Kostenträger, Kostenträgerrechnung
Inhaltsübersicht
I. Kostenträger
II. Kostenträgerrechnung
I. Kostenträger
1. Begriffsdefinition
Kosten werden im Weiteren als Wert aller innerhalb einer Periode verbrauchten, ordentlichen, bewerteten, leistungs- bzw. sachzielbezogenen Güter und Dienstleistungen verstanden. Kostenträger sind materielle oder immaterielle Objekte, deren Bezug oder Herstellung im Unternehmen (in)direkte Kosten verursacht und zu deren Deckung Erlöse erwirtschaftet werden müssen.
2. Arten von Kostenträgern
In Abhängigkeit von der unternehmensindividuellen Definition des Begriffs „ Leistung “ oder „ Sachziel “ ergeben sich mehrere Klassifikationen von Kostenträgern. Diese Klassifikationen sind unabhängig voneinander und stehen nicht in einer hierarchischen Ordnung zueinander (vgl. Abb. 1, aufbauend auf Bea, F.X. 1993, Sp. 1273).
Abb. 1: Arten von Kostenträgern
II. Kostenträgerrechnung
1. Gegenstand und Zweck
Die Zurechnung sämtlicher in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten auf die einzelnen Objekte erfolgt im Rahmen der Kostenträgerrechnung. Sie bedient sich der Ergebnisse der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung. Die Kostenträgerrechnung ordnet den jeweiligen Kostenträgern die Kosten in Abhängigkeit vom kostenträgerspezifischen Verbrauch der Produktionsfaktoren zu. Sie kann als eine Voll- oder Teilkostenrechnung auf Plan-, Ist- oder Normalkostenbasis durchgeführt werden. Dabei werden die Einzelkosten direkt von der Kostenartenrechnung den Kostenträgern zugeordnet. Die Gemeinkosten werden hingegen gemäß der Inanspruchnahme der Kostenstellenleistungen durch die Kostenträger auf diese verrechnet.
Ziel der Kostenträgerrechnung ist die Ermittlung der kostenträgerbezogenen Herstell- und Selbstkosten. Letztere umfassen neben den Herstellkosten (Material-, Fertigungseinzel- und -gemeinkosten) noch die Verwaltungs- und Vertriebskosten und damit insgesamt alle Kosten, die einer Einheit des Kostenträgers zugerechnet werden können (vgl. Abb. 2). Aus diesem Grund wird die stückbezogene Kostenträgerrechnung auch als Selbstkostenstückrechnung oder Kalkulation bezeichnet (vgl. Kilger, W./Pampel, J./Vikas, K. 2002, S. 467).
Abb. 2: Ermittlung der Herstell- und Selbstkosten
Auf einer allgemein funktionalen Ebene liefert die Kostenträgerrechnung Informationen zur Unterstützung der Planung von Handlungsalternativen sowie für die Kontrolle zwecks Aufdeckung von Abweichungen bei kostenträgerbezogenen Soll/Ist-Vergleichen (zur Fundierung etwaiger Gegensteuerungsentscheidungen). Ferner kann sie der Dokumentation von Güterverzehren dienen. Bezieht sich die Planungs- und Kontrollfunktion der Kostenträgerrechnung nur auf Entscheidungen unternehmensinterner Entscheidungsträger, kann die Kostenträgerrechnung auch eine Verhaltenssteuerungsfunktion erfüllen (vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. 2003, S. 8 ff.).
Werden die Einsatzmöglichkeiten der Kostenträgerrechnung eher anlassbezogen diferenziert, ergeben sich wiederum eine Reihe von Zwecken. Ein solcher anlassbezogener Zweck (vgl. z.B. Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 155 f.) kann etwa in der Bereitstellung von Informationen für die Preispolitik bestehen. Bei kostenorientierten Absatzpreisen ergeben sich diese aus den (Stück-)Selbstkosten und dem Gewinnaufschlag. Eine solche Herleitung des Absatzpreises ist aber in der Marktwirtschaft nicht immer möglich, da die Preise durch den Markt vorgegeben sind. Eine Preisermittlung auf Vollkostenbasis ohne Einbeziehung von Marktpreisen wird dagegen bei der Kalkulation öffentlicher Aufträge verlangt bzw. ist bei der Ermittlung von Konzernverrechnungspreisen möglich. Des Weiteren sind Kostenträgerinformationen für die Preisbeurteilung relevant, wenn – unter Berücksichtigung von Erlösinformationen aus der Erlösträgerrechnung – kurzfristige Preisuntergrenzen für Absatzgüter oder für Produktions- und Absatzprogramme (im Hinblick auf Planungs- und Kontrollzwecke) festgelegt werden müssen (vgl. Ossadnik, W. 1998, S. 190 ff.).
