Gewinn je Aktie (earnings per share)
Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Ermittlung (measurement) und Erläuterung (disclosure) der Kennzahl EPS
III. Bedeutung der Kennzahl EPS für die Unternehmensanalyse
I. Grundlagen
Der Gewinn je Aktie oder der englischsprachige Ausdruck earnings per share (EPS) ist eine häufig verwendete Kennzahl der Jahresabschlussanalyse. Die Ermittlung ist grds. sehr einfach und ergibt sich aus dem Quotienten eines Periodenergebnisses und den durchschnittlich ausstehenden Aktien eines Unternehmens während dieser Periode:
Um eine zwischenbetriebliche aber auch zeitliche Vergleichbarkeit zu ermöglichen und eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Aussage zu erhalten, werden in der Jahresabschlussanalyse häufig Anpassungen der Ausgangsgrößen für die Berechnung von Kennzahlen vorgenommen, die in diesem Fall sowohl den Zähler als auch den Nenner betreffen können. International, d.h. hier konkretisiert in IAS 33 und SFAS 128, hat sich durchgesetzt, das Periodenergebnis entsprechend den jeweiligen Regelungen zum Ansatz und zur Bewertung für den Konzernabschluss ohne Veränderungen zu verwenden. Anpassungen werden dagegen im Nenner durchgeführt, die insbes. einem Verwässerungseffekt durch eine potenziell höhere Anzahl von Aktien Rechnung tragen.
Auf die Ermittlung und Darstellung der Kennzahl cash flow per share wird im Rahmen dieser Abhandlung nicht eingegangen. In SFAS 95.33 (Statement of Cash Flows) ist die Veröffentlichung dieser Kennzahl im Rahmen des Jahresabschlusses sogar untersagt worden, um dem Primat der EPS Rechnung zu zollen.
II. Ermittlung (measurement) und Erläuterung (disclosure) der Kennzahl EPS
1. IAS 33
Mit IAS 33 (Earnings per Share) liegt seit 1997 eine internationale Richtlinie zur Ermittlung und Erläuterung der Kennzahl EPS vor. IAS 33 wurde im Dezember 2003 überarbeitet. Primäre Zielsetzung ist die zwischenbetriebliche und zeitliche Vergleichbarkeit der Kennzahl EPS (IAS 33.1). a) Anwendungsbereich
IAS 33 ist von allen Unternehmen anzuwenden, deren Stammaktien oder potenzielle Stammaktien öffentlich gehandelt werden (IAS 33.2). Stellt ein Mutterunternehmen sowohl einen Einzel- als auch einen Konzernabschluss auf, so ist aufgrund der ausschließlichen Informationsfunktion des Konzernabschlusses nur für die konsolidierten Werte die EPS-Kennzahl zu ermitteln (IAS 33.4). b) Ermittlung (1) Unverwässerter Gewinn je Aktie (basic EPS)
Der unverwässerte Gewinn je Aktie ergibt sich durch Division des auf die Stammaktionäre entfallenden Periodenergebnisses durch die gewichtete durchschnittliche Anzahl der während der Periode im Umlauf gewesenen Stammaktien (IAS 33.10). Dabei ist das unbereinigte Periodenergebnis nach Steuern zu verwenden. Für die Ermittlung des Periodenergebnisses ist laut IAS 33.12 f. nur das den Stammaktionären zuzurechnende Periodenergebnis zu verwenden. Der den Vorzugsaktionären zustehende Periodengewinnanteil einschließlich der Vorzugsdividende wird vom Periodenergebnis abgezogen bzw. im Falle eines Periodenverlusts hinzugerechnet. Der Einbeziehungszeitpunkt neuer Aktien richtet sich grds. daran aus, wann das ausgebende Unternehmen bei Ausgabe gegen Barzahlung berechtigt ist, eine Forderung auszuweisen bzw. im Falle der Einlage von Sach- oder Dienstleistungen am Zeitpunkt der tatsächlichen Erbringung (IAS 33.21). Im Falle der Ausgabe neuer Aktien wegen einer Akquisition gilt der Akquisitionszeitpunkt als Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung der Aktien – korrespondierend mit der Berücksichtigung des Ergebnisses des akquirierten Unternehmens (IAS 33.22).
