A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wirtschaftslexikon wirtschaftslexikon
 
Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon

 

wirtschaftslexikon online lexikon wirtschaftslexikon
   
 
     
wirtschaftslexikon    
   
    betriebswirtschaft
     
 
x

Finanzpolitik

siehe unter Fiskalpolitik F. umfaßt alle Maßnahmen der öffentlichen Hand (Gebietskörperschaften und Parafisci (Parafiskus), welche  um bestimmte Ziele zu erreichen  die öffentliche Finanzwirtschaft (Einnahmen , Ausgaben und Vermögen bzw. Schulden) ordnen und gestalten. Sie ist als Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik (Theorie der Wirtschaftspolitik) insbesondere von der Geldpolitik zu unterscheiden; allerdings bestehen zwischen diesen beiden Politikbereichen wichtige "Nahtstellen", vor allem zwischen Schulden- und Offenmarktpolitik . Die Theorie der F. hat die praktische F. zu ihrem Forschungsgegenstand und soll dieser Entscheidungshilfen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben geben. Sie bedient sich dabei der Erkenntnisse der Finanztheorie, die als Teildisziplin der Wirtschaftstheorie mittels der diversen Analysemethoden Wirkungszusammenhänge zwischen (Variationen der) öffentlichen Finanzen und volkswirtschaftlichen Größen untersucht. Weiterhin berücksichtigt die F. institutionelle und politische Rahmenbedingungen, versucht den Prozeß der Willensbildung zu erklären bzw. transparent zu machen und befaßt sich schließlich mit dem Problem der Erfolgskontrolle des finanzpolitischen Mitteleinsatzes. Da der Willensbildungsprozeß zu den genuinen Erkenntnisobjekten der F. zählt, läßt sich jedes finanzpolitische Problem grundsätzlich aus zwei Perspektiven analysieren: einmal aus der Sicht der "policy-sciences", bei der es um die Optimierung des Mitteleinsatzes zur Realisation eines bestimmten Zieles (bzw. Zielkataloges) geht und zum anderen aus der Sicht der "politics sciences", die nach den Durchsetzungschancen, Konsens- und Kompromißbedingungen der divergierenden pluralistischen Kräfte fragt. Die Funktionsbereiche des Aufgabenprogramms der F. mit den zugehörigen Instrumentengruppen sind im Schaubild dargestellt.
Finanzpolitik

