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Projektcontrolling


Inhaltsübersicht
I. Begriffsverständnis
II. Aufgaben des Projektcontrolling
III. Instrumente des Projektcontrolling
IV. Organisation des Projektcontrolling

I. Begriffsverständnis


Projekte haben das Ziel, mithilfe beschränkter Ressourcen gegebene Zielsetzungen zu einem bestimmten Termin zu erreichen. Dies erfolgt in einer eigenen organisatorischen Einheit, deren Existenz von vorneherein auf einen Endtermin begrenzt ist (vgl. Deutsches Institut für Normung (DIN),  1987, DIN 69901). Als unternehmerischer Einheit steht einem Projekt mit dem Projektmanagement ein eigenes, projektbezogenes Führungssystem zur Verfügung. Es umfasst neben Projektplanungs- und -kontrollmethoden unterstützende Informationssysteme, Instrumente der Aufbau- und Ablauforganisation sowie eine Reihe von Instrumenten zur Mitarbeiterführung. Zur Erreichung der Projektziele ist ein abgestimmter Einsatz der genannten Führungsfunktionen notwendig. Diese Koordinationsfunktion erfüllt das Projektcontrolling (vgl. Mörsdorf, M. 1998, S. 5). Es bildet eine auf die Anforderungen des Projektmanagements abgestimmte Form des Controlling.

II. Aufgaben des Projektcontrolling


Projektcontrolling ist weder mit Projektkontrolle (vgl. etwa Michel, R.M.  1996, S. 19) noch mit Projektmanagement oder Projektkostenrechnung gleichzusetzen. Das Projektcontrolling stellt vielmehr ein Teilsystem des Projektmanagements mit einer eigenständigen Aufgabe dar, nämlich: der projektzielorientierten Koordination im Führungssystem eines Projektes. Diese umfasst:

-

die auf die Projektziele gerichtete Koordination zwischen den einzelnen Führungsteilsystemen eines Projektes.

-

die Koordination innerhalb der einzelnen Führungsteilsysteme eines Projektes.
Die Punkte 1 und 2 ergeben das Einzelprojektcontrolling bzw. das Projektcontrolling i. eng. S. (vgl. Lachnit, L.  1994, S. 25).

-

die Koordination des Führungssystems eines Projektes mit den Führungssystemen anderer Projekte sowie der Gesamtunternehmung (sog. Multi-Projektcontrolling).


