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Bürokratie


Inhaltsübersicht
I. Bürokratiebegriff und -konstrukt
II. Theorien der Bürokratie
III. Empirie der Bürokratie
IV. Bürokratiekritik
V. Abschließende Beurteilung

I. Bürokratiebegriff und -konstrukt


1. Der Begriff der Bürokratie


Der Begriff der Bürokratie wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jh. in Frankreich geprägt und bezeichnete in ebenso beschreibender wie abwertender Weise die Beamtenschaft der zentralstaatlichen Verwaltung und die besondere Form ihrer Herrschaftsausübung (Albrow, Martin 1970; Wunder, Walter 1987). Beschrieben wird damit ein Organisationstypus, der durch Merkmale wie eine mehrstufige Hierarchie, einen hohen Grad an funktionaler Arbeitsteilung und Spezialisierung sowie eine ausgeprägte Formalisierung und Regelgebundenheit der Entscheidungsprozesse gekennzeichnet ist. Abwertend wird der Begriff zu allen Zeiten verwendet, um Ineffizienz und Unpersönlichkeit regelgebundener Entscheidungsprozesse, eine Entkopplung von Verfahren und Zweck oder den „ blinden Gehorsam “ von Entscheidungsträgern zu bezeichnen. Seine wertfrei beschreibende und die negativ bewertende Verwendung kennzeichnen von Beginn an sowohl den alltagssprachlichen als auch den wissenschaftlichen Gebrauch des Bürokratiebegriffs. Während der Begriff in der englischsprachigen Organisationsforschung im weitesten Sinne alle Aspekte formaler Organisationsgestaltung umfasst, wird er im deutschsprachigen Raum eingeschränkter v.a. zur Beschreibung von Strukturen der öffentlichen Verwaltung verwendet.
Der Begriff der Bürokratisierung beschreibt den Prozess der Verbreitung bürokratischer Merkmale in einer Organisation (z.B. durch eine Zunahme formalisierter Regelungen) oder einer Gesellschaft durch eine zunehmende Prägung des öffentlichen Lebens durch bürokratische Institutionen. Während die Bürokratisierung überwiegend als emergenter Prozess im Zuge der gesellschaftlichen Modernisierung angesehen wird, versteht man unter dem entgegengesetzten Begriff der Entbürokratisierung in aller Regel einen gezielten Gestaltungsakt durch eine übergeordnete Instanz.

2. Das Konstrukt der bürokratischen Organisation

a) Abgrenzung des Bürokratiekonstrukts


Als Konstrukt der sozialwissenschaftlichen Forschung wird die Bürokratie in unterschiedlicher Weise abgegrenzt:

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In der historischen Verwaltungsforschung wird die Bürokratie der Honoratiorenverwaltung gegenüber gestellt und als moderne Organisationsform zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben angesehen. Während die Honoratiorenverwaltung durch eine Vermischung politischer und administrativer Funktionen in den Händen einer bürgerlichen Elite geprägt ist, wird die Verwaltungstätigkeit nach dem bürokratischen Prinzip von der politischen Willensbildung getrennt und auf Stäbe hauptberuflicher Verwaltungsfachleute übertragen. Der Prozess der Professionalisierung vollzieht sich in Nordamerika und den meisten europäischen Gemeinwesen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. (Meyer, Marshall W./Stevenson, William/Webster, Stephen 1985, S. 11 ff.).

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In der Herrschaftssoziologie, die wesentlich von Weber (Weber, Max 1921) geprägt ist, wird die Bürokratie als eine Organisationsform zur Durchsetzung und Sicherung politischen Willens verstanden. In dieser Organisationsform spiegelt sich die vollendete Rationalisierung, verstanden als geistige Durchdringung und Gestaltung der natürlichen und sozialen Umwelt durch den Menschen, idealtypisch wider (Kieser, Alfred 1993, S. 40 ff.). Die Bürokratie als Institutionalisierung der legalen Herrschaft wird gegenüber vorrationalen Institutionen charismatischer und traditionaler Herrschaft abgegrenzt. Charismatische Herrschaft schlägt sich in der unbedingten kollektiven Verpflichtung auf den freien Willen einer Führungspersönlichkeit nieder. Traditionale Herrschaft entsteht durch das Festhalten an wiederkehrenden Austauschbeziehungen und den dadurch begründeten Autoritätsstrukturen. Eine Organisation ist also in dem Maße als Bürokratie zu bezeichnen, wie ihre Mitglieder allein auf ihren Beitrag zu übergeordneten Sachzielen verpflichtet sind.