Verändert sich die Anzahl der Aktien ohne einen korrespondierenden Mittelzufluss, z.B. im Falle eines Aktiensplits, so wird die Veränderung der Aktienanzahl mit Beginn der Berichtsperiode berücksichtigt. Vorperioden werden aus Vergleichbarkeitsgründen analog angepasst (IAS 33.26 ff.). Werden dagegen Bezugsrechte ausgegeben, ergibt sich immer dann ein negativer Vermögenseffekt für die Altaktionäre, wenn der Ausgabekurs vom Marktwert der Aktie zu diesem Zeitpunkt abweicht (darunter liegt). Dieser Vermögenseffekt wird in der Berechnung der Aktienbasis für alle Perioden bis zur Ausübung der Bezugsrechte durch den folgenden Korrekturfaktor multiplikativ berücksichtigt:
(2) Verwässerte EPS (diluted EPS)
Zur Berechnung des verwässerten Gewinnes je Aktie sind das Periodenergebnis und der gewichtete Durchschnitt der im Umlauf befindlichen Stammaktien um die Verwässerungseffekte der potenziellen Stammaktien zu bereinigen (IAS 33.31). Das Periodenergebnis, das wie im Grundkonzept ermittelt wird, ist z.B. um Zinsaufwendungen für Wandelschuldverschreibungen, die das Periodenergebnis belastet haben, zu bereinigen. Im Nenner ist die Anzahl der Stammaktien um den gewichteten Durchschnitt der potenziellen Stammaktien, die verwässernd wirken, zu erhöhen (IAS 33.32).
Das Periodenergebnis ist immer unter Berücksichtigung der Steuerwirkungen zu korrigieren, da das Periodenergebnis nach Steuern – wie im Grundkonzept – verwendet wird (IAS 33.33). Die Umwandlung von potenziellen Stammaktien mit Verwässerungseffekt in Stammaktien gilt mit dem Beginn der Periode als erfolgt oder, falls dieses Datum auf einen späteren Zeitpunkt fällt, mit dem Tage, an dem die potenziellen Stammaktien ausgegeben wurden (IAS 33.36). Bei der Ermittlung der potenziellen Stammaktien werden die günstigsten Bedingungen aus Sicht des Berechtigten der potenziellen Stammaktien unterstellt (IAS 33.39). Auch potenzielle Stammaktien, die von Tochterunternehmen, Joint Ventures oder assoziierten Unternehmen ausgegeben wurden und das Recht auf den Bezug von Stammaktien des Mutterunternehmens oder eines Tochterunternehmens, Joint Ventures oder assoziierten Unternehmens umfassen, sind in der Ermittlung des verwässerten Gewinns je Aktie einzubeziehen (IAS 33.40). Ist die Ausgabe von Stammaktien von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig, so sind die potenziellen Stammaktien in die Berechnung der verwässerten EPS einzubeziehen, wenn zum Periodenstichtag die Bedingungen für die Ausübung der Optionen bereits vorliegen und unterstellt wird, dass der Periodenstichtag mit dem Ende der Periode übereinstimmt, in der die Bedingungen für die Ausgabe erfüllt werden müssen (IAS 33.52). Der Standard unterstellt bei einem Ausübungsbetrag bzw. einem Emissionserlös in Höhe des Marktwertes keinen Verwässerungseffekt, wobei der Marktwert auf Basis des durchschnittlichen Aktienkurses während der Periode berechnet wird (IAS 33.45, A4). Dementsprechend wird bei einem darunter liegenden Emissionserlös der Verwässerungseffekt in Form von zusätzlich zu berücksichtigenden Stammaktien folgendermaßen ermittelt (IAS 33.46):
Potenzielle Stammaktien sind nur dann als verwässernd zu betrachten, wenn der Gewinn je Aktie durch die Berücksichtigung der potenziellen Stammaktien verringert wird (IAS 33.41). Um die Verwässerung des unverwässerten Gewinns je Aktie zu maximieren, sind die einzelnen Emissionen oder Emissionsfolgen potenzieller Stammaktien in der Reihenfolge von der meist verwässernden bis zur am wenigsten verwässernden Wirkung zu berücksichtigen, solange die EPS durch die zusätzliche Hinzunahme einer weiteren Emission oder Emissionsfolge noch fällt (IAS 33.44).
