Liquidation
Inhaltsübersicht
I. Rechtsgrundlagen
II. Liquidationsarten
III. Durchführung der Liquidation
IV. Rechnungslegung bei Liquidation
V. Prüfung der Liquidationsrechnungslegung
I. Rechtsgrundlagen
Die Liquidation (Abwicklung) bezeichnet den Vorgang der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern, der sich an die Auflösung der Gesellschaft anschließt. Die Auflösung ist i.d.R. lediglich die Änderung des Gesellschaftszwecks, d.h. der Übergang von der werbenden in die abwickelnde Tätigkeit, sie berührt nicht die Identität der Gesellschaft (Schmidt, 2004). Die Liquidation von Gesellschaften ist rechtsformspezifisch geregelt. Es gelten §§ 145 – 158, 161 II HGB für die Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG), §§ 262 – 273 AktG für die AG, § 289 AktG für die KGaA, §§ 60 – 74 GmbHG für die GmbH, §§ 78 – 93 GenG für die Genossenschaft. Die Liquidation ist zu unterscheiden von der Vollbeendigung der Gesellschaft, die i.d.R. mit dem Ende der Abwicklung eintritt.
Auflösungsgründe für die Personenhandelsgesellschaft sind Zeitablauf, Auflösungsbeschluss der Gesellschafter, Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft oder eine gerichtliche Entscheidung (§ 131 I HGB). Bei der kapitalistischen Personenhandelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, ist die Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG ein weiterer Auflösungsgrund. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere OHG oder KG gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 131 II HGB).
Auflösungsgründe für die Kapitalgesellschaft sind Zeitablauf, Gesellschafterbeschluss, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, Rechtskraft einer Verfügung des Registergerichts wegen Mangels der Satzung oder Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG (§ 262 I AktG, § 60 I GmbHG), bei der GmbH zusätzlich gerichtliches Urteil oder Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder der Verwaltungsbehörde bei Auflösungsklage oder bei Gefährdung des Gemeinwohls gem. §§ 61, 62 GmbHG.
Auflösungsgründe für die Genossenschaft sind Zeitablauf, Beschluss der Generalversammlung, fehlende Mindestzahl der Genossen, gesetzwidrige Handlungen oder Unterlassungen, durch die das Gemeinwohl gefährdet wird, Verfolgung anderer als die in § 1 GenG bezeichneten geschäftlichen Zwecke, Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG.
II. Liquidationsarten
Auf einer ersten Ebene wird zwischen stiller und offener Liquidation unterschieden. Die stille Liquidation stellt einen Abwicklungsvorgang dar, der auf der Grundlage des gegenseitigen Einvernehmens der Gesellschafter, d.h. Liquidation ohne Auflösungsbeschluss, erfolgt (Scherrer, /Heni, 1996; Förschle, /Deubert, 2002). Die offene Liquidation stellt einen Abwicklungsvorgang unter Beachtung der bestehenden rechtsformbezogenen Abwicklungsvorschriften dar. Auf der zweiten Ebene lässt sich zwischen freiwilliger Liquidation und Zwangsliquidation (Insolvenz) unterscheiden. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die offene freiwillige Liquidation.
Die Alternative zur Liquidation der Personenhandelsgesellschaft stellt die andere Art der Auseinandersetzung gem. § 145 I HGB dar. Sie kommt in Betracht als Übernahme des Handelsgeschäfts durch einen Gesellschafter, Einbringung des Handelsgeschäfts in eine Kapitalgesellschaft, Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens, Übertragung des Gesellschaftsvermögens auf Treuhänder zur Abfindung der Gläubiger (Liquidationsvergleich) oder Übertragung aller Anteile auf einen Nichtgesellschafter (Baumbach, /Hopt, 2006). Diese Art der Auseinandersetzung stellt keine Liquidation i.S.d. Gesellschaftsrechts dar.
