Aufwendungen und Erträge, außerordentliche
Inhaltsübersicht
I. Zweck der Erfolgsspaltung in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
II. Ausweis und Prüfung außerordentlicher und periodenfremder Aufwendungen und Erträge nach HGB
III. Außerordentliche Posten nach internationalen Normen
Der getrennte Erfolgsausweis von ordentlichen und außerordentlichen Erfolgsbeiträgen in der GuV (Erfolgsspaltung) trägt zur Erfüllung der Jahresabschlusszwecke, insbes. der Information und der Rechenschaft bei. Die Erfolgsspaltung dient der Informationsfunktion des Jahresabschlusses, indem die an dem Unternehmen interessierten Personen (Investoren, Gläubiger u.a.) über die Nachhaltigkeit der einzelnen Aufwands- und Ertragspositionen unterrichtet werden. Dies verbessert die Prognosefähigkeit zukünftiger Unternehmensergebnisse, die von den Adressaten des Jahresabschlusses als Grundlage für rationale Anlage- und Kreditentscheidungen herangezogen werden (Egner, 1993; Eisele, 2005).
Außerdem dient die Erfolgsspaltung der Rechenschaft des Managements gegenüber den Anteilseignern des Unternehmens, da der getrennte Ausweis von außerordentlichen und ordentlichen Erfolgskomponenten Absichten des Managements zur Glättung und Verschleierung von Ergebnisentwicklungen entgegenwirken kann. Durch die Zuordnung der Aufwendungen und Erträge entsprechend ihrer ordentlichen bzw. außerordentlichen Entstehungsursache wird die Verantwortung der Unternehmensführung für die einzelnen Erfolgsbeiträge verdeutlicht. Aus den Erkenntnissen der Erfolgsspaltung kann somit eine differenzierte Leistungsbeurteilung des Managements erfolgen (Egner, 1993; Marx, 1995).
II. Ausweis und Prüfung außerordentlicher und periodenfremder Aufwendungen und Erträge nach HGB
1. Begriffsabgrenzungen a) Begriff der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge
Der Begriff der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge wurde in Auslegung des § 157 AktG 1965 noch weit gefasst: Als Abgrenzungskriterien galten Betriebs- und Periodenfremdheit (ADS, 1995, § 277 HGB). Demgemäß waren Vorgänge wie die Veräußerung von Anlagevermögen oder die Auflösung von Rückstellungen als außerordentlich zu klassifizieren. Demgegenüber engen der angelsächsisch beeinflusste Art. 29 I der Vierten EG-Richtlinie und dessen nahezu wörtliche Umsetzung mit § 277 IV HGB den Inhalt des Begriffs stark ein: In § 277 IV Satz 1 HGB werden nur jene Erträge und Aufwendungen als „ außerordentlich “ definiert, die „ außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft anfallen “ . Unter die handelsrechtliche Definition zu subsumieren sind folglich lediglich solche ergebniswirksame Ereignisse bzw. Transaktionen, die entweder der außergewöhnlichen Geschäftstätigkeit zuzurechnen sind oder die gänzlich außerhalb der Geschäftstätigkeit stattfinden. Da eine Legaldefinition der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit fehlt, werden in der Literatur unterschiedliche Abgrenzungskriterien für die Außerordentlichkeit von Geschäftsvorfällen bzw. Ereignissen diskutiert.
Als Primärkriterium ist die Außerordentlichkeit der Art nach heranzuziehen (Federmann, 1987; Förschle, 2006; IDW, 2006). Die Transaktion bzw. das Ereignis muss folglich seiner Typisierung nach ungewöhnlich sein und außerhalb der bisher als gewöhnlich zu kennzeichnenden Geschäftstätigkeit liegen. Dabei ist zur Beurteilung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf das gesamte Unternehmen abzustellen. Aus § 277 I HGB ist zu folgern, dass der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sowohl Geschäfte mit betriebstypischen als auch betriebsuntypischen Gegenständen oder Dienstleistungen zuordenbar sind, sodass die Trennung in betriebliche bzw. betriebsfremde Posten nicht mehr zur Abgrenzung der Außerordentlichkeit herangezogen werden kann (Förschle, 2006). Auch kann der Gesellschaftszweck laut Vertrag oder Satzung nur ein Anhaltspunkt zur Bestimmung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, nicht jedoch ein abschließendes Kriterium sein (Bohl, 1986; Federmann, 1987). Um die Qualität des jeweiligen Geschäftsvorfalls zu beurteilen, sind folglich die speziellen Verhältnisse und die Eigenart der bilanzierenden Kapitalgesellschaft zu berücksichtigen (ADS, 1997, § 277 HGB).