2. Vergleich von SFAS 128 mit IAS 33
Die Entwicklung von SFAS 128 und IAS 33 erfolgte in Kooperation zwischen dem International Accounting Standards Committee (IASC) – der Vorgängerinstitution des International Accounting Standards Board (IASB) – und dem Financial Accounting Standards Board (FASB), um die Ermittlungsmethoden der Kennzahl EPS auf internationaler Ebene möglichst weitgehend zu harmonisieren. Die beiden Standards sind daher im Grunde identisch (SFAS 128.4 f.) und wurden auch gleichzeitig im Februar 1997 veröffentlicht. Im Folgenden wird dementsprechend SFAS 128 nicht separat vorgestellt, sondern nur auf den Vergleich von SFAS 128 und IAS 33 abgestellt.
1) Das Statement SFAS 128 obliegt auch der in den USA bzw. den US-GAAP – wie auch den IAS – vorherrschenden Prämisse, dass die Regelungen zur Bilanzierung – sprich die US-GAAP – eine an den Interessen der Aktionäre orientierte und damit vergleichbare Performancedarstellung eines Unternehmens bieten. Konsequenterweise wird im Grundkonzept zur Ermittlung der Kennzahl EPS (basic EPS) ebenfalls keine Anpassung der Zählergröße vorgenommen. Damit konzentriert sich SFAS 128 auf die Ermittlung der Anzahl Aktien, die in die Berechnung der EPS einfließen, und die Anpassungen bei der Berechnung der verwässerten EPS (SFAS 128.3). Damit ist das Grundkonzept von SFAS 128 und IAS 33 identisch.
2) Unterschiede zwischen SFAS 128 und IAS 33 resultieren primär nicht aus den expliziten Regeln selber, sondern können Konsequenz aus unterschiedlichen Differenzierungsgraden bei SFAS 128 und IAS 33 sein. es ist beabsichtigt, demnächst die derzeitigen Regelungen von IAS und SFAS 128 im Rahmen des Konvergenzprojekts FASB/IASB aneinander anzupassen.
3) Nach IAS 33 und SFAS 128.36 sind sowohl die unverwässerten als auch die verwässerten EPS zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen. Ein alternativer Ausweis im Anhang ist nicht zulässig. Entsprechend dem Erfolgsspaltungskonzept nach US-GAAP müssen, falls in der Gewinn- und Verlustrechnung die entsprechenden Zeilen ausgewiesen wurden, jeweils die basic und die verwässerten EPS für das Ergebnis aus nicht fortgeführten Unternehmensaktivitäten, für ein außerordentliches Ergebnis (extraordinary item) und für den Ergebniseinfluss aus der Änderung von Ansatz- und Bewertungsmethoden (cumulative effect of an accounting change) separat angegeben werden (SFAS 128.37).
4) Die Erläuterungsanforderungen sind nach IAS 33 und SFAS 128 im Wesentlichen identisch.
3. Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG
In Deutschland gab es bisher keine verpflichtenden Regelungen zur Veröffentlichung eines Ergebnisses je Aktie. Deutsche börsennotierte Unternehmen veröffentlichen jedoch i.d.R. das sog. Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG. Da kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen nach dem Bilanzrechtsreformgesetz ab 1. Januar 2005 Konzernabschlüsse nach IFRS/IAS zu erstellen und somit auch den gewinn je Aktie nach IAS 33 zu veröffentlichen haben, erübrigt sich für sie die Veröffentlichung eines Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG. Die Veröffentlichung eines Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG käme nur noch für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen, die weiterhin nach HGB bilanzieren dürfen, in Frage. Das allgemeine Arbeitsschema des Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG gestaltet sich wie folgt:
1. | Konzernergebnis (Überschuss/Fehlbetrag), wie ausgewiesen | 2. | Anpassungen des Konzernergebnisses aufgrund von Änderungen des Konsolidierungskreises | 3. | Latente Steueranpassungen | 4. | = Angepasstes Konzernergebnis | 5. | Bereinigungspositionen Aktiva | 6. | Bereinigungspositionen Passiva | 7. | Bereinigung nicht eindeutig zuordnungsfähiger Sondereinflüsse | 8. | Fremdwährungseinflüsse | 9. | Zusammenfassung der zu berücksichtigenden Bereinigungen | 10. | = DVFA/SG-Konzernergebnis für das Gesamtunternehmen | 11. | Ergebnisanteil Dritter | 12. | = DVFA/SG-Konzernergebnis für Aktionäre der Muttergesellschaft | 13. | Anzahl der zu Grunde zu legenden Aktien | 14. | = Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG (Basisergebnis) | 15. | Adjustiertes Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie bei Veränderungen des Gezeichneten Kapitals nach dem Bilanzstichtag | 16. | Voll verwässertes Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG. |
III. Bedeutung der Kennzahl EPS für die Unternehmensanalyse
1. EPS als Kennzahl der Bilanzanalyse i.e.S.
Die Kennzahl EPS als Variante der Eigenkapitalrentabilität hat einerseits Schwächen, die originär mit ihrem Ermittlungsmodus zusammenhängen, andererseits ergeben sich Probleme, die auch bei anderen Varianten der Eigenkapitalrentabilität relevant sind. Der Ermittlungsmodus bedingt, dass sich die Kennzahl EPS im Grunde über den Nenner Aktienanzahl nur auf das gezeichnete Kapital bezieht und somit als isolierte Kennzahl wenig aussagefähig ist, da Unternehmen mit gleich hohem Eigenkapital und gleichem Gewinn entsprechend der jeweiligen Eigenkapitalzusammensetzung sehr unterschiedliche EPS haben können (vgl. exemplarisch Coenenberg, 2005).
Daneben stellt sich für Renditekennziffern im Allgemeinen und für EPS im Besonderen die Frage nach der Zusammensetzung der Gewinngröße. Entsprechend dem Erfolgsspaltungskonzept nach US-GAAP sind u.U. bereits eine Vielzahl von unterschiedlichen EPS aufgrund differenzierter Zählergrößen zu berichten, wenn die relevanten Zeilen in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden (z.B. net income und discontinued operations). Über diese unterschiedlichen Zählergrößen hinaus ist aber auch zu überlegen, inwieweit zeitlich begrenzt erfolgsneutrale Eigenkapitalveränderungen Bestandteil der Zählergröße der Kennzahl EPS sein sollen. Die unter dem Stichwort „ other comprehensive income “ zusammengefassten Themen, wie z.B. nach HGB/GoB die erfolgsneutrale Währungsumrechnung oder zusätzlich nach IAS und US-GAAP die erfolgsneutrale Berücksichtigung der Marktwertänderungen von derivativen Finanzinstrumenten im Zusammenhang mit sog. Fremdwährungs-fair value hedges oder die Marktwertänderungen von sog. available for sale securities zeichnen sich durch eine erhebliche Volatilität aus, die auch primärer Grund für die erfolgsneutrale Behandlung ist.
