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Personalmarketing


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Hintergrund
II. Personalimage und Personalmarketing
III. Aufbau einer Personalmarketingkonzeption
IV. Personalmarketing als Querschnittsfunktion und personalpolitische Zielsetzung
V. Defizite des Personalmarketings
VI. Ausblick

I. Begriff und Hintergrund


Mit Personalmarketing werden Bemühungen bezeichnet, Strategien und Instrumente aus dem Absatzmarketing für Produkte und Dienstleistungen auch für das Personalmanagement, insbesondere die Personalbeschaffung und -akquisition, zu nutzen. Leitgedanke dabei ist, dass es sich bei potenziellen wie schon im Unternehmen beschäftigten Mitarbeitern in einem weiteren Sinne auch um „ Kunden “ handelt, die es zu gewinnen und zu halten gilt. Kunden, die zwar keine Produkte nachfragen, jedoch Arbeitsplätze in Unternehmen. Kunden, deren Bedürfnisse und Erwartungen hinsichtlich Unternehmen, Arbeitsplatz sowie der materiellen wie immateriellen Arbeitsbedingungen (z.B. Entgelt- und Arbeitszeitsysteme, Karriereperspektiven, Betriebs- und Organisationsklima) viel stärker und systematischer als bisher im personalpolitischen Fokus stehen müssen. Personalmarketing lässt sich somit als bedarfs- und nachfragegerechte „ Vermarktung von Arbeitsplätzen “ verstehen, d.h. als Aufgabe, den akuten oder geplanten quantitativen wie qualitativen Personalbedarf des Unternehmens unter den gegebenen oder zu erwartenden Bedingungen des Arbeits-/Personalmarktes zu decken. Konsequenterweise wäre hier eigentlich statt von Personal-Marketing von Arbeitsplatz-Marketing zu sprechen, jedoch hat sich inzwischen der nur wenig präzise Begriff Personalmarketing durchgesetzt.
Hintergrund und Auslöser einer breiteren Rezeption des Marketing-Denkens in Personalpolitik und Personalmanagement waren in den achtziger Jahren vor allem sechs sich abzeichnende, teilweise interdependente Entwicklungsstränge:

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Der Mangel an geeigneten Fach- und Führungskräften, damit verbunden ein verschärfter Wettbewerb sowohl zwischen den Unternehmen als auch zwischen den Branchen um qualifizierte Mitarbeiter.

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Sinkende Geburtenquoten, Verschiebungen in der Alterspyramide hin zu älteren Jahrgängen und abnehmende Erwerbsbevölkerung.

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Einseitige, insbesondere zu Lasten technischer und handwerklicher Berufe gehende Studien- und Berufswahlentscheidungen der Schulabgänger.

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Die Aufgabenprofile moderner Arbeitsplätze stellen neue und höhere Anforderungen an Qualifikationen und Motivation der Mitarbeiter.

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Die Suche nach einer neuen Balance und Sinnvermittlung zwischen Berufswelt und betrieblichen Arbeitsanforderungen auf der einen sowie den individuellen, persönlichen Lebensentwürfen und Zielen der Menschen auf der anderen Seite.

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Die bei einigen Unternehmen aufkommende Erfahrung, dass systematisches, zielgruppenorientiertes Personalmarketing Wettbewerbsvorteile im Personalmarkt verschaffen kann: Bekanntheitsgrad und Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber bei den wichtigen Zielgruppen (z.B. bestimmte Hochschulabsolventen) lassen sich steigern und damit können unter mehr und besseren Bewerbern die geeigneten Mitarbeiter ausgewählt werden.


