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Merchandising


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Merchandising als Element in der Hersteller-Handels-Beziehung
III. Merchandising als Organisationskonzept im Handel
IV. Entwicklungstendenzen im Merchandising

I. Grundlagen


1. Begriffsbestimmung


Merchandising ist ein in Literatur und Praxis sehr uneinheitlich verwendeter Begriff. Im weitesten Sinne werden unter Merchandising alle warenbezogenen Marketing-Aktivitäten im Handel verstanden. Diese Begriffsauffassung – Merchandising als Synonym für Absatzpolitik bzw. für das »Marketing des Handelsunternehmens« – wurde vor allem im US-amerikanischen Raum vertreten (Frey, A. 1965; Stanton, W. 1978). Merchandising umfasst dabei die Planung und Durchführung aller Aufgaben, die zur erfolgreichen Vermarktung eines Produktes beitragen (»merchandise plan«). Diese Sichtweise manifestiert sich auch im gleichnamigen handelsbetrieblichen Organisationskonzept, bei dem die Verantwortung für Einkauf und Verkauf für eine Warengruppe in einem Merchandising-Ressort zusammengefasst wird.
Im deutschen Sprachraum wird Merchandising enger definiert. Es umfasst die Durchführung von warenbezogenen Verrichtungen in der Verkaufsstelle wie das Einräumen der Waren in die Regale, das Nachfüllen der Regale, das Auspreisen der Ware, den Aufbau von Zweitplatzierungen, die verkaufswirksame Warenplatzierung und -präsentation sowie begleitende Arbeiten (z.B. Installation von Display-Material, Zusammenstellung von Promotion-Packs). Merchandising wird hier vielfach als ein Element des Herstellermarketing, insb. von Markenartikelherstellern, verstanden, das sich mit der Realisierung der produktbezogenen Marketing-Politik bzw. der Markenstrategie im Handel befasst (Tietz, B. 1975). Der Markenartikelhersteller möchte sein Produkt durch den Handel »durchsteuern«, also die verkaufswirksame und möglichst vom Handel unbeeinträchtigte Umsetzung des Produkt- bzw. Markenkonzepts in der Verkaufsstelle erreichen. Zu diesem Zweck bietet er dem Einzelhandel die Übernahme der Merchandising-Funktion an oder – falls der Handel derartige Herstelleraktivitäten in seinen Verkaufsstellen nicht erlaubt – versucht er, über seine Vertriebsorgane den Handel bei der Warenplatzierung und -präsentation in seinen Entscheidungen zu beeinflussen.
Die Regalbetreuung wird häufig von sog. Merchandisern ausgeführt, die als Angestellte oder im Auftrag von Markenartikelherstellern tätig werden. Ihre Aufgabe ist es, durch gezielte eigene Maßnahmen (Regalnachfüllung, Warenplatzierung im Regal, Errichtung von Zweitplatzierungen etc.) sicherzustellen, dass das eigene Produkt verkaufswirksam und im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten vorteilhaft platziert ist. Gerade bei der Neueinführung von Produkten ist die Sicherung eines attraktiven Regalplatzes und einer entsprechenden Regalfläche im Handel erfolgsentscheidend. In diesem begrifflich engeren Sinne wird Merchandising somit als Regalpflege oder Warenpräsentation in der Verkaufsstelle des Handels verstanden.
Die vorzufindenden divergierenden Begriffsauffassungen lassen sich auf unterschiedliche Perspektiven (Merchandising aus der Sicht des Herstellers oder des Handels) und Marketing-Leitbilder (herstellerdominiertes Produkt-Marketing, kooperatives Trade Marketing, eigenständiges Handelsmarketing) zurückführen. Sie spiegeln damit die Entwicklung in der Hersteller-Handels-Beziehung in den letzten Jahren wider (Zentes, J. 1989). Der Bedeutungsgewinn des Handels (vor allem der Filialorganisationen im Lebensmitteleinzelhandel) und die damit einhergehende Emanzipation des Handelsmarketing vom Herstellermarketing (Tietz, B. 1984) führten zu neuen Machtverhältnissen, Entscheidungsstrukturen und konzeptionellen Ansätzen (z.B. Trade Marketing), die schließlich auch in Begriffserweiterungen bzw. -änderungen ihren Niederschlag fanden. Dies wird besonders bei jenen Absatzleistungen sichtbar, die – wie das Merchandising – Gegenstand der Funktionsverteilung zwischen Industrie und Handel sind.