III. Durchführung der Liquidation
Die Liquidation erfolgt durch Liquidatoren. Sie sind Organ der Gesellschaft. Wer Liquidator ist, richtet sich bei der OHG nach dem Gesellschaftsvertrag oder einem einstimmigen Beschluss der Gesellschafter (gekorene Liquidatoren). Mangels einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag oder eines Beschlusses der Gesellschafter sind alle Gesellschafter Liquidatoren (geborene Liquidatoren). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes oder im Falle, dass die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst ist (§ 145 III HGB), ernennt das Amtsgericht auf Antrag eines Beteiligten die Liquidatoren.
Bei einer AG treten mit der Auflösung die Liquidatoren an die Stelle des Vorstands. Sie können durch die Satzung oder einen Beschluss der HV bestellt werden. Geschieht dies nicht, so sind die Vorstandsmitglieder Liquidatoren. Auf Antrag des AR oder von Aktionären, deren Anteile zusammen 5% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 Euro erreichen, hat das Gericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Liquidatoren zu bestellen.
Die Aufgabe der Liquidatoren besteht in der Durchführung der Liquidation. Hierzu haben sie die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und das Restvermögen unter den Gesellschaftern bzw. Aktionären zu verteilen (§§ 149, 155 HGB, §§ 268, 271 AktG, §§ 70, 72 GmbHG, §§ 88, 91 GenG).
1. Prinzip der doppelten Rechnungslegung
Eine gesonderte rechtsformübergreifende Regelung der Rechnungslegung bei Liquidation sieht das Handelsrecht nicht vor. Stattdessen finden sich im HGB und in den Nebengesetzen unterschiedliche rechtsformbezogene Vorschriften zur Liquidationsrechnungslegung der Personenhandelsgesellschaft (§ 154 HGB), der AG (§ 270 AktG), der GmbH (§ 71 GmbHG) und der Genossenschaft (§ 89 GenG). Nach der von K. Schmidt begründeten, nunmehr h.M. lassen sich bei rechtshistorischer und rechtsformübergreifender Untersuchung die bestehenden Vorschriften der Rechnungslegung bei Liquidation in ein Konzept einordnen, das zwischen der externen, periodischen, rechtsformbezogenen, am HGB orientierten Rechnungslegung der Gesellschaft gegenüber den externen informationsberechtigten Rechnungslegungsadressaten und der internen, situationsbezogenen, rechtsformfreien Rechnungslegung der Liquidatoren gegenüber den Anteilseignern unterscheidet (Schmidt, K. 1989; Schmidt, K. 2004). Externe Liquidationsrechnungslegung ist die Fortsetzung der Rechnungslegung der vormals werbenden Gesellschaft während der Liquidation unter Anwendung vorgegebener Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsvorschriften. Aufgrund der zu beachtenden zentralen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze des HGB, insbes. des Anschaffungswertprinzips, des Vorsichts-, Realisations-, Imparitäts- und des Einzelbewertungsprinzips, liefert die externe Liquidationsrechnungslegung keine ausreichenden entscheidungsrelevanten Informationen für die Anteilseigner der Gesellschaft. Sie informiert nicht über eine mögliche Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft während der Liquidation, über das mögliche Liquidationsergebnis und die daraus ableitbaren Ansprüche der Anteilseigner; auch liefert sie keine Grundlage für die in Betracht kommende Entscheidung einer möglichen Fortführung der Gesellschaft. Die Informationslücken füllt die interne Liquidationsrechnungslegung. Sie ist nicht an die Vorgaben des HGB gebunden; sie kann vermögensbezogene, ertragsbezogene oder zahlungsbezogene Rechnung sein, und sie ist in erster Linie zukunftsbezogene Rechnung (Scherrer, /Heni, 1996).
