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Betriebs- und Organisationsklima


Inhaltsübersicht
I. Herkunft der Konzepte und Begriffsbestimmung
II. Betriebsklima
III. Organisationsklima
IV. B.- & O.K. als Ursache und Ergebnis
V. Messung des B.- & O.K.s
VI. Würdigung und Ausblick

I. Herkunft der Konzepte und Begriffsbestimmung


In der einschlägigen Literatur wird die Bezeichnung „ Klima “ zur Kennzeichnung des inneren Zustands sozialer Aggregate seit den 1930er-Jahren verwendet. Es lassen sich zwei Entwicklungslinien nachzeichnen, die relativ unabhängig voneinander sind.

II. Betriebsklima


Der Begriff „ Betriebsklima “ entstand im deutschen Sprachraum (Briefs,  1934). Er fand in der Praxis rasch weite Verbreitung – bis hinein in die Anzeigen der Personalwerbung oder bei Einstellungsinterviews; z.B. halten 58% junger Akademiker ein gutes Betriebsklima für wichtig (Kaschube,  1994). Wissenschaftlich setzte sich speziell die Industriesoziologie mit dem Konzept auseinander (z.B. Dahrendorf,  1959; Teschner,  1961; Götte,  1962; Lepsius,  1967). Häufig wird von den Autoren unter „ Betriebsklima “ die Qualität der sozialen Beziehungen in einer Formalorganisation verstanden (Neuberger,  1980). Relative Einigkeit besteht darüber, im Betriebsklima kein Merkmal einzelner Betriebsangehöriger zu sehen, sondern ein Konzept, das auf innerbetriebliche Bedingungen hinweist, zu denen die Betriebsangehörigen wertend Stellung nehmen, was wiederum ihr Verhalten beeinflusst (vgl. Rosenstiel, von, /Falkenberg, /Hehn, et al. 1983). Unternehmensberater waren dann in der Folge bemüht, durch „ soziale Betriebsgestaltung “ (Rosner,  1969; Kaste,  1981), d.h. Verbesserung des Betriebsklimas, die betrieblichen Leistungen zu steigern. Dadurch wurde auch das Interesse der Betriebswirtschaftslehre am Konzept des Betriebsklimas erhöht.
Während einige Autoren (z.B. Weinert,  1998) B.- & O.K. gleichsetzen, spricht sich die Mehrheit (z.B. Conrad, /Sydow,  1984; Neuberger,  1980) für eine Trennung der Konzepte aus, die in der Praxis kaum zu bewältigen ist, weil u.a. das umfassender angelegte Organisationsklima Aspekte des Betriebsklimas mit beinhaltet.

III.  Organisationsklima


Das Organisationsklimakonzept geht auf Arbeiten der anwendungsorientierten amerikanischen Sozialpsychologie zurück und wurde stark vom Denkansatz Lewin beeinflusst. Lewin, / geht davon aus, dass das Erleben und Verhalten des Individuums durch das „ psychologische Feld “ bestimmt ist, das man als wahrgenommene Umwelt interpretieren darf. Dies kommt auch im Zitat zum Ausdruck: „ Wirklich ist, was wirkt “ (Lewin,  1951, S. 241). Lewin, und seine Mitarbeiter (z.B. Lippitt, /White,  1943) sprechen auch von „ Group Climate “ oder „ Leadership Climate “ , woraus in den frühen 1960er-Jahren eine eigenständige Organisationsklimaforschung erwuchs (z.B. Forehand, /Gilmer,  1964; Tagiuri,  1968; Litwin, /Stringer,  1968).
Konzeptionell besteht der Unterschied zwischen dem B.- & O.K. darin, dass es sich beim Betriebsklima um ein evaluatives Konzept handelt, das sich inhaltlich primär auf die Sozialbeziehungen innerhalb der Organisation bezieht. Das Organisationsklima versteht sich hingegen als ein deskriptives Konzept, das sich aus den Wahrnehmungen und Beschreibungen organisationaler Bedingungen durch die Organisationsmitglieder ergibt (zusammenfassend Rosenstiel, von, /Falkenberg, /Hehn, et al. 1983).
Trotz der unterschiedlichen Auffassungen über die Definition des Organisationsklimas lässt sich als Gemeinsamkeit festhalten: Das Organisationsklima ist die relativ überdauernde Qualität der internen Arbeitswelt einer Organisation; die genannte Qualität ergibt sich zum größten Teil aus dem Verhalten, den Bestimmungen und Reglementierungen und zwar so, wie sie von den Organisationsmitgliedern wahrgenommen wird; sie kann als Basis der Beschreibung der inneren Situation der Organisation dienen. Entsprechend kann das Organisationsklima definiert werden:

-

Als die Summe von Wahrnehmungen organisationaler Bedingungen durch die Organisationsmitglieder,

-

es ist wesentlich deskriptiv und nicht evaluativ,

-

es bezieht sich auf die Gesamtorganisation oder auf Teilsysteme und hat

-

Auswirkungen auf das Verhalten der Mitglieder.


