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Internationale Verrechnungspreise


Inhaltsübersicht
I. Internationale Besteuerung und Verrechnungspreise
II. Ermittlung internationaler Verrechnungspreise
III. Die Alternative: globale Gewinnaufteilung

I. Internationale Besteuerung und Verrechnungspreise


1. Steuerliche Gewinnallokation im internationalen Konzern


Es ist international üblich, Konzernunternehmen für Zwecke der steuerlichen Gewinnallokation als wirtschaftlich selbstständig zu betrachten (separate entity approach). Der Leistungsaustausch zwischen Konzernunternehmen muss dem entsprechen, was wirtschaftlich voneinander unabhängige Unternehmen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz, arm\'s length principle). Der Fremdvergleich ist fester Bestandteil internationaler Steuerverträge, die auf dem Musterabkommen der OECD zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung (OECD-MA) beruhen, sowie der Verrechnungspreisrichtlinien der OECD (OECD,  1999). Art. 9 OECD-MA erlaubt den Staaten die Korrektur von Verrechnungspreisen, die dem Fremdvergleich nicht standhalten. Nach deutschem Steuerrecht basiert diese Korrektur auf den Tatbeständen der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 KStG), der verdeckten Kapitaleinlage (§ 4 Abs. 1 EStG) sowie der Berichtigung von Einkünften (§ 1 AStG). Die Aufteilung eines einheitlichen Gewinns auf einzelne Unternehmensteile ist auch geboten, wenn im Ausland rechtlich unselbstständige Betriebsstätten unterhalten werden (Jacobs, O.H.  2002, S. 868 f.; BMF,  1999). Darauf wird hier nicht weiter eingegangen.
Tochtergesellschaften einer Konzernmuttergesellschaft sind Steuersubjekte des jeweiligen Sitzstaates. Gelingt es einem internationalen Konzern, durch geeignete Wahl der Verrechnungspreise Gewinne in Staaten mit niedrigen tariflichen Gewinnsteuersätzen zu verlagern, verringert sich die Steuerbelastung des Konzerngewinns. Es bleibt grundsätzlich bei der niedrigen Besteuerung, solange die Gewinne von den Tochtergesellschaften einbehalten werden (tax deferral). Selbst die Ausschüttung an die Muttergesellschaft muss zu keiner höheren Steuerbelastung führen, wenn die ausgeschütteten Gewinne von der Muttergesellschaft steuerfrei vereinnahmt werden (Freistellung; Art. 23 A OECD-MA). Für deutsche Muttergesellschaften (Kapitalgesellschaften) ergibt sich die Steuerbefreiung schon aus dem Körperschaftsteuerrecht. Der Sitzstaat der Muttergesellschaft kann aber auch die Anrechnung ausländischer Gewinnsteuern auf die inländische Steuer vorsehen, um die Doppelbesteuerung zu vermeiden (Art. 23 B OECD-MA). In diesem Fall ist im Ergebnis die (höhere) Steuer im Sitzstaat auf die Ausschüttung zu entrichten. Obwohl die Anrechnungsmethode ein internationales Steuersatzgefälle einebnet, beseitigt sie den Vorteil des Steueraufschubs nicht vollständig. Dies ist nur der Fall, wenn die Gewinne der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft laufend als Gewinn zugerechnet werden. Das Steuerrecht sieht dies aber nur in Ausnahmefällen vor (controlled foreign corporation rules).
Ob die Kapitalgeber der Muttergesellschaft durch die Gewinnverlagerung einen Vorteil erzielen, hängt von der Einkommensteuer auf Dividenden ab. Wenn inländische Körperschaftsteuer auf die persönliche Einkommensteuer angerechnet werden kann, während dies bei ausländischer Körperschaftsteuer nicht der Fall ist, mag eine Gewinnverlagerung den Kapitalgebern keine Vorteile bringen. Hängt dagegen die Höhe der Einkommensteuer auf Dividenden nicht davon ab, ob der Konzern Gewinnsteuern im Inland oder im Ausland zahlt, liegt die Verlagerung von Gewinnen in niedrig besteuerte ausländische Konzernunternehmen im steuerlichen Interesse von Kapitalgebern.
Gewinnverlagerungen senken nicht nur Steuerzahlungen, sie können auch Investitionsentscheidungen beeinflussen. Denn der steuerliche Anreiz, in einem Niedrigsteuerland zu investieren, mag verstärkt werden, wenn in der Folge Gewinnverlagerungen in diesen Staat möglich sind. Andererseits schirmen erwartete Gewinnverlagerungen Investitionsentscheidungen vor einem internationalen Gefälle der tariflichen Gewinnsteuersätze ab. Wenn hohen Gewinnsteuern unbegrenzt ausgewichen werden kann, knüpfen Gewinnverlagerungen ein Schutznetz, das Investitionen vor steuerlichen Einflüssen abschirmt (Aliber, R.Z.  1985, S. 89; Institut „ Finanzen und Steuern “ e.V.,  1995, S. 70 – 73). Staaten, die Kapital zu attrahieren suchen, könnten dies nicht nur durch niedrige Gewinnsteuersätze, sondern auch durch eine großzügige Handhabung der Kontrolle von Verrechnungspreisen anstreben. Jedoch schützen die Staaten ihr Steueraufkommen aus bestehenden Investitionen und nehmen daher Gewinnverlagerungen nicht unbegrenzt hin (Newlon, T.S.  2000, S. 218 – 221). Für den internationalen Konzern resultiert die Gefahr der Doppelbesteuerung, wenn zwei oder mehr Staaten Anspruch auf denselben Gewinn erheben.