In Abhängigkeit des Betrachtungshorizonts ist m.E. zu differenzieren, ob die Bestandteile des other comprehensive income in die Kennzahl EPS einzubeziehen sind oder von einer Berücksichtigung abzusehen ist. Steht der nachhaltig erzielbare Unternehmenserfolg im Vordergrund der Analyse, sollte auf eine Einbeziehung dieser Bestandteile verzichtet werden, da die Marktwertschwankungen und deren Folgen im other comprehensive income erheblichen Einfluss auf die Höhe der Kennzahl EPS haben können. Geht es in der Betrachtung dagegen eher um den in der Periode tatsächlich erwirtschafteten Gewinn, so sind auch die Marktwertänderungen der o.g. Themen für die Berechnung der Kennzahl EPS grds. relevant.
2. EPS als Kennzahl im Rahmen der Unternehmensbewertung
Der Kennzahl EPS kann auch im Rahmen der Analyse des Unternehmenswertes (des Eigenkapitals), insbes. im Zusammenhang mit dem sog. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, price earnings ratio), Verwendung finden. Das KGV ist folgendermaßen definiert:
Das KGV kann als Multiplikator für die Kennzahl EPS zur Prognose des zukünftigen Börsenkurses eines Unternehmens verwendet werden:
Durch die Multiplikation der aktuellen EPS mit dem KGV anderer Unternehmen der Branche oder einem Branchendurchschnitt lassen sich positive oder negative Kurspotenziale ermitteln. Dies gilt entsprechend für die Verwendung von Prognosewerten für die Kennzahl EPS.
Wird das Produkt aus KGV und EPS – also der Börsenkurs – mit der Anzahl Aktien multipliziert, ergibt sich der (potenzielle) Unternehmenswert:
Dieser Zusammenhang zwischen der Kennzahl EPS und dem Unternehmenswert bzw. dem Börsenwert eines Unternehmens zeigt die Bedeutung der Kennzahl für die Unternehmensbewertung börsennotierter Unternehmen und macht deutlich, warum die Entwicklung der Kennzahl EPS auch häufig Basis für eine variable wertorientierte Managementvergütung ist. Damit wird eine extern verwendete Kennzahl zur Basis einer unternehmensinternen Incentivierung von Managementleistungen; dies kann grds. zu einer Reduzierung von Principal-Agent-Konflikten beitragen.
Die Kennzahl EPS kann auch im Zusammenhang mit sog. multiples zur Unternehmensbewertung verwendet werden. Das klassische multiple für die Ermittlung des Unternehmenswertes des Eigenkapitals ist das o.g. KGV. Wird das KGV einer tatsächlich realisierten und vergleichbaren Unternehmenstransaktion verwendet, liefert dieser Unternehmenswert einen ersten Anhaltspunkt für einen Unternehmenswert im Rahmen einer möglichen Akquisition (vgl. Coenenberg, /Jakoby, 2000). Wird dagegen auf einen Unternehmenswert des Gesamtkapitals abgestellt, so ist eine Ergebnisgröße vor Fremdkapitalzinsen zu verwenden. In der Praxis haben sich hierfür Ergebnisgrößen durchgesetzt, die gleichzeitig auch vor Ertragsteuern ermittelt werden – Ergebnis vor Fremdkapitalzinsen und Ertragsteuern (EBIT, earnings before interest and taxes). Soll die Berechnung eines Unternehmenswertes eher auf einer zahlungsorientierten Größe beruhen, ist die Zählergröße in der „ je Aktie-Kennzahl “ entweder durch den Cash Flow oder durch die international übliche, aber stark vereinfachte, zahlungsorientierte Kennzahl Ergebnis vor Fremdkapitalzinsen, Ertragsteuern, Abschreibungen und Amortisation der Geschäfts- und Firmenwerte (EBITDA, earnings before interest, taxes, depreciation and amortization) zu ersetzen (vgl. Coenenberg, 2005).
3. Kritik an EPS und Möglichkeiten der Weiterentwicklung
Die zwei wesentlichen Kritikpunkte an der Relevanz der Kennzahl EPS für die Performancebeurteilung einer unternehmerischen Einheit entzünden sich einerseits an der fehlenden Objektivität der Zählergröße und andererseits an der fehlenden Berücksichtigung des „ relativierenden “ Konzepts der Kapitalkosten.