2. Externe Liquidationsrechnungslegung a) Abschließende Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft
Die abschließende Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft ist Teil der Liquidationsrechnungslegung. Ihre Aufstellung fällt in den Aufgabenbereich der Liquidatoren. Aufstellungspflicht besteht unabhängig davon, ob die Auflösung der Gesellschaft auf deren Abschlussstichtag fällt. Auch bei einem Rumpfgeschäftsjahr besteht nach h.M. Aufstellungspflicht (Scherrer, /Heni, 1996; Hüffer, 2001; Schmidt, 2004). Die abschließende Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft dient der Ermittlung von Vermögens-, Gewinn- und Rechtsansprüchen (Gewinnansprüche der Anteilseigner, Gewinnabführungs- und Verlustübernahmeansprüche, Tantiemeansprüche, Abfindung stiller Gesellschafter, Entlastungsansprüche der Verwaltungsorgane). Die Aufstellung des letzten Abschlusses der werbenden Gesellschaft erfolgt nach §§ 238 ff. HGB. Die Berücksichtigung besonderer Bestimmungen zur Liquidationsrechnungslegung zum Zwecke der Antizipation der Wirkungen der Liquidation ist unzulässig. b) Liquidationseröffnungsbilanz (1) Aufstellungspflicht
Die Verpflichtung zur Aufstellung einer Bilanz auf den Beginn der Liquidation (Liquidationseröffnungsbilanz) ergibt sich aus § 154 HGB, § 270 I AktG, § 71 I GmbHG, § 89 Satz 2 GenG. Die Pflicht zur Aufstellung der Liquidationseröffnungsbilanz einschließlich des erläuternden Berichts ist unabdingbar und besteht auch dann, wenn auf den gleichen Zeitpunkt eine Schlussbilanz der werbenden Gesellschaft aufgestellt wird. Die Aufstellungsfrist beträgt drei Monate nach dem Stichtag der Auflösung der Gesellschaft. Für die Personenhandelsgesellschaft, (ausführlich zur internen Rechnungslegung bei Liquidation Heni, 2006), betrifft die Verpflichtung des § 154 HGB die interne Rechnungslegung der Liquidatoren. Eine Verpflichtung zur Aufstellung einer Liquidationseröffnungsbilanz als externe Rechnungslegung der Gesellschaft ist nach h.M. aus der Vorschrift nicht ableitbar. (2) Bilanzierungsgrundsatz
Auf die Liquidationseröffnungsbilanz und den erläuternden Bericht der Kapitalgesellschaft sind die Vorschriften über den Jahresabschluss entsprechend anzuwenden (§ 270 II Satz 2 AktG, § 71 II Satz 2 GmbHG). Dies gilt für die Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsvorschriften. Es kommen §§ 238 – 289 HGB, §§ 340 – 340o HGB, §§ 341 – 341o HGB, §§ 42, 42a GmbHG, §§ 152, 158, 160 AktG, §§ 316 – 335 HGB in Betracht. Die „ entsprechende Anwendung “ der Vorschriften für werbende Gesellschaften verlangt die Beachtung der handelsrechtlichen Normen zum Ansatz, Ausweis und zur Bewertung; dies kann liquidationsbezogen zu abweichenden Ergebnissen bei der Gesellschaft in Liquidation gegenüber der werbenden Gesellschaft führen. (3) Bilanzansatz
Für den Ansatz von Vermögensgegenständen und Sonderposten in der Liquidationseröffnungsbilanz gelten die Vorschriften der §§ 246 – 251, 255 IV, 269, 273, 274, 340b, 341e – 341h HGB entsprechend. Anzusetzen sind sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 246 I Satz 1 HGB). Dies gilt nach h.M. auch für eigene Anteile der Kapitalgesellschaft; ihre Verrechnung mit Posten des Eigenkapitals ist unzulässig. Die expliziten Bilanzierungsverbote des HGB, von denen § 248 II HGB über das Verbot der Aktivierung nicht entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besondere Bedeutung hat, sind zu beachten. „ Entsprechend anzuwenden “ sind die Vorschriften des HGB über die Bilanzierungshilfen und die Ansatzwahlrechte. Bilanzierungshilfen für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen kommen allenfalls für die Erweiterung des Geschäftsbetriebs in Betracht, sofern im Rahmen der Liquidation