2. Internationale Verrechnungspreise als Marktpreise


Die Geschäftsbeziehungen internationaler Konzerne reichen von Warenlieferungen und Dienstleistungen, der Überlassung von Wirtschaftsgütern bis hin zur gemeinsamen Forschung und Entwicklung. Der Fremdvergleich verlangt, das Entgelt anzusetzen, das unabhängige Unternehmen gezahlt hätten. Prüfungsmaßstab ist grundsätzlich der Marktpreis. Indes besteht die Schwierigkeit bei der Bestimmung steuerlicher Verrechnungspreise darin, dass gerade dann, wenn die Integration von Unternehmen Vorteile bringt, Marktpreise oft nicht zu beobachten sind (Oestreicher, A.  2000, S. 110 – 116). Dies ist besonders deutlich bei der Nutzung wertvoller immaterieller Wirtschaftsgüter, die nicht über den Markt verwertet werden. Selbst wenn im Einzelfall Marktpreise zu beobachten sind, spiegeln diese Preise die Integration nicht wider. Denn innerhalb von Unternehmen entstehen Vorteile, die nicht unmittelbar einzelnen Transaktionen zugeordnet werden können (Neus, W.  1997, S. 40 – 42). Die Ermittlung steuerlicher Verrechnungspreise ist daher oft mit erheblichen Unschärfen verbunden.
Verrechnungspreise dienen auch der Unternehmenssteuerung. Sie fungieren bei dezentraler Organisation der Unternehmung als Lenkpreise. Marktpreise sind als Lenkpreise geeignet, je vollkommener der Markt ist, je geringer die Synergieeffekte durch die interne Leistung sind und je geringer das Volumen des internen Leistungstransfers ausfällt (Ewert, R./Wagenhofer, A.  2005, S. 590). Derartige Verhältnisse werden jedoch eher selten anzutreffen sein. Unternehmen, die Verrechnungspreise ausschließlich an steuerlichen Anforderungen oder Zielen ausrichten, laufen daher Gefahr, mit ungeeigneten Lenkpreisen zu steuern.
Die OECD hebt die Bedeutung von Marktpreisen hervor, verweist aber darauf, dass nicht immer vergleichbare Geschäfte beobachtbar sind. Es kann daher notwendig werden, auch auf andere Indikatoren zurückzugreifen (OECD,  1999, Tz. 2.5). Zur Bestimmung des arm\'s length-Entgeltes sind drei geschäftsfallbezogene Methoden als Standardmethoden vorgesehen (OECD,  1999, Tz. 2.6 – 2.48; Hay, D./Horner, F./Owens, J.  1994, S. 514 – 516; Jacobs, O.H.  2002, S. 926 – 934; BMF,  2005, Tz. 3.4.10.3a; BMF,  1983, Tz. 2.2.2.-2.2.4.). Diese Methoden vergleichen eine interne Lieferung oder Leistung mit einem Geschäft zwischen unabhängigen Unternehmen. Die drei Standardmethoden zur Ermittlung des Verrechnungspreises stützen sich auf vergleichbare Marktpreise, Rohgewinnspannen oder Kosten und Gewinnaufschläge. Die Bestimmung des Verrechnungspreises basiert dabei auf der Einzelabrechnung für jede spezielle Leistung. Neben den Standardmethoden halten die OECD und die deutsche Finanzverwaltung auch geschäftsfallbezogene Gewinnmethoden für zulässig (OECD,  1999, Tz. 2.49; BMF,  2005, Tz. 3.4.10.3b und c). Diesen Methoden kommt für die Bestimmung des arm\'s length-Entgeltes nach Auffassung der OECD aber eine nachrangige Aufgabe zu. Bei Umlageverträgen (cost contribution arrangements) kann die konzerninterne Abrechnung von Leistungsbeziehungen auch durch eine Verrechnung von Kosten erfolgen. Die Kostenumlage betrifft heterogene und schwer voneinander abgrenzbare Leistungen eines Konzernunternehmens für andere Unternehmenseinheiten (OECD,  1999, Tz. 8.5; Jacobs, O.H.  2002, S. 949 – 952; Scheffler, W.  1991 S. 480 – 487).