Zunächst waren es vor allem die großen Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen, die das „ Marketingdenken “ im Rahmen ihrer Personalbeschaffungsplanungen in ein „ Personalmarketing “ transformiert haben.
Je nach Aktionsfeld der Personalmarketingbemühungen wird heute zwischen dem externen und dem internen Personalmarketing unterschieden:

1. Externes Personalmarketing


Das externe Personalmarketing umfasst zunächst alle Aktionen mit dem Ziel der Stärkung oder Sicherung von Attraktivität und Akquisitionspotenzial der Unternehmen bei relevanten Zielgruppen im Hinblick auf die Mitarbeitergewinnung, z.B. bei Multiplikatoren wie Hochschulen und Schulen, auf Absolventenmessen, bei potenziellen Bewerbern.
Grundsätzlich sind dem externen Personalmarketing jedoch alle Aktivitäten subsumierbar, die dem Abschluss eines Arbeitsvertrages vorausgehen, so z.B. von der Schaffung attraktiver, nachfragegerechter Arbeitsplatzangebote, über die Personalwerbung (z.B. Stellenanzeigen in Printmedien, Auftritt in Internet-Stellenbörsen) bis hin zur Bewerberauswahl und zum Eignungsinterview mit interessanten Bewerbern.
Das Grundanliegen lautet: Wo und wie lassen sich leistungsfähige und leistungsbereite Mitarbeiter am besten gewinnen?

2. Internes Personalmarketing


Internes Personalmarketing hingegen zielt auf die Vermeidung unerwünschter Fluktuation, d.h. auf den Erhalt der Attraktivität des Unternehmens als Arbeitsplatz für die schon beschäftigten Mitarbeiter sowie auf die Stärkung ihrer Qualifikationen und Motivation. In Analogie zum Absatzmarketing lässt sich das interne Personalmarketing auch als „ after-sale-service “ des externen Personalmarketings bezeichnen.
Das Grundanliegen lautet hier: Wie können gute Mitarbeiter im Unternehmen gehalten und gefördert werden?
Damit geraten wichtige Aufgaben und Instrumente des Personalmanagements ins Visier des Personalmarketings: Mitarbeiterführung, Personaleinsatzplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Personal- und Führungskräfteentwicklung, Arbeitszeitmanagement, Entgeltsysteme, Incentives u.a. sind daraufhin zu prüfen und zu gestalten, wie sie diese Grundanliegen am besten unterstützen können. Ziel soll letztlich die Schaffung und Akzeptanz einer attraktiven, erkennbar an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientierten Unternehmenskultur sein.

II. Personalimage und Personalmarketing


Anliegen und Maßnahmen des Personalmarketings lassen sich aber in ihren Wirkungen nicht strikt auf ihr externes oder internes Aktionsfeld begrenzen, sie sind vielmehr hoch interdependent.
So werden Führungsgrundsätze, Vergütungssysteme, Karrieremöglichkeiten u.a. mitarbeiterorientierte Faktoren in aller Regel auch außerhalb des Unternehmens, etwa von potenziellen Mitarbeitern, wahrgenommen und bewertet. Sie tragen neben der Branchenzugehörigkeit, dem Image der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen, der Stellung im Markt (z.B. Marktführer), dem Standort des Unternehmens, seiner Öffentlichkeitsarbeit, seinem Verhalten am Arbeitsmarkt (expansiver oder rezessiver Personalbedarf) ganz erheblich zur Bildung des Personalimage eines Unternehmens bei.
Das Personalimage ist ein rufartiges Gebilde, die spezifische Ausprägung der Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber und deren Wahrnehmung und Bewertung bei relevanten Zielgruppen, z.B. Führungsnachwuchs. Das Personalimage eines Unternehmens beeinflusst bei potenziellen Bewerbern deutlich die Bereitschaft, das Unternehmen mehr oder weniger ernsthaft als Arbeitgeber/Arbeitsplatz in Erwägung zu ziehen und wirkt somit präselektiv. So weisen Personalimagestudien und Analysen von Bewerberpräferenzen z.B. bei Hochschulabsolventen eindeutig auf einen Zusammenhang zwischen Personalimage und Bewerberqualität hin: Je positiver das Personalimage von der Zielgruppe eingeschätzt wird, um so interessanter wird das Unternehmen gerade für besonders gut qualifizierte Absolventen. Unternehmen mit einem ausgeprägt positiven Personalimage bei ihren Zielgruppen können regelmäßig unter mehr und besseren Bewerbern auswählen. Einige Unternehmen (vorwiegend Großunternehmen) versuchen daher schon seit langem, über eine aktive, langfristig angelegte kommunikative Präsenz in den für sie wichtigsten Personalmärkten eine positive, unverwechselbare Corporate Identity aufzubauen oder zu bewahren, somit Inhalte und Wahrnehmung ihres Personalimage positiv zu beeinflussen. Das geschieht z.B. über systematische Hochschulkontakte, interessante Praktikumsangebote für Studenten, informative Bewerberbroschüren und Web-Seiten, Personalimageanzeigen und Informationsstände, die auf wichtigen Messen über Einstiegs- und Karrieremöglichkeiten im Unternehmen informieren.
Die gezielte Beeinflussung des Personalimage durch das Unternehmen ist nicht kurzfristig und auch nur in Grenzen möglich. Ein Unternehmen, das z.B. einer negativ belegten Branche angehört, dessen Produkte eher als zweitklassig gelten, das häufig konjunkturellen Schwankungen ausgesetzt ist oder sich an einem unattraktiven Standort befindet, wird sich deutlich schwerer tun, Attraktivitätspotenzial aufzubauen oder dauerhaft zu sichern als ein innovatives High-Tech-Unternehmen mit interessanten Produkten in einer landschaftlich reizvollen Region.
Maßnahmen des externen Personalmarketings werden aber auch im Binnenbereich des Unternehmens wahrgenommen und bewertet. Kommt es hier zu „ Brüchen “ , d.h. das extern kommunizierte Bild (oft nur ein „ Wunsch-Bild “ ) stimmt nicht mit der von den Mitarbeitern gelebten und erlebten betrieblichen Realität überein, können Glaubwürdigkeits- und Motivationsdefizite entstehen, die Anliegen und Maßnahmen des internen Personalmarketings konterkarieren.
Planung und Realisierung einer Personalmarketingkonzeption müssen daher solche Wechselwirkungen und mögliche Zielkonflikte einkalkulieren. Optimal angelegt ist Personalmarketing immer dann, wenn es sich in seinen externen wie internen Wirkungen positiv ergänzt, also dazu führt, die relevanten Zielgruppen beständig anzusprechen, dort geeignete Bewerbungen auszulösen und qualifizierte Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu gewinnen und im Unternehmen motiviert zu halten.