Ferner kann die Kostenträgerrechnung – wiederum in Verbindung mit erlösbezogenen Informationen – zur Ermittlung von Preisobergrenzen für zu beschaffende Einsatzgüter und auch zur Beantwortung der Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug bei Zwischengütern herangezogen werden. Auch werden Daten aus der Kostenträgerrechnung zur Bewertung von Beständen an Zwischen- und Endprodukten und an eigenerstellten und -genutzten Produkten für Angaben in Publikationsrechnungen wie der Handels- und Steuerbilanz benötigt. Als weiterer Anlass für eine Kostenträgerrechnung sind Kostenniveauvergleiche zwischen unterschiedlichen Werken in Bezug auf einen Kostenträger denkbar.
2. Teilgebiete der Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung kann funktional in die Teilgebiete Kostenträgerzeitrechnung, Kostenträgerergebnisrechnung, Auftragsabrechnung, Kostenträgerstückrechnung und Bestandsrechnung gegliedert werden (vgl. Hummel, S./Männel, W. 1986, S. 260; vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Funktionale Teilgebiete der Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerzeitrechnung beinhaltet die periodengerechte Zurechnung (Kalkulation) der durch Güter- und Leistungsverzehr entstandenen Kosten auf die von einer Produktart hergestellte Produktmenge. Zusammen mit endkostenträgerbezogenen Daten aus der Kostenträgererlösrechnung erweitert sie sich zu einer periodenbezogenen Kostenträgerergebnisrechnung (Betriebsergebnisrechnung, kurzfristige Erfolgsrechnung). Die Auftragsabrechnung beschränkt sich hingegen auf die (Nach-)Kalkulation einzelner (Fertigungs-)Aufträge. Die bei der Herstellung und Verwertung einer Mengeneinheit angefallenen Kosten werden in der Kostenträgerstückrechnung als Voll- oder Teilkostenrechnung den einzelnen Kostenträgern zugewiesen. Die Bestandsrechnung sieht eine mengen- und wertmäßige Erfassung der Bestandsbewegungen an Halb- und Fertigprodukten vor.
3. Verfahren der Kostenträgerrechnung
Die Verrechnung der Kosten auf Kostenträger wird von mehreren Verfahrensvarianten bezweckt, die ursprünglich auf den Fertigungsbereich konzeptionell ausgerichtet waren. Die Kosten indirekter Unternehmensbereiche werden regelmäßig mit Hilfe von Gemeinkostenzuschlagssätzen umgelegt.
Die Eignung der Verfahren wird u.a. durch die Anzahl der Produktarten, der Funktionsbereiche, das Fertigungsprogramm und die Fertigungsstellen, den Auf- und Ausbau der unternehmensspezifischen Kostenstellenrechnung, die Differenzierung zwischen Kostenarten, Kostenartengruppen und Kostenartenkategorien und die Frage bestimmt, ob Kostenträgereinzel- und -gemeinkosten in der Kostenartenrechnung getrennt ausgewiesen werden.
