Kapazität und Beschäftigung
Inhaltsübersicht
I. Definitionen
II. Kapazitätsarten
III. Kapazitäts- und Beschäftigungsmessung
IV. Kapazitätsbelastungsprobleme und Lösungsmaßnahmen
I. Definitionen
Definition, Artenunterscheidung und Messung von Kapazitäten dienen der Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen, Planungen und der Durchführung hieran anschließender Kontrollen im Betrieb. Entscheidungen, bei denen die Kapazität zu erfassen ist, stellen sich u.a. bei der Kapazitätsbelegungsplanung, der Produktions- und Absatzprogrammplanung, dem Saisonausgleich, der Festlegung von Losgrößen, der Frage nach Eigenerstellung oder Fremdbezug von Leistungen, der Wahl des Organisationstyps der Produktion, der Verfahrenswahl, der Produktkonzeption sowie der Investitionsplanung und -kontrolle.
Die Kapazität bezeichnet »das Leistungspotenzial einer wirtschaftlichen oder technischen Einheit – beliebiger Art, Größe und Struktur – in einem Zeitabschnitt« (Kern, W. 1972, S. 27). Sie dokumentiert also ein Vermögen zur technischen oder wirtschaftlichen Leistungserbringung durch Verwendung (Nutzung) eines insb. durch Anlagen und Personal gebildeten Potenzials in einer Periode. Mit dieser offenen Definition liegt zwar eine theoretisch eindeutige Begriffsbestimmung vor, für praktische Messungen ist jedoch zu allg. gehalten. Der Kapazitätsbegriff muss vor allem bez. des Objektumfangs, der Bemessungsperiodenlänge, des Leistungsvermögens und der Maßeinheiten präzisiert werden, um damit einer falschen Auslegung vorzubeugen (Kern, W. 1993).
Obwohl die Beschäftigung nur einen beliebigen und zwar intensitätsunabhängigen Tätigkeitszustand, d.h. ohne Zielbezug, während eines bestimmten Zeitabschnitts kennzeichnet, wird dieser Begriff meist als gleichwertiger Ausdruck für die Kapazitätsausnutzung gebraucht (Kern, W. 1962).
II. Kapazitätsarten
1. Objekte der Kapazitätsdefinition
Kapazitätsdeterminanten bestimmen quantitative Kapazitätsausprägungen. Bestimmungsfaktoren ergeben sich primär aus den Produktionsfaktoren, und zwar insb. den Potenzialfaktoren, d.h. den menschlichen Arbeitskräften, die die arbeitsbedingte Kapazität prägen, und den Betriebsmitteln (Anlagen, Maschinen, Lager, Datenspeicher), die die anlagenbedingte Kapazität bilden. Sie werden ergänzt durch sekundäre Faktoren, nämlich die mit den Kapazitäten herzustellenden Erzeugnisse selbst, die Werkstoffe (Repetierfaktoren), welche die rohstoffbedingte Kapazität prägen, die Energie, die Fertigungsorganisation (organisationsbedingte Kapazität) und das abstrakte Kapital (Kern, W. 1962).
Wirtschaftliche und technische Einheiten können sowohl Vor- als auch Endkombinationen sein. Vorkombinationen sind Kombinationen ausschließlich bereitgestellter Produktionsfaktoren an einzelnen Arbeitsplätzen, aber ebenso auch bez. Maschinengruppen, Lägern, Abteilungen sowie Unternehmungen und Branchen in ihrer Gesamtheit (einschl. Dienstleistungsbetriebe). Durch ihr Tätigwerden i.S. einer Prozessdurchführung werden die mit den Vorkombinationen begründeten Leistungsangebote in die intendierten Endkombinationen überführt (Kern, W. 1990). Je nach Objektumfang ist eine Kapazität eine Produktkapazität, vor allem der Endstufe, oder eine Produktionskapazität, die das kumulierte Leistungsvermögen aller Produktionsstufen erfasst (Kern, W. 1993).