1. Koordination zwischen den Führungsteilsystemen eines Projektes


Die Führungsfunktionen des Projektmanagements stehen in interdependenter Beziehung zueinander. Bei der Ausgestaltung einzelner Führungsfunktionen sind daher wechselseitige Abhängigkeiten zu den jeweils anderen Führungsfunktionen zu berücksichtigen.
Besonders deutlich wird dies bei der Projektplanung, die über alle Phasen eines Projektes hinweg mit den übrigen Führungsfunktionen abzustimmen ist. Beispielsweise ist für die Machbarkeitsstudie zu Beginn eines Projektes eine enge Koordination zwischen dem Planungs-, Organisations- und dem Informationssystem notwendig. Nur wenn die Abstimmung zwischen diesen Teilsystemen ergibt, dass das geplante Leistungsspektrum in der verfügbaren Zeit und in Konformität mit den Unternehmenszielen durchgeführt werden kann, ist eine Projektfreigabe möglich. Das Projektcontrolling stellt hierzu etwa bei der Projektstrukturierung durch eine Zusammenführung von Projekt- und Organisationsstrukturplänen sicher, dass die abgeleiteten Arbeitspakete innerhalb der bestehenden Organisation und mit den verfügbaren Ressourcen realisierbar sind (vgl. Madauss, B.J.  2000, S. 200 f.). Jeder geplanten Projektaktivität werden die qualitativ wie quantitativ geeigneten sowie terminlich verfügbaren Ressourcen zugewiesen. In Make-or-Buy-Entscheidungen wird dabei bestimmt, welche Projektleistungen intern erbracht und welche Aufgaben an externe Partner vergeben werden (vgl. allgemein Picot, A.  1991, S. 336 ff.). Die Abstimmung von Projekt- und Organisationsstrukturplänen ergibt eine Basis, auf der Kostenschätzmethoden Auskunft über die zu erwartenden Projektkosten geben können, um damit in einer Wirtschaftlichkeitsanalyse die für eine Projektfreigabe notwendigen finanziellen Schlüsselgrößen des Projektes (Break-Even-Time, Kapitalwert etc.) zu ermitteln.
Nach der Projektfreigabe kommt dem Personalführungssystem erhöhte Bedeutung zu. Das Projektcontrolling gewährleistet durch die Einbeziehung von Personalführungsfragen in der Projektorganisation eine motivationswirksame Verteilung der Projektaufgaben. Beispielsweise unterstützt es die Projektleitung dabei, die an einzelne Mitarbeiter übertragenen Aufgaben mit deren Kompetenzen und der ihnen zugewiesenen Verantwortung abzustimmen. Dabei sind neben fachlichen auch soziale Überlegungen einzubeziehen. Die Projektleitung tendiert i.d.R. dazu, Projektmitarbeiter vorrangig nach fachlichen Aspekten auszuwählen. Werden Fragen der Sozialkompetenz, des sozialen Ranges etc. in der Projektorganisation vernachlässigt, kann dies Ursache für spätere Konflikte sein (vgl. Krüger, A.  2001, S. 71). Auch in der Projektplanung sind Personalführungsfragen relevant. Um eine Umsetzung der Pläne zu gewährleisten, ist ihre Überführung in individuelle Zielvereinbarungen mit den Projektgruppen sowie in an die Aufgabenerfüllung gekoppelte Anreiz- und Prämiensysteme notwendig (vgl. Krüger, A./Schmolke, G./Vaupel, R.  1999, S. 103 ff.). Speziell im interkulturellen Bereich sind hierbei eine Vielzahl von Einflussgrößen zu berücksichtigen, deren Missachtung eine Einschränkung der Motivationswirkung zur Folge hätte (vgl. Krüger, A.  2001, S. 94 ff.). Auch Kontrollen haben stets Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter. Je nach ihrer Gestaltung können sie den Projektverlauf entweder blockieren oder fördern. Auch hier sind demzufolge Personalführungsaspekte zu beachten (vgl. Küpper, H.-U.  2001, S. 255 ff.).
Zur Aufgabe des Projektcontrolling gehört schließlich die Abstimmung des projektbezogenen Informationssystems auf den Informationsbedarf der übrigen Führungsfunktionen. Beispielsweise sind zur Projektplanung und -organisation Informationen über die zu jedem Zeitpunkt für das Projekt verfügbaren, quantitativen und qualitativen Kapazitäten sowie über deren Kosten nötig. Hier stellt häufig der Mangel an unternehmensweiten Ressourceninformationssystemen einen Engpass bei der Kapazitätsermittlung dar. Zudem schränken rechtliche Rahmenbedingungen die Möglichkeiten von qualitativen Informationen über vorhandene Humanressourcen ein.
Darüber hinaus ist das Projektcontrolling maßgeblich an der Gestaltung des internen Projektberichtswesens beteiligt. Mit dessen Hilfe werden steuerungsrelevante Informationen im Projekt generiert und kommuniziert (Vgl. Krüger, A./Schmolke, G./Vaupel, R.  1999, S. 119 ff.). Das Projektcontrolling koordiniert neben der Ermittlung von Abweichungsinformationen auch deren Analyse sowie die Planung von geeigneten Gegenmaßnahmen in der Projektkontrolle. Es gewährleistet durch eine geeignete Auswahl der Kontrollkriterien und -zeitpunkte, dass die erhaltenen Informationen steuerungsrelevant sind. Beispielsweise müssen die verfügbaren Kontrollinformationen in ihrem Aggregationsniveau mit den Plandaten vergleichbar sein. So erfordert eine detaillierte Kostenplanung auf Arbeitspaketebene auch die Erhebung entsprechend detaillierter Kontrollinformationen.