Die im Folgenden darzustellenden Verfahren sollen mit der Zuordnung der Kosten auf Kostenträger Kosteninformationen für die spezifischen Kalkulationszwecke generieren. Diesem Anspruch können sie nur genügen, wenn die Kostenzurechnung nach dem Verursachungsprinzip in der engeren Auslegung – als das bevorzugte Kostenzurechnungsprinzip (vgl. Kloock, J./Sieben, G./Schildbach, T./Homburg, C. 2005, S. 62 ff.) – erfolgt. Werden Gemeinkosten auf Kostenträger verrechnet, ist diese Zuordnung nicht unbedingt willkürfrei und u.U. mit einer beschäftigungsproportionalisierenden Verrechnung von – auch fixen – Gemeinkosten verbunden. In diesem Fall orientiert sich die Zuordnung von Gemeinkosten an dem Durchschnittsprinzip oder Tragfähigkeitsprinzip. Diese Verrechnung ist mit dem Verursachungsprinzip nicht vereinbar und kann zu entscheidungsirrelevanten Kosteninformationen führen (vgl. Dellmann, K. 1998, S. 616 f. und 637). a) Divisionskalkulation
Die (einfache) Divisionskalkulation ist ursprünglich für Einproduktbetriebe konzipiert worden (vgl. Jehle, E. 1993, Sp. 380). Bei der einstufigen Divisionskalkulation werden die Kosten einer Kostenträgereinheit mittels Division der für den Kostenträger angefallenen Gesamtkosten durch die Anzahl der gefertigten Kostenträger nach dem Durchschnittsprinzip ermittelt. Diese Variante entspricht auch dem (angloamerikanischen) Process Costing, das ebenfalls für eine Kostenüberwälzung auf Massenprodukte konzipiert ist (vgl. Horngren, C.T./Datar, S./Foster, G. 2006, S. 594 ff.). In Mehrproduktbetrieben und mehrstufigen Fertigungen müssen die anteiligen Kostenträgerkosten für jeden Produktionsbereich bzw. für jede Fertigungsstufe separat errechnet werden (vgl. Abb. 4).
Bei der mehrstufigen Divisionskalkulation sind vorhandene Zwischenlager und damit verbundene unterschiedliche Ausbringungsmengen zwischen den Produktionsstufen zu berücksichtigen. Sie ist damit eher als die einstufige Divisionskalkulation in der Lage, die unternehmensindividuellen Produktionsverhältnisse einzubeziehen. Dieses Verfahren erfordert einen Ausbau der Kostenstellenrechnung für einzelne Fertigungsstufen oder Unternehmensbereiche. Eine Sonderform der mehrstufigen Divisionskalkulation besteht darin, die Kosten des Vertriebs und der Verwaltung mit Hilfe eines Verrechnungssatzes den durch die Divisionskalkulation ermittelten Herstellkosten zuzuschlagen (vgl. Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 161). Für die Zukunft ist eine Zunahme der Varianten- und Einzelfertigung und die damit verstärkt einhergehende Notwendigkeit zu erwarten, der Heterogenität von Kostenträgern kalkulatorisch Rechnung zu tragen (vgl. Jehle, E. 1993, Sp. 383). b) Äquivalenzziffernkalkulation
Dieses Verfahren kann als eine weitere Variante der Divisionskalkulation bei Mehrproduktfertigung interpretiert werden. Es beruht auf der Annahme, dass bei der Herstellung sich nur geringfügig voneinander unterscheidender Produktarten (im Sinne einer Sortenfertigung) zwar keine völlig identische Kostenstruktur besteht, diese aber bei den verschiedenen Kostenträgern durch die Verarbeitung derselben Rohstoffe oder (aufgrund des Durchlaufs gleicher Fertigungsstellen) sich voneinander nicht wesentlich unterscheidender Produktionsprozesse sehr ähnlich ist. Im Gegensatz zur Divisionskalkulation ist die Prämisse der (strengen) Homogenität nicht mehr erfüllt. Zudem muss die Produktionsmenge der Absatzmenge je Produktart entsprechen. Die Bezugsgröße ist nicht die Produkteinheit, sondern eine zu wählende Größe (wie z.B. Fertigungszeiten, Rohstoffinanspruchnahme), für die ein proportionales Verhalten der Stückherstellkosten angenommen wird. Die Äquivalenzziffern bringen einen quasikausalen Zusammenhang zwischen der Ausprägung der Bezugsgröße und den Stückkosten zum Ausdruck. Der Bezugsproduktart wird die Äquivalenzziffer 1, den anderen Produktarten werden auf Basis von Hypothesen Äquivalenzziffern entsprechend der gewählten Bezugsgröße zugeordnet. Hierdurch wird das Verhältnis der Kosten eines Kostenträgers im Hinblick auf die Stückherstellkosten der Bezugsproduktart repräsentiert. Durch Multiplikation der Äquivalenzziffern der Produktarten mit deren Fertigungsmengen werden Letztere rechnerisch gleichnamig gemacht.