eine Erweiterung etwa zum Zwecke der Abwicklung der laufenden Geschäfte erfolgt. Noch nicht vollständig abgeschriebene Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen sind durch Abschreibungen zu tilgen. Die wichtigsten Bilanzierungswahlrechte des HGB gelten auch für die Gesellschaft in Liquidation. Sie betreffen einen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert nach § 255 IV HGB, als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorräte nach § 250 I Satz 2 Nr. 1 HGB sowie Aufwandsrückstellungen nach § 249 II HGB (Scherrer, /Heni, 1996; Förschle, /Deubert, 2002). (4) Postenausweis
Für den Ausweis der Bilanzposten in der Liquidationseröffnungsbilanz gelten die Vorschriften der §§ 265, 266, 268 – 274a HGB und des § 42 III GmbHG entsprechend. Danach ist insbes. das Gliederungsschema der Bilanz und die Zuordnung der Aktivposten zum Anlage- bzw. zum Umlaufvermögen beizubehalten. Eine Umgliederung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens ist bei beabsichtigter Veräußerung innerhalb eines übersehbaren Zeitraums oder in dem Fall, dass die Vermögensgegenstände nicht mehr dem Geschäftsbetrieb der Liquidationsgesellschaft dienen, ebenso wie bei der Bilanzierung der werbenden Gesellschaft nicht vorzunehmen. Die Regelung der §§ 270 II Satz 2 AktG, 71 II Satz 2 GmbHG, auf deren Grundlage die h.M. eine Ausweisänderung fordert, ist eine reine Bewertungsvorschrift und daher für den Postenausweis nicht relevant (Scherrer, /Heni, 1996; Hüffer, 2001).
Als besonderes Problem wird der Ausweis des Eigenkapitals gesehen. Praxis und Teile des Schrifttums weichen von dem in §§ 266, 272 HGB vorgeschriebenen Eigenkapitalausweis in der Liquidationsbilanz ab und fassen die Eigenkapitalposten nach § 266 III A. HGB abzgl. der eigenen Anteile und der nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen zu einem Gesamtbetrag „ Abwicklungskapital “ zusammen (ADS, 1995). Das Vorgehen widerspricht der Verpflichtung zur entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Gliederung des Eigenkapitals, über den gesonderten Ausweis der eigenen Anteile und der nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen sowie der Verpflichtung zur Beachtung des Verrechnungsverbots des § 246 II HGB. In Beachtung der §§ 266, 272 HGB wird der Ausweis des Eigenkapitals und der angeführten Aktivposten von der Auflösung der werbenden Gesellschaft grundsätzlich nicht berührt (Scherrer, /Heni, 1992; Hüffer, 2001; Schmidt, K. 2002). (5) Bilanzbewertung
Entgegen der zum alten Recht h.M., nach der in der Liquidationseröffnungsbilanz eine Neubewertung unter Außerachtlassung des Anschaffungswertprinzips vorzunehmen war, bei der die Vermögensgegenstände und Schulden mit ihrem „ wirklichen “ oder „ wahren “ Wert anzusetzen waren, besteht nach der Neufassung der §§ 270 AktG, 71 GmbHG die Verpflichtung zur entsprechenden Anwendung der Bewertungsvorschriften des HGB. Dies gilt grundsätzlich für die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 252 I HGB, wobei für einzelne Grundsätze Ausnahmefälle i.S.d. § 252 II HGB vorliegen können. Explizite Bewertungsvorschriften beinhalten §§ 270 II Satz 3 AktG, 71 II Satz 3 GmbHG für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens; sie sind wie Umlaufvermögen zu bewerten, soweit ihre Veräußerung innerhalb eines übersehbaren Zeitraums beabsichtigt ist oder sie nicht mehr dem Geschäftsbetrieb dienen. Die Bewertung erfolgt nach § 253 III HGB (Scherrer, /Heni, 1996; Förschle, /Deubert, 2002). Bei den übrigen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer zeitlich begrenzt ist, kann die Liquidation zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer und als deren Folge zur Erhöhung der Abschreibungen führen.