Diese Nominaldefinition wirft Probleme auf, die es bei Untersuchungen zu meistern gilt:
Zu (1) Was bedeutet hier Summe? Ist hier die Aggregation von individuellen Wahrnehmungen ( „ Psychologisches Klima “ ) gemeint oder die geteilte Wahrnehmung, die sich in der geringen Varianz von Wahrnehmungsindikatoren einer sozialen Einheit niederschlägt ( „ Interaktionistisches Klima “ )? Gibt es überhaupt das Organisationsklima oder sollte man lieber von verschiedenen Klimata sprechen, dem Kommunikationsklima, dem Serviceklima, dem Klima für Kreativität u.a.m. (Schneider,  1990)?
Zu (2) Wie oben angedeutet, lässt sich auf Seiten der Wahrnehmung zwischen Bewertung und Beschreibung letztlich nicht trennen, auch dann nicht, wenn man sich bei der Konstruktion eines Untersuchungsinstruments um beschreibende Items bemüht. Es besteht allerdings weitgehende Einigkeit darüber, dass die Wahrnehmung der organisationalen Umwelt wesentlich von dieser mitbestimmt wird (James, /Joyce, /Slocum,  1988; Spector,  1992).
Zu (3) Fragwürdig ist es, von dem Organisationsklima einer Gesamtorganisation zu sprechen und nicht eher von den verschiedenen Klimata einer Organisation, wenn sich bei Untersuchungen regelmäßig zeigt, dass verschiedene Organisationseinheiten sich von einander deutlich unterscheiden; die hochaggregierten Daten haben wenig Aussagekraft und verwischen nur die interessanten Differenzierungen.

IV. B.- & O.K. als Ursache und Ergebnis


Die Erfassung des B.- & O.K.s kann in Forschung und Praxis ein eigenständiges Ziel sein. Ist dieses Ziel erreicht, so bleibt allerdings die Frage offen, welche Bedingungen dazu führen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben? Dieser Erklärungszusammenhang muss als ein weiteres wissenschaftliches Ziel gelten. Für die empirische Forschung bedeutet es, dass man das B.- & O.K. als abhängige Variable und als unabhängige Variable zu analysieren hat.
Einschlägige Untersuchungen (vgl. Rosenstiel, von, /Falkenberg, /Hehn, et al. 1983) können angesichts der im Feld üblichen Forschungsmethodik eindeutige Kausalaussagen nur in Ausnahmefällen machen. Trotz dieser Einschränkungen darf als wahrscheinlich gelten, dass das B.- & O.K. – als Folge betrachtet – abhängig ist von (objektiven) organisationalen Bedingungen wie z.B. der Größe der Organisation oder der Organisationseinheit, von Merkmalen der Aufbau- und Ablauforganisation, wie der relativen Anzahl der hierarchischen Ebenen, der Formalisierung, der Standardisierung und der Zentralisierung der Entscheidungsprozesse, aber auch von der in der Organisation vorherrschenden Technologie und von der Art der Aufgaben. Abhängig ist das B.- & O.K. aber auch von Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder, insbesondere vom Führungsverhalten sowie von der Teamfähigkeit und Kollegialität zwischen Gleichgestellten. Aber auch personale Merkmale der Organisationsmitglieder haben Einfluss auf das B.- & O.K.. Dies überrascht nicht, da ja Wahrnehmungsprozesse von personalen Faktoren, wie z.B. kognitiven Verarbeitungsweisen, Erwartungen, Einstellungen oder Werthaltungen abhängig sind. Entsprechend darf man vermuten, dass zeitvariable Persönlichkeitsmerkmale sich durch innerorganisatorische Information oder durch Trainings-, Schulungs- oder andere Qualifizierungsmaßnahmen beeinflussen lassen (vgl. Guzzo, /Jette, /Katzell,  1985).
Betrachtet man das B.- & O.K. als unabhängige Variable, so ist es nach den vorliegenden empirischen Untersuchungen wahrscheinlich, dass Arbeitsmotivation und -leistung, Führungsverhalten, Entscheidungsstil, innovatives Verhalten der Organisationsmitglieder, Arbeitszufriedenheit, aber auch die Beitrittswahrscheinlichkeit bei qualifizierten potentiellen Mitgliedern durch das B.- & O.K. beeinflusst werden.
Neben Analysen, die das B.- & O.K. als abhängige bzw. unabhängige Variable untersuchen, gibt es schließlich noch solche, in denen es als intervenierende Variable interessiert, die es als moderierende Größe zwischen einer angenommenen Ursache und einer angenommenen Folge untersuchen. In diesem Sinne zeigen z.B. Sheridan, Vredenburgh & Abelson (Sheridan, /Vredenburgh, /Abelson,  1984), dass die Wirkung der Führung auf das Leistungsverhalten der Geführten durch das B.- & O.K., wie es von den Führenden wahrgenommen wird, moderiert wird. Konkret zeigte sich, dass durch ein leistungsorientiertes B.- & O.K. die Führungsrolle des Vorgesetzen legitimiert wurde, während ein wenig leistungsorientiertes B.- & O.K. die Entstehung informaler Führung innerhalb der untersuchten Gruppen begünstigte. Wenn jedoch z.B. behauptet wird, dass sich in einem leistungsorientierten B.- & O.K. das Leistungsverhalten der Organisationsmitglieder verbessert, so sollte geprüft werden, ob nicht leistungsorientiertes B.- & O.K. und Leistungsverhalten z.T. in gleicher Weise operationalisiert sind, bzw. was hier Ursache und was Wirkung ist?