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In der auf den Überlegungen von Weber aufbauenden empirischen Organisationsforschung hat sich die Dichotomie bürokratischer und organischer Organisationsstrukturen herausgebildet. Diese Unterscheidung wird von Burns und Stalker (Burns, Tom/Stalker, George M. 1961) eingeführt und bildet in der Folge einen wichtigen Referenzpunkt für den Kontingenzansatz. Die Operationalisierung des Bürokratiekonstrukts folgt weitgehend dem weberschen Idealtypus und die organische Struktur wird über das Fehlen dieser Merkmale definiert.

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In der Institutionenökonomie wird die Bürokratie als hierarchische Kooperationsform dem Markt (Arrow, Kenneth J. 1974; Williamson, Oliver E. 1975) und dem Clan gegenübergestellt (Ouchi, William G. 1980). In der Bürokratie kooperieren rational handelnde Akteure, die sich Kooperationsregeln und einer gemeinsamen hierarchischen Kontrolle unterwerfen, weil die Transaktionskosten zur Anbahnung und langfristigen Sicherung der Kooperation unter bestimmten Bedingungen niedriger sind als die Kosten, die nach dem Marktprinzip anfallen würden. Ouchi (Ouchi, William G. 1980) führt als dritte Kooperationsform den Clan ein, der sich von der Bürokratie dadurch unterscheidet, dass die Kooperation in diesem Fall auf einer solidarischen Verpflichtung der Akteure auf gemeinsame Werte beruht.

b) Der bürokratische Idealtypus


Die Operationalisierung der bürokratischen Organisation folgt i.d.R. den Merkmalen die bereits Weber (Weber, Max 1921, S. 124 ff.) für den bürokratischen Verwaltungsstab formuliert hat:

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Hauptamtlich beschäftigtes Personal, das ausschließlich nach sachlich begründeten Merkmalen, wie fachliche Befähigung, Leistung oder Dienstalter ausgewählt, entlohnt und ggf. weiterbefördert wird.

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Trennung von Verwaltungsstab und Verwaltungsmitteln, indem das Personal nicht nur sämtliche Mittel zur Verfügung gestellt bekommt, die es zur Erfüllung der Aufgaben benötigt, sondern auch dazu verpflichtet ist, nur diese überlassenen Mittel zu benutzen und darüber hinaus keine eigenen zu benutzen. Diese Trennung soll gewährleisten, dass das Handeln des einzelnen Bürokratiemitglieds im Sinne der bürokratischen Regeln nicht durch persönliche Interessen oder Präferenzen gefährdet ist.

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Festgelegte Arbeitsteilung und Spezialisierung mit spezifischen Zuständigkeiten und Leistungspflichten ohne Ansehen der Person. Damit soll die Austauschbarkeit einzelner Mitglieder erhalten bleiben.

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Amtshierarchie, d.h. Über- und Unterordnung der Dienststellen, die ihren Niederschlag im Dienstweg, der Staffelung von Weisungs- und Kontrollbefugnissen bzw. Gehorsams- und Berichtspflichten findet. Dieses Prinzip löst das im 19. Jh. weit verbreitete Kollegialitätssystem ab.

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Regelgebundenheit und damit Standardisierung der Verfahren, welche die Unpersönlichkeit und Berechenbarkeit der Entscheidungsprozesse sicherstellt.