II. Ermittlung internationaler Verrechnungspreise


1. Geschäftsfallbezogene Standardmethoden


Die Preisvergleichsmethode (comparable uncontrolled price method) stellt dem Preis des internen Geschäfts den Preis gegenüber, den vergleichbare unabhängige Unternehmen unter vergleichbaren Verhältnissen verrechnet hätten (OECD,  1999, Tz. 2.6 – 2.13). Der äußere Preisvergleich stellt auf Marktpreise ab, die sich an Börsen oder aufgrund branchenüblicher Verträge erheben lassen. Der innere Preisvergleich beruht auf dem Vergleich mit Preisen, die das betrachtete Unternehmen mit unabhängigen Dritten vereinbart. Die Preisvergleichsmethode kann angewandt werden, wenn Produkt- und Marktstrukturen ähnlich sind. Die Methode ist vor allem geeignet, wenn unabhängige Unternehmen auf dem gleichen Markt und zum gleichen Zeitpunkt Produkte gleicher Quantität und Qualität anbieten. Unterschiedliche Lieferbedingungen oder Liefermengen werden zu Preisunterschieden führen, was bei der Ermittlung des Verrechnungspreises berücksichtigt werden soll.
Die Wiederverkaufspreismethode (resale price method) geht vom Verkäufer einer Vorleistung aus und sucht zu bestimmen, welche Vergütung ein fremder Dritter erhält, der die Weiterveräußerung übernimmt (OECD,  1999, Tz. 2.14 – 2.31). Gegenüber der Preisvergleichsmethode hat diese Methode den Vorteil, dass Produktunterschiede eine geringere Bedeutung haben. Die Methode geht von dem Absatzpreis aus, zu dem ein Unternehmen Güter oder Leistungen, die es von einem verbundenen Unternehmen erhalten hat, an unabhängige Unternehmen weiter veräußert. Dieser Preis wird um Beträge gekürzt (Rohgewinnmarge), welche die vom Wiederverkäufer übernommenen Funktionen und Risiken sowie einen angemessenen Gewinn abgelten. Der dann verbleibende Wert ist der gesuchte Verrechnungspreis. Die Methode kann angewendet werden, wenn Unternehmen hauptsächlich im Vertrieb tätig sind. Die Schwierigkeit liegt darin, Funktionen und Risiken zu identifizieren und zu bewerten.
Die Kostenaufschlagsmethode (cost plus method) betrachtet den Hersteller, der eine Lieferung oder Leistung am Markt anbietet. Die Kosten werden um einen angemessenen Kostenaufschlag (Gewinnspanne) erhöht (OECD,  1999, Tz. 2.32 – 2.48). Es können je nach Lage der Unternehmung Teilkosten oder Vollkosten zu berücksichtigen sein. Auch hinsichtlich der Bewertung besteht Wahlfreiheit. Die Kosten sind allerdings nach der Methode zu kalkulieren, die der Preispolitik gegenüber unabhängigen Unternehmen zugrunde liegt. Fehlt dieser Vergleich, so hat die Kalkulation betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu entsprechen. Direkt vergleichbare Gewinnaufschläge werden selten vorliegen. Daher sind Anpassungen vorzunehmen, die sich an Funktionen und Risiken orientieren. Der Anwendungsbereich der Methode liegt vor allem bei Vorprodukten und Vorleistungen oder der langfristigen Nutzung gemeinsamer Ressourcen des Konzerns.