Da produktive Einheiten i.d.R. aus Kombinationen von Produktionsfaktoren bestehen, bilden sie in ihrem Zusammenwirken ein System. Es werden drei Arten solcher Systeme unterschieden. Materiell-energetische Systeme entstehen durch Kombinationen sachlicher Produktionsfaktoren. Finanzielle Systeme dienen der Erreichung spezieller Leistungsziele; bei ihnen sind Kapitalarten oder regelmäßige Einnahmen kapazitätsbestimmende Faktoren. Informationelle Systeme werden bei produktiven Kombinationen durch deren Planungssysteme (z.B. PPS-Systeme) und interindividuelle Informations- und Aktionssysteme (z.B. Informations- und Kommunikationssysteme) beeinflusst (Kern, W. 1975).
Kapazitäten können auch funktional in Erzeugungs-, Transport-, Beschaffungs-, Einlagerungs-, Absatz- und Finanzierungskapazitäten differenziert werden. Mögliche Kapazitätsprobleme sind nicht branchenspezifisch zu sehen; sie ergeben sich sowohl für industrielle und handwerkliche Produktionen als auch für Verkehrs-, Handels-, Bank-, Versicherungs- und sonstige Dienstleistungsbereiche einschl. der Bildungsanstalten.
2. Zeitliche Begrenzung der Kapazitätsdefinition
Die Länge der Bemessungsperiode resultiert aus der Begrenzung eines Leistungspotenzials, das den Einsatz und damit die Obergrenze der Potenzialfaktornutzung bildet. Die Periodenkapazität wird z.B. auf einen Tag, Monat, ein Quartal oder Jahr bezogen. Sie ist das mengenmäßige Leistungsvermögen während eben dieser Planperiode, und zwar unter der Voraussetzung, dass die notwendigen Produktionsfaktoren während der gesamten Planperiode im einsatzbereiten Zustand zur Verfügung stehen (Layer, M. 1979). Je mehr Prozessunterbrechungen und Intensitätsschwankungen im Betrachtungszeitraum auftreten werden, je mehr Variationen im Faktorbestand zu erwarten sind und je häufiger Wechsel im Leistungsprogramm geplant sind, desto kürzer muss die Kapazitätsperiode bemessen sein (Kern, W. 1975).
Die Totalkapazität ist das mengenmäßige Leistungsvolumen eines Potenzialfaktors oder einer Faktorkombination während der gesamten Verfügbarkeitsdauer. Die Größe einer Totalkapazität ist vor allem abhängig von den konstruktiven Eigenschaften, den geplanten Leistungsgeschwindigkeiten und Anlagenerhaltungsmaßnahmen (Layer, M. 1979). Insb. bei modular aufgebauten Produktionsanlagen kann die Totalkapazität nicht genau bestimmt werden, da solche Potenzialfaktoren aus vielen Teilen bestehen, deren Eigenschaften, Austausch und Ergänzungsmöglichkeiten ihrerseits die Kapazität der Gesamtanlage bestimmen. Auch technische Weiterentwicklungen an diesen Teilen, die als Module und Komponenten bezeichnet werden, sind zu beachten. Jede Komponente enthält ein ihr spezifisches und vom Entwicklungsstand abhängiges Leistungspotenzial. Die Eigenschaften der Gesamtheit der Komponenten bestimmen somit die spezifische Kapazität von Maschinen. Sind die Komponentenpotenziale verbraucht, so ist durch deren Wechsel oder Instandsetzung das Leistungspotenzial des Gesamtobjektes wiederherstellbar. Werden die notwendigen Potenzial-Wiederherstellungsmaßnahmen jeweils durchgeführt, kann davon ausgegangen werden, dass die Totalkapazität von Produktionsanlagen unendlich ist (Betge, P. 2000). Deshalb wird die Periodenkapazität häufig, so auch hier, als die Kapazität schlechthin bezeichnet (Layer, M. 1979).
3. Das Leistungsvermögen
Aufgrund der Leistungsmerkmale werden zwei Kapazitätsarten unterschieden: die quantitative und die qualitative Kapazität.