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Formalisierung durch schriftliche Fixierung der Regeln und Aktenmäßigkeit der Kommunikation innerhalb der Bürokratie sowie im Kontakt mit externen Personen. Die Bedeutung der Formalisierung liegt v.a. darin, die Verfahren auf ihre sachliche Richtigkeit hin kontrollieren zu können.


Das Konstrukt der Bürokratie und die Verbreitung bürokratischer Merkmale in Verwaltungen, Verbänden und privatwirtschaftlichen Unternehmen sind als die wichtigsten Grundlagen für die Entstehung der Organisationsforschung als eigenständige Disziplin anzusehen. Sie sind nicht nur das Referenzmodell für die Theoriebildung, sondern auch für weite Teile der empirischen Organisations- und Managementforschung, insb. im nordamerikanischen Raum.

II. Theorien der Bürokratie


Theorien der Bürokratie erklären die Entstehung, das Wachstum, die Erhaltung oder das Verschwinden bürokratischer Merkmale in einzelnen Organisationen oder ganzen Gesellschaften. Während es an einem umfassenden Theorieentwurf fehlt, existiert eine Reihe von Theorien, die jeweils Teilaspekte der bürokratischen Organisation erklären:

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Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie untersucht bürokratische Organisationen unter dem Gesichtspunkt der Bewältigung komplexer Aufgabenstellungen. Individuen ordnen sich der Autorität eines bürokratischen Regelwerks unter, dem v.a. eine entscheidungsentlastende Funktion unter Unsicherheit zukommt. Bürokratie erleichtert Entscheidungen in Organisationen durch Hierarchie, Aufgabenteilung, gefilterte Kommunikation und standardisierende Normprogramme (Barnard, Chester I. 1938; Simon, Herbert A. 1945).

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Auch die Institutionenökonomie erklärt die Entstehung bürokratischer Organisationsstrukturen mit Effizienzvorteilen bei der Lösung von Kooperationsproblemen – hier jedoch im Vergleich zum Marktmechanismus: Opportunistisches Verhalten und beschränkte Rationalität der Kooperationspartner führen unter den Bedingungen hoher Ungewissheit oder rasch wechselnder Aufgabenstellungen zu niedrigeren Transaktionskosten unvollständiger Verträge, zu denen auch Anstellungsverträge zählen, im Vergleich zu Marktbeziehungen (Williamson, Oliver E. 1975, S. 40).

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Aus der Perspektive der Machttheorie von Crozier (Crozier, Michel 1963) ist die bürokratische Organisation ein Mittel zur Bewältigung komplexer Aufgaben unter Ungewissheit und gleichzeitig eine politische Arena pluralistischer Interessenverfolgung. In dem Maße, wie sich die bürokratische Organisation ausdifferenziert und den einzelnen Akteuren spezifische Verantwortungsbereiche mit gegenseitigen Abhängigkeiten zuweist, entstehen organisationsinterne Zonen der Ungewissheit (z.B. wenn ein Ressortleiter von der Unterstützung durch seinen Fachspezialisten abhängig ist, dessen Kooperationsbereitschaft er jedoch im Einzelfall nur beschränkt beurteilen kann). Diese Zonen der Ungewissheit können von anderen Akteuren in der Organisation besetzt und zur Durchsetzung der persönlichen Ziele taktisch genutzt werden. Mit Hilfe erweiterter bürokratischer Regeln versucht die Organisationsspitze ihre eigenen Unsicherheitszonen zu verkleinern, wobei wiederum neue Ungewissheitszonen entstehen. Für Crozier resultiert daraus ein Teufelskreis der Bürokratisierung, der unvermeidlich zu einer Erstarrung bürokratischer Strukturen und einer fortschreitenden Unfähigkeit zur Anpassung an veränderte externe Anforderungen an die Organisation führen muss.

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Für die Erklärung bürokratischen Wachstums greifen Meyer et al. (Meyer, Marshall W./Stevenson, William/Webster, Stephen 1985) u.a. auf die strukturelle Trägheitshypothese der populationsökologischen Theorie (Hannan, Michael T./Freeman, John 1984) zurück. Demnach wachsen Bürokratien dadurch, dass auf der einen Seite neue Aufgaben zur Gründung neuer Ressorts führen, während die Wahrscheinlichkeit der Auflösung bestehender Ressorts mit zunehmendem Alter trotz wegfallender Aufgaben geringer wird.