2. Geschäftsfallbezogene Gewinnmethoden


Zu den geschäftsfallbezogenen Gewinnmethoden gehören die Gewinnaufteilungsmethode und die geschäftsfallbezogene Nettomargenmethode. Gegenstand des Fremdvergleichs ist der durch eine kontrollierte Transaktion erzielte Gewinn. Die Gewinnmethoden sollen nur in Ausnahmefällen herangezogen werden, wenn wegen komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte die Standardmethoden nur schwer anzuwenden sind (OECD,  1999, Tz. 3.2). Das Steuerrecht der USA sieht die Gewinnvergleichsmethode (comparable profits method) vor, welche Gewinne abhängiger und unabhängiger Unternehmen anhand von Renditekennziffern vergleicht (Reg. § 1.482 – 5; Vögele, Alexander/Borstell, Thomas/Engler, Gerhard  2004, Kap. S, Tz. 131 – 142). Es ist allerdings strittig, ob diese Methode den Erfordernissen des Fremdvergleichs entspricht. Von der grundsätzlichen Ablehnung gewinnorientierter Methoden wird national und international jedoch mehr und mehr abgerückt (Vögele, Alexander/Borstell, Thomas/Engler, Gerhard  2004, Kap. D, Tz. 381 – 392).
Die geschäftsfallbezogene Nettomargenmethode (transactional net margin method) stützt sich im Gegensatz zur Gewinnvergleichsmethode auf einzelne Transaktionen (OECD,  1999, Tz. 3.26 – 3.48). Der Nettogewinn einer Transaktion wird zu einer Bezugsgröße (etwa Umsatz oder Kosten) ins Verhältnis gesetzt. Diese Nettomarge soll derjenigen Nettomarge entsprechen, die mit vergleichbaren Fremdgeschäften zu erzielen ist oder die von unabhängigen Unternehmen mit vergleichbaren Geschäften erzielt wird. Die OECD sieht die Gefahr, dass bei der Bestimmung der Nettomargen tatsächliche Unterschiede zwischen den Unternehmen nicht ausreichend beachtet werden (OECD,  1999, Tz. 3.53).
Die Gewinnaufteilungsmethode (profit split method) beruht auf einer Funktionsanalyse (OECD,  1999, Tz. 3.5 – 3.25). Der gemeinsame Gewinn aus einem möglichst eng definierten Geschäftssegment wird entsprechend dem relativen Wert der übernommenen Funktionen aufgeteilt. Diese Verteilung wird mit derjenigen Gewinnaufteilung verglichen, welche sich bei unabhängigen Unternehmen ergeben hätte. Praktisch bedeutsam ist vor allem die Restgewinnaufteilung. Sie kommt insbesondere zum Zuge, wenn Gegenstand einer Transaktion ein wertvolles immaterielles Gut ist. Jeder beteiligten Unternehmung wird zunächst ein angemessener Gewinn zugeordnet. Der verbleibende Restgewinn resultiert aus der Nutzung des immateriellen Gutes. Übernimmt etwa eine Tochtergesellschaft in Lizenz der Muttergesellschaft die Produktion, entspricht der Gewinn der Tochtergesellschaft den Kapitalkosten des eingesetzten Produktionskapitals, während der Restgewinn auf das von der Mutterunternehmung bereit gestellte immaterielle Gut entfällt. Die Gewinnaufteilung gilt aufgrund ihrer Flexibilität als pragmatischer Ansatz der Kontrolle von Verrechnungspreisen (Vögele, Alexander/Borstell, Thomas/Engler, Gerhard  2004, Kap. D, Tz. 276).