In der – kaum willkürfrei möglichen – Bestimmung der Bezugsgröße aus einer Vielzahl potenzieller Größen und der daher letztlich hypothesenhaften Festlegung der Äquivalenzziffern auf der Grundlage unterstellter Kausalitätsbeziehungen liegt die Problematik der Äquivalenzziffernkalkulation. Besteht demnach ein – auch durch die Wahl einer Bezugsgröße nicht stets auszuschließender – Mangel an Proportionalität zwischen Kosten und Bezugsgrößenmenge, weist die Äquivalenzziffernkalkulation einen Weg, dessen Beschreitung die Bereitschaft voraussetzt, Ungenauigkeit in Kauf zu nehmen.
Wünschenswert wäre eine Beurteilung der Güte der Wahl der Bezugsgröße und der Äquivalenzziffern. Dies würde aber voraussetzen, die durch den Kostenträger verursachten „ richtigen “ Kosten zu kennen (vgl. Bretzke, W.-R. 1981, Sp. 48 f.). Hierin liegt ein Dilemmaproblem, denn wären die „ richtigen “ Kosten bekannt, wäre die Durchführung einer Äquivalenzziffernkalkulation überflüssig. Eine solche Problematik stellt sich aber auch bei anderen Verfahren der Kostenträgerrechnung. c) Kuppelkalkulation
Ein weiteres der Divisionskalkulation nahes Kostenträgerrechnungsverfahren ist die Kuppelkalkulation. Bei der (z.B. in der chemischen Industrie häufigen) Kuppelproduktion ergeben sich gleichzeitig und unvermeidbar mehrere (z.T. in einem starren Mengenverhältnis zueinander stehende) Produktarten (als Haupt-, Neben- und Abfallprodukte) in ein- oder mehrstufigen Produktionsprozessen. Da die Kosten nach dem Verursachungsprinzip nur allen Produkten gemeinsam zugeordnet werden können, findet hier zur Festlegung der Stückherstellkosten das Tragfähigkeits- oder Durchschnittsprinzip Anwendung. Die Verteilung der Kosten kann mithilfe unterschiedlicher Varianten erfolgen (vgl. Scherrer, G. 1999, S. 423).
Bei der Verteilungsrechnung werden die Produktionskosten den als gleichrangig angesehenen Kostenträgern mit Hilfe von Bezugs-/Schlüsselgrößen verhältnismäßig zugeteilt. So setzt eine am physischen Gewicht orientierte Gewichtsrechnung eine nahezu identische Beschaffenheit der Produkte voraus: die Kostenzuteilung erfolgt allein auf Basis der Produktgewichte nach dem Durchschnittsprinzip. Erfolgt die Zurechnung der Kosten nach dem Tragfähigkeitsprinzip anhand von (fiktiven) Marktpreisen oder in Verbindung mit einer Erlösträgerrechnung mit Verwertungsüberschüssen als Marktpreisrechnung, können die jeweiligen Bezugsgrößenausprägungen in Äquivalenzziffern transformiert werden. Als weitere Schlüsselgrößen sind auch noch technische Eigenschaften oder quantifizierbare produktspezifische Merkmale denkbar. Eine auf solche Verfahren gestützte Kostenschlüsselung impliziert Willkürgefahren und ist daher nur von sehr begrenzter Aussagefähigkeit.