2. Aufgaben des Merchandising


In Abb. 1 sind die Teilaufgaben des Merchandising im Überblick dargestellt. Daraus lässt sich erkennen, dass Merchandising sowohl Aspekte der Absatzlogistik als auch der Verkaufsförderung umfasst (Tietz, B. 1975).
Merchandising
Abb. 1: Teilaufgaben des Merchandising
Zu den logistischen oder technischen Maßnahmen der Warendarbietung sind der Transport der Waren im Einzelhandel vom Warenlager in den Verkaufsraum, das Auspacken der Ware nach der Anlieferung, das Einräumen bzw. Nachfüllen der Regale (Regalpflege), die Prüfung des Warenbestands im Lager und die Sicherung termingerechter Nachdispositionen, die Warenüberprüfung (Austausch beschädigter oder unbrauchbar gewordener Ware) und das Auspreisen der Ware (Preisauszeichnung) zu zählen. Der Aspekt der Verkaufsförderung rückt bei der Warenplatzierung im Regal, der Dekoration von Regalen, der Installation von Werbe- und Display-Material, dem Aufbau von Zweitplatzierungen und bei der Durchführung von werblichen Maßnahmen am PoS (z.B. Verkostungen, Promotion-Aktionen) in den Vordergrund.

3. Möglichkeiten der Aufgabenverteilung


Wie bei distributiven Aufgaben üblich, stellt sich auch bei der Merchandising-Funktion die Frage, welches Distributionsorgan die Durchführung dieser Aufgabe übernehmen soll. Dabei bieten sich folgende Aufgabenträger an:

-

die Verkaufsorganisation bzw. eine eigene Merchandising-Organisation des Herstellers bzw. Lieferanten,

-

ein spezialisierter Dienstleistungsanbieter (Merchandising-Service-Unternehmen), der im Auftrag des Herstellers oder des Handelsunternehmens tätig wird,

-

Handelspersonal bzw. eine eigene Merchandising-Organisation des Handelsunternehmens.


