Interkulturelles Personalmanagement
Inhaltsübersicht
I. Begriff und Gegenstand des Interkulturellen Personalmanagements
II. Aufgabenfelder des Interkulturellen Personalmanagements
III. Ausblick
I. Begriff und Gegenstand des Interkulturellen Personalmanagements
Im Gefolge des rasch anwachsenden Austausches von Ideen, Kapital, Produkten und Menschen über die Landesgrenzen hinweg muss sich die Personalarbeit im Unternehmen darauf einstellen, dass Mitarbeiter im Arbeitsalltag zunehmend mit Personen konfrontiert werden, die nicht den eigenen kulturellen Hintergrund teilen. Es entwickeln sich unzählige kulturelle Überschneidungssituationen, in denen der Einzelne auf anders- und fremdartige Formen des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens und Tuns trifft, die in der abweichenden kulturellen Prägung des Partners (Kollege, Vorgesetzter, Kunde, Lieferant) begründet sind. Das Handeln des anderen wirkt – zumindest im Anfangsstadium – mehrdeutig, überraschend und wenig steuerbar. Die sich hieraus ergebenden Missverständnisse, Erwartungsenttäuschungen, Konflikte, Schuldzuweisungen und Leistungsminderungen begründen die Aufgabenstellung des Interkulturellen Personalmanagements. Es befasst sich mit der Gestaltung der betrieblichen Zusammenarbeit von Menschen, die unterschiedlichen Kulturen angehören, unter der doppelten Zielsetzung der Beachtung der Interessen des Gesamtunternehmens und der Befriedigung der Bedürfnisse der kooperierenden Akteure. Bei der Entwicklung, Auswahl und Realisierung von Instrumenten, die in der Lage sind, die identifizierten Interaktionsschwierigkeiten zu verringern, bedient sich das Interkulturelle Personalmanagement der Befunde, die die interkulturelle Managementforschung zu den Besonderheiten der Interaktionen zwischen Mitarbeitern und Geschäftspartnern aus verschiedenen Ländern vorgelegt hat (z.B. Adler, 1997; Mead, 1994).
Zentral für das Interkulturelle Personalmanagement als Forschungsgebiet und Praxisfeld ist die Prämisse, dass beobachtbare Schwierigkeiten und – seltener thematisiert – Synergien des Miteinanderarbeitens von Menschen verschiedener Nationen auf landeskulturelle Divergenzen der Beteiligten rückführbar sind. Aus dieser „ kulturalistischen “ Perspektive reflektieren Managementpraktiken ebenso wie individuelles Arbeitsverhalten menschliche Entscheidungen, die von den in einer Kultur vorherrschenden Annahmen, Werten und Normen geprägt sind. Ausgeklammert und teilweise auch übersehen werden Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit von Angehörigen verschiedener Landeskulturen/Nationen, die mit den natürlichen, technischen, politischen, rechtlichen oder ökonomischen Eigenheiten ihrer Herkunftsländer verknüpft sind und die auch bei einem sehr weiten Kulturbegriff nicht ausnahmslos als Kulturphänomene konzipiert werden können (Bhagat, /McQuaid, 1982). Das im Interkulturellen Personalmanagement mehrheitlich zugrunde gelegte, vergleichsweise enge Kulturkonzept lässt sich durch vier Annahmen explizieren, die auf kulturanthropologische Überlegungen zurückgehen (vgl. Kluckhohn, /Strodtbeck, 1961): (1) Kultur ist das von einem sozialen Verband weithin geteilte und für ihn typische System von Ideen, d.h. Überzeugungen, Werten, Normen, Weltbildern und Ideologien. Ihren Niederschlag findet Kultur in Verhaltensregelmäßigkeiten, gesellschaftlichen Institutionen und Artefakten. (2) Kultur vermittelt Orientierung in der Umwelt, eröffnet Verhaltensmöglichkeiten und setzt Verhaltensgrenzen. Zugleich wird Kultur im Verhalten ihrer Mitglieder ständig reproduziert. (3) Kultur muss von jeder Generation neu gelernt werden. Wichtige Medien zur Weitergabe von Kultur sind Symbole wie Sprache, Rituale oder Kunst. (4) Kultur repräsentiert die Lösungen, die ein sozialer Verband bei der Bewältigung der Aufgaben interner Koordination und externer Anpassung erfolgreich eingesetzt hat.