2. Koordination innerhalb einzelner Führungsteilsysteme eines Projektes


Jede Führungsfunktion des Projektmanagements kann eine Reihe, auf bestimmte Teilprobleme spezialisierte, Methoden und Instrumente beinhalten. In der Projektplanung sind dies etwa Struktur- und Netzpläne zur Termin- und Ablaufplanung, die Ressourceneinsatzplanungsinstrumente zur Kapazitätsplanung sowie Kostenplanungsmethoden. Das effiziente Erfüllen einer Führungsfunktion erfordert den abgestimmten Einsatz der betreffenden Methoden und Instrumente. Zudem kommen die Führungsfunktionen im Projektverlauf auf unterschiedlichen Ebenen eines Projektes, vom Gesamtprojekt bis hin zur Ebene einzelner Arbeitspakete, zum Einsatz. Dies macht eine Koordination zwischen den Projektebenen erforderlich. Einige Beispiele sollen den genannten Koordinationsbedarf verdeutlichen.
So lässt sich bei der Koordination innerhalb der Projektplanung die Koordination zwischen verschiedenen Teilplanungen von der Koordination zwischen verschiedenen Planungsebenen unterscheiden. Ein Projekt verfügt über ein mehrdimensionales Zielsystem (vgl. Litke, H.-D./Kunow, I.  2000, S. 18). Definierte Leistungs- und Qualitätsziele sind zu einem festgelegten Termin unter Einhaltung eines gegebenen Projektbudgets zu erbringen. Um diese in der Regel konfliktären Ziele zu erreichen, ist ein System von interdependenten Teilplanungen notwendig. Deren Koordination ist eine Aufgabe des Projektcontrolling. So setzt die Terminplanung eine Planung der Abläufe im Projekt voraus, welche zur Erstellung der geforderten Leistungsmerkmale benötigt werden. Die Termin- und Ablaufplanung wiederum ist ebenso wie die Planung der Projektkosten nicht ohne eine Planung der einzusetzenden Sach- und Humanressourcen möglich. Gleichzeitig bilden Termin- und Budgetrestriktionen wichtige Nebenbedingungen für die Ablauf- und Ressourcenplanung. Darüber hinaus sind weitere, unterstützende Planungen notwendig. Besonders bedeutsam sind hier die mit der Ablaufplanung abgestimmten Qualitäts- sowie Dokumentationsplanungen (vgl. Krüger, A./Schmolke, G./Vaupel, R.  1999, S. 96 ff. sowie 99 ff.).
Alle genannten Teilplanungen werden im Projektverlauf schrittweise von einer Gesamtprojektebene bis auf die Planung einzelner Arbeitspakete konkretisiert. Die Sicherstellung der Konsistenz der Detailplanungen mit den so genannten High-Level-Plänen ist daher wichtige Aufgabe des Projektcontrolling.
Ähnlich verhält sich der Koordinationsbedarf innerhalb der Projektkontrolle. Deren Ziel besteht unter anderem darin, durch Vergleiche der Ausgangsplanung mit dem Projektfortschritt etwaige Planverfehlungen zu antizipieren. Aufgrund der beschränkten Laufzeit müssen Störungen im Projektverlauf möglichst frühzeitig erkannt werden, um noch geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Nur ein koordinierter Einsatz von Kosten-, Termin- und Qualitätskontrollen liefert hierbei die benötigten, steuerungsrelevanten Informationen. Beispielsweise ist die Information über den Grad einer Budgetabweichung nur aussagekräftig, wenn sie durch Informationen hinsichtlich des bereits erreichten Leistungsfortschrittes ergänzt wird. Dies ist Kern der so genannten Earned-Value-Analysen, mithilfe derer sich beobachtete Abweichungen in Kosten- und Leistungsabweichungen unterscheiden lassen (vgl. Coenenberg, A.G./Raffel, A.  1988, S. 200; Turner, R.J.  1993, S. 204).
Auch in der Projektkontrolle ist zudem die Koordination über Projektebenen bedeutsam. Um möglichst frühzeitig etwaige Fehlentwicklungen zu entdecken, ist die Aggregation von Kontrollinformationen von verschiedenen Projektebenen notwendig. Dies erfordert wiederum eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Kontrollinformationen, etwa hinsichtlich Kontrollzeitpunkt und -größen.
Die Koordination innerhalb einzelner Führungssysteme eines Projektes ist auch für die übrigen Teilsysteme relevant, sei es bei der Integration unterschiedlicher Informationsinstrumente oder der Abstimmung der Projektorganisation über verschiedene Projektebenen hinweg. Zur Bewältigung all dieser Koordinationsaufgaben stehen dem Projektcontrolling diverse Instrumente zur Verfügung, wie sie in Abschnitt III zusammengefasst sind.

