grundsatzentscheidungen auf der Basis unterschiedlicher Perspektiven zu treffen (Becker, J. 2004, S. 644 ff.):

(a)

Festlegung des produktbezogenen Anwendungsbereichs,

(b)

Wahl der zu bearbeitenden Marktsegmente
und

(c)

Bestimmung der geografischen Verbreitung der Marken.


2. Erscheinungsformen von Markenstrategien

a) Markenstrategien nach dem produktbezogenen Anwendungsbereich


Bei der Einzelmarkenstrategie, auch Monomarken- oder Solitärmarkenstrategie genannt, versucht die Unternehmung, nach dem Prinzip »Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen« für ihre einzelnen Produkte jeweils eine eigene Marke zu schaffen und am Markt durchzusetzen (Becker, J. 2001, Becker, J. 2004).
Dachmarkenstrategien, auch als »umbrella branding« bezeichnet, beinhalten das Angebot sämtlicher Produkte oder Dienstleistungen einer Unternehmung unter einer einheitlichen Marke (Meffert, H./Bruhn, M. 1984).
Eine mittlere Position zwischen Einzel- und Dachmarkenstrategie nimmt die sog. Familienmarkenstrategie (oder Produktgruppenmarkenstrategie bzw. Range-Markenstrategie) ein, bei der jeweils für eine bestimmte Produktgruppe oder Produktlinie eine einheitliche Marke gewählt und eingesetzt wird (Becker, J. 2004).
Mehrmarkenstrategien bzw. »multi brand strategies« bedeuten demgegenüber die parallele Markteinführung mehrerer Marken eines Produktbereichs ohne segmentspezifische Differenzierung in der Zielgruppenansprache (Meffert, H./Perry, H. 2001; Kotler, P./Keller, K. L. 2005).
Bei den sog. Markentransferstrategien werden Markenimage und Bekanntheitsgrad bereits eingeführter Marken auf andere Produktbereiche ausgedehnt bzw. übertragen, um bestehende Synergiepotenziale zu nutzen. (Hätty, H. 1989; Sattler, H. 2004).
Bei einem Vergleich und einer Bewertung der markenpolitischen Basisstrategien zur Profilierung im horizontalen Wettbewerb sind folgende Beurteilungskriterien zu Grunde zu legen:

-

Aufbau von Markteintrittsbarrieren,

-

Kosten und Ressourcenbedarf,

-

Ausstrahlungseffekte,

-

Fähigkeit zur segmentspezifischen Ansprache,

-

Aufbau einer Markenpersönlichkeit,

-

Marktausschöpfung,

-

Gefahr von Substitutionsbeziehungen,

-

Realisierbarkeit von Skaleneffekten,

-

Potenziale der Synergienutzung,

-

Akzeptanz beim Handel,

-

Koordinationsbedarf der Marketing-Maßnahmen.


Werden Einzelmarken-, Mehrmarken-, Markenfamilien-, Dachmarken- und Markentransferstrategien nach den genannten Kriterien kritisch geprüft, so kristallisieren sich verschiedene Vor- und Nachteile der einzelnen strategischen Optionen heraus, die in Abb. 2 angedeutet sind (Huber, W. R. 1988; 1992; Kapferer, J. N. 1992; Becker, J. 2004).
Markenstrategien
Abb. 2: Vergleichende Analyse von Markenstrategien