III. Empirie der Bürokratie


Die empirische Forschung zur bürokratischen Organisation konzentriert sich v.a. auf die beiden Fragestellungen der Überprüfung des Weber\'schen Idealtypus sowie der Effizienz bürokratischer Merkmale.
Besonders einflussreich bei der Untersuchung des Idealtypus sind die Untersuchungen der Aston-Forschergruppe um Pugh (Pugh, David S. et al. 1968; Pugh, David S. et al. 1969). Ausgehend von den Dimensionen der Arbeitsteilung und Spezialisierung, der Standardisierung, der Zentralisierung, der Formalisierung und der Konfiguration (z.B. ausgedrückt in der Kontrollspanne) gelangen sie zum Ergebnis, dass sich der Weber\'sche Idealtypus nur eingeschränkt empirisch nachweisen lässt, da zwar Standardisierung und Formalisierung eng miteinander verknüpft sind, jedoch der Grad der Zentralisierung und die Konfiguration davon weitgehend unabhängig sind. Als wichtigste Erklärungsvariable für den Grad der Formalisierung und Standardisierung erwies sich hier wie in anderen Studien (Blau, Peter M./Schoenherr, Richard A. 1971; Scott, W. Richard 1975; Kimberly, John R. 1976) die Organisationsgröße.
Die empirischen Untersuchungen zur Effizienz bürokratischer Organisationsstrukturen sind dem Kontingenzansatz zuzuordnen. Hier wurde der Zusammenhang zwischen der Umweltkomplexität und -dynamik auf der einen Seite und dem Ausmaß der Bürokratisierung der Organisation auf der anderen Seite untersucht (Burns, Tom/Stalker, George M. 1961; Lawrence, Paul R./Lorsch, Jay W. 1967). Dabei zeichnete sich ab, dass ein hoher Grad der Bürokratisierung nur unter stabilen und wenig komplexen Bedingungen effizient im Vergleich zu organischen Strukturen gleich großer Organisationen ist.
Zur empirischen Bürokratieforschung ist einschränkend zu bemerken, dass sich die Forschung i.d.R. auf größere Organisationen konzentriert. Eine Übersicht zu den vorliegenden Instrumenten der Analyse bürokratischer Strukturen findet sich bei Kubicek und Welter (Kubicek, Herbert/Welter, Günter 1985).

IV. Bürokratiekritik


Mit den negativen Konnotationen des Bürokratiebegriffs verbindet sich ein breites Spektrum explizit oder implizit bürokratiekritischer Positionen:

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Ausgehend von den Analysen von Weber wird immer wieder auf die Tendenz bürokratischer Organisationen hingewiesen, sich in ihren Entscheidungsprozessen zu verselbstständigen. Aufgrund des Informationsgefälles zwischen dem bürokratischen Expertenstab und seiner politischen Leitung entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis zulasten der politischen Führung. An die Stelle der politischen Ziele als Referenzpunkt für bürokratisches Handeln tritt das Regelwerk selbst, dem jedoch eine entsprechende Legitimitätsgrundlage fehlt (Mayntz, Renate 1978).

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Der Annahme, dass die Bürokratie die effizienteste Form rationaler Aufgabenbewältigung sei, steht die Kritik an der Dysfunktionalität bürokratischer Organisationen gegenüber (Mayntz, Renate 1978; Derlien, Hans-Ulrich 1984): Die mit der Arbeitsteilung verbundene Kompetenzabgrenzung kann dazu führen, dass neue Anforderungen an die Organisation nicht in ihrem vollen Umfang erkannt werden. Zudem fördert sie die Identifikation mit Teilzielen und die Herausbildung von Subkulturen. Die Überbetonung der Regelhaftigkeit führt insb. in Krisensituationen (Gmür, Markus 1996) zu defensivem Verhalten und Zielverschiebungen, so dass Regeln um ihrer selbst willen angewandt werden. Schließlich erschwert eine ausdifferenzierte Hierarchie die Umsetzung von Zielen und filtert Rückmeldungen über Ergebnisse oder Umweltereignisse, so dass die bürokratische Spitze nur beschränkte Informationen über die Prozesse auf den unteren hierarchischen Ebenen hat.