3. Multi-Projektcontrolling


Jedes Projekt greift auf knappe Unternehmensressourcen zurück, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Es konkurriert daher im Sinne einer Mittelinterdependenz sowohl mit Linienaufgaben als auch mit anderen Projekten um die benötigten Finanz-, Sach- und Humanressourcen. Zum anderen werden die verschiedenen Projekte eines Unternehmens ins Leben gerufen, um mit diesem Portfolio von Projekten die Unternehmensziele zu erreichen. Projekte (und Linienaufgaben!) stehen insofern gleichzeitig in einer Zielinterdependenz zueinander.
Die Koordination zwischen den interdependenten Projekten und Linienaufgaben einer Unternehmung bildet den Aufgabenschwerpunkt des Multi-Projektcontrolling (vgl. Lachnit, L.  1994, S. 50 f.). Es umfasst zum einen die Unterstützung des Managements bei der Gestaltung eines Projektportfolios, mit dem die operativen wie strategischen Unternehmensziele erreicht werden können. Zum anderen wirkt das Multi-Projektcontrolling bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen mit, welche zu einem effizienten Projektmanagement in der Unternehmung beitragen.
In der Unternehmenspraxis ist die Funktion des Multi-Projektcontrolling noch wenig verbreitet. Eine Ausnahme bildet der Forschungs- und Entwicklungs- (F&E-) Bereich, in dem das F&E-Controlling weite Teile des Multi-Projektcontrolling abbildet.

a) Koordination innerhalb des Projektportfolios einer Unternehmung


Das Multi-Projektcontrolling ist an der Zusammensetzung des Projektportfolios beteiligt. Dazu wirkt es beispielsweise an der Entscheidung mit, welche Projekte in einer bestimmten Zeitperiode realisiert werden und welche nicht. Es kann Scoring-Methoden bereitstellen, die einen Vergleich der zur Auswahl stehenden Projekte anhand verschiedener Kriterien erlauben (vgl. Vaupel, R./Schmolke, G./Krüger, A.  2000, S. 31 ff.). Hierbei sind neben operativen Aspekten wie der Projektrendite auch strategische Kriterien einzubeziehen, etwa der Beitrag eines Projektes zu den unternehmensstrategischen Zielsetzungen (vgl. Kaplan, R.S./Norton, P.D.  1997, S. 230). Auf diese Weise werden den Projekten Prioritäten zugewiesen, welche neben der prinzipiellen Projektfreigabe im späteren Verlauf den Zugriff auf kritische Budgets, Sach- und Humanressourcen bestimmen.
Aufgrund der Unsicherheit von Projekten sind Veränderungen in der geplanten Ressourceninanspruchnahme an der Tagesordnung. Veränderungen im zeitlichen, qualitativen oder quantitativen Ressourcenbedarf eines Projektes haben stets Konsequenzen für andere, mittelinterdependente Projekte und Linienaufgaben. Die Koordination zwischen den Planungssystemen der Projekte und der Gesamtunternehmung bildet daher einen Kern des Multi-Projektcontrolling. Moderne Projektmanagement-Software, welche die komplexen Ziel- und Mittelinterdependenzen zwischen den Projekten abbilden kann, stellt eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Erfüllung dieser Aufgabe dar.

b) Gestaltung von Rahmenbedingungen für ein effizientes Projektmanagement


Neben der Koordination des aktuellen Projektportfolios ist das Multi-Projektcontrolling auch an der langfristigen Sicherstellung geeigneter Rahmenbedingungen für ein effizientes Projektmanagement beteiligt. Im Sinne eines organisatorischen Lernprozesses (vgl. Vahs, D.  1997, S. 276 f.) gilt es, dabei die Prozesse und Methoden des Projektmanagements kontinuierlich zu verbessern. Hierzu müssen Verbesserungspotenziale identifiziert und geeignete Maßnahmen abgeleitet werden. Ein Beispiel für diesbezügliche Controlling-Instrumente bilden Metriken zur Projekt- und Prozessmessung, systematische Erfahrungsberichte der Projektbeteiligten und Kunden nach dem Projektabschluss (die so genannten Postmortem-Berichte) sowie das unternehmensinterne und -übergreifende Benchmarking.