b) Markenstrategien nach den zu bearbeitenden Marktsegmenten


Bei der strategischen Ausrichtung von Marken ist es für die Unternehmung notwendig, auch Entscheidungen über die zu bearbeitenden, primär durch Preislagen charakterisierten Marktsegmente zu treffen. Hierbei lassen sich Erst-, Zweit- und Drittmarkenstrategien abgrenzen (Becker, J. 2001).
Erstmarken bilden für die Unternehmung den strategischen Ausgangspunkt der Markterschließung und werden vielfach entweder hochpreisig als Premiummarken oder niedrigpreisig als Discountmarken positioniert.
Zweitmarkenstrategien werden dann vom Unternehmen preispolitisch unter- oder oberhalb der Erstmarke eingesetzt, um bislang nicht erfasste Kundensegmente anzusprechen und somit das Marktpotenzial besser auszuschöpfen.
Bei der strategischen Entscheidung, Drittmarken am Markt einzuführen, verfolgt das Unternehmen meist die Zielsetzung, mit aggressiven Dauerniedrigpreisstrategien längerfristig Preis-Mengen-Effekt zu realisieren.
Bei der strategischen Entscheidung für die mit den Marken zu bearbeitenden Marktsegmente ist der Zeitfaktor, genauer: das Stadium des Markentypenlebenszyklus von besonderer Bedeutung (Meffert, H./Bruhn, M. 1984; Bruhn, M. 2004b). Das Konzept des Markentypenlebenszyklus analysiert unterschiedliche Erscheinungsformen von Marken, deren Entwicklung sowie die Veränderung ihrer charakteristischen Merkmale im Zeitablauf. Es werden dabei die Phasen Markenaufbau, Markenabsicherung, Markendifferenzierung, Markenimitation, Markenspaltung und Markenpolarisierung unterschieden (Meffert, H./Bruhn, M. 1984). Hierbei ist festzustellen, dass sich Erstmarken im Zeitablauf nicht selten zu Zweit- oder Drittmarken entwickeln, wenn sie offensichtlich in ihrem Markentypenlebenszyklus den Höhepunkt ihrer relativen Bedeutung bereits erreicht haben und nun preisaggressiv angeboten werden, um den Markt nicht verlassen zu müssen (Becker, J. 2004).

c) Markenstrategien nach der geografischen Verbreitung


Nach der geografischen Verbreitung ihres Absatzraumes lassen sich die Strategien regionaler, nationaler, internationaler sowie globaler Marken unterscheiden (Kelz, A. 1989).
Bei den regionalen Marken mit ausschließlich lokal begrenzter Bedeutung konzentrieren sich sämtliche Marketing-Aktivitäten auf ein räumlich äußerst eingeschränktes Absatzgebiet.
Verfolgt ein Unternehmen die Strategie der Verbreitung seiner Produkte innerhalb einer Staatsgrenze, so kann von einer nationalen Markenstrategie gesprochen werden.
Wird der geopolitische Geltungs- und Einsatzraum von Marken vom nationalen Ausgangspunkt über die Ländergrenzen hinaus ausgeweitet, dann verfolgt die Unternehmung eine internationale Markenstrategie (Voeth, M./Wagemann, D. 2004). Die weltweite Verbreitung, Schutzfähigkeit und Standardisierung der Marke wird dementsprechend als Global- oder  Weltmarkenstrategie bezeichnet (Kelz, A. 1989; Meffert, H. 1992).
Neben den genannten markenstrategischen Basisalternativen »in Reinform« existieren vielfältige Kombinationsmöglichkeiten. Zwei- oder dreifache Markenkombinationen können im Unternehmen und am Markt sog. hierarchische Markensysteme bilden (Aaker, D. A./Joachimsthaler, E. 2000, S. 97 ff.; Keller, K. L. 2003 S. 534 ff.).

III. Managementprozess der Markenpolitik


In Abhängigkeit von den Markenstrategien ist es erforderlich, dem Einsatz markenpolitischer Maßnahmen einen systematischen Planungs- und Entscheidungsprozess zu Grunde zu legen. In Anlehnung an den klassischen Managementansatz der strategischen Unternehmensplanung können für den Managementprozess der Markenpolitik die Phasen Markenpolitische Situationsanalyse, Ziele im Rahmen der Markenstrategie, Markenpolitische Zielgruppenplanung, Markenpolitische Optionen, Markengestaltung, Markenpolitisches Marketing-Mix, Markenimplementierung und Markencontrolling unterschieden werden (Abb. 3).
Markenstrategien
Abb. 3: Managementprozess der Markenpolitik

