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Offenmarktpolitik

An- und Verkauf von Wertpapieren durch die Deutsche Bundesbank. Dadurch werden Kreditinstituten und Wirtschaft Zahlungsmittel zugeführt oder entzogen.





1. Begriff. Unter O. versteht man den An- und Verkauf von Wertpapieren i. w. S. durch die Zentralbank auf eigene Rechnung am offenen Markt. Die Bezeichnung "offener Markt" macht deutlich, daß der Abschluß von Offenmarktgeschäften mit der Notenbank grundsätzlich allen Marktteilnehmern (Banken und gelegentlich auch Nichtbanken) offensteht. Nicht zu den Offenmarktgeschäften zählen Wertpapiertransaktionen, die die Bundesbank nicht auf eigene Rechnung, sondern im Auftrag und für Rechnung öffentlicher Emittenten (Emission) durchführt, z.B. die Kurspflegeoperationen für die Bundesanleihen.
2. Institutioneller Rahmen der O. in der Bundesrepublik. Gesetzliche Grundlage der O. der Bundesbank ist § 21 BBkG. Danach darf die Bundesbank zur Regelung des Geldmarkts am offenen Markt zu Marktsätzen folgende Offenmarktpapiere kaufen und verkaufen: bundesbankfähige Wechsel , Schatzwechsel und Schatzanweisungen des Bundes, eines Sondervermögens sowie der Länder, Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen deren Schuldner der Bund , eines seiner Sondervermögen oder ein Land ist, sowie andere Schuldverschreibungen. Diese Wertpapiere sind teilweise dem Geldmarkt , teilweise dem Kapitalmarkt zuzuordnen. Dabei ist wichtig, daß auch Offenmarktgeschäfte in langfristigen Papieren nur zur Regelung des Geldmarkts, d.h. der Bankenliquidität, erlaubt sind. Dies schließt Interventionen der Bundesbank am Kapitalmarkt mit dem primären Ziel der Kursstützung oder der Finanzierung des öffentlichen Kreditbedarfs aus. Zu Marktsätzen kaufen und verkaufen bedeutet, daß die Zentralbank keine willkürlichen, abseits vom Marktgeschehen liegenden Kurse für ihre Transaktionen wählen darf. Die traditionelle "Manövriermasse" der O. am Geldmarkt stellen in der Bundesrepublik Schatzwechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen öffentlicher Stellen dar. Solche Titel gelangen zum einen durch eine entsprechende kurzfristige Verschuldung öffentlicher Schuldner in den Umlauf. Die auf diese Weise entstandenen Papiere werden Finanzierungspapiere genannt. Zum anderen entstehen  Geldmarktpapiere auf Initiative der Bundesbank. Diese Papiere werden nach § 42 BBankG rechtlich als Papiere des Bundes, wirtschaftlich aber als solche der Bundesbank begeben. Sie werden Liquiditätspapiere genannt. Der Höchstbetrag für die Abgabe dieser Titel wurde mit dem Bundesbankänderungsgesetz 1992 auf 50 Mrd EUR heraufgesetzt. Offenmarktgeschäfte am Geldmarkt hat die Bundesbank erstmals 1955 aufgenommen. Diese Transaktionen erfolgten in Papieren, die in die Geldmarktregulierung einbezogen waren, d.h., sie konnten vor Fälligkeit von den Banken an die Bundesbank zurückgegeben werden. Mitte 1971 ging die Bundesbank dazu über, auch Nichtbanken in die Offenmarktoperationen mit kurzfristigen Titeln einzubeziehen. Seit 1975 gibt sie keine in die Geldmarktregulierung einbezogenen Papiere mehr an Banken ab. Allerdings bietet sie den Kreditinstituten häufig nicht vorzeitig rückgebbare Schatzwechsel mit einer ganz kurzen Laufzeit von wenigen Tagen an. Solche kurzfristigen Geschäfte dienen vor allem dazu, ein übermäßiges Absinken des Tagesgeldsatzes (Tagesgeld) innerhalb der monatlichen Mindestreserve-Erfüllungsperioden (Mindestreservepolitik) zu verhindern. Im Frühjahr 1993 nutzte die Bundesbank die durch das Bundesbankänderungsgesetz von 1992 erweiterte Möglichkeit der Offenmarktpolitik und gab für 25 Mrd EUR Liquiditätspapiere an Banken und Nichtbanken ab. Die damit verfolgte Absicht, die Offenmarktpolitik durch die Einbeziehung von Nichtbanken auf eine breitere Basis zu stellen, ließ sich aber nicht verwirklichen. Die Bundesbank stellte deshalb die Abgabe von Liquiditätspapieren Ende 1994 wieder ein. Zunehmende Bedeutung haben in den letzten Jahren Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufsvereinbarung (Wechsel - bzw. Wertpapierpensionsgeschäfte) erlangt. Von 1973 bis 1982 hat sich die Bundesbank wiederholt bereit erklärt, zum Ausgleich besonderer Anspannungen am Geldmarkt von den Kreditinstituten bundesbankfähige Inlandswechsel außerhalb der Rediskontkontingente unter der Bedingung anzukaufen, daß der Verkäufer die Wechsel per Termin (z.B. nach 10 Tagen) zurückkauft. Seit Juni 1979 ging sie ferner dazu über, von Kreditinstituten , die zum Lombard (Lombardpolitik) zugelassen sind, lombardfähige festverzinsliche Wertpapiere (Lombardpapiere) unter der Bedingung anzukaufen, daß der Verkäufer diese