V. Messung des B.- & O.K.s


Weniger das Klima um seiner selbst willen, als die Vermutung, dass ein schlechtes Klima niedrige Leistungen zur Folge hat, ist – wenn auch schwer nachweisbar – der wichtigste Grund, das Klima messen zu wollen. Die Erfassung des B.- & O.K.s dient dann in der Regel praktischen Zielsetzungen wie der Verbesserung der Bedingungen, die das Klima prägen; es handelt sich um Schwachstellenanalyse aus der Sicht der Betroffenen. Die B.- & O.K.-Analyse ist die Diagnose und der Ausgangspunkt für die „ Therapie “ , d.h. für Entscheidungen und die Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen.
Prinzipiell ist es denkbar, B.- & O.K. über die systematische Erfassung von Verhalten oder Verhaltenskonsequenzen zu messen oder z.B. über Gruppendiskussionen (Friedeburg, von,  1963; Schulz-Gambard, /Bungard,  1997) oder Critical-incident-technique (Barker,  1965). In der Praxis werden für diesen Zweck fast ausschließlich Fragebogen verwendet. Bei der Entwicklung dieser Verfahren, insbesondere bei der Formulierung der Items, ist darauf zu achten, dass das Messkonzept dem theoretischen entspricht; die Operationalisierung entscheidet letztlich darüber, was gemessen wird.
Die Abb. 1 zeigt Konzepte, die je nach Operationalisierung unterschiedlich große Überschneidungen aufweisen; die Überlappung gilt insbesondere für die verwandten Konzepte Betriebsklima, Arbeitszufriedenheit, Organisations-/Unternehmenskultur u.a.m. (vgl. Rosenstiel, von, /Falkenberg, /Hehn, et al. 1983).
Betriebs- und Organisationsklima
Abb. 1: Überlappende Konzepte subjektiver Organisationsforschung

1. Der Prozess


Die Befragung der Organisationsmitglieder zum B.- & O.K. ist Teil eines Prozesses, dessen Ablauf wie folgt gegliedert werden kann:

-

Festlegung der Konzeption,

-

Operationalisierung des Messinstruments,

-

Durchführung der Befragung,

-

Interpretation der Ergebnisse,

-

Entscheidung für Maßnahmen und deren Implementierung,

-

Maßnahmenverfolgung.