III. Instrumente des Projektcontrolling


Zur Bewältigung seiner Aufgaben stehen dem Projektcontrolling eine Reihe von Koordinationsinstrumenten zur Verfügung. Ein Ausschnitt daraus ist in Tab. 1 zusammengestellt.
Das Projektcontrolling kann für seine Koordinationsaufgaben zum einen auf Instrumente einzelner Teilsysteme des Projektmanagements zurückgreifen. Ein Beispiel für ein solches, isoliertes Koordinationsinstrument ist die Netzplantechnik (vgl. Küpper, H.-U./Lüder, K./Streidtferdt, L.  1975). Mit ihrer Hilfe lassen sich die Ablauf- und Terminplanung eines Projektes zusammenführen. In einem Teilprojekt eingetretene Abweichungen können hinsichtlich der Auswirkungen auf das Gesamtprojekt beurteilt werden.
Ein weiteres, bekanntes Koordinationsinstrument bildet die (Kosten-)Meilensteintrendanalyse (vgl. Michel, R.M.  1996, S. 187 ff.). In ihr werden die für die einzelnen Meilensteine ursprünglich geplanten Termine (und Kosten) grafisch den im Projektverlauf vorgenommenen Plananpassungen sowie den schließlich tatsächlich erreichten Endterminen (und Kosten) gegenübergestellt. Die Kurvenverläufe lassen Aussagen über den Leistungsfortschritt im Projekt, über die Qualität der Ausgangsplanung sowie über zu erwartende, zukünftige Planverfehlungen zu (vgl. Krüger, A./Schmolke, G./Vaupel, R.  1999, S. 161 ff.).
Neben den isolierten Koordinationsinstrumenten kann das Projektcontrolling spezielle, übergreifende Instrumente zur Koordination einsetzen. Ein Beispiel sind projektinterne Kennzahlen- und Zielsysteme. Sie liefern nicht nur Aussagen über den Projektfortschritt, sondern können bei geeigneter Ausgestaltung auch zur Umsetzung der Projektpläne in motivationswirksame Vorgaben für die Projektmitarbeiter genutzt werden.
Speziell zur Bewältigung der komplexen Koordinationsaufgaben in projektorientierten Unternehmen ist das Projektcontrolling heute auf moderne EDV-Systeme angewiesen. Beispielsweise bieten integrierte Systeme der Projektplanung und -kontrolle die Möglichkeit der koordinierten Ressourcen-, Termin- und Kostenplanung. Webbasierte Applikationen ermöglichen die nutzerabhängige Sichtweise auf den Fortschritt eines Projektes, unabhängig von Standort und Zeitzone des Anwenders. Ein Gruppenleiter erhält so automatisch die für ihn relevanten Detail-Informationen, während der Projektleiter auf eine aggregierte Gesamtsicht zugreifen kann. Derartige Software-Lösungen bieten ein enormes Potenzial für die abteilungs- und standortübergreifende Zusammenarbeit in Projektgruppen. Dennoch verlieren die Koordinationsaufgaben des Projektcontrolling hierdurch nicht an Bedeutung. Im Gegenteil wird die Abstimmung des Informationsangebotes mit dem Informationsbedarf immer wichtiger. Der Fokus der Koordinationsfunktion verschiebt sich allerdings von der Informationsbeschaffung hin zur Filterung der tatsächlich planungs- und steuerungsrelevanten Informationen.
Projektcontrolling
Tab. 1: Instrumente des Projektcontrolling (Ausschnitt)