Will man Kulturen miteinander vergleichen oder ihren Zusammenhang mit dem Handeln von Unternehmensmitgliedern klären, sind ihre Merkmale zu identifizieren. Die Anthropologen Kluckhohn und Strodtbeck (Kluckhohn, /Strodtbeck, 1961) haben ein fünf Kategorien umfassendes Ordnungsschema vorgeschlagen, das auf den in einer Kultur vorherrschenden Grundüberzeugungen basiert (z.B. Bewertung der menschlichen Natur oder das Verhältnis von Mensch zu seiner Umwelt). Andere Ordnungsversuche setzen an den typischen Werten (z.B. Kollektivismus oder Machtdistanz eines sozialen Verbandes an (vgl. Hofstede, 1980; Trompenaars, 1994).
Für kulturelle Einflüsse auf das Handeln im Unternehmen werden mehrere Wirkpfade angenommen. So kann Kultur zum einen unmittelbar das Handeln der Unternehmensmitglieder beeinflussen, da jedes Mitglied zugleich auch Angehöriger einer Landeskultur ist und die kulturspezifischen Annahmen, Werte und Normen als eigene Orientierungsmaßstäbe übernommen hat. Weiter kann Kultur das Handeln der Unternehmensmitglieder auch indirekt prägen: Managementtechniken, Anreizsysteme oder Führungsphilosophien können als Materialisierungen des kulturspezifischen Ideensystems verstanden werden. Sie begünstigen/legitimieren Routinen, die aus der Sicht der eigenen Kultur erwünscht sind, bzw. behindern/sanktionieren kulturell inakzeptable Vorgehensweisen. Schließlich kann die Landeskultur auch den Zusammenhang zwischen Unternehmensmerkmalen einerseits und dem Handeln der Mitglieder andererseits moderieren. Von den Mitgliedern vertretene Werte können die Wirksamkeit organisationaler Regelungen abschwächen oder verstärken. Erkennbar wird der moderierende Einfluss der Landeskultur, wenn Managementinstrumente, die sich in einem Land bewährt haben, in einem anderen Land nicht die vertraute Wirkung, sondern den Widerstand der betroffenen Mitarbeiter auslösen.
Exemplarisch werden wir uns im Folgenden mit den Forschungsbefunden und Praktiken in drei Aufgabenfeldern des Interkulturellen Personalmanagements befassen: (1) Interkulturelle Personalentwicklung, (2) Aufbau multikultureller Arbeitsgruppen, (3) Führung anderskultureller Mitarbeiter.
II. Aufgabenfelder des Interkulturellen Personalmanagements
1. Interkulturelle Personalentwicklung
Der Begriff der interkulturellen Personalentwicklung steht für alle Qualifizierungsbemühungen, die den Mitarbeiter in den Stand versetzen sollen, in kulturellen Überschneidungssituationen die gestellte Arbeitsaufgabe effektiv zu bearbeiten und hierbei die Grundannahmen, Normbindungen und Wertvorstellungen des anderskulturellen Interaktionspartners zu beachten. Die Adressaten der interkulturellen Personalentwicklung sind alle Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Aufgabenbearbeitung mit ausländischen Partnern in Kontakt treten, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem Einsatzort und ihrer hierarchischen Einstufung. Bisweilen sind auch Familienangehörige in diese Qualifizierungsbemühungen miteinzubeziehen (etwa bei Auslandsentsendungen).