Geht aus der Kuppelproduktion ein Produkt als Hauptprodukt hervor, findet in der Praxis zumeist die Restwertrechnung Anwendung. Ausgehend von der (durch das Tragfähigkeitsprinzip implizierten) Prämisse, dass die Kosten der Produktion vollständig durch die Erlöse gedeckt werden sollen, werden bei diesem Verfahren die Kosten der Neben- und Abfallprodukte – fiktiv – in Höhe ihrer (ggf. um Folgekosten verminderten) Erlöse angesetzt. Der verbleibende Kostenrestbetrag ist von den Erlösen des Hauptproduktes zu decken. Existieren mehrere Hauptprodukte, ist eine Kombination von Restwert- und Verteilungsrechnung denkbar, indem der Restwert den jeweiligen Hauptprodukten entsprechend der Verteilungsrechnung angelastet wird. d) Zuschlagskalkulation
Die Zuschlagskalkulation erfordert eine Trennung der Gesamtkosten in Kostenträgereinzel- und -gemeinkosten und zudem – in Abhängigkeit von der Variante der Zuschlagskalkulation – eine Verteilung der Kostenarten auf Kostenstellen. Mithilfe von Zuschlagssätzen werden die Gemeinkosten auf Basis von Einzel- und – ggf. bereits verrechneten – Gemeinkosten den einzelnen Kostenträgern zugeordnet. Diese Rechnung findet zumeist bei der Produktion heterogener Produkte (qua Serien- oder Einzelfertigung) Anwendung und basiert auf der Annahme, dass eine proportionale Beziehung zwischen den Kostenträgereinzel- und -gemeinkosten besteht. Im Hinblick auf die mögliche Gliederung der Kostenarten und -stellen sind verschiedene Varianten der Zuschlagskalkulation denkbar (vgl. Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 168). Die Verrechnung der Gemeinkosten kann entweder ohne Rückgriff auf Kostenstellen durch einen Zuschlag oder getrennt nach Kostenarten mit Hilfe mehrerer Zuschläge erfolgen. Des Weiteren können sich auch die Zuschlagssätze an den Kostenstellen ausrichten, und zwar entweder als ein Zuschlag je Kostenstelle oder als mehrere, nach Kostenarten differenzierte Zuschläge je Kostenstelle.
Bei der summarischen Zuschlagskalkulation findet keine Differenzierung zwischen Kostenarten statt. Sie sollte nur dann angewendet werden, wenn die Gemeinkosten einen (sehr) geringen Anteil an den Gesamtkosten haben. Die Gemeinkosten werden zu einem Block zusammengefasst und nur auf eine Zuschlagsbasis bezogen. Ohne Kostenstellendifferenzierung, aber mit Bildung von Gemeinkostengruppen, die auf einzelne, sich voneinander unterscheidende Zuschlagsgrundlagen rekurrieren, operiert die selektive Zuschlagskalkulation ohne Rückgriff auf die Kostenstellenrechnung.
Eine weitaus höhere Differenzierung bei den Kostenstellen und -arten wird mit der Anwendung der elektiven Zuschlagskalkulation mit Rückgriff auf die Kostenstellenrechnung erreicht. Sie findet hauptsächlich bei mehrstufiger Mehrproduktfertigung Anwendung. Die nach Arten gruppierten Gemeinkosten werden auf der Grundlage separater kostenstellenbezogener Zuschlagsgrundlagen und -sätze mehrheitlich in Anlehnung an das Grundschema der Abb. 2 verrechnet. Im Gegensatz dazu muss bei der Kalkulation öffentlicher Aufträge mehr oder weniger fest vorgegebenen Kalkulationsschemata gefolgt werden (vgl. Freidank, C.C. 2001, S. 167).
