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Produktmanagement


Inhaltsübersicht
I. Produktmanagement als objektorientierte Organisationsform
II. Funktionen des Produktmanagements
III. Eingliederung des Produktmanagements in der Aufbauorganisation
IV. Produktmanagement als Schaltstelle im Marketing-Prozess
V. Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen des Produktmanagements

I. Produktmanagement als objektorientierte Organisationsform


1. Grundkonzeption des Produktmanagements


Das Produktmanagement kann definiert werden als »eine nach dem Objektprinzip ? gestaltete, zeitlich nicht von vornherein befristete Organisationsform, bei der eine produktbezogene  Querschnittskoordination verschiedener Tätigkeitsbereiche erfolgt« (Köhler, R. 1980, Sp. 1924). Trotz der Vielzahl verschiedener praktischer Umsetzungen des Produktmanagements ist allen Erscheinungsformen die Grundidee gemeinsam, dass eine funktional gegliederte Aufbauorganisation durch eine zweite objektbezogene Organisationsebene überlagert wird (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992).
Indem die Produkte als die eigentlichen Erfolgsträger zum Bezugspunkt der Aufgabenintegration gemacht werden, sollen Effizienz und Effektivität der Marktbearbeitung gesteigert werden. Durch das Produktmanagement erhofft man sich eine klarere Kennzeichnung der anvisierten Märkte bzw. Marktsegmente, eine problembewusstere Informationssuche und -auswertung, eine einheitlichere Planung aller absatzfördernden Maßnahmen für ein Produkt sowie eine flexiblere Anpassungsfähigkeit an Marktveränderungen (Köhler, R. 1980). Insofern zielt das Produktmanagement letztendlich auf eine institutionale Flankierung des Marketing-Konzeptes (Schwarting, U. 1993).
Das Produktmanagement ist vorwiegend dann anzutreffen, wenn die Unternehmens- und Wettbewerbssituation durch heterogene und hoch diversifizierte Produktprogramme gekennzeichnet ist. Auch liegt die Einrichtung des Produktmanagements nahe, wenn eine funktional gegliedert Organisation die Produkte aufgrund ihrer großen Zahl nicht angemessen betreuen kann (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992).

2. Abgrenzung gegenüber anderen objektbezogenen Organisationsformen


Neben dem Produkt als Bezugspunkt der betrieblichen Aufgabenintegration können auch andere Objekte wie die Art der Kunden und die Art der Marktregion (geografische Gliederung) als organisatorische Bezugsgröße dienen. Ebenfalls objektbezogen ist die Querschnittskoordination beim Projektmanagement festgelegt. Allerdings zeichnet sich das Projektmanagement durch die zeitliche Befristung aus, wobei alle Arten von komplexen Vorhaben eines Unternehmens als Projektgegenstand infrage kommen (Köhler, R. 1980).
Vielfach werden die Begriffe Produktmanagement und Markenmanagement als Synonyme gesehen. Bei einer strikten Zuordnung der Begriffe wäre jedoch ein Produktmanager für ein Produkt und möglicherweise unterschiedliche Marken verantwortlich, währen ein Markenmanager eine Marke mit möglicherweise unterschiedlichen Produkten betreut. In der Praxis ist das Produktmanagement sehr häufig als Markenmanagement anzutreffen. Da die hier dargestellten Zusammenhänge in den meisten Fällen analog auf Produkte und Marken zutreffen, verwenden wir nur den geläufigeren Begriff Produktmanagement. Dennoch muss man sich bewusst sein, dass im Einzelfall konzeptionelle und operationelle Unterschiede zwischen Produkt- und Markenmanagement bestehen (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992).

II. Funktionen des Produktmanagements


Die zentrale Aufgabe des Produktmanagers besteht darin, die Marketing-Konzeption für ein Produkt zu entwickeln und diese in Zusammenarbeit mit den anderen Funktionsbereichen des Unternehmens am Markt durchzusetzen. Dazu sind insbesondere Informations-, Planungs-, Koordinations-, Kontroll- und Initiativfunktionen zu erfüllen (Kreuz, A. 1975; Meffert, H. 1987).
Im Rahmen seiner Informationsfunktion muss sich der Produktmanager zu einem Informationszentrum im Unternehmen entwickeln, in dem alle produktbezogenen Daten zusammenlaufen, analysiert und weitervermittelt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei Daten über die Entwicklung des Produktes im Markt, Kauf- und Konsumverhalten relevanter Käufergruppen sowie die Wirkung der Marketing-Instrumente (Diller, H. 1975).
Die Planungsfunktion als Hauptteil der Tätigkeiten des Produktmanagers umfasst die detaillierte Ziel- und Maßnahmenplanung. Die Zielplanung beinhaltet Zielsetzungen hinsichtlich Umsatz, Marktanteil, Werbung, Distribution usw. Die Maßnahmenplanung gilt dem Einsatz der absatzpolitischen Instrumente. Dabei sind die instrumentenspezifischen Teilpläne in einem produktbezogenen Gesamtplan abzustimmen.
Im Rahmen der Koordinationsfunktion ist der Produktmanager der zentrale Koordinator zwischen internen und externen Stellen (Abb. 1). Dies umfasst im Einzelnen die inhaltliche und zeitliche Koordination der Aktivitäten für ein einzelnes Produkt, die Abstimmung zwischen den für die Maßnahmendurchführung zuständigen Aufgabenträgern und die Abstimmung zwischen den verschiedenen Produkten.
Produktmanagement
Abb. 1: Arbeitsbeziehungen des Produktmanagers (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992, S. 1031)
Die Kontrollfunktion des Produktmanagers erstreckt sich auf eine Gegenüberstellung der wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen des Produktes sowie der Wirkungen des Marketing-Mix mit den festgesetzten Produktzielen. Insbesondere hat der Produktmanager bei Problemen, die er selbst aufgrund seiner meist relativ geringen Durchsetzungsmöglichkeiten nicht beseitigen kann, die zuständigen höheren Instanzen einzuschalten (Alarmfunktion).
Schließlich obliegt dem Produktmanager auch eine Initiativfunktion zur Sicherstellung kontinuierlicher Produktinnovationen und zur Anregung von Maßnahmen zwecks Gewinnverbesserung bzw. Kosteneinsparung.