Kann das Leistungsvermögen durch Kennzahlen (technische Leistungseinheiten wie Gewichte pro Zeiteinheit, aber auch tkm/h u.Ä. oder durch ökonomische Leistungseinheiten wie Mengen pro Tag oder Monat usw.) bez. des vorgesehenen Zweckes hinreichend genau wiedergegeben werden, so ist eine quantitative Kapazitätsdefinition gegeben. Diese quantitative Kapazität kann als Outputgröße (z.B. Stückzahlen, Gewichte, Längen, Oberflächen, Volumina u.Ä.) bezogen auf eine Periode gemessen werden (Liesegang, D. G. 2000).
Das Leistungsvermögen produktiver Einheiten wird i.d.R. aber nicht nur durch quantitative Größen charakterisiert, sondern außerdem durch die Eigenschaften und Qualitäten der abgegebenen Leistung. Das qualitative Leistungsvermögen einer Einheit wird somit durch ihre qualitative Kapazität beschrieben. Je nach Sichtweise werden hierzu drei spezielle Kapazitätsarten unterschieden. Es sind dies die dimensionale Kapazität zur Kennzeichnung der Abmessungen des Arbeitsfeldes, Fassungsvermögens oder Tragfähigkeiten eines Potenzialfaktors, die präzisionale Kapazität zur Kennzeichnung seiner Leistungsgenauigkeit (Güte) sowie die variationale Kapazität. Letztere dient der Charakterisierung der möglichen Spannweiten beim Umstellen oder Umrüsten einer Faktorkombination auf artverschiedene Aufträge (realisierte Nutzungsarten) sowie der Schnelligkeit, mit der eine Produktiveinheit aufgrund besonderer Einrichtungen einen Wechsel der Leistungsarten durchführen kann (Kern, W. 1975). Die qualitative Kapazität einer Einheit muss den Qualitätsanforderungen der auf dieser Einheit zu fertigenden Produkte genügen (Liesegang, D. G. 2000).
Aufgrund des Leistungsumfangs wird zwischen mehreren Kapazitätsarten differenziert: der Maximalkapazität, der Normalkapazität und der Optimalkapazität (Layer, M. 1979). Die Grenze des durch die technische Beschaffenheit eines Betriebsteils festgelegten Leistungsvermögens bestimmter Art und Güte in einer Zeiteinheit wird als Maximalkapazität bezeichnet. In diesem Sinne ist die Maximalkapazität ein technischer Begriff (Gutenberg, E. 1983), aus dem sich bwl. die Obergrenze intensitätsmäßiger Anpassung ergibt. Mit der Optimalkapazität ist üblicherweise das wirtschaftlich optimale Leistungsvermögen gemeint, das sich bei geringsten Kosten oder größtmöglichem Gewinn je Leistungseinheit als kostenminimale bzw. als gewinnmaximale Kapazität ergibt. Aus der Tatsache, dass Betriebsmittel i.d.R. auf eine bestimmte durchschnittliche, auf Dauer, aber unter Berücksichtigung von Nutzungspausen zu haltende technisch normale Leistungsfähigkeit hin konstruktiv ausgelegt werden, resultiert die Normalkapazität.
Aus Sicherheitsgründen und zur Bildung von Leistungsreserven für übernormale Beanspruchungen werden Betriebsmittel meist so konzipiert, dass ihre maximale Leistungsfähigkeit größer ist als ihre Leistungsfähigkeit bei durchschnittlicher Belastung oder Inanspruchnahme (Normalkapazität). Normalerweise werden zu erwartende technische Störungen der Anlagen und ein als vertretbar akzeptierter Leistungsgrad der Arbeitskräfte berücksichtigt. Der technische Wirkungsgrad einer Anlage wird häufig bei der Inanspruchnahme am günstigsten sein, für die deren konstruktive Auslegung erfolgte (Gutenberg, E. 1983).
Aus prozesstechnischen Gründen kann der technische Spielraum der Leistungsabgabe eines Betriebsmittels (Maschine, Anlage) auch über eine notwendige Mindestintensität beschränkt werden, von deren Erreichen an eine Produktion in Einzelfällen überhaupt erst möglich wird. So können Prozesse häufig nicht ohne Schaden oder ohne hohe Kosten unterbrochen werden wie z.B. Hochofenprozesse. Eine solche Mindestintensität sollte aber nicht als Mindestkapazität bezeichnet werden, da für sie generell nicht das Definitionsmerkmal Leistungsvermögen zutrifft (Kern, W. 1967; Layer, M. 1979).