III. Aufbau einer Personalmarketingkonzeption


Die Vorgehensweise zur Entwicklung einer Personalmarketingkonzeption orientiert sich im Wesentlichen am klassischen Absatzmarketing und beginnt mit der Zielformulierung, d.h. der Festlegung von Zielen, (Ziel-)Personalmarkt und/oder Zielgruppe(n).

1. Zielformulierung


Konkrete Ziele des externen Personalmarketings können z.B. sein:

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Identifizierung des relevanten Personalmarktes. Unter Personalmarkt wird im Personalmarketing verstanden a) der geographische Raum (intern: das Unternehmen selbst, extern: lokal, regional, überregional, international), in dem sich für das Unternehmen interessante oder relevante Zielgruppen befinden und über geeignete Personalmarketingmaßnahmen angesprochen werden können und b) Zielgruppen, die über bestimmte Qualifikationen, demographische und/oder psychographische Merkmale verfügen, die sie als Mitarbeiter interessant machen, z.B. Hochschulabsolventen bestimmter Fachrichtungen, Frauen, sicherheitsorientierte oder risikofreudige Mitarbeiter.

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Steigerung des Bekanntheitsgrades im relevanten Personalmarkt und damit Senkung der Kosten für Personalwerbung durch Förderung von Initiativbewerbungen aus Zielgruppen, an denen regelmäßig oder längerfristig Bedarf besteht.

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Verbesserung des Personalimage bei interessanten Zielgruppen.


Im internen Personalmarketing werden als Ziele z.B. oft genannt:

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Aufbau eines internen Potenzials qualifizierter Mitarbeiter für höherwertige Aufgaben, um Karrieremöglichkeiten anzubieten und Führungspositionen verstärkt „ aus den eigenen Reihen “ zu besetzen.

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Verbesserung des Betriebsklimas zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation (auch Vermeidung „ innerer Kündigung “ ) und zur Senkung unerwünschter Fluktuation oder hoher Fehlzeiten.

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Einführung neuer Arbeitszeitmodelle oder von Telearbeit zur Erschließung neuer Mitarbeitergruppen, z.B. Frauen nach einer Familienpause.