1. Die Markenhistorie im Unternehmen als strategischer Hintergrund


Ausgangspunkt des Managementprozesses der Markenpolitik ist die Analyse der individuellen »Markenhistorie« im Unternehmen. Zukünftige Markenstrategien können nur unter Berücksichtigung bisheriger Marken- und Marketing-Aktivitäten geplant und umgesetzt werden. Die bestehende Positionierung am Markt, das von den Kunden wahrgenommene Markenimage, aber auch die auf Führungsebene getroffenen Entscheidungen der Vergangenheit über grundsätzliche Marketing-Ziele und strategische Stoßrichtungen bestimmen den aktuellen und zukünftigen Handlungsspielraum der Unternehmung. Hat sich das Management z.B. prinzipiell für ein Dachmarkenkonzept entschlossen, dann bildet diese Grundsatzentscheidung den strategischen Orientierungsrahmen für sämtliche zukünftigen markenbezogenen Planungskonzepte.

2. Markenpolitische Situationsanalyse


Aufgabe der markenpolitischen Situationsanalyse ist es, entscheidungsrelevante Informationen zur Sensibilisierung der Unternehmung für offensichtliche markenspezifische Kundenbedürfnisse am Markt, zur möglichen Problemanalyse und Bewertung der erkennbaren Alternativen bereitzustellen. Im Rahmen der Analyse der Markt-, Konsumenten-, Handels-, Konkurrenz-, Umfeld- und Unternehmenssituation (Bruhn, M. 2004c) sind unternehmensexterne und -interne Herausforderungen sowie Rahmenbedingungen zu untersuchen, um so eine strategische Ausrichtung der zukünftigen Markenpolitik vornehmen zu können.

3. Ziele im Rahmen der Markenstrategie


Den markenpolitischen Zielen kommen im Rahmen des Managementprozesses der Markenpolitik wichtige Aufgaben zu. Sie haben Entscheidungs-, Koordinations-, Motivations- und Kontrollfunktion. Die Formulierung eines klaren, langfristig ausgerichteten Zielsystems ist u.a. notwendig, um sinnvolle markenbezogene Marketing-Maßnahmen entwickeln und koordinieren zu können (Haedrich, G./Tomczak, T./Kaetzke, P. 2004). Die konkrete Formulierung der markenpolitischen Ziele hat sich dabei an den ökonomischen und psychografischen Oberzielen der Unternehmung und den spezifischen Marketing-Zielen auszurichten. Sie sind im Hinblick auf Inhalt, Ausmaß, Zeit- und Segmentbezug festzulegen. Aus Herstellersicht können dabei folgende absatzpolitische Markenziele von Bedeutung sein (Meffert, H./Bruhn, M. 1984; Meffert, H. 2000):

-

Schaffung von Präferenzen bei den Konsumenten,

-

Aufbau oder Verbesserung von Markenimages,

-

Erzielung von Markentreue und Kundenbindung,

-

Schaffung preispolitischer Spielräume,

-

Differenzierung in der Marktbearbeitung,

-

Verbesserung der Verhandlungsposition gegenüber Handelsunternehmen u.a.


Es lassen sich hierbei konsumenten-, handels- und wettbewerbsgerichtete Ziele der Markenpolitik unterscheiden (Huber, W. R. 1988).

4. Markenpolitische Zielgruppenplanung


Neben den markenpolitischen Zielen müssen die im Rahmen der Markenpolitik anzusprechenden Zielgruppen identifiziert werden. Aus sämtlichen, im Mikro- oder Makroumfeld der Unternehmung befindlichen Personengruppen sind diejenigen Marktteilnehmer herauszufiltern, die für die Unternehmung potenzielle Markenkäufer darstellen bzw. für aktuelle oder zukünftige Geschäftsbeziehungen von Bedeutung sind (z.B. Absatzmittler, Wettbewerber, Öffentlichkeit).