Unabhängig von der verwendeten Form der Zuschlagskalkulation ergibt sich der Zuschlagssatz aus der Division der Gemeinkosten ( „ en bloc “ oder differenziert nach Kostenart(engruppe)) durch die entsprechende Zuschlagsgrundlage. Von einer verursachungsgerechten Zuordnung kann nicht ausgegangen werden, da eine Proportionalität zwischen Zuschlagsgrundlage und Gemeinkosten nicht zwingend ist. Werden fixe und variable Kosten bei der Verrechnung der Gemeinkosten gleich behandelt, wird eine konstante (aber nicht unbedingt zutreffende) Proportionalität zwischen der Zuschlagsgröße und den Gemeinkosten unterstellt. e) Verrechnungssatzkalkulation
Im Gegensatz zu der Zuschlagskalkulation basiert die Kostenzuordnung bei der Verrechnungssatzkalkulation (Bezugsgrößenkalkulation) nicht auf Wert-, sondern auf Mengenschlüsseln (Maschinenlaufzeiten, Anzahl Arbeitsvorgänge etc.) als Bezugsgrößen (vgl. Kloock, J./Sieben, G./Schildbach, T./Homburg, C. 2005, S. 162). Die Verrechnungssatzkalkulation orientiert sich an dem Leistungsvolumen der jeweiligen Kostenstelle oder des jeweiligen Kostenplatzes und verrechnet die entsprechenden Kosten proportional dazu. In Anlehnung an die Divisionskalkulation werden die kostenstellen-/kostenplatzbezogenen Kosten durch die Plan-, Normal- oder Ist-Leistungseinheiten der zugehörigen Kostenstelle zur Ermittlung von spezifischen Verrechnungssätzen dividiert, um den einzelnen Kostenträgern die Kostenstellengesamtkosten entsprechend der Leistungsinanspruchnahme in einem höherem Grade verursachungsgemäß – je nach Wahl der Zuschlagsgrundlage u.U. auch streng verursachungsgerecht – zuzuordnen. Dies setzt die Existenz von Stücklisten, Produktions- und Arbeitsgangplänen voraus (vgl. Hummel, S./Männel, M. 1986, S. 302).
Deshalb wird dieses Verfahren zumeist bei repetitiven Leistungen angewendet, wie sie in Kostenstellen der Fertigung häufig vorkommen. Zur Berücksichtigung der Inanspruchnahme (Bearbeitungszeit) der Maschinen durch die einzelnen Kostenträger und zur Differenzierung der einzelnen Maschinenkosten wird die Verrechnungssatzkalkulation bei der Kalkulation der einzelnen Kostenträger zu einer Maschinen(stunden)satzrechnung ausgebaut. Im Ergebnis ermöglicht eine Kostenplatzrechnung für die einzelne Maschine die Ermittlung eines spezifischen Satzes zur Angabe der maschinenbezogenen Gemeinkosten je Einheit Maschinenlaufzeit (vgl. Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 175).
Mithilfe der Verrechnungssatzkalkulation können die Kosten für Einzelfertigungen verursachungsgerechter als bei den bislang vorgestellten Verfahren den einzelnen Kostenträgern zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang wird die Verrechnungssatzkalkulation auch als Job Casting System bezeichnet (vgl. Horngren, C.T./Datar, S./Foster, G. 2006, S. 99). f) Prozesskostenrechnung
Während die bislang erörterten Verfahren die Kosten der indirekten Leistungsbereiche den Kostenträgern nach Mengen- oder Wertschlüsseln zuweisen, verfolgt die Prozesskostenrechnung das Ziel, bei der Verrechnung klassischer Gemeinkosten dem Prinzip der Verursachungsgerechtigkeit nach Möglichkeit besser zu entsprechen. Dabei werden die Kosten den Kostenträgern gemäß der Inanspruchnahme von Prozessen der internen Wertschöpfungskette zugeordnet. Problematisch ist dabei die Wahl des „ richtigen “ Kostentreibers, denn dieser soll einen proportionalen Zusammenhang zwischen dem Aktivitätsniveau des Kostentreibers und den Prozesskosten herstellen. Mithilfe eines Prozesskoeffizienten, der die benötigte Anzahl von Prozessbezugsgrößeneinheiten zur Herstellung einer Einheit des Kostenträgers angibt, können die jeweiligen anteiligen Prozesskosten durch Multiplikation des Prozesskostensatzes mit dem Koeffizienten dem Bezugsobjekt zugewiesen werden (vgl. Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 355). Auch bei diesem Verfahren kann das Problem der Fixkostenproportionalisierung auftreten, wenn die Prozesskosten einflussgrößenunabhängige, d.h. leistungsmengenunabhängige Kosten beinhalten (vgl. Homburg, C. 2001, S. 255). Für die nicht produktnahen fixen Gemeinkosten werden andere Verfahren der Zurechnung auf die Kostenträger vorgeschlagen (vgl. Horváth, P. 2003, S. 561; Coenenberg, A.G. 2003, S. 220).