Die aus der Sicht des Herstellers bzw. Lieferanten wirkungsvollste Art der Durchführung des Merchandising ist der Vollzug durch den eigenen Außendienst. Die direkte Führung, die bessere Schulbarkeit und Motivation ermöglichen eine gute Steuerbarkeit und Kontrolle der Merchandising-Maßnahmen. Beim Kampf um den knappen Regalplatz in wettbewerbsintensiven Produktbereichen, bei dem in der Praxis oft die »Ellbogenstärke« der Außendienstmitarbeiter ausschlaggebend ist, trägt die Verkaufs- und Merchandisingleistung am PoS in hohem Maße zum Produkt- bzw. Markenerfolg bei (Ahlert, D. 1985). Die mit dieser Variante verbundenen hohen Kosten, die aus der Sicht des Außendienstmitarbeiters geringe Attraktivität des rein exekutiven Regaldienstes und der Zwang, teure Außendienstmitarbeiter effektiv einzusetzen, führen vielfach zur Einrichtung einer eigenen, der Verkaufsabteilung unterstellten Merchandising-Organisation. Die Hersteller lassen dann meistens den Regaldienst von freien Mitarbeitern ausführen. Obwohl kostengünstiger, bestehen die Nachteile bei der Verwendung freier Mitarbeiter in der geringeren Warenkenntnis, in der mangelnden Motivation und im fehlenden Verständnis der marketingpolitischen Zusammenhänge.
Eine zusätzliche Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit des Merchandising zu erhöhen, besteht in der Kooperation mit anderen Herstellern (Eber, A. 1991). Im Rahmen einer Merchandising-Kooperation (Merchandising-Pool) teilen sich Hersteller, die miteinander in keinem Konkurrenzverhältnis stehen, stationär (z.B. in einem Verbrauchermarkt) eingesetztes Merchandising-Personal. Dadurch lassen sich weitere Kostensenkungen erreichen. Die aus dem ortsgebundenen Einsatz des Merchandisers sich typischerweise ergebenden guten Kontakte zu Marktleiter und Handelspersonal sowie seine kumulierte Merchandising-Erfahrung durch die Betreuung verschiedener Produkte sind als weitere Vorteile zu erwähnen. Nachteile ergeben sich u.U. aus dem erhöhten Koordinationsaufwand zwischen den Auftraggebern (z.B. Terminplanung, Abrechnungsmodus, Kontrollmechanismus) und den bei Kooperationen häufig anzutreffenden psychologischen Barrieren (z.B. Angst vor Übervorteilung).
Die Einschaltung von spezialisierten Merchandising-Service-Unternehmen ist dann sinnvoll, wenn über den Regaldienst hinaus auch Beratungs- und Konzeptionsleistungen nachgefragt werden. Diese spezialisierten Dienstleistungsanbieter offerieren einen Full-Service, der neben den Exekutivdiensten (Regalpflege) die Erarbeitung von Merchandising-Strategien, Ausbildung und Training von Merchandisern sowie die Durchführung der Erfolgskontrolle bzw. Wirkungsstudien beinhaltet. Die Inanspruchnahme dieser Dienstleistung ermöglicht auch kleineren Lieferanten ein professionelles Merchandising beim Handelskunden. Große Markenartikelhersteller bedienen sich der Merchandising-Service-Unternehmen bei Kapazitätsengpässen (Entlastung und Unterstützung des eigenen Außendienstes), zur Ideengewinnung oder um ihr eigenes Merchandising zu verbessern (Einkauf von Konzeptions- und Beratungsleistung).
Das Hersteller-Merchandising ist vor allem in den Großformen des Handels (Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser, Cash-and-Carry-Großhandel) anzutreffen. In den kleinen und mittelgroßen Handelsbetrieben wird der Regaldienst üblicherweise vom eigenen Handelspersonal vorgenommen. Aus unternehmenspolitischen Gründen untersagen manche Handelsbetriebe den Lieferanten das Tätigwerden von Merchandisern in ihren Verkaufsstellen. Auch in diesen Fällen wird die Regalpflege vom Handelspersonal vorgenommen, wobei bei Bezahlung der Merchandising-Kosten dem Hersteller häufig ein Mitspracherecht eingeräumt wird.

II. Merchandising als Element in der Hersteller-Handels-Beziehung


1. Einleitung


Die Hersteller-Handels-Beziehung ist durch einen strukturellen Zielkonflikt geprägt. Beide Wirtschaftsstufen streben nach einer selbstbestimmten Marketing-Strategie, die zur Erreichung der eigenen Zielsetzungen beiträgt. Der Hersteller ist daran interessiert, seine Marketing- bzw. Markenstrategie(n) bis hin zum Endkunden durchzusetzen, was eine Einschränkung des Handlungsspielraums des Handels bedeutet. Der Handel möchte hingegen seine eigenen Marketing-Konzepte verwirklichen und aus diesem Kontext heraus die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel neu definieren (Irrgang, W. 1989). Daraus können Konflikte in der Aufteilung der absatzwirtschaftlichen Funktionen zwischen den Beteiligten, u.a. auch der Merchandising-Funktion, entstehen.