Wichtig ist, dass Personalmarketingziele operationalisiert und möglichst messbar sind, nur so ist eine Erfolgskontrolle möglich.

2. Personalmarketing-Mix


Der sog. „ Personalmarketing-Mix “ stellt als operative Komponente den nächsten Schritt dar und befasst sich mit den Optionen für den Aufbau einer Konzeption, d.h. der Auswahl geeigneter Instrumente und Maßnahmen. Er umfasst in der Regel Maßnahmen oder Maßnahmenkombinationen zum Einsatz der Instrumente Leistungsangebot, Kommunikationsgestaltung sowie Entgelt- und Vertragsgestaltung.
Das Leistungsangebot zielt auf die zielgruppen- wie unternehmensgerechte Ausgestaltung der Arbeitsplätze im engeren wie weiteren Sinne und/oder des kompletten Arbeitsangebotes im Unternehmen. Dies kann sich z.B. auf Einarbeitungsprogramme, Qualifikationsanforderungen, Arbeitsaufgaben, Kompetenzen, Arbeitszeit, räumlich-sachliche Ausstattung der Arbeitsplätze, Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter, nicht-materielle Leistungsanreize (Incentives) u.ä. beziehen.
Eine konkrete Option wäre z.B., für Führungsnachwuchskräfte ein Training on the job anzubieten und dieses so zu gestalten, dass es für die Zielgruppe (Hochschulabsolventen) genügend attraktiv ist, oder die Einführung von Jahresarbeitszeitkonten zur Erhöhung der Zeitsouveränität der Mitarbeiter.
Das Instrument Kommunikationsgestaltung umfasst alle Entscheidungen darüber, welche Aussagen zum Unternehmen und Leistungsangebot in welcher Form, über welche Kanäle und Medien den Personalmarkt und/oder die jeweilige Zielgruppe innerhalb oder außerhalb des Unternehmens erreichen sollen/können. Sollen z.B. Erstkontakte zu potenziellen Bewerbern über die Präsenz von Unternehmensvertretern auf Absolventenmessen aufgebaut werden, sollen bevorzugt Multiplikatoren (z.B. Belegschaftsmitglieder, Schulen) zur Gewinnung von Auszubildenden eingeschaltet werden, sind Unternehmens-/Bewerberbroschüren sinnvoll, wie sollen diese aussehen und der Zielgruppe zugänglich gemacht werden, sollen Stellenanzeigen geschaltet werden, in welchen Printmedien? Aber auch der kommunikative Umgang mit Bewerbern während des Auswahlprozesses, etwa im Vorstellungsgespräch oder in einem Absageschreiben, gehört hierher.
Die Entgelt- und Vertragsgestaltung zielt im Personalmarketing-Mix zwar auf eine qualifikations-, leistungs- und zeitgerechte Gestaltung des Entgeltes und der arbeitsvertraglich zu regelnden Pflichten und Rechte der Mitarbeiter, diese ist jedoch insbesondere im Tarifbereich zahlreichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Restriktionen ausgesetzt. Vorwiegend im außertariflichen Bereich, bei leitenden Mitarbeitern sowie bei den freiwilligen betrieblichen Sozial- und Nebenleistungen bietet sich ein größerer Spielraum, individuellen Bedürfnissen und Erwartungen stärker Rechnung zu tragen. Hier eröffnet sich dann die Chance einer innovativen, marketingorientierten „ Entgelt- und Vertragspolitik “ (z.B. über differenzierte Tantieme- und Bonussysteme).

3. Personalmarketing-Controlling


Eine Personalmarketingkonzeption und die daraus abgeleiteten Maßnahmen bedürfen über brauchbare Indizes immer einer systematischen Überprüfung hinsichtlich ihrer Effektivität (Zielwirksamkeit) und Effizienz (Kostenwirksamkeit) – etwa im Rahmen eines Personal- oder Personalmarketing-Controlling. So wäre z.B. zu prüfen, ob das Ziel einer bestimmten Personalimage-Kampagne, bei einer interessanten Zielgruppe Initiativbewerbungen auszulösen, wirklich (messbar!) erreicht worden ist und ob der Zielerreichungsgrad den mit der Kampagne verbundenen zeitlichen und finanziellen Einsatz rechtfertigt. Je nach Ergebnis müssten ggf. Konzeption und/oder Maßnahmen revidiert werden. Eine solche Überprüfung oder Erfolgskontrolle findet in der Praxis aber selten oder nur ansatzweise statt, Überlegungen und Ergebnisse hierzu erweisen sich bei näherem Hinsehen zu häufig als bloße Annahmen und Spekulationen.