IV. Organisation des Projektcontrolling


Die Führungsfunktion Projektcontrolling ist nicht mit der Organisationsform eines Projektcontrollers gleichzusetzen. Es hat sich allerdings bewährt, Teile der besprochenen Aufgaben an hierzu geschaffene Projektcontrolling-Stellen zu vergeben. Als Service-Einheiten übernehmen sie die Controlling-Funktion für die verschiedenen Projekte eines Unternehmensbereiches. In dieser projektübergreifenden Position kann das Projektcontrolling sowohl die Koordination innerhalb einzelner Projekte wahrnehmen als auch die Schnittstelle zur Koordination zwischen den Projekten und der Gesamtunternehmung bilden. Als Know-how-Pool bündelt diese Stelle zudem die Erfahrungen, welche in den einzelnen Projekten gemacht werden. Sie kann außerdem sicherstellen, dass sich innerhalb der Unternehmung eine gemeinsame Projektmanagement- und Controlling-Methodik etabliert, etwa einheitliche Prozessabläufe und Projektmanagement-Instrumente. Dies erleichtert zum einen das organisatorische Lernen, indem verschiedene Projekte vergleichbar und konsolidierbar gemacht werden. Zum anderen beseitigt eine solche Vereinheitlichung eine wichtige Hürde für abteilungs- und standortübergreifende Projekte (vgl. Krüger, A.  2001, S. 72 f.).
Ein einzelner Projektcontroller ist je nach der Größe der individuellen Projekte entweder gleichzeitig für mehrere Projekte tätig oder vollständig in ein Projekt eingebunden. Da es sich bei den beschriebenen Aufgaben stets um zentrale Führungsaufgaben handelt, empfiehlt sich in jedem Falle die Aufnahme des Projektcontrollers in das Kernteam des Projektes. Mit der Ausgestaltung der fachlichen und disziplinarischen Einbindung der einzelnen Projektcontroller können schließlich Schwerpunkte im Hinblick auf deren Koordinationstätigkeiten gesetzt werden. Die reine Unterstellung unter den Projektleiter besitzt ebenso wie die vollständige Unterordnung unter den Leiter der Projektcontrolling-Einheit deutliche Nachteile (vgl. Küpper, H.-U.  2001, S. 499). Denn nur eine matrixförmige Unterstellung unter beide Vorgesetzte stellt sicher, dass sowohl die Koordination innerhalb des Projektes als auch die Koordination zwischen den Projekten ausreichend Gewicht erhält. Aufgrund der Bedeutung einer über die einzelnen Projekte hinweg einheitlichen Projektmanagement- und Controlling-Methodik bietet sich nach dem „ dotted-line-Prinzip “ insbesondere die fachliche Unterstellung unter den Leiter Projektcontrolling bei gleichzeitiger disziplinarischer Unterstellung unter den jeweiligen Projektleiter an.
Literatur:
Coenenberg, Adolf Gerhard/Raffel, Andreas : Integrierte Kosten- und Leistungsanalyse für das Controlling von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, in: KRP, Jg. 32, 1988, S. 199 – 207
Deutsches Institut für Normung (DIN), : Projektwirtschaft – Projektmanagement, Berlin 1987
Kaplan, Robert S./Norton, David P. : Balanced ScorecardStrategien erfolgreich umsetzen, Stuttgart 1997
Krüger, Andreas : Steuerung in internationalen Entwicklungsprojekten, Stuttgart 2001
Krüger, Andreas/Schmolke, Gernot/Vaupel, Ronald : Projektmanagement als kundenorientierte Führungskonzeption – Management mit Projekten und Management von Projekten, Stuttgart 1999
Küpper, Hans-Ulrich : Controlling, Stuttgart, 3. A., 2001
Küpper, Willi/Lüder, Klaus/Streidtferdt, Lothar : Netzplantechnik, Würzburg/Wien 1975
Lachnit, Laurenz : Controllingkonzeption für Unternehmen mit Projektleistungstätigkeit – Modell zur systemgestützten Unternehmensführung bei auftragsgebundener Einzelfertigung, Großanlagenbau und Dienstleistungsgroßaufträgen, München 1994
Litke, Hans-Dieter/Kunow, Ilonka : Projektmanagement, Planegg, 2. A., 2000
Madauss, Bernd J. : Handbuch Projektmanagement – Mit Handlungsanleitungen für Industriebetriebe, Unternehmensberater und Behörden, Stuttgart, 6. A., 2000
Michel, Reiner M. : Projektcontrolling und Reporting, Heidelberg/Zürich, 2. A., 1996
Mörsdorf, Maximilian : Konzeption und Aufgaben des Projektcontrolling, Wiesbaden 1998
Picot, Arnold : Ein neuer Ansatz zur Gestaltung der Leistungstiefe, in: ZfbF, Jg. 43, H. 4/1991, S. 336 – 357
Turner, Rodney J. : The Handbook of Project Based Management – Improving the Processes for Achieving Strategic Objectives, London et al. 1993
Vahs, Dietmar : Organisation – Einführung in die Organisationstheorie und -praxis, Stuttgart 1997
Vaupel, Ronald/Schmolke, Gernot/Krüger, Andreas : Customer-Focused Management by Projects, London 2000

 

 


 

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