2. Merchandising als Element des vertikalen Marketing


Im Rahmen des Vertikalen Marketing versuchen Hersteller, den nachgelagerten Handel so zu beeinflussen, dass er ihr Produktmarketing möglichst unverändert übernimmt. Aufgrund der zunehmenden Konzentration in vielen Handelsmärkten sind die Hersteller gezwungen, sich intensiver mit ihren Handelskunden zu beschäftigen und die Handelsstufe in ihrer Marketing-Konzeption stärker als bisher zu berücksichtigen. Während in der Vergangenheit preis- und konditionenpolitische Fragen im Mittelpunkt der Verhandlungen zwischen Industrie und Handel standen, werden nun logistische, warenwirtschaftliche und verkaufsfördernde Aktivitäten sowie Informationen zum Verhandlungsgegenstand.
Um seine Position im Handel zu erhalten oder zu verbessern, bietet der Hersteller neben monetären Anreizen die Übernahme bestimmter Absatzaufgaben an (Push-Strategie). Das Angebote zur Übernahme von Absatzaufgaben trägt zur Entlastung bzw. Kosteneinsparung des Handels bei und gibt den Herstellern zugleich eine Lenkungs- und Kontrollmöglichkeit bei der Umsetzung ihres Markenkonzepts in den Verkaufsstellen des Handels. Gerade die Übernahme von Aufgaben im Bereich der Logistik, Warenwirtschaft und Verkaufsförderung ermöglicht dem Hersteller, eine höhere Kundenbindung zu erreichen. Auch wird seine Substituierbarkeit erschwert, weil dadurch handelsseitig Abhängigkeiten in der Leistungserbringung geschaffen werden.
Bei der Übernahme von Absatzaufgaben lassen sich Differenzierungen in der Umsetzung hinsichtlich des Leistungsumfangs und der Leistungssteuerung vornehmen (Irrgang, W. 1989). Dominiert der Markenartikelhersteller die Hersteller-Handels-Beziehung, so wird – zumindest in allen umsatzstarken Super- und Verbrauchermärkten oder Fachgeschäften – der Hersteller die Übernahme der Merchandising-Funktion anstreben. Über seine Merchandising-Organisation kann der Hersteller die Regalbewirtschaftung in den Verkaufsstellen nach eigenen Zielvorstellungen gestalten. Dieser Lenkungswunsch kann bis zur Regalmiete durch den Hersteller gehen. Bei der Aufteilung der Merchandising-Funktion zwischen Hersteller und Handel kann beispielsweise die Bestückung des Regals durch Herstellerpersonal oder vom Hersteller beauftragtes Personal unter Berücksichtigung der Vorgaben des Handels (Regalmeter, Anzahl der Facings etc.) erfolgen. Schließlich ist – speziell in handelsdominierten Konstellationen – noch die Regalbewirtschaftung durch Handelspersonal nach Vorgaben des Handelsmanagements ohne Mitwirkung der Herstellers möglich.