IV. Personalmarketing als Querschnittsfunktion und personalpolitische Zielsetzung


Für welche Instrumente und für welchen „ Maßnahmen-Mix “ sich ein Unternehmen auch immer entscheidet, wichtig ist, dass diese sich den übergeordneten Zielen der allgemeinen Unternehmenspolitik und -strategie sowie den personalpolitischen Zielen einfügen und Zielkonflikte vermieden werden. Dabei geht es zwar erstrangig um die hiermit gebotene ganzheitliche Sichtweise, aber auch um Abstimmungen mit anderen Funktionsbereichen im Unternehmen. Von daher ist Personalmarketing nicht lediglich eine neue Stelle oder Organisationseinheit in der Personalabteilung, sondern hat vielmehr den Charakter einer Querschnittsfunktion, die einer neuen personalpolitischen Zielsetzung zum Durchbruch verhelfen soll: Nämlich 1. alle Funktionsbereiche und deren Aktivitäten im Unternehmen daraufhin zu überprüfen, wie sie die Wettbewerbssituation im externen und internen Personalmarkt beeinflussen, sie 2. konsequent und dauerhaft auch an Personalmarketingzielen zu orientieren und 3. Personalmarketing gleichsam als eine Denk- und Arbeitshaltung bei allen Mitarbeitern, vor allem den Führungskräften, zu etablieren – vergleichbar den Bemühungen zur Schaffung eines Qualitätsbewusstseins im Rahmen des Total Quality Management.
Prinzipiell geht es hier um die Aufgabe, jeden Arbeitsplatz im Unternehmen, gleich auf welcher Stufe der Hierarchie oder in welchem Aufgabengebiet, sowohl aus der Perspektive des Absatzmarktes wie aus der des Personalmarktes wettbewerbsfähig zu halten.

V. Defizite des Personalmarketings


Vor diesem Hintergrund konturieren sich auch die Grenzen oder Defizite des Personalmarketings, wie es bis heute überwiegend betrieben wird:

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Konzeptionslosigkeit und hektischer Aktionismus statt systematischer, langfristig angelegter Strategie zum Aufbau von Attraktivitätspotenzialen. Personalmarketing wird zu oft halbherzig, rein intuitiv und als einmalige ad hoc Aktion betrieben – es soll nur möglichst schnell ein gerade akuter Personalbedarf befriedigt werden.

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Es wird übersehen oder bewusst ausgeblendet, dass alle Aktivitäten eines Unternehmens (einschl. der Verhaltensweisen seiner Führungskräfte), gleichgültig, wo sie ihren Ausgang nehmen, sich zumindest mittelbar auf Attraktivitätspotenzial und Personalimage auswirken, also hier hoch relevant sind. Diese Relevanzen werden zumeist nicht erkannt und richtig eingeschätzt. Es fehlt hier fast regelmäßig z.B. an einer „ Personalforschung nach innen “ , etwa über systematische Fehlzeiten- und Fluktuationsanalysen, Abgangsinterviews, Führungsstilanalysen, Betriebsklimastudien u.ä.

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Über Personalimage-Kampagnen, Stellenanzeigen, Bewerberbroschüren u.ä. wird externen Zielgruppen und potenziellen Bewerbern (vor allem Hochschulabsolventen) oft ein Unternehmensbild vermittelt, das der Realität im Unternehmen nur wenig entspricht und mehr einer Mogelpackung ähnelt. Hier wird mit aus der Produktwerbung entlehnten übertriebenen werblichen Versprechen gearbeitet, die in einem seriösen Personalmarketing deplaziert sind.