Für die Gesellschaft in Liquidation besteht die Verpflichtung zur periodischen Rechnungslegung. Die Kapitalgesellschaft hat in entsprechender Anwendung des § 264 I Satz 1 HGB jährlich einen Jahresabschluss und einen Lagebericht aufzustellen. Für den Ansatz, Ausweis und die Bewertung der Bilanzposten gelten die für die Liquidationseröffnungsbilanz angeführten Grundsätze. Der Lagebericht ist in entsprechender Anwendung des § 289 HGB zu erstellen. Die von den Liquidatoren aufgestellte Liquidationseröffnungsbilanz und die Jahresabschlüsse und Lageberichte bedürfen der Feststellung durch das zuständige Gesellschaftsorgan und der Offenlegung nach §§ 325 – 329 HGB. d) Schlussrechnungslegung (1) Schlussbilanz
Für das letzte Geschäftsjahr der Gesellschaft in Liquidation ist, auch wenn es sich um ein Rumpfgeschäftsjahr handelt, ein JA nach §§ 238 ff. HGB aufzustellen. Abweichend von den bis zu diesem Zeitpunkt zu beachtenden Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsvorschriften des HGB sind in der Schlussbilanz die vorhandenen Vermögensgegenstände vollständig und in einer für die Vermögensverteilung zweckmäßigen Reihenfolge anzusetzen. Die Bewertung erfolgt zum Zeitwert. Bei dieser abweichend von den Vorschriften des HGB vorzunehmenden Bilanzierung stimmt die Schlussbilanz als externe Rechnungslegung mit der entsprechenden internen Rechnungslegung überein. (2) Schlussrechnung
Die Schlussrechnung als Teil der abschließenden Rechnungslegung wird in § 154 HGB, § 273 I AktG, § 74 I GmbHG für die Personenhandelsgesellschaft und die Kapitalgesellschaft vorgeschrieben. Es handelt sich indessen nicht um eine externe Rechnungslegungspflicht der Gesellschaft in Liquidation, sondern um die interne Rechenschaftspflicht der Liquidatoren gegenüber den Gesellschaftern. Über den Inhalt der Schlussrechnung besteht keine Klarheit; der Begriff „ Schlussrechnung “ wird unterschiedlich ausgelegt, u.a. als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung i.S.v. § 259 BGB über den gesamten Liquidationszeitraum, als letzte GuV i.S.v. § 275 HGB oder als vollständiger JA i.S.v. § 264 I HGB für das letzte Geschäftsjahr der Liquidation.
3. Interne Liquidationsrechnungslegung a) Aufstellungspflicht
Eine Verpflichtung zur internen Liquidationsrechnungslegung für die Kapitalgesellschaft ist explizit nicht vorgeschrieben. Sie ergibt sich allenfalls aus allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts, nach denen Liquidatoren als Verwalter fremden Vermögens gegenüber den Eigentümern rechnungslegungspflichtig sind, die nicht zur externen Rechnungslegung nach § 264a HGB verpflichtet ist. Für die Personenhandelsgesellschaft wird die Verpflichtung unmittelbar aus § 154 HGB begründet. Allerdings wird eine zwingende Verpflichtung zur internen Liquidationsrechnungslegung verneint. Nur soweit die externe Liquidationsbilanz die notwendigen und gewünschten Informationen für die Gesellschafter nicht liefert, kann für die Liquidatoren aufgrund ihrer Organpflicht die Aufstellung in Betracht kommen (Schmidt, K. 1995). b) Bestandteile
Bestandteile der internen Liquidationsrechnungslegung können unterschiedliche Rechenwerke sein. In Betracht kommen vor allem