3. Merchandising als Element des Handelsmarketing


In den letzten Jahren ist es dem Handel gelungen, sich im Marketing-Bereich gegenüber den Markenartikelherstellern zu emanzipieren. In zunehmendem Maße beginnt der Handel, eigenständige Marketing-Konzeptionen zu entwickeln und umzusetzen. Im Mittelpunkt des Einzelhandels-Marketing steht dabei das Betriebstypen- und Profil-Marketing, mit dem eine möglichst verkaufswirksame und eigenständige Leistungsprofilierung gegenüber den Konsumenten bei gleichzeitiger Abhebung gegenüber den Mitbewerbern angestrebt wird.
Diese Entwicklung hat auch eine Neudefinition der Aufgabenteilung zwischen Industrie und Handel zur Folge. Die Stärken des Handels werden in der Zusammenfassung von Produkten in nachfragegerechte Sortimente und in der Beratungs-, Service- und Warendarbietungsfunktion – also auch im Merchandising – gesehen (Tietz, B. 1984; Irrgang, W. 1993). Zur Erreichung seiner Profilierungsziele (z.B. Realisierung eines erlebnisorientierten Einkaufsstättenkonzepts) versucht der Handel daher verstärkt, bei der Sortimentspolitik, Ladengestaltung, Warenpräsentation und Warenwirtschaft seinen Einfluss geltend zu machen. Bei dieser Neuverteilung der Aufgaben und Kompetenzen kommen die Strategiedivergenzen zwischen Hersteller und Handel wieder zum Vorschein (Klein, G. 1993). Im Bereich des Merchandising ist beispielsweise der Hersteller an hoher Präsenz im Laden, an Firmen- und Vollsortimentplatzierung, Top-Platzierung und möglichst reduzierter Konkurrenzplatzierung interessiert. Der Einzelhandel hingegen strebt nach einer Bedarfs- und Lebensstilplatzierung über Herstellergrenzen hinweg, drängt aus Raumgründen auf eine Begrenzung der Präsentationsfläche für einzelne Hersteller, möchte seine eigenen Präsentationsvorstellungen im Laden verwirklichen und gesteht Lieferanten nur selten Präsentationsexklusivität zu (Tietz, B. 1984).
Eine Übernahme der Führerschaft bei der Merchandising-Funktion durch den Einzelhandel ist daher parallel zum verstärkten Einsatz von Handelsmarketing-Konzeptionen zu erwarten, da das Merchandising einerseits ein wichtiges Gestaltungselement der Handelsstrategie ist und andererseits der Handel in diesem Bereich über gute Durchsetzungsmöglichkeiten verfügt. So wird bei Handelsbetrieben mit ausgeprägter Marketing-Orientierung überlegt, dem Markenartikelhersteller ein umfassendes PoS-Programm anzubieten, das von der Werbung am Einkaufswagen über In-Store-Werbung, Display-Gestaltung und Warenplatzierung bis zur Wirkungsforschung reicht (Thiem, J. 1993).

4. Merchandising als Element der Großhandelsstrategie


Neben der Industrie übernehmen auch Großhandelsbetriebe in ihrer Funktion als Lieferant an den Einzelhandel Merchandising-Aufgaben. Speziell im Konsumgütergroßhandel hat der Trend zu großen Filialorganisationen zu einer Verdrängung von jenen Großhändlern geführt, die in ihrer Distributionsleistung in Verkauf und Logistik nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Eine Überlebensstrategie für den Großhandel besteht in der Spezialisierung auf ausgewählte Produkte (Nischenstrategie) und im Angebot attraktiver Absatzleistungen, sog. value-added services (Stern, L. W./El-Ansary, A. I. 1988; Mathieu, G. 1992).
In diesem Zusammenhang hervorzuheben ist der Rack Jobber, häufig auch Regalgroßhändler oder Service Merchandiser genannt. Dabei handelt es sich um einen Großhändler (manchmal auch Hersteller), dem in Handelsbetrieben Verkaufsraum oder Regalflächen zur Verfügung gestellt werden, die er in eigener Regie und auf eigene Rechnung betreut (Zentes, J. 1992). Der Handelsbetrieb übernimmt dabei das Inkasso und lässt sich die Regalbereitstellung über eine Regalmiete und Umsatzbeteiligung honorieren. Diese Verkaufsform ist vor allem in jenen Non-Food-Bereichen anzutreffen (z.B. Tonträger, Küchenartikel, Papierwaren, Spielwaren, Bücher), die aus der Sicht des Nicht-Fachhandels geringe Einkaufsmengen aufweisen und zu aufwändig in der Betreuung sind. Der Rack Jobber kümmert sich um den Sortimentsaufbau, Beschaffung, Transport und Lagerung, Regalpflege sowie Präsentation und Verkaufsförderung in der Verkaufsstelle. Aufgrund seiner Spezialisierung und seines Know-how sorgt er auf der bereitgestellten Fläche für eine hohe Produktivität. Für den Handel stellt das Leistungsangebot des Rack Jobber eine relativ risikolose Sortimentsabrundung dar, die zudem noch fixe Erlösbeiträge bringt.