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Auch die Entscheidungsorientierte Organisationstheorie weist auf die Problematik einer Entkopplung von Zielen und Regeln in bürokratischen Organisationen hin. Das „ Garbage Can “ -Modell der Organisation (Cohen, Michael D./March, James G./Olsen, Johan P. 1972) simuliert die Entscheidungsprozesse in Organisationen unter der Annahme, dass Ziele, Lösungen und Akteure und Entscheidungssituationen zufällig aufeinander treffen.

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Bürokratiekritik richtet sich gegen ein scheinbar unvermeidliches Wachstum bürokratischer Organisationen, das auch unabhängig vom Umfang der Aufgaben, welche die Bürokratie zu erfüllen hat, stattfindet (Parkinson, C. Northcote 1957).

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Aus psychoanalytischer Perspektive ist die bürokratische Organisation als Abbild kollektiver Triebverdrängung anzusehen und erhält damit einen defensiven Charakter in der Auseinandersetzung des Menschen mit dem Problem der Unsicherheit (Burrell, Gibson 1984; Jacques, Elliott 1976; Foucault, Michel 1975).

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Die Prägung des Individuums durch bürokratische Strukturen wird sowohl als gesellschaftliches als auch organisationales Problem angesehen. Es wird dabei angenommen, dass bürokratische Strukturen zu einer Deindividualisierung (Whyte, William H. 1956) und zu bürokratischen Anpassungstypen führen (Presthus, Robert 1962).

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Die feministische Kritik stellt die Wertfreiheit des Bürokratiekonstrukts nach Weber in Frage (Ferguson, Kathy E. 1984; Calás, Marta B./Smircich, Linda 2000). Prinzipien wie Rationalität, Hierarchie und Aufgabenteilung sind demnach als Ausdruck männlicher Wertvorstellungen anzusehen und widersprechen weiblichen Prinzipien von Emotionalität, Gleichheit und Solidarität. Bürokratische Strukturen bestätigen männliche Wert- und Handlungsmuster und führen zu einer Diskriminierung von Frauen in Organisationen, und diese Diskriminierung wird durch das Bürokratiekonstrukt legitimiert.