3. Umlageverträge (cost contribution arrangements)


Bündeln Unternehmenseinheiten ihre gemeinsamen Interessen durch Zusammenwirken innerhalb eines Pools und lassen sich Marktpreise nur sehr ungenau oder nur mit sehr hohem Aufwand ermitteln, kann die Abrechnung von Leistungsbeziehungen durch die Umlage von Kosten oder Aufwendungen entsprechend dem Nutzen erfolgen, den die beteiligten Konzernunternehmen erwarten (OECD,  1999, Tz. 8.1 – 8.43; BMF,  1999). Maßstab ist auch hier das Verhalten eines unabhängigen Unternehmens. Der zu erwartende Nutzen ist anhand betriebswirtschaftlicher Grundsätze und unter Berücksichtigung von Entwicklungen, die vernünftigerweise vorhersehbar sind, für jede Leistung gesondert zu ermitteln. Die umzulegenden Aufwendungen sind grundsätzlich nach den Rechnungslegungsvorschriften des Staates zu berechnen, in dem das Unternehmen, das die Leistung erbringt, tätig ist. Gewinnaufschläge sind nicht zulässig.

4. Dokumentation


Der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Finanzverwaltung haben in jüngerer Zeit die Vorschriften für die Dokumentation von internationalen Verrechnungspreisen verschärft. Nach § 90 Abs. 3 AO hat der Steuerpflichtige bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, über die Art und den Inhalt Aufzeichnungen zu erstellen. Für diese Aufzeichnungen gilt ein gesetzlicher Mindestkatalog (GAufZV,  2003, §§ 4 und 5).
Wird die Dokumentationspflicht verletzt, drohen Sanktionen (§ 162 Abs. 2 und 3 AO). Zum einen kommt es zu einer Strafschätzung, wobei vermutet wird, dass die inländischen Einkünfte tatsächlich höher sind. Zum anderen drohen zusätzliche Strafzuschläge, wenn Aufzeichnungen nicht vorgelegt werden oder vorgelegte Aufzeichnungen nicht verwertbar sind.

5. Gewinnberichtigung und Schiedsverfahren


Nehmen Staaten einseitig Korrekturen der Verrechnungspreise vor, kann dies zur Doppelbesteuerung führen. Das betreffende Unternehmen kann in solchen Fällen ein Verständigungsverfahren (Art. 25 OECD-MA) beantragen, wodurch eine korrespondierende Gewinnberichtigung erreicht werden soll. Einen Anspruch auf Verständigung gibt es aber nicht. Die Staaten müssen zu keiner übereinstimmenden Lösung kommen. Die Schiedsverfahrenskonvention der EU regelt dagegen die Beseitigung der Doppelbesteuerung verbindlich. Es besteht Einigungszwang. Gelangen die Finanzverwaltungen zu keiner einvernehmlichen Lösung, hat ein Ausschuss ein verbindliches Gutachten zu erstellen (ABl. EG Nr. L 225/10, 1990; ABl. EG Nr. C 202/1, 1999). Ein Anspruch auf richterliche Überprüfung besteht hingegen nicht (Schaumburg, H.  1998, Tz. 16.106 – 16.107).