Maximal-, Optimal- und Normalkapazität sind alternative Möglichkeiten zur Messung eines Leistungsvermögens. Es dürfen jedoch nicht die Gefahren der Verwendung eines wirtschaftlichen Kapazitätsbegriffes übersehen werden. Die Bestimmung der wirtschaftlichen Kapazität kann nicht mit der gleichen Exaktheit erfolgen wie die technisch maximale oder normale, denn nur die Ermittlung der maximal zulässigen Intensität von Betriebsmitteln ist weitgehend frei von Unsicherheiten (Herstellerangaben). Auch bei Arbeitskräften lässt sich eine vertretbare Dauerhöchstleistung exakter ermitteln als ein optimaler Leistungsgrad (Layer, M. 1979). Unter dem Gesichtspunkt der Exaktheit ist die Maximalkapazität als Maßgröße eines Leistungspotenzials somit vorzuziehen; bewusst geringer beabsichtigte Ausnutzungen von Kapazitäten lassen sich zudem durch Angabe einer Sollauslastung ausdrücken (Kern, W. 1962, S. 128 ff.).
4. Maßeinheiten
Maßeinheiten können definitionsgemäß Mengen-, Zeit-, Wert- oder Recheneinheiten der Leistungsergebnisse (Output) sein. Solche Maßstäbe lassen aber Datenaggregationen, falls nötig, in vielen Fällen nicht zu. Als Kapazitätsindikatoren können dann, insb. bei heterogenen Leistungsprogrammen, ggf. Einheiten homogener Leistungseinsätze (Input) verwendet werden. Solche Ersatzmaßstäbe sind aber nur dann aussagekräftig, wenn zwischen den Mengen der erfassten Inputarten und dem Output Proportionalität besteht (Kern, W. 1962, Kern, W. 1975).
III. Kapazitäts- und Beschäftigungsmessung
Zur Messung der Kapazität eines Betriebes müsste die Kapazität seiner zwei entscheidenden Faktorarten \'Anlagen\' und \'Arbeit\' gemessen werden (Mellerowicz, K. 1958). Deren Beschäftigung (s. dazu III.2.a) kann überwiegend durch die Beschäftigungszeit quantitativ erfasst werden. Da Zeitgrößen stets addierbar sind, bestehen auch keine generellen Schwierigkeiten, Beschäftigungsangaben für ganze Unternehmen zu machen und diese durch Aufspaltungen je nach Bedarf zu analysieren. Beim Bestimmen von Kapazitäten und deren Ausnutzung stößt jedoch die Bildung diesbezüglicher Kenngrößen für ein Unternehmen oder auch nur einzelne seiner Betriebsteile meist auf erhebliche Probleme (Kern, W. 1962). Maßzahlen für Kapazitäten müssen ja meist heterogene Leistungsmerkmale aggregieren. Dies gilt insb. für bwl. Kapazitätsmaßzahlen auf der Basis von Outputgrößen. Hilfsweise werden deshalb die Herstellkosten oder gar Umsätze der erstellten Produkte verwendet. Da Produktionen sich zudem i.d.R. in mehreren Stufen vollziehen, tritt neben das Problem horizontaler Aggregationen von Produktkapazitäten beim Abbilden von Produktionskapazitäten noch das von vertikalen Aggregationen der Leistungspotenziale. Es lässt sich fasst immer nur durch ein Verwenden von Inputmaßen wie z.B. Beschäftigtenzahlen, maximale Rohstoffeinsatzmengen, Arbeitssummen oder Arbeitsentgelte lösen (Kern, W. 1962).