gleichzeitig per Termin (z.B. nach 30 Tagen) zurückkauft. Wertpapierpensionsgeschäfte wurden den Banken überwiegend im Wege der Ausschreibung mit fester Zinsvorgabe (Mengentender) oder unter Angabe eines Mindestzinses (Zinstender) angeboten. Pensionsgeschäfte über Wechsel und Wertpapiere sind Offenmarktgeschäfte "auf Zeit". Gegenüber traditionellen Formen der Refinanzierung haben sie ferner den Vorzug, daß bei ihnen die Initiative  hinsichtlich Laufzeit, Satzgestaltung und Volumen der Einzelabschlüsse  stärker bei der Bundesbank liegt. Offenmarktgeschäfte in langfristigen Wertpapieren hat die Bundesbank bisher nur sporadisch in größerem Umfang betrieben  so 1967 und 1975. Dabei beschränkte sie sich auf Transaktionen in öffentlichen Anleihen. Solche Geschäfte lassen leicht den falschen Eindruck entstehen, daß die Notenbank die Entwicklung des Kapitalzinses kontrollieren könne. Da der Kapitalzins aber in erster Linie von Marktfaktoren bestimmt wird, erscheinen Versuche der Notenbank, ihn mit Maßnahmen der O. zu "manipulieren" (operation twist) wenig erfolgversprechend.
3. Wirkungen. Mit der O. beeinflußt die Notenbank sowohl die Zinsen als auch die Bankenliquidität. Tätigt sie Geschäfte mit Nichtbanken, tangiert dies darüber hinaus unmittelbar die Geldbestände. Die traditionellen Offenmarktgeschäfte der Bundesbank in geldmarktregulierten Titeln hatten primär Zinswirkungen, u.a. weil sich die Termingeldsätze an den Abgabesätzen der Bundesbank orientierten. Liquiditätspolitische Effekte waren damit dagegen kaum verbunden, da die von der Bundesbank angebotenen Titel "potentielles" Zentralbankgeld (Geldarten) darstellten. Von Offenmarktgeschäften in nicht-geldmarktregulierten Titeln und mit Nichtbanken gehen Zins- und Mengeneffekte aus. So wird den Banken durch Verkäufe der Notenbank in jedem Fall Liquidität entzogen, wobei die Zeitdauer dieses Entzugs von der Laufzeit der Papiere bzw. Geschäfte abhängt. Dies beeinflußt mittelbar das Zinsniveau. Bei den Offenmarktgeschäften mit Rückkaufsvereinbarung stehen die unmittelbaren Liquiditätseffekte am Geldmarkt im Vordergrund. Von den bei Pensionsgeschäften angewandten Zinssätzen gehen aber auch Signalwirkungen aus. Die Geschäfte lassen sich einsetzen, um die Zinserwartungen der Märkte zu "testen" und zu beeinflussen. So hat die Bundesbank Pensionsgeschäfte häufig benutzt, um am Geldmarkt eine Auflockerung oder Anspannung einzuleiten und dabei die Geldmarktsätze, vor allem im Bereich der Termingelder, in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ein wesentlicher Vorteil von Pensionsgeschäften liegt darin, daß ihre Konditionen  Laufzeit, Satz und Gesamtbetrag  nach der jeweiligen Geldmarktlage variiert werden können. Aufgrund dieser Flexibilität eignen sie sich nicht nur zum kürzerfristigen Geldmarktausgleich, sondern auch zur längerfristigen Zentralbankgeldbereitstellung. Seit Anfang 1985 rückten die Wertpapierpensionsgeschäfte bei der laufenden Zentralbankgeldbereitstellung in den Vordergrund. Um die Geldmarktlage flexibler beeinflussen zu können und die Inanspruchnahme des Lombardkredits  seinem ursprünglichen Ausnahmecharakter gemäß  wieder auf den temporären Spitzenausgleich am Geldmarkt zu begrenzen, ging die Bundesbank damals dazu über, den Banken Wertpapierpensionsgeschäfte zu Sätzen unterhalb des Lombardsatzes anzubieten. Seither hat der Wertpapierpensionssatz die dominierende Rolle für die Zinsbildung am Tagesgeldmarkt übernommen, die früher der Lombardsatz innegehabt hatte. Wertpapierpensionsgeschäfte entsprechen auch den institutionellen Gegebenheiten in der Bundesrepublik, wo kein breiter Sekundärmarkt an kurzfristigen Geldmarktpapieren besteht, so daß die Möglichkeiten der Bundesbank, in großem Stil über den "anonymen" Markt O. in Form von outright -Käufen und-Verkäufen zu betreiben, eng begrenzt sind. Im Rahmen der gesamten Zentralbankgeldbereitstellung nehmen die Wertpapierpensionsgeschäfte mittlerweile die dominierende Stellung ein, die in Deutschland früher der Rediskontkredit hatte. Ihr Anteil an den gesamten Refinanzierungskrediten der Bun-desbank betrug 1994 fast 70 %, jener der Wechselrefinanzierung weniger als 30 %.

Literatur: Deutsche Bundesbank, Die Deutsche Bundesbank, Geldpolitische Aufgaben und Instrumente. Sonderdruck der Deutschen Bundesbank Nr. 7,
6. A. 1993.O.Issing, Einführung in die Geldpolitik,
5. A., München 1993. H. J. Jarchow, Theorie und Politik des Geldes, II. Geldmarkt, Bundesbank und geldpolitisches Instrumentarium.
6. A., Göttingen 1992. Bundesbankdirektor Peter Schmid,                            Frankfurt/M.

 

 


 

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