Weiteres plausibles Abgrenzungsmerkmal ist das Kriterium der Außerordentlichkeit der Zeit nach. Dies beinhaltet: Die betreffenden Aufwendungen bzw. Erträge sind selten, unregelmäßig im Anfall und nicht ständig wiederkehrender Natur (Isele, et al.,2004; IDW, 2006). Seltenheit ist ein wichtiges Indiz, jedoch lediglich ein ergänzendes Merkmal der Außerordentlichkeit. Beispielsweise können Großaufträge, die den üblichen Jahresumsatz erheblich übersteigen, in einem Unternehmen unregelmäßig und selten auftreten und trotzdem zu dessen gewöhnlicher Geschäftstätigkeit gehören (Federmann, 1987; Isele, et al.,2004).
Demgegenüber erscheint die Einplanbarkeit von Geschäften bzw. Ereignissen als Kriterium zur Abgrenzung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Großfeld, /Leffson, 1986) aus zwei Gründen ungeeignet. Die Nicht-Einplanbarkeit kann das Kriterium der Seltenheit bzw. Unregelmäßigkeit nicht ersetzen, da zum einen auch eine seltene Transaktion, wie beispielsweise die Veräußerung des einzigen Verwaltungsgebäudes eines Unternehmens im Rahmen eines sale-and-lease-back-Geschäfts, üblicherweise in eine vorausschauende Unternehmens- und Ertragsplanung einbezogen wird (Baetge, /Fischer, T. 1987). Außerdem wäre bei Verwendung der Nicht-Einplanbarkeit als Abgrenzungsmerkmal die Definition der Außergewöhnlichkeit von den Planungsanstrengungen der Unternehmensführung abhängig und von dieser beeinflussbar (Federmann, 1987).
Umstritten ist auch das Kriterium der Wesentlichkeit, das als Abgrenzungsmerkmal aus zwei Gründen abzulehnen ist: Erstens fehlt das Postulat der Wesentlichkeit in der Anweisung gem. § 277 IV Satz 1 HGB, und zweitens wird durch § 277 IV Satz 2 HGB, der zusätzlich Anhangangaben für die in der GuV ausgewiesenen Beträge von nicht untergeordneter Bedeutung fordert, klar, dass die Betragshöhe nur ein Schwellenkriterium für Erläuterungen im Anhang, nicht aber für die grundlegende Zuordnung zu den außerordentlichen Erfolgskomponenten hergibt (Federmann, 1987; Förschle, 2006).
In Auslegung des § 277 IV HGB lassen sich somit drei Fallgruppen für außergewöhnliche Transaktionen oder Ereignisse bilden:
1) Katastrophen-/Schadensfälle, z.B. Zerstörung durch Erdbeben und sonstige Naturkatastrophen, Hilfsschenkungen, öffentliche Notlagenhilfen u.Ä.
2) Zwangseingriffe, z.B. durch politische Verhältnisse wie Enteignung, Boykott oder Krieg, behördliches Produktionsverbot, ungewöhnliche Umweltschutzauflagen, Bußgelder, Geldstrafen u.Ä.
3) Unternehmensumstrukturierungen, z.B. durch unternehmensgenetische Vorgänge wie Gründung oder Auflösung bzw. durch konstitutive Entscheidungen wie Änderung des Unternehmensgegenstands, Änderung der Rechtsform, Eingehen oder Beendigung von Unternehmensverbindungen oder Änderung der Organisationsstruktur u.Ä.
Während die Fallgruppen 1) und 2) als außerhalb der Geschäftstätigkeit befindlich zu identifizieren sind, ist Fallgruppe 3) dieser zuzuordnen, jedoch als außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegend zu kennzeichnen (Niehus, 1986; Federmann, 1987). b) Begriff der aperiodischen und der periodenfremden Aufwendungen und Erträge
Unter aperiodischen Aufwendungen bzw. Erträgen können einzigartige, seltene oder nicht wiederkehrende Erfolgskomponenten verstanden werden (Federmann, 1987). Die Aperiodizität in diesem Sinne ist folglich ein Indiz für die Außerordentlichkeit.