- | Bilanzen oder Vermögensübersichten unter Einbeziehung aller werthaltigen Aktiv- und Passivposten, bewertet zu Zeitwerten als Liquidationseröffnungsbilanz, als Bilanzen während der Liquidation und als Liquidationsschlussbilanz, | - | Überschuldungsbilanzen unter Zugrundelegung von Liquidationswerten für die Vermögensgegenstände, | - | Finanz- und Liquiditätspläne zur Feststellung einer möglichen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft während der Liquidation (Scherrer, /Heni, 1996). |
V. Prüfung der Liquidationsrechnungslegung
Prüfungspflicht besteht für die Liquidationsrechnungslegung der Kapitalgesellschaft und der Personenhandelsgesellschaften nach § 264a HGB, sofern die Gesellschaft nach ihrer Größenklasse der Prüfungspflicht nach § 316 I 1 HGB unterliegt, d.h., keine kleine Gesellschaft i.S. des § 267 I HGB ist. Nach §§ 270 III Satz 1 AktG, 71 III Satz 1 GmbHG ist es möglich, dass das Gericht die AG bzw. die GmbH in Liquidation von der Pr des JA und des Lageberichts durch einen Abschlussprüfer befreit. Dies gilt nicht für die Personenhandelsgesellschaften nach § 264a HGB. Die Befreiungsmöglichkeit bedeutet um Umkehrschluss, dass grundsätzlich Prüfungspflicht besteht. Nicht prüfungspflichtig ist die externe Liquidationsrechnungslegung der oHG, KG, die nicht andere Personenhandelsgesellschaft nach § 264a HGB ist.
Gegenstand der Pr ist die Liquidationseröffnungsbilanz und der erläuternde Bericht sowie der JA und der Lagebericht der prüfungspflichtigen Gesellschaft in Liquidation. In entsprechender Anwendung des § 317 I HGB ist in die Prüfung die Buchführung einzubeziehen. Die Prüfung richtet sich vor allem auf die Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der Liquidationsrechnungslegung (Haller, 2002), auf die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz und Ertragslage der Gesellschaft sowie auf Gefährdungen durch ökonomische und rechtliche Risiken. Entsprechend § 321 HGB hat der Pr über Art und Umfang sowie über das Ergebnis der Prüfung schriftlich und mit gebotener Klarheit zu berichten und nach 322 HGB das Ergebnis der Prüfung in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen.
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, 6. A., bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., Stuttgart 1995
Baumbach, /Hopt, : HGB, Kommentar. erl. von Hopt, K.-J./Merkt, H., 32. A., München 2006
Förschle, G/Deubert, M. : Liquidation und Abwicklung, in: Sonderbilanzen, hrsg. v. Budde, W.D./Förschle, G., 3. A., München 2002
Haller, A. : Pflichtprüfungen, aperiodische, in: EdBWL Bd. VIII, HWRP, 3. A., hrsg. von Balwieser, W./Coenenberg, A.G./v. Wysocki, K., Stuttgart 2002, Sp. 1662-1673
Heni, B : Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, Düsseldorf 2006
Hüffer, U. : Kommentierung § 270 AktG, in: Münchener Kommentar zum AktG, hrsg. v. Kropff, B./Semler, J. 2. A., München 2001
IDW, : WP-Handbuch, Bd. II, 11. A., Düsseldorf 1998
Scherrer, G./Heni, B. : Externe Rechnungslegung bei Liquidation, in: DStR 1992, S. 797 – 804
Scherrer, G./Heni, B. : Liquidationsrechnungslegung, 2. A., Düsseldorf 1996
Schmidt, K. : Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, Heidelberg 1989
Schmidt, K. : Kommentierung § 71 GmbHG, in: Scholz Kommentar zum GmbH-Gesetz, bearb. von Crezekius, G./Emmerich, V./Priester, H.-J. et al., II. Bd., 9. A., Köln 2002
Schmidt, K. : Kommentierung §§ 145-158 HGB, Liquidation der Gesellschaft, in: Münchener Kommentar zum HGB, hrsg. v. Schmidt, K., Bd. 2., München 2004
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