Bausteine einer interkulturellen Personalentwicklung sind Auslandsentsendungen von Nachwuchskräften, grenzüberschreitende Job-Rotation-Programme, Projektarbeit in multikulturellen Teams und interkulturelle Trainings. Der letztgenannte Qualifizierungsansatz steht sowohl für die Praxis als auch die Forschung im Vordergrund. Die Vielfalt verfügbarer Trainingsmaßnahmen lässt sich anhand der verfolgten Lernziele sowie der Kulturspezifität ihrer Inhalte systematisieren. Die Lernziele lassen sich grob den drei Ebenen Faktenwissen, Kulturverstehen und Umgang mit kultureller Diversität zuordnen (Kühlmann, 1995). Während auf der Ebene des Faktenwissens lehrerzentrierte, expositorische Verfahren dominieren, treten auf den beiden anderen Ebenen sukzessiv stärker lernerzentrierte Methoden der Förderung von Selbsterfahrung und der Verhaltensmodifikation hinzu. Die zweite Klassifikationsdimension unterscheidet kulturallgemeine von kulturspezifischen Inhalten des Trainings. Kulturallgemeine Ansätze thematisieren die Bedeutung einer Landeskultur für das individuelle Handeln, die Schwierigkeiten interkultureller Kontakte und die Strategien zu ihrer Bewältigung. Kulturspezifische Trainings dagegen zielen auf das Kennenlernen, Verstehen und Handeln in einer bestimmten Landeskultur ab.
Die bedarfsgerechte Auswahl und Kombination von Trainingsinstrumenten sollen Kontingenzmodelle der Trainingsgestaltung ermöglichen. Black & Mendenhall (Black, /Mendenhall, 1989) konzipieren eine Entscheidungslogik, die sich an den Kriterien (1) Neuheit der internationalen Aufgabenstellung, (2) Fremdartigkeit der Landeskultur der Interaktionspartner sowie (3) Häufigkeit und Intensität von erwarteten Kontakten mit fremdkulturellen Partnern orientiert. Eine kulturspezifische Kombination wissens-, verstehens- und verhaltensorientierter Trainingsverfahren ist etwa dann angezeigt, wenn neuartige Arbeitsaufgaben in ständiger Zusammenarbeit mit Partnern aus einer dem Mitarbeiter fremden Landeskultur zu bewältigen sind. Ob interkulturelle Trainingsmaßnahmen in Hinblick auf die gesetzten Ziele wirksam sind, war bislang nur Gegenstand vergleichsweise weniger Evaluationsstudien (Kealey, /Protheroe, 1996). Diese Studien zeigen, dass insbesondere die Umsetzung des Gelernten am Arbeitsplatz nicht nachgewiesen ist. Der Verbreitungsgrad interkultureller Personalentwicklung in der Praxis bleibt deutlich hinter dem Trainingsangebot und den Erwartungen der betroffenen Mitarbeiter zurück. Der Schwerpunkt liegt bei Sprachkursen und länderkundlichen Informationsveranstaltungen. Begründet wird der weitgehende Verzicht auf interkulturelle Trainings von Seiten der Personalverantwortlichen mit fehlenden Belegen ihrer Wirksamkeit, mit der Unterstellung geringer Kulturdifferenzen im Geschäftsleben oder mit Zweifeln, den Umgang mit kulturellen Unterschieden im Rahmen einer Trainingssituation erlernen zu können.
2. Aufbau multikultureller Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppen bzw. Teams haben sich zu einem verbreiteten Begegnungsfeld von Mitarbeitern verschiedener Kulturzugehörigkeit entwickelt. Für multikulturelle Arbeitsgruppen werden eine ganze Reihe von Leistungsvorurteilen unterstellt: Ideenreichtum, Perspektivenvielfalt in der Entscheidungsfindung, Flexibilität in der Aufgabenbearbeitung oder Kundennähe bei der Produktentwicklung. Die Belege für derartige unterstellte Leistungsvorteile sind allerdings spärlich und uneinheitlich (Smith, /Noakes, 1996). Besonders in der Anfangsphase der interkulturellen Gruppenarbeit bestehen Leistungsnachteile gegenüber kulturell homogenen Gruppen. Studien zu den sozio-emotionalen Begleiterscheinungen multikultureller Gruppenarbeit belegen zudem ein höheres Stressniveau, niedrigere Arbeitszufriedenheit, weniger Gruppenkohäsion und höhere Fluktuationsneigung für kulturell heterogen zusammengesetzte Gruppen (Milliken, /Martins, 1995).