Mit § 277 IV Satz 3 HGB wird allerdings eindeutig auf den Begriff der Periodenfremdheit abgestellt. Dieser trifft auf Erträge und Aufwendungen zu, die „ einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind “ . Da ein Unternehmen seinen Jahresabschluss unter Unsicherheit zu erstellen hat, können sich durch Schätzung ermittelte Posten in den folgenden Geschäftsperioden als falsch herausstellen. Die ergebniswirksame Korrektur der Fehleinschätzung fällt jedoch gegenüber der Verursachung in eine spätere Periode und ist somit periodenfremd.
Beispiele für die Periodenfremdheit von Transaktionen bzw. Ereignissen sind Veräußerungserfolge für voll abgeschriebenes Anlagevermögen, Entschädigungen für Schadensfälle vorangegangener Perioden, für die keine Rückstellungen gebildet wurden, oder der Eingang von als uneinbringlich abgeschriebenen Forderungen (Leffson, 1986; ADS, 1995, § 277; Isele, et al.,2004; IDW, 2006).
Vor dem BiRiLiG 1985 waren periodenfremde Erfolgskomponenten stets den außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen des § 157 AktG 1965 zuzurechnen. Die besondere Verpflichtung zu Anhangangaben gem. § 277 IV Satz 3 HGB auch für periodenfremde Erfolgsbeiträge von nicht untergeordneter Bedeutung macht jedoch deutlich, dass nach HGB 1985 diese Erfolgsbestandteile sowohl außerordentlicher als auch gewöhnlicher Natur sein können. Damit ist die Periodenfremdheit kein Kriterium mehr für die Außerordentlichkeit von Aufwendungen bzw. Erträgen.
2. Form des Ausweises in der GuV
Seit der Umsetzung des BiRiLiG 1985 ist in der Gewinn- und Verlustrechnung von Kapitalgesellschaften der Saldo des außerordentlichen Ergebnisses, der sich aus den GuV-Posten „ außerordentliche Erträge “ und „ außerordentliche Aufwendungen “ (§ 275 II Ziff. 15 und 16 bzw. III Ziff. 14 und 15 HGB) ergibt, nach dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auszuweisen. Damit soll die Beurteilung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Ertragslage i.S.d. Generalnorm des § 264 II HGB verbessert werden.
Zu kritisieren ist allerdings die unterschiedliche Abgrenzung von Betriebs-, Finanz- und außerordentlichem Ergebnis gem. HGB und nach betriebswirtschaftlich zweckmäßigen Kriterien der Erfolgsspaltung, was die Bilanzanalyse deutlich erschwert. Als in diesem Kontext besonders nachteilig erweist sich die handelsrechtlich verfügte starke Eingrenzung der außergewöhnlichen Erfolgskomponenten, die u.a. die periodenfremden Aufwendungen und Erträge nicht mehr generell einbezieht (Ballwieser, 1987; Coenenberg, 2003; Eisele, 2005; Lachnit, 1991). Periodenfremde Ergebnisbeiträge werden vielmehr nach § 275 II, III HGB nicht gesondert ausgewiesen, sondern den Posten zugeordnet, denen sie sachlich angehören. Der fehlende Ausweis in der GuV wird allerdings durch Anhangangaben über die wesentlichen periodenfremden Erfolgsbestandteile ausgeglichen.
3. Erläuterungspflichten im Anhang
Nach § 277 IV Satz 2 HGB sind die außerordentlichen Erfolgskomponenten im Anhang „ hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art “ zu erläutern, soweit sie „ nicht von untergeordneter Bedeutung sind “ . Kleine Kapitalgesellschaften sind nach § 276 Satz 2 HGB davon befreit.