Einflussgrößen auf ein Leistungsvermögen sind die Leistungsdauer, die Intensität der Leistungserstellung und der Kapazitätsquerschnitt. Die Leistungsdauer Nt gibt das Verhältnis nutzbarer Zeiteinheiten (Beschäftigungszeit) bezogen auf die Zeiteinheiten der Planungsperiode an (Liesegang, D. G. 2000). Die Intensität It der Leistungserstellung ist der Output je nutzbarer Zeiteinheit je Produktionsfaktor(-kombination). Sie ist abhängig von den Qualitäten der Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Werkstoffe, dem Fertigungsverfahren und der Ablauforganisation (Layer, M. 1979) und ggf. auch den Absatzerfordernissen. Der Kapazitätsquerschnitt, auch Kapazitanz genannt (Kern, W. 1962), ist die Anzahl und Art der Produktionsfaktoren (Maschinen, Arbeitsplätze), die für die Erfüllung einer Arbeitsaufgabe in einem Betrieb oder in einer Produktionsreihe jeweils parallel eingesetzt werden können. Er ist für Kapazitätsmessungen ein Datum und bringt die Produktmenge zum Ausdruck, die an ihm in der Zeiteinheit 1 (z.B. Stunde, Tag, Monat, Jahr) mit der (maximalen) Intensität It ausgebracht werden kann. Er gibt Auskunft darüber, um wie viele Einheiten die Produktion bei einer Veränderung der Leistungsgeschwindigkeit um eine Einheit gesteigert oder gesenkt wird. Da er die Anzahl der Arbeitsplätze ausdrückt, kann er auch als Beschäftigungsmöglichkeit interpretiert werden (Kern, W. 1962).
2. Rechnerische Ermittlung der quantitativen Kapazität
Kapazitätsmessungen werfen zumeist Probleme auf, da sich der betriebliche Zweck einer produktiven Einheit meist nicht vollkommen durch eine eindimensionale Zielvorschrift fassen lässt. Überwiegend werden mehrere Produkttypen in einem Produktionsbereich hergestellt, oder es arbeiten Maschinen mit unterschiedlicher Auslastung im Verbund, wobei die Gesamtkapazität von der Organisationsform und von wechselnden Engpassbereichen abhängen kann. Oder aber der Zweck einer Anlage lässt sich nur durch mehrere Parameter kennzeichnen und ist abhängig von den wechselnden Umfeldbedingungen. Mit der Anzahl der Produktionsstufen und der Vielfältigkeit des Produktspektrums wächst die Komplexität der Aufgabenstellung von Kapazitätsmessungen. Die Quantifizierung von Kapazitäten bedarf außerdem noch einer räumlichen Abgrenzung der technischen und wirtschaftlichen Einheit. a) Einproduktfall
Bei homogenen Leistungsprogrammen können Kapazitäten sowohl für einzelne Produktionsstufen als auch für mehrstufige Faktorkombinationen ermittelt werden. Im ersten Fall bietet sich selbst bei Existenz ungleichartiger Anlagen die Kapazitätsmessung über die Leistungen (Output) an, da diese ja gleichartig sind oder wenigstens gleichartig gemacht werden können. Das Produkt selbst kann den Maßstab allerdings nur bei gleichartiger Fertigung abgeben (Mellerowicz, K. 1958).
Im Falle eines einstufigen Produktionsprozesses wird die nutzbare (maximale) Produktkapazität Ct, ausgedrückt (Liesegang, D. G. 2000) in Leistungseinheiten LE der betrachteten Produktiveinheit PE innerhalb der Periode t, determiniert durch das mathematische Produkt aus dem verfügbaren Kapazitätsquerschnitt Qt (z.B. Anzahl der Maschinen), die (maximale) Perioden-Intensität It (Produktionsgeschwindigkeit) von PE und der (maximalen) Zeitdauer Nt (Zeiteinheiten der PE-Nutzung):
Ct = Qt · It · Nt
Das mathematische Produkt Qt · Nt stellt übrigens die Beschäftigung dar (Kern, W. 1993). Dieser Begriff dient in der Kostentheorie bevorzugt zum Bezeichnen des Aktionsparameters (unabhängige Variable), doch sind mit ihr dort regelmäßig die ausgebrachten Leistungsmengen, d.h. eben die Kapazitätsauslastung, gemeint.