Auf die Bewältigung der skizzierten Schwierigkeiten in kulturell heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppen sind die Maßnahmen der interkulturellen Teamentwicklung gerichtet. Verwendet werden so verschiedenartige Techniken wie die kontrastierende Benennung von kulturellen Unterschieden der Zusammenarbeit, die Präsentation von Beispielen gelungener interkultureller Kooperation, die Simulation interkultureller Kooperation per Rollenspiel oder das Aushandeln von Regeln für die künftige Zusammenarbeit. Mit Hilfe dieses Instrumentariums wird zum einen das interkulturelle Wissen der Teilnehmer erweitert und korrigiert, zum anderen werden die für einzelne Kooperationssituationen angemessenen Handlungsstrategien eingeübt. Zahlreiche Techniken der Teamentwicklung (z.B. offenes Feedback; Brainstorming) setzen Werthaltungen wie Offenheit, Gleichberechtigung oder Individualismus voraus, die charakteristisch für westliche Industrieländer sind und von Vertretern anderer Kulturen so nicht geteilt werden. Vor einer Anwendung bestimmter Instrumente im Rahmen von interkultureller Teamentwicklung müssen daher diese auf ihre kulturelle Stimmigkeit hin überprüft werden. Die Frage, ob und wenn ja, welche Instrumente internationaler Teamentwicklung die Zusammenarbeit in multikulturellen Gruppen fördern, kann mangels einschlägiger Evaluationsstudien bislang noch nicht beantwortet werden (Moosmüller, 1997).
3. Das Führen anderskultureller Mitarbeiter
Jede Kultur entwickelt kulturspezifische Vorstellungen darüber, was richtiges Verhalten des Führenden und des Geführten in Abhängigkeit von der jeweiligen Führungssituation ausmacht. Sieht man etwa das Setzen von Zielen als transkulturell wichtige Führungsaufgabe an, so unterscheiden sich doch die Kulturen im Verständnis dessen, was als Ziel anzusehen ist, welche Ziele erstrebenswert sind, wer an der Festlegung der Ziele beteiligt wird. Derartige Vorstellungen steuern in jeder Führungsepisode das Handeln der Beteiligten. Je geringer die vom Geführten erlebte Diskrepanz zwischen den eigenen Erwartungen an die Führung und dem Führungskonzept bzw. dem Führungsverhalten des Vorgesetzten ausfällt, desto eher zeigt der Geführte das vom Führenden gewünschte Verhalten, d.h. desto erfolgreicher ist Führung.
Trifft eine Führungskraft auf Mitarbeiter, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben, lassen sich die Divergenzen in den Erwartungen an das Führen und Geführtwerden grundsätzlich auf vier verschiede Arten handhaben: gemäß der (1) Dominanzstrategie werden die eigenkulturellen Vorstellungen zum Führungsgeschehen vom Führenden als überlegen betrachtet. Der Führende setzt die bislang bewährten Methoden der Zielsetzung, Motivierung, Entscheidung und Kontrolle gegenüber den abweichenden Vorstellungen des Mitarbeiters durch. Mit der (2) Anpassungsstrategie gibt der Führende den Erwartungen des Mitarbeiters an sein Führungsverhalten nach. Dahinter verbirgt sich die Auffassung, dass eigene Führungskonzepte im eigenkulturellen Umfeld überlegen, im fremdkulturellen Kontext jedoch unterlegen sind. Die (3) Kompromisstrategie kombiniert den Dominanz- und den Anpassungsansatz. Ausgehend von der Einsicht, dass die Kultur des Führenden und die des Geführten sowohl Konvergenzen als auch Divergenzen aufweisen, will der Vorgesetzte dem Mitarbeiter „ auf halbem Wege “ entgegenkommen. Das Führungshandeln nutzt nur Elemente, die beiden Kulturen angemessen sind. Der Vorgesetzte, der (4) einer Integrationsstrategie folgt, betrachtet die eigen- wie die fremdkulturellen Führungskonzepte als prinzipiell gleichwertig. Er sucht nach neuen Vorgehensweisen, die sowohl den eigenen Ansprüchen an eine erfolgreiche Führung entsprechen als auch den Erwartungen des Mitarbeiters Rechnung tragen. Damit wird das Feld des in der jeweiligen Kultur Bekannten und Normalen verlassen und das Handlungsrepertoire um neue Möglichkeiten des Führens erweitert.