III. Merchandising als Organisationskonzept im Handel


Im Unterschied zur Industrie ist im Handelsbetrieb eine enge Abstimmung von Einkauf und Verkauf eine Erfolgsvoraussetzung. Im Zuge einer zunehmenden Marketing-Orientierung kommt es im Handel zur Verschmelzung von Einkaufs- und Verkaufsfunktion, indem die Absatz- bzw. Warenverantwortlichkeit dem Einkauf zugeordnet wird. Diese neue Funktionskombination wird in der Praxis vielfach als Merchandising bezeichnet (Berekoven, L. 1990). Für einzelne Warengruppen bzw. Marktsegmente werden sog. Merchandising-Manager eingesetzt (z.B. Unterteilung des Sortiments eines Schuhhandelsunternehmens in ein Mode-, Qualitäts- und Billigpreissegment). Der Verantwortungsbereich einer derartigen Merchandising-Position umfasst dann nicht nur den Einkauf, sondern auch die Sortimentszusammenstellung, die Preisbildung, die Platzierung und die Regaloptimierung. Die klassischen Divergenzen zwischen Einkauf und Verkauf können dadurch vermieden werden, da die zum Merchandising-Manager aufgewerteten Einkäufer nun auch absatzorientiert denken müssen. Diese Organisationsstruktur ermöglicht ein besseres und rascheres Eingehen auf Kundenwünsche und trägt damit zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit bei.