V. Abschließende Beurteilung


Das Konstrukt der Bürokratie ist einer der zentralen Bezugspunkte für Theorie und Empirie der Organisationsforschung bis in die 70er-Jahre des 20. Jh., und das sowohl in beschreibender als auch in ablehnender Hinsicht. Die jüngsten Entwicklungen in der Gestaltung von Organisationsstrukturen in privatwirtschaftlichen Unternehmen, Verbänden und öffentlichen Verwaltungen im Zuge der Verwaltungsreform haben jedoch zur Folge, dass sich die Vorstellungen effizienter Rationalität nicht mehr mit dem ursprünglichen Konstrukt der Bürokratie in Verbindung bringen lassen. Inzwischen hat sich auf Grundlage der Bürokratiekritik der Begriff der post-bürokratischen Organisation herausgebildet. Er steht für ein Prinzip der Organisationsgestaltung, nach dem jedes Organisationsmitglied eine persönliche Mitverantwortung für die gesamte Organisation trägt (Heckscher, Charles 1994; Postmoderne Organisationstheorie), was einer radikalen Distanzierung von der ursprünglichen Idee der Bürokratie gleichkommt. Eine moderate Variante der Rekonzeptionalisierung bietet dagegen die Unterscheidung von unterstützenden und behindernden Formen bürokratischer Strukturen (Adler, Paul S./Borys, Bryan 1996).
Literatur:
Adler, Paul S./Borys, Bryan : Two Types of Bureaucracy: Enabling and Coercive, in: ASQ, Jg. 41, 1996, S. 61 – 89
Albrow, Martin : Bureaucracy, London 1970
Arrow, Kenneth J. : The Limits of Organization, New York 1974
Barnard, Chester I. : The Functions of the Executive, Cambridge MA 1938
Blau, Peter M./Schoenherr, Richard A. : The Structure of Organizations, New York 1971
Burns, Tom/Stalker, George M. : The Management of Innovation, London 1961
Burrell, Gibson : Sex and Organizational Analysis, in: OS, Jg. 5, 1984, S. 97 – 118
Calás, Marta B./Smircich, Linda : From „ The Woman\'s “ Point of View: Feminist Approaches to Organization Studies, in: Handbook of Organization Studies, hrsg. v. Clegg, Stewart R./Hardy, Cynthia/Nord, Walter R., London et al. 2000, S. 218 – 257
Cohen, Michael D./March, James G./Olsen, Johan P. : A Garbage Can Model of Organizational Choice, in: ASQ, Jg. 17, 1972, S. 1 – 25
Crozier, Michel : Le phénomène bureaucratique, Paris 1963
Derlien, Hans-Ulrich : Verwaltungssoziologie, in: Handbuch für die öffentliche Verwaltung. Band I, hrsg. v. Mutius, Albert von, Neuwied 1984, S. 793 – 869
Ferguson, Kathy E. : The Feminist Case Against Bureaucracy, Philadelphia 1984
Foucault, Michel : Surveiller et punir: La naissance de la prison, Paris 1975
Gmür, Markus : Normale Krisen: Unsicherheit als Managementproblem, Bern et al. 1996
Hannan, Michael T./Freeman, John : Structural Inertia and Organizational Change, in: ASR, Jg. 49, 1984, S. 149 – 164
Heckscher, Charles : Defining the Post-Bureaucratic Type, in: The Post-Bureaucratic Organization: New Perspectives on Organizational Change, hrsg. v. Heckscher, Charles/Donnellon, Anne, Thousand Oaks et al. 1994, S. 14 – 62
Jacques, Elliott : A General Theory of Bureaucracy, London 1976
Kieser, Alfred : Max Webers Analyse der Bürokratie, in: Organisationstheorien, hrsg. v. Kieser, Alfred, Stuttgart et al. 1993, S. 37 – 62
Kimberly, John R. : Organizational Size and the Structuralist Perspective, in: ASQ, Jg. 21, 1976, S. 571 – 597
Kubicek, Herbert/Welter, Günter : Messung der Organisationsstruktur, Stuttgart 1985
Lawrence, Paul R./Lorsch, Jay W. : Organization and Environment: Managing Differentiation and Integration, Boston 1967
Mayntz, Renate : Soziologie der öffentlichen Verwaltung, Heidelberg 1978
Meyer, Marshall W./Stevenson, William/Webster, Stephen : Limits to Bureaucratic Growth, Berlin 1985
Ouchi, William G. : Markets, Bureaucracies, and Clans, in: ASQ, Jg. 25, 1980, S. 129 – 141
Parkinson, C. Northcote : Parkinson\'s Law, Boston 1957
Presthus, Robert : The Organizational Society, New York 1962
Pugh, David S. : An Empirical Taxonomy of Structures of Work, in: ASQ, Jg. 14, 1969, S. 91 – 126
Pugh, David S. : Dimensions of Organization Structure, in: ASQ, Jg. 13, 1968, S. 65 – 105
Scott, W. Richard : Organizational Structure, in: Annual Review of Sociology, Jg. 1, 1975, S. 1 – 20
Simon, Herbert A. : Administrative Behavior, New York 1945
Weber, Max : Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1921
Whyte, William H. : The Organization Man, Garden City NY 1956
Williamson, Oliver E. : Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications, New York 1975
Wunder, Walter : Bürokratie, in: Verwaltung und ihre Umwelt, hrsg. v. Windhoff-Héritier, Adrienne, Opladen 1987, S. 277 – 301

 

 


 

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