In der Literatur findet sich zur Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze eine Bandbreite von 2,5% bis 10% bezogen auf den Jahresüberschuss (Leffson, /Bönkhoff, 1981; Glade, 1995; ADS, 1995, § 277 HGB). Derartige quantitative Vorgaben können zwar Anhaltspunkte abgeben, diese sind aber gesetzlich nicht verbindlich. Deshalb ist stets eine ergänzende Einzelfallprüfung erforderlich. Diese hat festzustellen, ob die Außerordentlichkeit der Transaktion oder des Ereignisses für die Adressaten des Jahresabschlusses entscheidungsbeeinflussend sein kann (Leffson, 1987). Da die handelsrechtlich enge Auslegung des Begriffs der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge i.d.R. nur wenige, überschaubare Sachverhalte zulässt, ist die Wesentlichkeitsschwelle tendenziell niedrig anzusetzen. Dabei sind die Erträge und Aufwendungen – dem Wortlaut des § 277 IV Satz 2 HGB folgend – jeweils getrennt zu prüfen.
Zur Erläuterung des Betrags und der Art der Posten ist keine detaillierte Aufgliederung unter Nennung von Einzelbeträgen notwendig; eine Gruppierung der Hauptkategorien nach Fallgruppen und Größenordnungen reicht aus (Förschle, 2006; ADS, 1995, § 277 HGB).
Für periodenfremde, aber zugleich nicht außerordentliche Erfolgsbeiträge haben Kapitalgesellschaften dieselben Erläuterungspflichten hinsichtlich Betrag und Art wie für die außerordentlichen Ergebnisteile (§ 277 IV Satz 3 HGB). Bezüglich der Wesentlichkeitsschwelle gilt das oben Gesagte.
Ergänzend zu § 277 IV HGB verlangt § 285 Ziff. 6 HGB, dass der Umfang, in dem das außerordentliche Ergebnis durch Ertrags- bzw. Einkommensteuern belastet wird, im Anhang anzugeben ist. Dadurch kann das außerordentliche Ergebnis, ausgewiesen zum Bruttobetrag in der GuV, für bilanzanalytische Zwecke auch netto ermittelt werden.
4. Prüfung der außerordentlichen und periodenfremden Aufwendungen und Erträge
Im Kontext der GuV-Prüfung stellt die Prüfung der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge einen Schwerpunkt dar, da die meisten Erfolgsbeiträge bereits im Zusammenhang mit korrespondierenden Bilanzpositionen oder in Verbindung mit der Prüfung des Zahlungsverkehrs untersucht werden (Selchert, 1996). Es sind grds. die für die GuV allgemein geltenden Prüfungskriterien der Vollständigkeit, der Periodengerechtigkeit und des formellen Ausweises heranzuziehen (IDW, 2006). a) Prüfung der Vollständigkeit und der Periodenabgrenzung
Im Rahmen der Vollständigkeitsprüfung spielt die Systemprüfung mittels eines Soll-Ist-Vergleichs, einer Kontrolle der Regelmäßigkeit von Buchungen oder durch Plausibilitätstests eine eher untergeordnete Rolle, da diese zumeist am Fehlen korrespondierender Bilanzpositionen oder an dem naturgemäß seltenen und unregelmäßigen Auftreten außerordentlicher Posten scheitert. Die Vollständigkeit ist somit grds. über eine Einzelfallprüfung unter Beachtung der jeweiligen individuellen Besonderheiten (Förschle, 2006) festzustellen, die auf Basis einer Teilerhebung (Stichprobenprüfung mit bewusster Auswahl; Stichprobenprüfung mit Zufallsauswahl) oder einer Vollerhebung durchgeführt werden kann. Aufgrund der engen Begriffsabgrenzung der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge und der daraus resultierenden geringen Anzahl von zu prüfenden Transaktionen bzw. Ereignissen dürfte die Wirtschaftlichkeit der Abschlussprüfung (IDW PS 200) durch eine Vollerhebung nur selten gefährdet sein. Zur Prüfung der Vollständigkeit und der inhaltlich korrekten Abgrenzung der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge hat der Abschlussprüfer die Kriterien der Außerordentlichkeit der Art und der Zeit nach heranzuziehen.