5. Markenpolitische Optionen


Zur Realisierung längerfristiger markenpolitischer Ziele sind vor dem Hintergrund der Markenhistorie im Unternehmen und der verfolgten Markenstrategie markenpolitische Handlungsalternativen zu ermitteln und zu bewerten. Folgende zentrale Strategiedimensionen sind hierbei im Hinblick auf mögliche und zweckmäßige markenpolitische Optionen für bearbeitete oder noch nicht bearbeitete Märkte zu untersuchen (Voss, W.-D. 1983; Meffert, H. 1992; Tomczak, T./Zupaneic, D. 2004):

-

Marktposition der Marke (z.B. Neupositionierung),

-

Strategiestil (z.B. defensiv),

-

Marktabdeckung (z.B. Teilmarktabdeckung),

-

Strategiesubstanz (z.B. Präferenzstrategie,

-

Präsenzsicherung im Absatzkanal (z.B. Kooperation).


Entscheidet sich das Unternehmen beispielsweise für die Beibehaltung der Marktposition seiner Marke oder des verwendeten Strategiestils, dann werden weniger Grundsatzentscheidungen, sondern eher taktisch-operative Handlungsalternativen der Markenpolitik offen bleiben.

6. Markengestaltung


Nach Festlegung der markenpolitischen Optionen sind spezifische, die Markengestaltung betreffende Maßnahmen durchzuführen. Das äußere Leistungsprofil und Erscheinungsbild der Marke, der Markenname, das Markenzeichen, die Verpackung sowie das individuelle Design sind hierbei so zu gestalten, dass eine einheitliche Wahrnehmung und Wiedererkennung der Marke gewährleistet ist (Meffert, H. 1992; Herstatt, J. D./Sachse, K. 2004).

7. Markenpolitisches Marketing-Mix


In Abhängigkeit von den relevanten markenpolitischen Zielsetzungen und Zielgruppen sowie den geplanten markenpolitischen Optionen und der Markengestaltung muss die Eignung spezifischer Maßnahmen des Marketing-Instrumentariums geprüft werden. Die klassischen Mixbereiche der Produktpolitik, der Kommunikationspolitik, der Distributions- und Preispolitik sind hierbei markenpolitisch für die jeweiligen Anspruchsgruppen der Unternehmung zu spezifizieren (Hubert, W. R. 1988; Kelz, A. 1989). Je nach Markenstrategie können hierbei eher Minimum- oder Maximummixmodelle eingesetzt werden (Tomczak, T./Zupaneic, D. 2004).

8. Markenimplementierung


Für die Phase der Strategieimplementierung (Kotler, P./Bliemel, F. W. 2005; Meffert, H. 1994) ergeben sich im Rahmen des Managementprozesses der Markenpolitik folgende Teilaufgaben der Markenimplementierung:

-

Schaffung von Akzeptanz für die Markenstrategien bei den betroffenen Mitarbeitern im Unternehmen,

-

Umsetzung der Markenstrategien bzw. operative Ausgestaltung der Marketing-Instrumente,

-

Anpassung von Unternehmensstruktur, -system und -kultur an die Markenstrategien und -ziele sowie an die markenpolitischen Maßnahmen.


Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchsetzung des Managementprozesses der Markenpolitik ist die umfassende innerbetriebliche Information und Überzeugung der Mitarbeiter von den Vorteilen und eigenen Fähigkeiten zur Umsetzung der geplanten Markenstrategien. Neben der Detailspezifikation der markenpolitischen Marketing-Maßnahmen ist es notwendig, die Unternehmensstruktur an die markenpolitischen Herausforderungen anzupassen. Nach den Aspekten Spezialisierung, Koordination, Leitungssystem, Entscheidungsdelegation und Formalisierung sind Maßnahmen der Organisationsgestaltung festzulegen. Brand Manager bzw. Produktmanager können z.B. im Unternehmen eingesetzt werden, um zur Realisierung der Planungs-, Integrations- und Koordinationsfunktion ausschließlich eine einzelne Marke bzw. ein Markenstrategiekonzept eigenverantwortlich zu betreuen (Kotler, P./Keller, K. L. 2005).
Im Zeitablauf haben sich verschiedene Formen von Brand Manager-Systemen entwickelt (Low, G. S./Fullerton, R. A. 1994). Die Aufgabe des Markenmanagers als unternehmensinterner »Entrepreneur« mit strategischen Handlungsspielräumen und sozialen, teamorientierten, aber auch kreativen Fähigkeiten wird zukünftig an Bedeutung gewinnen.
Die Implementierung des Markenmanagementprozesses verlangt zudem personalpolitische Konsequenzen wie auch Veränderungen in den Vertriebsstrukturen sowie die Anpassung der unternehmensinternen Informations- und Kommunikationstechnologien (Meffert, H. 1994).