Dazu im Einzelnen:

2. Die Festlegung der Konzeption


Der erste Schritt der konkreten Arbeit sollte in der Bildung einer dafür verantwortlichen Projektgruppe (Verfahrenspromotoren) bestehen, der zumindest ein Vertreter der Unternehmensleitung (Machtpromotor) und Vertreter der zu analysierenden Einheiten, ein Vertreter des Betriebs- oder Personalrates und ein sachkundiger, externer Experte (Fachpromotor) angehören sollen (zum Promotorenmodell vgl. Witte, /Hauschildt, /Grün,  1988). Diese Gruppe soll die Diagnose vorbereiten und in geeigneter Weise durchführen, wobei zur Vorbereitung die Information aller Betroffenen über die Ziele der Befragung, die Sicherstellung der Anonymität (darum wird hier u.a. auch eine externe Instanz gefordert) und die Veröffentlichung der Ergebnisse (Feedback) gehören.
Um sich über die Zielsetzung, Inhalte und Konsequenzen einer B.- & O.K.-Untersuchung Klarheit zu verschaffen, ist z.B. in Workshops mit der Projektgruppe, aber auch Mitarbeitern unterschiedlicher hierarchischer Ebenen, insbesondere Führungskräften, um diese einzubinden, nach folgender Checkliste zu verfahren:

-

Was erwarten Sie sich von der B.- & O.K.-Untersuchung?

-

Wenn Sie Ihren Mitarbeitern den Zweck der Untersuchung mitteilen müssten, was würden Sie da sagen/schreiben?

-

Nennen Sie bitte Inhaltsbereiche, zu denen Fragen konstruiert werden sollen?

-

Anhand welcher Kriterien könnten die genannten Inhalte gemessen werden?

-

Was wollen Sie mit den Antworten Ihrer Mitarbeiter tun?

-

Welche Konsequenzen sollen gute/schlechte Befragungsergebnisse zu den oben genannten Fragebereichen haben?


Damit können Kriterien für die Operationalisierung festgelegt werden. Sog. „ Omnibusse “ , das sind Fragebogen mit unterschiedlichsten und zugleich vielen unzumutbaren Fragen, können vermieden werden, wenn sich unter „ Konsequenzen “ herausstellt, dass für unterschiedliche Ergebnisse bei bestimmten Fragen, die auf den ersten Blick attraktiv erscheinen mögen, sich weder eine brauchbare Operationalisierung noch praktische Handlungsmöglichkeiten ergeben.
Die Erfahrung zeigt, dass bei „ Schnellschüssen “ und Überspringen dieser ersten Phase bei der Untersuchung hinterher Schwierigkeiten auftauchen, die nicht mehr korrigierbar sind. Diese können, um nur wenige anzudeuten, sein: Items, die die betriebliche Realität verfehlen, niedrige Beteiligungsquote, illoyale Vorgesetzte etc. und somit invalide und letztlich unbrauchbare Ergebnisse.

3. Die Operationalisierung des Messinstruments ?


? d.h. des Fragebogens, erfolgt nach den Vorgaben der Konzeption. Das sollte dem Fachpromotor überlassen werden. In der Vorbereitungsphase neigen die Praktiker gerne dazu, Fragen zu „ basteln “ ; der Ausdruck wird hier bewusst im Unterschied zur Konstruktion nach Kriterien gewählt, die in der Konzeptionsphase festgelegt wurden bzw. nach „ state of the art “ formalen und methodischen Kriterien genügen.
Für einen standardisierten Fragebogen zum B.- & O.K. siehe Bögel und v. Rosenstiel (Bögel, /Rosenstiel, von,  1997; Bögel, /Rosenstiel, von,  1999; Bögel, /Rosenstiel, von,  2001).

4. Die Durchführung der Befragung ?


? ist einerseits eine Routineangelegenheit, wenn z.B. der Personal- oder Betriebsrat die Bogen in Urnen sammelt. Andererseits hängt die Beteiligung der Mitarbeiter von der Glaubwürdigkeit der Zielsetzung und der Ernsthaftigkeit der Führungskräfte ab, d.h. dass diese auch loyal zur Untersuchung stehen, die ja in der Regel vom Machtpromotor in Gang gesetzt wurde. Deshalb ist die Einbindung der Vorgesetzten, wie es unter a) gefordert wurde, so wichtig. Die Zuteilung der Mitarbeiter in auswertbare Organisationseinheiten, die nicht zu groß und nicht zu klein sein dürfen, gehört zu den Aufgaben der Projekt- oder Steuerungsgruppe; in der Praxis bereitet dies häufig Schwierigkeiten.