In die Prüfung mit einzubeziehen sind auffallende und bedeutsame Positionen der Sammelkonten (IDW, 2006), da es einem Verhaltensmuster des Managements entspricht, die Verantwortung für besondere Aufwendungen eher außergewöhnlichen Geschäftsverläufen zuzuschreiben, um somit eventuell entstehende Verluste durch Vorgänge zu begründen, die außerhalb ihres üblichen Verantwortungsbereichs liegen (Marx, 1995). Im Zweifelsfall sollte der Prüfer auf einen Ausweis im Rahmen des gewöhnlichen Ergebnisses bestehen, da außerordentliche Komponenten regelmäßig eher selten auftreten dürften (Selchert, 1996).
Da die GuV eine Zeitraumrechnung ist, in der u.a. die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge als periodisierte Einnahmen und Ausgaben erfasst werden, ist außerdem deren richtige Periodenabgrenzung zu prüfen. Da periodenfremde Erfolgskomponenten nach § 277 IV Satz 3 HGB grds. in allen Aufwands- und Ertragspositionen enthalten sein können, ist deren Prüfung im Vergleich zur früheren aktienrechtlichen Regelung deutlich schwieriger geworden. Unter Berücksichtigung des Kriteriums der Wesentlichkeit ist folglich die Prüfung der periodenfremden Aufwendungen und Erträge stets in die gesamte Prüfung der GuV zu integrieren. Prüfungskriterium für die periodenfremden Erfolgsbeiträge ist das zeitliche Auseinanderfallen von wirtschaftlicher Verursachung und tatsächlichem Anfall in der GuV. b) Prüfung des formellen Ausweises in der GuV
Nach dem Gliederungsschema des § 275 II bzw. III HGB ist der formelle Ausweis der außerordentlichen Erfolgskomponenten vorgegeben. Ein Verstoß gegen die Gliederungsvorschriften kann bei Aktiengesellschaften zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führen, wenn dessen Klarheit und Übersichtlichkeit dadurch wesentlich beeinträchtigt wird (§ 256 IV AktG). Bei der Prüfung des formellen Ausweises ist deshalb zu beachten, ob die Zuordnung der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge zu den jeweiligen GuV-Positionen zutrifft, die Zwischensumme „ außerordentliches Ergebnis “ korrekt ermittelt ist und die auf die außerordentlichen Erfolgsbeiträge entfallenden Ertragssteuern in der entsprechenden Position „ Steuern vom Einkommen und Ertrag “ ausgewiesen sind. c) Prüfung der Erläuterungspflichten im Anhang
Die Prüfung der Pflichtangaben im Anhang nach § 277 IV HGB wird sinnvoller Weise zusammen mit der jeweils zu erläuternden GuV-Position durchgeführt (IDW, 2006). Dabei ist die Bedeutung der Erläuterungen für die Beurteilung der Ertragslage (§ 264 II HGB) der Kapitalgesellschaft besonders zu beachten.
Der Prüfer hat weiter zu berücksichtigen, dass die Erläuterungspflichten sowohl für außerordentliche als auch für periodenfremde Aufwendungen und Erträge an die Erfüllung des Wesentlichkeitskriteriums gebunden sind. In diesem Kontext kommt der Prüfung der Erläuterungspflichten für periodenfremde Erfolgsbeiträge eine gesteigerte Bedeutung zu, da diese in der GuV nicht in einer eigenständigen Position ausgewiesen werden (ADS, 1995, § 277 HGB). d) Prüfung bei Postenzusammenfassung
Soweit die mit arabischen Zahlen versehenen Posten der GuV nach § 265 VII HGB zusammengefasst worden sind, hat der Abschlussprüfer zu prüfen, ob nicht besondere Formblätter vorgeschrieben sind, die einer Zusammenfassung entgegenstehen, ein Betrag, der nach § 264 II HGB bedeutsam ist, dadurch untergeht und ob die Klarheit der Darstellung durch die Zusammenfassung steigt. Außerdem ist zu prüfen, ob die zusätzlichen Anhangangaben gem. § 265 VII Ziff. 2 HGB über die zusammengefassten Posten getätigt wurden und der Charakter der außerordentlichen Erfolgsbeiträge trotz Zusammenfassung deutlich erkennbar ist.
III. Außerordentliche Posten nach internationalen Normen
Die Abgrenzung der außergewöhnlichen Ereignisse bzw. Transaktionen (extraordinary items) gegenüber der normalen Geschäftstätigkeit des Unternehmens war bis einschließlich 2004 gemäß IAS 8 i.d.F. von 1993 abhängig von der Art des Ereignisses (nature of the event) und dessen Häufigkeit (frequency); dabei war jeweils auf den Einzelfall abzustellen.