Welche der vier beschriebenen Strategien erfolgversprechender ist, kann nicht a priori angegeben werden. Wichtige Einflussgrößen auf den Erfolg einer Strategie sind die Qualifikation des Mitarbeiters, die Sanktionsmacht der Führungskraft oder die Zentralität der in Frage stehenden Werte und Normen. Wie zahlreiche Fallstudien zum gescheiterten Transfer von Führungstechniken aus einer Kultur in eine andere belegen, liegen die Risiken einer Dominanzstrategie wohl am höchsten. Insgesamt mangelt es aber an wissenschaftlich fundierten Antworten auf die Frage, welche Interkulturalitätsstrategie des Führenden unter welchen Randbedingungen den besten Erfolg verspricht.
III. Ausblick
Wie oben dargelegt, kann die Personalpraxis bei der Gestaltung des Mitarbeitereinsatzes in kulturellen Überschneidungssituationen nur sehr bedingt auf differenzierte Handlungsempfehlungen und bewährte Instrumente von Seiten der interkulturellen Personalmanagementforschung zurückgreifen. Die Theoriebildung und die Methodologie in diesem Forschungsgebiet ist durch eine Vielzahl unbeantworteter Fragen charakterisierbar.
Landeskulturen lassen sich auf einer Vielzahl von Dimensionen miteinander vergleichen und voneinander abgrenzen. Es ist zu erwarten, dass nicht jede Dimension für alle interkulturellen Arbeitssituationen gleich bedeutsam ist. Ein Kulturmerkmal, dessen Einfluss auf das Handeln in Unternehmen bereits häufig untersucht und belegt wurde, ist die Dimension „ Individualismus versus Kollektivismus “ (vgl. Earley, 1993). Ob weiteren Kulturdimensionen eine ähnliche Stellung zukommt, muss sich erst erweisen.
Die Erforschung des Geschehens in kulturellen Überschneidungssituationen orientiert sich meist an einem statischen Kulturverständnis. Danach treffen Vertreter verschiedener Landeskulturen aufeinander und erfahren/antizipieren, dass sich eigenes und fremdes Handeln an divergierenden Annahmen, Werten und Normen orientieren. Unberücksichtigt bleibt in diesem konfrontativen Ansatz, dass die Beteiligten beginnen, sich in der Interaktion über gemeinsame Interpretationen des Geschehens und gegenseitige Verhaltenserwartungen zu verständigen. Im Verlauf der Interaktion bildet sich eine kontextualisierte Drittkultur aus, die zu den Ausgangskulturen der beteiligten Akteure mehr oder weniger große Differenzen aufweist. Dem Prozess der Kulturkonstruktion und seinen Bedingungen ist daher mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Forscher auf dem Gebiet des Interkulturellen Personalmanagements müssen sich mit einer Reihe von Methodenfragen auseinander setzen, die innerhalb des Faches erst in Ansätzen diskutiert werden. Beispielhaft genannt seien die Problemkreise der konzeptuellen und operationalen Äquivalenz von Konstrukten, der emischen (kulturspezifischen) und ethischen (kulturneutralen) Untersuchungsstrategien, der Integration quantitativer und qualitativer Erhebungsinstrumente oder der Differenzierung zwischen kulturellen und nichtkulturellen Erklärungsansätzen.