5. Die Interpretation der Befragungsergebnisse ?


? erfolgt von zwei Seiten, einmal von der neutralen externen ( „ nicht betriebsblinden “ ) wissenschaftlichen Instanz und andererseits von verschiedenen organisationsinternen. Es ist evident, dass verschiedene betriebsinterne Instanzen aus den Ergebnissen Unterschiedliches herauslesen bzw. gewichten. Aufgabe der wissenschaftlichen Instanz ist es, das Befragungsinstrument nach wissenschaftlichen Gütekriterien zu überprüfen; das beinhaltet auch, soweit als möglich die zugrunde gelegten Konstrukte empirisch zu evaluieren.
Es ist üblich, Vergleiche zwischen Organisationseinheiten zu ziehen, diese bleiben jedoch häufig in einem oberflächlichen Datenvergleich stecken. Bei einem ernsthaften Benchmarking ( „ Vergleich mit den Besten “ !) geht es darum, hinter die Datenlage zu schauen und das „ Warum “ zu ergründen (vgl. Camp,  1994). Ein Benchmarking mit subjektiv erhobenen Daten ist organisationsintern wie -extern mit äußerster Vorsicht zu behandeln, denn unterschiedliche Situationen bewirken auch unterschiedliche Wahrnehmungen. Wir haben es nicht mit einem Persönlichkeitstest zu tun, bei dem Aufgabe und Lösung standardisiert sind, sondern mit zwei Unbekannten, den urteilenden Personen und der zu beurteilenden Situation. Auch werden Fragen von unterschiedlichen Mitarbeitern oder Gruppen unterschiedlich verstanden, weil diese für sie unterschiedliche Bedeutungen bzw. Konsequenzen haben. Zu bedenken gilt es auch, dass hochaggregierte Daten über mehrere Stufen und unterschiedliche Situationen (Gruppen, Abteilungen, Werke, Betriebe) die interessanten Differenzierungen verwischen und (bei einem richtig konstruierten Befragungsinstrument) zum mittleren Skalenwert, dem Median streben. Zwar kann ein (oberflächliches) Benchmarking von Durchschnittswerten von Vorteil sein, wenn in einer Prozentrangtabelle Ober- und Untergrenzen, also die Spannweite von Werteskalen und die Lage der eigenen Werte im Feld der Daten sichtbar gemacht wird. Es ist jedoch zu fragen, inwieweit Benchmarking auf eine einheitliche Erfolgskultur zielt? „ Eine McDonaldisierung der Organisations-/Unternehmenskultur wäre eine fragwürdige Folge der Verknüpfung der Mitarbeiterbefragungswelle mit der Idee des Benchmarking “ (Nerdinger,  1998, S. 172). Deutliche Schwachpunkte werden auch ohne Vergleiche sichtbar, und eine schwäbische Weisheit besagt: „ Jeder kehre vor seiner eigenen Tür “ !

6. Der Schritt von der Diagnose zur Therapie


Die Intervention – als stabilisierende oder verändernde Maßnahme verstanden – kann unterschiedlich erfolgen. So ist vorstellbar, dass nach einer adäquaten Information der Belegschaft die Unternehmensleitung – unterstützt durch Experten – zielführende Maßnahmen beschließt. Abb. 2 zeigt systematisch die Interventionsstrategien und Implementierungsrichtungen für eine optimale Entsprechung von Person und Situation.
Betriebs- und Organisationsklima
Abb. 2: Zusammenhang von Interventionsstrategie und Richtung der Intervention
Häufig ist es empfehlenswert, die Intervention im Zuge von Organisationsentwicklungsmaßnahmen (Gebert,  1974; Rosenstiel, von,  2000) durchzuführen, wobei sich als geeignete Verfahrensweise die Survey-Feedback-Methode (French, /Bell,  1977) anbietet.

7. Die systematische Maßnahmenverfolgung ?


? durch das Steuerungsgremium, d.h. die Dokumentation der Aktivitäten und Implementierungen von Verbesserungen, müssen für die Mitarbeiter transparent gemacht werden. Das ist besonders wichtig, wenn in ein bis zwei Jahren eine Nachfolgeuntersuchung geplant wird, sonst geht bei Nichtinformation der Mitarbeiter die künftige Beteiligungsquote deutlich zurück. An die Nachfolgeuntersuchung im Sinne der Evaluierung der Maßnahmen werden häufig zu hohe Erwartungen gestellt. Für die Zweituntersuchung gilt es u.a. zu bedenken, dass in der Regel das Anspruchsniveau gestiegen ist, sodass sich die Ergebnisse nicht unbedingt verbessern (vgl. Albers, /Brandstätter, /Peltzer,  1975). Die Konsequenzen der Untersuchung müssen für die Mitarbeiter auch deutlich sichtbar gemacht werden.