III.  Die Alternative: globale Gewinnaufteilung


Nach dem Prinzip des einheitlichen Unternehmens (unitary entity approach) erfolgt die Aufteilung des Konzerngewinns global mittels einer ex ante festgelegten Formel (formula apportionment), die auf Größen wie Löhne, Umsatz und Kapitaleinsatz aufbaut. Die globale Gewinnaufteilung beruht auf dem Prinzip, einem Staat den Anteil am Konzerngewinn zuzuordnen, der aus dem Vollzug bestimmter wirtschaftlicher Funktionen auf dessen Territorium herrührt (Musgrave, P.B.  1984, S. 228 – 234). Weil von einzelnen Transaktionen innerhalb des Konzerns völlig abgesehen wird, kommt es bei Lieferungen und Leistungen im Konzern nicht zu einer Gewinnrealisierung. Es ist auch ausgeschlossen, dass einzelne Unternehmen eines Konzerns steuerliche Gewinne zeigen, während andere steuerliche Verluste ausweisen. Die globale Gewinnaufteilung verhindert steuerliche Gewinnverlagerungen nicht vollständig. Denn Konzernunternehmen können Einfluss auf die ökonomischen Sachverhalte nehmen, die in die Formel eingehen. Deswegen sind auch Einflüsse eines internationalen Gefälles der Steuersätze auf Investitionsentscheidungen nicht ausgeschlossen. Die Aufnahme von Größen in die Formel, die nur schwer zwischen Standorten zu verlagern sind, wirkt dem entgegen. Daher könnten Sachkapital und Löhne eher geeignet sein als Umsätze.
Allgemein werden der separate entity approach und das arm\'s length-Prinzip vorgezogen, weil Gewinne aus einzelnen Geschäften den Orten ihrer Entstehung zuzuordnen sind. Die OECD lehnt die globale Gewinnaufteilung ab, weil formula apportionment nicht mit dem Fremdvergleichsgrundsatz zu vereinbaren sei (OECD,  1999, Tz. 3.63 – 3.73). Der unitary entity approach ist jedoch dem separate entity approach nur dann unterlegen, wenn sich internationale Verrechnungspreise zuverlässig ermitteln lassen. Der Vorteil der globalen Gewinnaufteilung scheint daher zu sein, dass sie administrativ einfacher zu handhaben ist, wenn eine Vielzahl von unterschiedlichen Transaktionen innerhalb eines internationalen Konzerns vorliegt. Allerdings bedarf die globale Gewinnaufteilung einer Übereinkunft hinsichtlich der einzubeziehenden Aktivitäten der Konzernunternehmen, einer möglichst einheitlichen steuerlichen Rechnungslegung in den einbezogenen Staaten und einer einheitlichen Formel sowie eines einheitlichen Verfahrens zur Messung der in die Formel eingehenden ökonomischen Größen (McLure Jr., C.E./Weiner, J.M.  2000, S. 258 – 272).
Schon die Einigung der Staaten auf eine einheitliche Formel dürfte dadurch erschwert werden, dass einzelne Staaten Formeln vorziehen werden, die ihre Steuereinnahmen erhöhen. Ähnliche Konflikte können auch bei der Bestimmung des Umfangs der einzubeziehenden Aktivitäten, die den aufzuteilenden Konzerngewinn bestimmen, auftreten. Begrenzt wird das Streben nach Erhöhung der Steuereinnahmen durch die Gefahr, Kapital mit hohen Steuern abzuschrecken. Verständigen sich Staaten nur auf eine Formel, lassen aber offen, wie die zu verteilenden Gewinne abzugrenzen und zu ermitteln sind, kann es zu Doppel- oder Minderbesteuerungen kommen, wenn die Fisci der Gewinnaufteilung jeweils unterschiedliche Gewinne zugrunde legen (Commission of the European Communities,  1992, S. 129 – 130). Ohne eine internationale Angleichung der steuerlichen Rechnungslegung lässt sich dies nur vermeiden, wenn die steuerliche Gewinnermittlung nach den Vorschriften des Sitzstaates der Konzernmuttergesellschaft erfolgt und alle Staaten, in denen Konzernunternehmen ansässig sind, diese Gewinnermittlung gelten lassen (Gammie, M.  1998, S. 163 – 164). Allerdings gibt es Anreize für Unternehmen, solche Staaten als Sitzstaaten der Konzernmuttergesellschaft zu wählen, welche eine günstige steuerliche Gewinnermittlung aufweisen. Daher könnte auch in diesem Fall eine gewisse Angleichung der steuerlichen Gewinnermittlung geboten sein.