Eine Differenzierung der Träger der F. nach Gebietskörperschaften (supranationale Träger  insbes. EG, Bund, Länder und Gemeinden) und Parafisci wird unter dem Aspekt der räumlichen und zeitlichen Durchsetzung finanzpolitischer Maßnahmen und der Frage einer zentraleren oder dezentraleren Willensbildung relevant. Bei den Zielen der F. sind insbesondere konjunktur-, (Konjunkturpolitik) allokations-, (Wachstumspolitik, Umweltpolitik , Strukturpoltik) und verteilungspolitische (Einkommenspolitik) Ziele zu unterscheiden. Das "fiskalische" Ziel der Einnahmenbeschaffung und die Forderung nach wirtschaftlicher Mittelverwendung sind dabei als abgeleitete, subsidiäre Ziele zu betrachten. Für eine erfolgreiche F. müssen nach Möglichkeit die "Zielbereiche" disaggregiert und  soweit dies möglich ist  durch quantitative Größen indiziert werden, um auf der Grundlage von konkreten Soll-Ist-Vergleichen die Zielerfüllungs- bzw. -verletzungsgrade zu bestimmen und damit finanzpolitische Handlungs- bzw. Korrekturbedarfe aufzuzeigen. Ebenso ist die Vielzahl möglicher und relevanter Ziele zu erfassen und entsprechend theoretisch erklärter und/od. politisch bestimmter (Prioritäten) Zielbeziehungen zu strukturieren. Die theoretisch zu erklärenden Zielbeziehungen umfassen einerseits Zielhierarchien, d.h. den Umstand, daß einzelne Ziele selbst wiederum Instrument (Zwischenziele) zur Erreichung anderer Ziele darstellen, und andererseits Beziehungen zwischen Zielen einer Hierarchieebene, die in Harmonie, Neutralität, Antinomie bestehen können. Insgesamt ist eine kaum überschaubare Vielfalt möglicher Ziel- bzw. Mittel-Ziel-Beziehungen konstruierbar; von praktischer Bedeutung ist die Frage nach der Instrumentqualität eines Mittels bzw. (Zwischen-) Ziels für ein (übergeordnetes) Ziel und das Problem der Nebenwirkungen (Zielkonflikte bzw. -antinomien). Jede konjunkturpolitische Maßnahme zeigt nämlich immer auch allokations- und verteilungsrelevante Wirkungen und v.v. F. als Konjunkturpolitik zielt ab auf einen hohen Auslastungsgrad des vorhandenen Produktionspotentials (Beschäftigungspolitik; fiscal policy) und auf die Stabilität des Preisniveaus . Die Beziehung zwischen Beschäftigungsstand und Preisniveausteigerung (Phillips Theorem) ist ein Beispiel für einen (nicht unumstrittenen) Zielkonflikt. Instrumente dieser Politik sind die Variation von Größe und Struktur des Budgets , über welches direkt (Sachausgaben) oder indirekt (Entzugseffekte der Einnahmen sowie Personal- und insbesondere Transferausgaben (Transfer)) die effektive Nachfrage beeinflußt wird. Der kurz- bis mittelfristige Horizont dieser Politik erfordert es, ein besonderes Augenmerk auf die Verzögerungen (lags) bei Erkennung, Entscheidung, Durchführung und Wirkung zu werfen. Diese lag-Problematik ist ebenso wie umstrittene Multiplikatoreffekte (Multiplikatorprinzip) und das Problem des crowding-out (crowding-out-Effekte) Gegenstand der Kritik bzw. Ablehnung der fiscal policy durch Monetaristen (Monetarismus) und Angebotstheoretiker (angebotsorientierte Wirtschaftspolitik). F. als Wachstumspolitik ist (mittel- und) langfristig orientiert und zielt darauf ab, durch Beeinflussung der qualitativen und quantitativen Entwicklung der Produktionsfaktoren die Produktionskapazitäten (Kapazität) zu vergrößern. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Produktion von "öffentlichen Gütern" (Gut) zu, die wg. eines konstitutionellen und/od. politisch bestimmten Marktversagens nicht bzw. in nicht ausreichendem Umfang von der privaten Wirtschaft bereitgestellt werden können (z.B. Grundlagenforschung, Bildungs- und Gesundheitswesen, Kommunikation, Verkehr und Energie). Eine auf die Bereitstellung öffentlicher Güter gerichtete finanzpolitische Aktivität ist hier in erster Linie nicht an ihrem "direkten" Kapazitätseffekt, sondern mit ihren  die Effizienz der Privatwirtschaft erhöhenden  externen Effekten (ihrer "Umwegproduktivität") zu beurteilen. Soweit private Aktivitäten "direkt" zu fördern sind, bieten sich eine Vielzahl einnahme- (Steuererleichterungen, Abschreibungsbedingungen (Abschreibung)) und ausgabepolitischer Instrumente (Prämien, Subventionen) an. F. im Dienste der Strukturpolitik hat zum Ziel  aus technologischen, ökonomischen und/od. sozialen Gründen  den regionalen und/od. sektoralen Strukturwandel zu beeinflussen, um die Wirtschaftlichkeit bzw. sozioökonomische Akzeptanz der wirtschaftlichen Entwicklung zu erhöhen. Finanzpolitische Instrumente hierbei sind Subventionen, Steuererleichterungen, Finanzierungshilfen, Bürgschaften etc. Zunehmend wichtiger wird eine ökologische Zielsetzung; diese besteht in der Wiedergewinnung bzw. Erhaltung von Umweltbedingungen, die der menschlichen Existenz und Entwicklung förderlich sind. Im wesentlichen handelt es sich hierbei um das Problem der Umweltverschmutzung bzw. -belastung und der intergenerativ verantwortlichen Nutzung nicht regenerierbarer Ressourcen. Gibt man hierbei dem Verursachungsprinzip den Vorzug, stehen als Instrumente Schadstoffsteuern und/od. -gebühren (Ökoabgaben) zur Anlastung von "Umweltverzehr" oder vom Staat ausgegebene, handelbare Zertifikate über Umweltnutzungsrechte zur Verfügung. Dem Gemeinlastprinzip, welches regelmäßig bei der Bewältigung von Altlasten zum Tragen kommt, entsprechen Realausgaben (z.B. Bau von Klärwerken) oder Transferausgaben bzw. Steuererleichterungen zur Förderung der einschlägigen privaten Initiative. F. als Verteilungspolitik ist auf die Veränderung der Verteilung von Einkommen (Einkommensverteilung) und Vermögen gerichtet. Zusätzlich wird über die Bereitstellung öffentlicher Güter (sowohl "reiner öffentlicher" als auch "meritorischer" Güter (Gut)) die Verteilung der Konsummöglichkeiten bzw. Wohlfahrt und auch der Einkommen (Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitsbereich) beeinflußt. Vermögensverteilungspolitik (steuerliche Förderung der Mitarbeiterbeteiligung, Sparförderung über Prämien) und bestimmte öffentliche Güter (Bildung, regionale Infrastruktur) zielen auch auf eine Veränderung der primären Einkommensverteilung (Einkommensverteilung). Die Sekundärverteilung (Einkommensverteilung) kann durch die Ausgestaltung des Steuersystems (progressive Einkommensteuer , gestaffelte Umsatzsteuer) sowie durch Sozialtransfers beeinflußt werden.

Literatur: K. Mackscheidt/J. Steinhausen, Finanzpolitik I. Grundfragen fiskalpolitischer Lenkung.
3. A., Düsseldorf 1978. Finanzpolitik II. Grundfragen versorgungspolitischer Eingriffe. Düsseldorf 1977. E. Nowotny, Der öffentliche Sektor.
2. A., Berlin 1991. D. Pohmer, Wirkungen finanzpolitischer Instrumente, in: Fritz Neumark (Hrsg.): Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd.
1.
3. A., Tübingen 1977, 193-346. B. Rürup/H. Körner, Finanzwissenschaft. Grundlagen der öffentlichen Finanzwirtschaft.
2. A., Düsseldorf 1985.

 

 


 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
Finanzplanungsrat
 
Finanzrechnung