9. Markencontrolling


Um die ablaufenden Managementprozesse der Markenimplementierung im Hinblick auf Zielsetzung und Zielerreichung permanent zu verbessern, sind im Rahmen des Markencontrolling als Unterstützungssystem der Markenführung verschiedene Teilaufgaben zu erfüllen (Wiedmann, K.-P. 1994). In Anlehnung an die Funktionen des Marketing-Controlling (Köhler, R. 1993; Tomczak, T./Reinecke, S./Kaetzke, P. 2004; Meffert, H. 1994) ist zunächst die ständige rentabilitätsmäßige Durchleuchtung des Unternehmens erforderlich, zudem die Offenlegung von markenbezogenen Schwachstellen durch Frühwarnindikatoren sowie die Entwicklung von Vorschlägen zur Verbesserung der Markeneffizienz und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an markenpolitische Veränderungen. Zum anderen zählt die Strukturierung und Koordination der innerbetrieblichen Aktivitäten des Markenmanagements, insb. der Datenverarbeitungsprozesse, und der hierbei notwendige Aufbau eines leistungsfähigen strategischen Informationsmanagements (Wiedmann, K.-P. 1994) zu den zentralen Aufgaben der Controllingträger.
Erfolgsfaktoren des markenpolitischen Managementprozesses können die in empirischen Untersuchungen zu ermittelnde Imagepositionierung am Markt, die Markenakzeptanz und Markentreue der Konsumenten, aber auch die Markenbegeisterung der Mitarbeiter sein. Analysen des  Markenwertes versuchen, den spezifischen Nutzen eines Markenartikels für die Unternehmung zu ermitteln (z.B. Hammann, P. 1992; Herreiner, T. 1992; Trommsdorff, V. 2004). Markenwert bzw. Markenstärke dienen als finanziell bewertete Erfolgskennzahlen der unternehmensbezogenen Markenkontrolle bzw. -steuerung und somit letztlich der Sicherung und Steigerung strategischer Erfolgspotenziale im Unternehmen.
Es existieren zahlreiche Modellansätze zur Fundierung markenpolitischer Entscheidungen (zum Überblick Voss, W.-D. 1983). Sog. Kennziffermodelle werden hierbei zur Erfolgskontrolle von Markenstrategien bzw. markenbezogener Aktionsniveaus im Zeitablauf auf der Grundlage von Reaktionsmessungen eingesetzt (Voss, W.-D. 1983; Tolle, E./Steffenhagen, H. 1994).

IV. Entwicklungstendenzen der Markenpolitik


Für die künftige Entwicklung des Markenartikels lassen sich in den Bereichen Markt-, Produkt-, Konsumenten-, Handels- und sonstiger Umweltsituation in Bezug auf die eigene Unternehmenssituation verschiedene Trends und Herausforderungen erkennen (s. Abb. 4), die für die Unternehmen sowohl Chancen als auch zahlreiche Risiken bedeuten (Huber, W. R. 1988; Bruhn, M. 2004a; Lindenberg, J. C. 2004; Zentes, J./Merschett, D. 2004).
Markenstrategien
Abb. 4: Herausforderungen an die Markenpolitik
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