Literatur:
ABl. EG vom 16.7.1999, Nr.C202/1 : Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen
ABl. EG vom 22.8.1990, Nr.L225/10 : Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen
Aliber, Robert Z. : Transfer Pricing: A Taxonomy of Impacts on Economic Walfare, in: Multinationals and Transfer Pricing, hrsg. v. Rugman, Alan M./Eden, Lorraine, London et al. 1985, S. 82 – 97
Bundesministerium der Finanzen, : Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlung- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren) vom 12.4.2005, IV B 4 – S 1341 – 1/05, BStBl. I 2005, S. 570
Bundesministerium der Finanzen, : Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen vom 30.12.1999, IV B 4 – S 1341 – 14/99, BStBl. I 1999, S. 1122
Bundesministerium der Finanzen, : Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) vom 24.12.1999, IV B 4 – S 1300 – 111/99, BStBl. I 1999, S. 1076
Bundesministerium der Finanzen, : Schreiben betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze) vom 23.2.1983, IV C 5 – S 1341 – 4/83, BStBl. I 1983, S. 218
Commission of the European Communities, : Report of the Committee of Independent Experts on Company Taxation, Brüssel et al. 1992
Ewert, Ralf/Wagenhofer, Alfred : Interne Unternehmensrechnung, Berlin et al., 6. A., 2005
Gammie, Malcolm : Taxation issues for the European company, in: EC Tax Review, H. 3/1998, S. 159 – 170
GAufZV, : – Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung vom 13.11.2003, BGBl. I 2003, S. 2296
Hay, Diane/Horner, Frances/Owens, Jeffrey : Past and Present Work in the OECD on Transfer Pricing and Selected Issues, in: International Bureau of Fiscal Documentation Bulletin, 1994, S. 508 – 520
Institut „ Finanzen und Steuern “ e.V., : Konzernverrechnungspreise – Ökonomische Analyse eines Hauptproblems der internationalen Besteuerung bearbeitet von Jutta Helbing, Bonn 1995
Jacobs, Otto H. : Internationale Unternehmensbesteuerung, München, 5. A., 2002
McLure Jr., Charles E./Weiner, Joann M. : Deciding whether the European Union should adopt formula apportionment of company income, in: Taxing Capital Income in the European Union – Issues and Options for Reform, hrsg. v. Cnossen, Sijbren, Oxford et al. 2000, S. 243 – 292
Musgrave, Peggy B. : Principles for Dividing the State Corporate Tax Base, in: The State Corporate Income Tax – Issues in Worldwide Unitary Combination, hrsg. v. McLure Jr., Charles E., Stanford 1984, S. 228 – 246
Neus, Werner : Verrechnungspreise – Rekonstruktion des Marktes innerhalb der Unternehmung?, in: DBW, Jg. 57, 1997, S. 39 – 47
Newlon, T. Scott : Transfer pricing and income shifting in integrating economies, in: Taxing Capital Income in the European Union – Issues and Options for Reform, hrsg. v. Cnossen, Sijbren, Oxford et al. 2000, S. 214 – 242
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Oestreicher, Andreas : Konzerngewinnabgrenzung: Gewinnabgrenzung – Gewinnermittlung – Gewinnaufteilung, München 2000
Raupach, Arndt : Verrechnungspreissysteme multinationaler Unternehmen, Herne/Berlin 1999
Schaumburg, Harald : Internationales Steuerrecht, Köln, 2. A., 1998
Scheffler, Wolfram : Die Verrechnungspreisgestaltung bei international tätigen Unternehmen – dargestellt am Beispiel der Kostenumlage für verwaltungsbezogene Dienstleistungen, in: ZfbF, Jg. 43, 1991, S. 471 – 489
Vögele, Alexander/Borstell, Thomas/Engler, Gerhard : Handbuch der Verrechnungspreise, München, 2. A., 2004

 

 


 

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