8. Bedingungen der B.- & O.K.- Untersuchung


Für das Gelingen der B.- & O.K.-Untersuchung durch Befragung der Organisationsmitglieder sind nicht nur konzeptionelle, methodische und Bedingungen der Abwicklung wichtig, sondern vor allem auch solche, die im Kontext oder in der Kultur liegen. In der Wissenschaft werden sie gerne als ceteris paribus-Bedingungen und in der Praxis nach der Entscheidung des Machtpromotors für die Untersuchung vernachlässigt.
Von grundlegender Bedeutung ist nun die Einsicht, dass es sich um einen außerordentlichen Kommunikationsprozess mit eigenen Gesetzmäßigkeiten und Konsequenzen handelt, von dessen Berücksichtigung wesentlich die Gültigkeit und damit Brauchbarkeit der Ergebnisse abhängt.
Betriebs- und Organisationsklima
Abb. 3: Das Kommunikationsmodell der B.- & O.K.-Untersuchung
Die Abb. 3 zeigt, dass Subjekte über wahrgenommene organisationale Bedingungen befragt und nicht getestet werden. Vermischt man z.B. – wie dies manchmal geschieht – Fragen zur Beschreibung der organisationalen Situation mit Fragen aus Persönlichkeitstests, so weckt dies Misstrauen und verführt zu Problemlöseverhalten und damit zu verfälschten Ergebnissen. Die Antwortbereitschaft hängt zweifellos von der Glaubwürdigkeit der kommunizierten Zielsetzung ab und damit von dem in der Organisations-/Unternehmenskultur gelebten Menschenbild. Das Menschenbild dieses Kommunikationsprozesses ist das des denkenden und selbstbewussten Subjekts (vgl. Brandstätter,  1978; Bögel, /Rosenstiel, von,  1992; Borg, /Bergermaier,  1995). Die anwendungsbezogenen Anforderungen an die Untersuchung, Transparenz der Ziele und Konsequenzen, Anonymität, des Feedback usw. lassen sich aus dem Menschenbild herleiten und sind nicht das Ergebnis beliebiger Erfahrungen; trickreiche Taktiken verbieten sich aus ethischen Gründen, aber auch, weil sie über kurz oder lang durchschaut werden, entsprechende Reaktanz hervorrufen und mit offenem Widerstand (Beteiligungsquote) oder verdecktem (verfälschendem) Antwortverhalten beantwortet werden (Brehm,  1966). Bei einer wirklich freiwilligen Teilnahme an der Befragung hängt z.B. die Rücklaufquote vom vorgelebten Menschenbild und der glaubhaft kommunizierten Zielsetzung ab.

VI. Würdigung und Ausblick


Die inzwischen weit verbreiteten Mitarbeiterbefragungen beinhalten häufig Fragedimensionen aus der B.- & O.K.-Konzeption, auch wenn dies nicht explizit gesagt wird. Einmal verlaufen viele dieser Befragungen im Sande und bleiben einmaliger Aktionismus, ein andermal klagen Organisationen über die vielen Befragungen und bezeichnen sich als befragungsgeschädigt. Der zentrale Grund für diese Zustände liegt vor allem in der nicht gründlichen Vorbereitung und der Beliebigkeit der Interpretation durch Berater oder betriebsinterne Instanzen. In Angriff genommene Verbesserungen werden häufig nicht oder schlecht kommuniziert und von den Mitarbeitern in der Breite nicht oder nicht so wahrgenommen bzw. honoriert (z.B. bei einer Nachfolgeuntersuchung), wie man das erwartet hätte.
„ Schnellschüsse “ , die verpuffen, lassen sich nicht verhindern, wissenschaftlich betreute aber verbessern den Prozess, d.h. wenn sie evaluierbaren bzw. evaluierten Konstrukten folgen und „ wilder “ Operationalismus verhindert wird; die Erfahrungen in der betrieblichen Praxis sind also unterschiedlich.
Wenn sich auch verschiedene Konzepte überlappen und unterschiedliche inhaltliche Dimensionen zum Einsatz kommen, so sind sich zahlreiche und unterschiedlichste Autoren darüber einig, dass es sich beim B.- & O.K. um ein theoretisch bedeutungsvolles und analytisch praktisches Konzept handelt. Die subjektive Innenansicht der Organisation, wie sie im B.- & O.K. zum Ausdruck kommt, wird allerdings in unterschiedlichen Kontextbedingungen als schwaches oder starkes Signal der Organisationsdiagnose eingeschätzt.
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