4. Beurteilung der Verfahren der Kostenträgerrechnung
Aufgrund der vorangegangenen Darstellungen ergibt sich in Abhängigkeit vom Produktionsprogramm die aus Abb. 5 (in Weiterführung zu Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 2003, S. 183) ersichtliche Systematisierung der einzelnen Kalkulationsverfahren.
Abb. 5: Zuordnung der Kalkulationsverfahren in Abhängigkeit vom Produktionsprogramm
Keines der vorgestellten Verfahren erfüllt den Anspruch einer verursachungsgerechten Kostenträgerrechnung uneingeschränkt, da Gemeinkosten mit einbezogen werden. Bestenfalls ist eine verursachungsgerechtere Zuordnung im Vergleich zu anderen Verfahren möglich. Es führt kein Weg daran vorbei, die mit dem Tragfähigkeits- und dem Durchschnittsprinzip verbundenen Ungenauigkeiten bei der Zuordnung von Kosten auf den Kostenträger hinzunehmen. Würde statt dessen auf die Verrechnung von Gemeinkosten verzichtet, so blieben Kosten – etwa für technische Ausstattung und/oder Arbeitskräfte – unberücksichtigt, die für die Erstellung mehrerer Kostenträger anfallen und ohne die die Erstellung eines einzelnen Kostenträgers nicht möglich wäre. Die erörterten Verfahren der Zurechnung von Gemeinkosten werden dadurch, dass sie dem Anspruch des Verursachungsprinzips nicht genügen, keineswegs obsolet, aber ihre Defizite im Hinblick auf das Verursachungsprinzip müssen bei der Entscheidung über ihren Einsatz mitreflektiert werden.
Neben der Wahl des Verfahrens ist die Genauigkeit der Kostenzurechnung auch von der Güte der Kostenarten- und -stellenrechnung abhängig. Diese kann aber durch eine Rechnerunterstützung gefördert werden. Welche Relevanz der Genauigkeit der kalkulierten Kostenträgerinformationen zukommt, hängt letztlich vom Zweck der Kosten(träger)rechnung ab. Nur aus einer entsprechend zweckbezogenen Sicht lässt sich beurteilen, ob die Kosten eines gewählten Verfahrens der Kostenträgerrechnung angesichts seines (durch den Rechnungszweck induzierten) Nutzens getragen werden können. Insofern stellt sich auch bei der Kosten(träger)rechnung die Frage nach der günstigstmöglichen Komplexitätsreduktion.
Literatur:
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Coenenberg, Adolf G. : Kostenrechnung und Kostenanalyse, Stuttgart, 5. A., 2003
Dellmann, Klaus : Kosten- und Leistungsrechnung, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre: Band 1, hrsg. v. Bitz, Michael/Dellmann, Klaus/Domsch, Michel, München, 4. A., 1998, S. 587 – 676
Ewert, Ralf/Wagenhofer, Alfred : Interne Unternehmensrechnung, Berlin et al., 5. A., 2003
Freidank, Carl-Christian : Kostenrechnung, München et al., 7. A., 2001
Homburg, Carsten : Hierarchische Controllingkonzeption, Heidelberg 2001
Horngren, Charles T./Datar, Srikant/Foster, George : Cost Accounting: A Managerial Emphasis, Upper Saddle River, 12. A., 2006
Horváth, Péter : Controlling, München, 9. A., 2003
Hummel, Siegfried/Männel, Wolfgang : Kostenrechnung, Wiesbaden, 4. A., 1986
Jehle, Egon : Divisionskalkulation, in: HWR, hrsg. v. Chmielewicz, Klaus/Schweitzer, Marcell, Stuttgart, 3. A., 1993, Sp. 379 – 384
Kilger, Wolfgang/Pampel, Jochen/Vikas, Kurt : Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, Wiesbaden, 11. A., 2002
Kloock, Josef/Sieben, Günter/Schildbach, Thomas/Homburg, Carsten : Kosten- und Leistungsrechnung, Düsseldorf, 9. A., 2005
Ossadnik, Wolfgang : Controlling, München,Wien, 3. A., 2003
Scherrer, Gerhard : Kostenrechnung, Stuttgart, 3. A., 1999
Schweitzer, Marcell/Küpper, Hans-Ulrich : Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, München, 8. A., 2003
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