Im Falle eines mehrstufigen Prozesses, bei dem das Produkt mehrere Teilprozesse nacheinander durchlaufen muss, ehe die Produktion vollendet ist, (mehrstufige Faktorkombination) wird die Kapazität der Gesamteinheit durch die kleinste Kapazität aller Prozessstufen (Kapazitätsengpass, Flaschenhals, Minimumsektor) beschränkt. Dies gilt auch für Betriebsgrößen, wobei hier i.d.R. erschwerend wirkt, dass solche Einheiten meistens verschiedenartige Endprodukte ausbringen. b) Mehrproduktfall
Bei einem heterogenen Leistungsprogramm (economies of scope) sind Stückzahlen, außer bei Massenleistungen, wegen der Heterogenität der Produkte als Kenngrößen von Kapazitäten und deren Ausnutzung nicht mehr geeignet (Liesegang, D. G. 2000).
Bei einem einstufigen Produktionsprozess im Mehrproduktfall kann eine Produktart als Leitprodukt ausgewählt und die anderen können zu diesem in Beziehung gesetzt werden. Über derartige Äquivalenzziffern wird (z.B. bei Sortenproduktion) versucht, eine eindeutige Beziehung zur technischen Leistungsfähigkeit der Einheit herzustellen (Liesegang, D. G. 2000). Weiterhin können im Mehrproduktfall technische Hilfsgrößen in Form der Nutzungszeit (Maschinenlauf- oder Arbeitszeit) und die Nutzungsintensitäten der Potenzialfaktoren herangezogen werden (so bei Serien- und Einzelfertigung). Die maximal mögliche Beschäftigungszeit der Produktionsanlagen und Arbeitskräfte wird dann als Zeitkapazität und die maximal mögliche Intensität in Form von Werkverrichtungen pro Zeiteinheit als Leistungskapazität bezeichnet (Busse von Colbe, W./Laßmann, G. 1991).
Besteht das Produktionssystem, auf welchem eine Mehrzahl von Produktarten zu fertigen ist, aus mehreren Teilprozessen, so treten die o.g. Probleme in Kombination auf. In Abhängigkeit vom Produktionsprogramm, das die einzelnen Teilprozesse unterschiedlich stark belastet, werden i.d.R. mehrere Teilprozesse Kapazitätsengpässe darstellen. Im LP-Modell der Produktions- und Absatzprogrammplanung können die programmabhängigen Kapazitätsgrenzen der Teilprozesse und die Absatzgrenzen der Produkte simultan erfasst und durch Optimierung einer produktbezogenen Zielfunktion ermittelt werden.
IV. Kapazitätsbelastungs- probleme und Lösungsmaßnahmen
Die große Bedeutung von Kapazitäten und ihrer Auslastung zeigt sich in ihren Kostenwirksamkeiten.
Die betriebliche Kapazität einer Einheit ist eine langfristig veränderliche Größe. Für die kurzfristige, operative Planung sind die vorhandenen Kapazitäten aber festgelegte Potenziale. Die unternehmerischen Entscheidungen, die zu Kapazitätsfestlegungen führen, verursachen langfristige Kapitalbindungen. Aus diesen ergeben sich kurzfristig die beschäftigungsabhängigen, fixen Kosten, umfassend insb. die umgelegten Anschaffungsausgaben (Abschreibungen) und Finanzierungskosten. Die kurzfristig veränderliche Auftragssituation, d.h. die Kapazitätsnachfrage des Betriebes ist mit der verfügbaren Kapazität abzustimmen, aus der dann die aktuelle Beschäftigungssituation des Betriebes resultiert. Sinkt das Beschäftigungsniveau unter die Normalkapazität, dann entstehen (nicht genutzte) Leerkapazitäten. Längerfristig nicht beanspruchte Kapazitäten stellen Überkapazitäten dar. Die wichtigsten Ursachen strukturbedingter Über- und Unterkapazitäten sind Bedarfsrückgänge bzw.-anstiege, Wettbewerbsverzerrungen, Kostennachteile bzw. -vorteile im nationalen und internationalen Wettbewerb oder Über- bzw. Unterinvestitionen (Bartels, W. 1984).