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In Zeiten eines rückläufigen Personalbedarfs oder gar des Arbeitsplatzabbaus werden von den meisten betroffenen Unternehmen regelmäßig alle Aktivitäten des externen Personalmarketings eingestellt. Es wird nicht anerkannt, dass Personalmarketing auch bedeutet, im externen Personalmarkt Vertrauensvorschuss auf- und auszubauen und bei den relevanten Zielgruppen auf Dauer das (häufig mühsam!) erreichte positive Personalimage zu erhalten. Ziel muss bleiben, über ein entsprechendes Personalmarketing auch für die Zukunft – und bessere Zeiten – als interessanter Partner bei den relevanten Zielgruppen präsent zu bleiben. Pointiert ausgedrückt: Der Sohn muss übermorgen als motivierter Mitarbeiter zu gewinnen sein, auch wenn der Vater gestern in diesem Unternehmen seinen Arbeitsplatz verloren hat.

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Immer noch sehr wenig verbreitet ist ein konsequentes „ Personalmarketing-Denken nach innen “ (internes Personalmarketing), nämlich die Einsicht, dass die Entscheidungen der Mitarbeiter, im Unternehmen zu bleiben oder nicht, sich für ihre Aufgaben zu engagieren oder nicht, und die Begründungen für diese Entscheidungen von gleicher existentieller Bedeutung für den Unternehmenserfolg sind wie Entscheidungen, Produkte dieses Unternehmens zu kaufen oder nicht.


VI. Ausblick


Wie und wohin sich das Personalmarketing in Zukunft entwickeln wird, ist nur schwer abschätzbar. Manches deutet aber darauf hin, dass dem internen Personalmarketing ein größerer Stellenwert zukommen wird. So dürften Engpässe bei der Beschaffung von qualifizierten Fach- und Führungskräften in vielen Unternehmen immer mehr dazu führen, die Mitarbeiterrekrutierung „ aus den eigenen Reihen “ zu forcieren und den Einstellungsbedarf schwerpunktmäßig auf die Ebene der Nachwuchsmitarbeiter (Auszubildende, Hochschulabsolventen) zu verlagern. Diese Strategie wird aber größere Anstrengungen im Hinblick auf die Mitarbeiterbindung sowie eine bedarfsgerechte Personal- und Führungskräfteentwicklung erzwingen. Das externe Personalmarketing wird sich unter diesen Bedingungen mehr und systematischer der bisher (im Gegensatz zu den Hochschulabsolventen) weitgehend vernachlässigten Zielgruppe Auszubildende widmen müssen – eine große Aufgabe, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen zu lösen haben werden.
Für externes wie internes Personalmarketing wäre es insgesamt sehr hilfreich, wenn in nicht allzu ferner Zukunft auf der Basis wissenschaftlicher Bemühungen (etwa als Ergebnis interdisziplinärer Personalforschung) Fortschritte, ein gewisser Standard bei der theoretischen Fundierung des Personalmarketings erreicht werden könnten. Es ist auf Dauer sehr unbefriedigend und dem Anliegen des Personalmarketings wenig angemessen, Personalmarketing primär im Wege der „ Anleihe “ beim Absatzmarketing zu definieren und zu betreiben.
Literatur:
Bröckermann, R./Pepels, W. : Personalmarketing, Stuttgart 2002
Fröhlich, W. : Nachhaltiges Personalmarketing, Frechen 2004
Hummel, T./Wagner, D. : Differentielles Personalmarketing, Stuttgart 1996
Moser, K./Zempel, J. : Personalmarketing, in: Lehrbuch der Personalpsychologie, hrsg. v. Schuler, H., Göttingen 2001, S. 63 – 91
Reich, K.-H. : Der Einsatz von Marketinginstrumenten im Personalbereich, in: Strategien des Personalmarketing. Was erfolgreiche Unternehmen besser machen, hrsg. v. Strutz, H., Wiesbaden 1992, S. 13 – 27
Schmidtke, C. : Signaling im Personalmarketing. Eine theoretische und empirische Analyse des betrieblichen Rekrutierungserfolges, Mering 2002
Simon, H./Wiltinger, K./Sebastian, K.-H. : Effektives Personalmarketing, Wiesbaden 1995
Strutz, H. : Handbuch Personalmarketing, 2. A. 1993
Strutz, H./Wiedemann, K. : Internationales Personalmarketing, Wiesbaden 1992

 

 


 

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