1) Das Argument der fehlenden Objektivität der Zählergröße ist direkt verknüpft mit der Kritik an periodisierten Größen der Rechnungslegung, da die Kennzahl EPS direkt auf diesen Werten beruht. Damit kommen insbes. solche Argumente zum Tragen, die eine Manipulierbarkeit der externen Rechnungslegung unterstellen und damit eine nachhaltige Erfolgsmessung mit den Regelungen der externen Rechnungslegung nicht für möglich halten. Zum einen wird unterstellt, dass Unternehmen versuchen, ihre Gewinne so zu steuern, dass sie den Erwartungen des Kapitalmarktes genügen. Zum anderen würden wesentliche wertschaffende Aktivitäten im Regelungssystem der externen Rechnungslegung so behandelt (z.B. Goodwill-Abschreibungen, direkte aufwandswirksame Erfassung von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen), dass die Anreizwirkungen zu kurzfristig orientierten Handlungen führten (vgl. z.B. Ehrbar, 1999). Im Gegensatz zu diesen Kritikpunkten zeigen viele kapitalmarktorientierte Studien, dass rechnungslegungsbezogene Informationen, insbes. auch EPS, sehr wohl eine Relevanz für den Kapitalmarkt besitzen (vgl. exemplarisch für den deutschen und den US-Markt Harris, /Lang, M./Möller, 1994; Harris, /Lang, /Möller, 1995).
2) Die Kritik der fehlenden Relativierung der EPS durch kapitalmarktorientiert bestimmte Kapitalkosten (auf die theoretischen und empirischen Konzepte zur Ermittlung von Kapitalkosten wird im Folgenden nicht weiter eingegangen) ist berechtigt. Dennoch ist diese Kritik nicht besonders nachhaltig, da eine Berücksichtigung von Kapitalkosten im Konzept der EPS leicht möglich erscheint. Wird der Zähler ergänzt um die relevanten Eigenkapitalkosten, ist es möglich ein adjustiertes EPS zu berechnen, welches zeigt, ob das Ergebnis ausreicht, die Eigenkapitalkosten zu decken:
Ist der Wert der adjustierten EPS > 0, war das betrachtete Unternehmen in der Lage, seine Eigenkapitalkosten in der relevanten Periode zu verdienen. Diese absolute Größe zeigt damit den Wertbeitrag je Aktie an. Unter Veränderung der Zählergröße im Konzept der EPS ist es auch möglich, auf die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten eines Unternehmens abzustellen. In diesem Fall sind die tatsächlich aufgewendeten Kosten für das Fremdkapital aus der Gewinngröße zu eliminieren.
Literatur:
Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. : Bilanzanalyse, 2. A., Düsseldorf 2004
Baetge, J./Wollmert, P./Kirsch, H.-J. : Rechnungslegung nach IFRS, 2. A., Stuttgart ab 2006
Busse von Colbe, W./Becker, W./Berndt, H. : Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG, 3. A., Stuttgart 2000
Coenenberg, A. G. : Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. A., Stuttgart 2005
Coenenberg, A. G./Jakoby, S. : Akquisition und Unternehmensbewertung, in: Busse von Colbe, W./Coenenberg, A. G./Kajüter, P. et al. (Hrsg.): Betriebswirtschaft für Führungskräfte, Stuttgart 2000, S. 177 – 205
Ehrbar, A. : Economic Value Added, Wiesbaden 1999
Gemeinsame Arbeitsgruppe der DVFA und Schmalenbach-Gesellschaft, : Fortentwicklung des Ergebnisses nach DVFA/SG, in: DB 1998, S. 2537 – 2542
Harris, T. S./Lang, M./Möller, H. P. : The Value Relevance of German Accounting Measures, in: JAR 1994, S. 187 – 209
Harris, T. S./Lang, M./Möller, H. P. : Zur Relevanz der Jahresabschlußgrößen Erfolg und Eigenkapital für die Aktienbewertung in Deutschland und den USA, in: ZfbF 1995, S. 996 – 1028
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