Der Anteil der fixen Kosten, der dem der Unterauslastungen an der Gesamtkapazität einer Faktorkombination entspricht, wird in der Kostentheorie aufgrund einer gedanklichen Differenzierung als Leerkosten und sein Komplement als Nutzkosten deklariert. Erstere dienen bei Produktionsplanungen verschiedentlich als Indikatoren, um bessere Lösungen zu finden, so z.B. beim Bestimmen von optimalen Reihenfolgen und bei der Kapazitätsbelegungsplanung. Weil Leerkosten auf mangelnde Kapazitätsausnutzungen schließen lassen, sollten sie durch Anhebung der Beschäftigung u.a.m. abgebaut und in Nutzkosten umgewandelt werden. Überbeanspruchungen von Kapazitäten verursachen dagegen i.d.R. einen Anstieg der variablen Stückkosten. Abweichungen von der Optimalkapazität (übermäßige Beanspruchung einer Einheit und erhöhter Einsatz an Inputfaktoren) führen alsdann zu an sich vermeidbaren Belastungen der Wirtschaftlichkeit. Dies wird durch den U-förmigen Verlauf der Funktionen variabler Stückkosten im Falle intensitätsmäßiger Anpassung ersichtlich. Diese Zusammenhänge gelten analog auch für die qualitative Kapazitätsauslastung; sie können dort häufig nur nicht so genau quantifiziert werden (Kern, W. 1975).
2. Maßnahmen zur Lösung von Kapazitätsauslastungsproblemen
Da existente Kapazitäten die Leistungsfähigkeit ganzer Betriebe z.T. begrenzen, sind deren Absatz- und Umsatzplanungen kurz- und mittelfristig i.A. an den Grenzen der vorhandenen und unmittelbar erwarteten Kapazitätsbestände auszurichten. Nicht harmonisierte Kapazitätsbestände einschl. erkennbarer Verfügbarkeiten an sachlichen und personellen Potenzialen zwingen zu langfristigen Abstimmungen (Kapazitätsharmonisierungen). Hierfür bietet sich ein reiches Spektrum an, das insb. vom Programmwechsel und Programmerweiterungen über die Rationalisierung und strategische Kapazitätsplanung, Investitionsplanung und -kontrolle (einschl. Desinvestitionen), Anlagencontrolling und Maßnahmen der Personalwirtschaft einschl. Personalentwicklungsplanung bis zur Produktionstiefenbestimmung und generell zur strategischen Produktionsplanung reicht.
Literatur:
Bartels, W. : Strukturbedingte Kapazitätsanpassung, in: Kapazitätsrisiken und Unternehmenspolitik, SoH 18 – 84 der ZfbF, hrsg. v. Funk, J./Hax, H./Potthoff, E., Düsseldorf 1984, S. 32 – 64
Betge, P. : Investitionsplanung, 4. A., München 2000
Busse von Colbe, W./Laßmann, G. : Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 1: Grundlagen – Produktions- und Kostentheorie, 5. A., Berlin et al. 1991
Corsten, H./Köhler, H./Müller-Merbach, H. : Kapazitätsmessung, Kapazitätsgestaltung, Kapazitätsoptimierung, Stuttgart 1992
Gutenberg, E. : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. I: Die Produktion, 24. A., Berlin et al. 1983
Kern, W. : Die Messung industrieller Fertigungskapazitäten und ihrer Ausnutzung, Köln et al. 1962
Kern, W. : Kapazität und Beschäftigung, in: HWB, Bd. 2, hrsg. v. Grochla, E./Wittmann, W., 3. A., Stuttgart 1975, Sp.2083 – 2089
Kern, W. : Industrielle Produktionswirtschaft, 5. A., Stuttgart 1992
Kern, W. : Kapazität, in: HWR, hrsg. v. Chmielewicz, K./Schweitzer, M., 3. A., Stuttgart 1993, Sp.1055 – 1063
Layer, M. : Kapazität: Begriff, Arten und Messung, in: HWProd, hrsg. v. Kern, W., Stuttgart 1979, Sp.871 – 882
Liesegang, D. G. : Kapazität, in: Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Corsten, H., 4. A., München et al. 2000, S. 424 – 429
Mellerowicz, K. : Kapazitätsproblem, in: HWB, Bd. 2, hrsg. v. Seischab, H., 3. A., Stuttgart 1958, Sp.2953 – 2959
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