Die Forschungsarbeiten zum Interkulturellen Personalmanagement fokussieren mehrheitlich die Interaktion zwischen Vertretern unterschiedlicher Kulturen, während der betriebliche oder ökonomische Kontext, in dem die Akteure handeln, ausgeblendet ist. Das Verständnis des Handelns in kulturellen Überschneidungssituationen muss unvollständig bleiben, wenn seine Einbettung in eine spezifische Unternehmenskultur oder eine besondere Strategie keine Berücksichtigung findet.
In der Arbeitsituation interkulturell tätiger Mitarbeiter deuten sich einige Entwicklungen an, die in der Forschung bislang nur ansatzweise aufgegriffen worden sind. Hierzu zählen etwa die Auswirkungen der Informations- und Kommunikationstechniken für den interkulturellen Kontakt, die damit einhergehenden Virtualisierungen von Kooperationen oder die zunehmende kulturelle Diversität von Entscheidungsgremien im Gefolge von transnationalen Fusionen und Übernahmen.
Die Internationalisierung des Arbeitslebens impliziert nicht zuletzt eine Internationalisierung der Forschung. Bislang folgt die Auswahl der zu untersuchenden Länder/Kulturen allzu oft nicht theoretischen Überlegungen, sondern sich zufällig bietenden Gelegenheiten. Eine grenzüberschreitende Verbundforschung und der Aufbau transnationaler Netzwerke von Wissenschaftlern ermöglichen stärker theoriegeleitete Vorgehensweisen sowie die Überwindung ethnozentrischer Blickverengungen. Fortschritte im Erkenntnisgewinn und in der Praxiswirksamkeit des interkulturellen Personalmanagements sind nachhaltig nur erreichbar, wenn für die genannten Fragen Antworten gesucht werden.
Literatur:
Adler, N. J. : International dimensions of organizational behavior, 3. A., Cincinnati 1997
Bhagat, R. S./McQuaid, S. J. : Role of subjective culture in organization. A review and direction for future research, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 67/1982, S. 635 – 655
Black, J. S./Mendenhall, M. E. : A practical but theory based framework for selecting cross-cultural training methods, in: Human Resource Management, Vol. 28/1989, S. 511 – 539
Earley, P. C. : East meets West meets Mideast: Further explorations of collectivistic and individualistic workgroups, in: Academy of Management Journal, Vol. 36/1993, S. 319 – 348
Hofstede, G. : Culture\'s consequences: International difference in work related values, Newbury Park 1980
Kealey, D. J./Protheroe, D. R. : The effectiveness of cross-cultural training for expatriates: An assessment of the literature on the issue, in: International Journal of Intercultural Relations, Vol. 20/1996, S. 141 – 165
Kluckhohn, F. R./Strodtbeck, F. L. : Variations in value orientations, Westport 1961
Kühlmann, T. M. : Vom „ Kulturschock zum Kulturlernen “ . Ansätze zur Vorbereitung auf den Auslandseinsatz, in: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Bd. 91/1995, S. 142 – 154
Mead, R. : International management. Cross cultural dimensions, Cambridge 1994
Milliken, F./Martins, L. : Searching for common threads: Understanding the multiple effects of diversity in organizational groups, in: Academy of Management Review, Vol. 21/1995, S. 402 – 433
Moosmüller, A. : Kommunikationsprobleme in amerikanisch-japanisch-deutschen Teams: Kulturelle Synergie durch interkulturelles Training?, in: Zeitschrift für Personalforschung, Bd. 11/1997, S. 282 – 297
Smith, P. B./Noakes, J. : Cultural differences in group processes, in: Handbook of work group psychology, hrsg. v. West, M. A., Chichester 1996, S. 478 – 501
Trompenaars, F. : Riding the waves of culture, New York 1994
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