IV. Entwicklungstendenzen im Merchandising


Die auf der Handelsebene vorgehenden Veränderungen (Konzentrationsprozess, Machtgewinn des Handels gegenüber der Industrie, Emanzipation des Handelsmarketing) und das weitere Vordringen der Informationstechnik im Handel machen eine Neupositionierung des Merchandising erforderlich. Klassische Instrumente der Handelsbeeinflussung wie die Gewährung von Naturalrabatten, die Übernahme der Regalpflege oder die Zusage werblicher Unterstützung verlieren – isoliert eingesetzt – zunehmend an Wirksamkeit. Die sich abzeichnende Computerisierung des Handels (Einführung von rechnergestützten Warenwirtschaftssystemen) führt zu einer Verbesserung der informatorischen Grundlagen und damit zu einer neuen Entscheidungsqualität im Handelsmanagement (Zentes, J. 1991). Die Regalbestückung und Warenpräsentation sind heute bereits Gegenstand von Regaloptimierungsstudien (Space Management). Nicht das Durchsetzungsvermögen der vom Hersteller beauftragen Merchandiser am PoS, sondern die artikelbezogenen Deckungsbeiträge steuern die Regalbestückung und Warenplatzierung. Hersteller und Handel überlegen sich im Rahmen von Regaloptimierungsprojekten gemeinsam die ideale Sortimentspolitik. Typische Aufgaben der Merchandiser (z.B. Nachdisposition, Preisauszeichnung) werden bei der Realisierung von umfassenden EDV-gestützten Warenwirtschaftssystemen ebenfalls an Bedeutung verlieren.
Für das Merchandising zeichnen sich vor diesem Hintergrund zwei wesentliche Trends ab: die verstärkte konzeptionelle Ausrichtung des Hersteller-Merchandising im Rahmen von Trade-Marketing-Konzeptionen und die Herausbildung eines eigenständigen Handels-Merchandising.
Bereits jetzt ist beobachtbar, dass die Markenartikelhersteller das Merchandising in ein umfassendes handelskundengerichtetes Verkaufs- bzw. Betreuungskonzept zu integrieren beginnen (Merchandising als Element des Trade Marketing). Diese Konzeption stellt im Grunde die Fortsetzung des vertikalen Marketing-Gedankens, angepasst an die neuen Verhältnisse, dar. Dem Handelskunden werden maßgeschneiderte Merchandising-Konzeptionen angeboten, die zum optimalen Absatz des Sortiments in beiderseitigem Interesse beitragen und die in enger Zusammenarbeit mit dem Handelskunden geplant und verwirklicht werden. Auf diesem Weg versucht der Hersteller, die Stellung eines bevorzugten Lieferanten beim Handelskunden zu erlangen. Das Merchandising erfährt in dieser Rolle eine stärkere konzeptionelle Ausrichtung. Auf einer konzeptionellen Ebene werden in Abstimmung mit Marketing, Vertrieb und Logistik kundenindividuelle Merchandising-Programme entwickelt, die schließlich in den Verkaufsstellen von exekutiv tätigen Merchandisern umgesetzt werden.
Der zweite Trend ist im Zusammenhang mit der Herausbildung von Großbetriebsformen im Handel und der Professionalisierung des Handelsmarketing zu sehen. Mit dem Aufkommen eigenständiger Marketing-Konzeptionen des Handels ist auch die verstärkte Absicht der Übernahme der Merchandising-Aufgaben zu erwarten. Wie Untersuchungen zeigen, wird die Warenpräsentation und Regalplanung als »ureigenste Aufgabe des Handels« angesehen (Irrgang, W. 1993). Große Handelsorganisationen mit ausgeprägten Strategievorstellungen, professionell eingesetztem Handelsmarketing und Marketing-Führerschaftsansprüchen gegenüber der Industrie haben bereits eigene Merchandising- und Beratungsorganisationen eingerichtet, die für eine attraktive Warenpräsentation, geringere Warenbestände und aktuelle Sortimentsgestaltung in ihren Filialen sorgen sollen. Insbesondere im Zusammenhang mit rechnergestützten Warenwirtschaftssystemen und Regaloptimierungsverfahren ergeben sich für den Handel Synergieeffekte, die sich direkt in verbesserte Steuerungsleistungen (Sortimentsgestaltung, Warenplatzierung, Verkaufsförderung, Logistik) umsetzen lassen.
Literatur:
Ahlert, D. : Distributionspolitik, Stuttgart 1985
Berekoven, L. : Erfolgreiches Einzelhandelsmarketing, München 1990
Eber, A. : Erfolgreiche Merchandising-Strategien, Wien 1991
Frey, A. : Marketing Handbook, 2. A., New York 1965
Irrgang, W. : Strategien im vertikalen Marketing, München 1989
Irrgang, W. : Vertikale Marketing-Strategien der Hersteller, in: Vertikales Marketing im Wandel, hrsg. v. Irrgang, W., München 1993, S. 1 – 24
Klein, G. : Handels-Marketing und Erwartungen des Handels an den Hersteller, in: Vertikales Marketing im Wandel, hrsg. v. Irrgang, W., München 1993, S. 104 – 122
Mathieu, G. : Kooperative Marktbearbeitungsstrategien des Großhandels, in: Strategische Partnerschaften im Handel, hrsg. v. Zentes, J., Stuttgart 1992, S. 133 – 160
Stanton, W. : Fundamentals of Marketing, 5. A., Kogakusha 1978
Stern, L. W./El-Ansary, A. I. : Marketing Channels, 3. A., Englewood Cliffs/N.J. 1988
Thiem, J. : Einsatz von P.O.S.-Maßnahmen im Handel, in: Vertikales Marketing im Wandel, hrsg. v. Irrgang, W., München 1993, S. 135 – 145
Tietz, B. : Die Grundlagen des Marketing, Band 2: Die Marketing-Politik 1, München 1975
Tietz, B. : Zur Emanzipation des Handels-Marketing vom Hersteller-Marketing, in: Handels-Marketing, hrsg. v. Hasitschka, W./Hruschka, H., Berlin 1984, S. 53 – 79
Zentes, J. : Trade-Marketing, in: Marketing-ZFP, H. 4/1989, S. 224 – 229
Zentes, J. : Computer Integrated Merchandising, in: Moderne Distributionskonzepte in der Konsumgüterwirtschaft, hrsg. v. Zentes, J., Stuttgart 1991, S. 3 – 15
Zentes, J. : Rack Jobber, in: Grundbegriffe des Marketing, hrsg. v. Zentes, J., 3. A., Stuttgart 1992, S. 363 – 364

 

 


 

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