Im Vergleich zur Auslegung des § 277 IV HGB war jedoch bereits von einem noch stärker einengenden Begriff der Außerordentlichkeit auszugehen: Dieser entsprach im Wesentlichen lediglich den Fallgruppen 1) – z.B. Naturkatastrophen – und 2) – z.B. Enteignung – nach deutscher Auslegung, betraf also Sachverhalte, die grundsätzlich außerhalb der Geschäftstätigkeit der Unternehmung liegen. In der GuV nach IAS 1 i.d.F. von 1997 wurden die extraordinary items als gesonderter Erfolgsbestandteil in einer Liste der notwendigen GuV-Posten aufgeführt. Die außergewöhnlichen Erfolgsbestandteile zählten gemäß IAS 8.10 zu den Komponenten des Nettogewinns (net profit or loss). Ähnlich wie nach HGB, waren die außergewöhnlichen Erfolgsbestandteile hinsichtlich Art und Betrag gesondert zu erläutern, wobei nach IAS 8.15 ein Wahlrecht zur Erläuterung in der GuV oder in den Notes bestand (im Einzelnen dazu: Eisele, 2002 bzw. 2005).
Die bereits im HGB festzustellende Tendenz zur begrifflichen Einengung der folglich mit Bedeutungsverlust belegten außerordentlichen Posten wurde im Bereich der internationalen Rechnungslegung weiter verstärkt: Bereits in einem Diskussionspapier des IASC – seit 2002 IASB – von 1999 (IASC 1999) war die Abschaffung des Ausweises von außerordentlichen Erfolgskomponenten als eigenständige Bilanzposten in der GuV vorgeschlagen. Argument: Der bisherige aggregierte Ausweis von außerordentlichen Transaktionen und Ereignissen unterschiedlicher Art wurde als zu inhomogen und daher als wenig informativ angesehen. Vorgesehen zur verbesserten Adressateninformation war lediglich ein freiwilliger Ausweis in der Form eines Davon-Vermerks bei der jeweils sachlich zugehörigen Aufwands- bzw. Ertragsposition der GuV.
IAS 1 in der derzeit gültigen Fassung hebt demgegenüber die Unterscheidung zwischen dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (results of ordinary activities) und dem der außerordentlichen Posten (extraordinary items) auf und untersagt mit Wirkung ab 2005 nunmehr ausdrücklich (IAS 1.85) die Angabe außerordentlicher Posten in der GuV und in den Notes. Der damit bewirkten Absage an eine ergebnisorientierte Erfolgsspaltung (Küting, 1997) begegnet das IASB mit im Wesentlichen zwei Argumenten: Erstens sei eine trennscharfe Abgrenzung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Ergebniskomponenten nur unzureichend möglich, und zweitens soll dem daraus sich eröffnenden abschlusspolitischen Gestaltungsmissbrauch entgegengewirkt werden (Lüdenbach, /Hoffmann, 2005).
Ein gewisses Äquivalent für die Ableitung prognoserelevanter Ergebnisstrukturen wird allerdings mit IFRS 5 erreicht: Dieser Standard sieht besondere Bewertungs- und Ausweisvorschriften für Ergebnisbeiträge einzustellender Geschäftsfelder (discontinued operations) bzw. für zur Veräußerung bestimmtes Anlagevermögen (non-current assets hold for sale) vor. Diese Sondervorschriften sollen es dem Bilanzadressaten ermöglichen, die finanziellen Wirkungen von Einstellungs- und Veräußerungsplänen zu beurteilen (IFRS 5.30). Der Prognoserelevanz einer derartigen Trennung von künftig zu erwartenden gegenüber dann nicht mehr gegebenen Geschäftsaktivitäten wird insoweit Rechnung getragen.
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Federmann, R. : Außerordentliche Erträge und Aufwendungen in der GuV-Rechnung, in: BB 1987, S. 1071 – 1078
Förschle, G. : Kommentierung zu § 275 und § 277 HGB, in: Beck\'scher Bilanz-Kommentar, hrsg. v. Ellrott, H./Förschle, G./Hoyos, M. et al., 6. A., München 2006
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