III. Eingliederung des Produktmanagements in der Aufbauorganisation


Das Produktmanagement kann in der gesamtbetrieblichen Organisationsstruktur sowohl bestimmten Funktionsbereichen, insbesondere dem Marketing-Ressort, angehören als auch direkt der Geschäfts- oder einer Spartenleitung unterstellt sein (Kreuz, A. 1975). Beide Regelungen sind in der Praxis vorzufinden, allerdings überwiegt der zuerst genannte Fall deutlich (Hüttel, K. 1989).

1. Funktionsressortgebundenes Produktmanagement


Fast ausnahmslos, insbesondere in der Konsumgüterindustrie, ist das Produktmanagement in den Funktionsbereich der Marketing-Abteilung – ggf. auch der Verkaufsabteilung, falls der Verkauf gleichrangig neben dem Marketing steht – eingeordnet (Hüttel, K. 1989). Dies liegt auch nahe, da der Produktmanager die produktbezogenen Marktbearbeitungsaktivitäten zu steuern hat. Dennoch findet man zuweilen auch Zuordnungen zu anderen Funktionsbereichen, wie z.B. in Handelsbetrieben, wo das Produktmanagement in die Einkaufsabteilung eingeordnet ist (Tietz, B. 1992), sowie in der Investitionsgüter- Gebrauchsgüter- oder Pharmaindustrie, wo das Produktmanagement dem Produktions- oder F&E-Bereich untersteht (Kreuz, A. 1975; Buro, H. F. 1989; Hüttel, K. 1989). Im letzteren Fall arbeiten die Produktmanager, die dann zumeist Ingenieure oder Naturwissenschaftler sind, hauptsächlich im Produktentwicklungsprozess und beschäftigen sich nur noch am Rande mit der Entwicklung einer Marketing-Konzeption für das Produkt.
Im Folgenden wird näher auf den Regelfall der Zuordnung des Produktmanagements zur  Marketing-Abteilung eingegangen. Als aufbauorganisatorische Möglichkeiten bieten sich staborientiertes, linienorientiertes oder matrixorientiertes Produktmanagement an (Koppelmann, U. 1993).
Als Stab der Marketing-Leitung hat das Produktmanagement die Aufgabe, für die Marketing-Leitung analytische und konzeptionelle Vorarbeiten zu leisten, während die Marketing-Leitung durch ihre Weisungsbefugnis Koordinationsmaßnahmen durchsetzt. Dass damit faktisch doch eine gewisse direkte Einflussnahme des Produktmanagers auf die Marketing-Teilressorts einhergehen kann (Schwarting, U. 1993), wird in Abb. 2 durch die gestrichelten Linien verdeutlicht. Dennoch verfügt der Produktmanager in einer solchen Organisationsstruktur kaum über die nötigen Kompetenzen, um die Tätigkeiten verschiedener anderer Stellen aufeinander abstimmen und steuern zu können. Zudem wird die Marketing-Leitung nicht ausreichend entlastet, da sie in allen Problemfällen eingreifen muss (Köhler, R. 1980).
Produktmanagement
Abb. 2: Staborientiertes Produktmanagement (in Anlehnung an Koppelmann, U. 1993)
Ein erster Schritt zur organisatorischen Eingliederung des Produktmanagements als Instanz des Marketing-Bereichs ist die Schaffung einer mit den anderen funktionsbezogenen Abteilungen gleichrangigen  Linienabteilung für das Produktmanagement. Während dadurch an Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den funktionsbezogenen Unterabteilungen kaum etwas gewonnen wird, kann zumindest die Marketing-Leitung stärker entlastet werden. Ihr werden dann nur noch die Koordinationsprobleme vorgelegt, die der Leiter des Produktmanagements nicht mit den gleichrangigen Leitern der Funktionseinheiten abklären kann.
Eine unmittelbare Steuerung der funktionsbezogenen Marketing-Bereiche durch das Produktmanagement wird erreicht, wenn das Produktmanagement als Linienabteilung zwischen die Marketing-Leitung und die funktionsbezogenen Unterabteilungen eingeschaltet wird (Abb. 3). Ein solches Vorgehen ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn sehr unterschiedliche und umsatzkräftige Produktgruppen eine Aufteilung der Funktionsbereiche vertretbar machen (Koppelmann, U. 1993).
Produktmanagement
Abb. 3: Linienorientiertes Produktmanagement (in Anlehnung an Koppelmann, U. 1993)
Als Alternative zwischen Stabs- und Linienlösung bietet es sich an, die Funktionsabteilungen und die produktbezogenen Stellen auf zwei überlappenden Ebenen als Matrix zu verknüpfen (Abb. 4). Dies bedeutet, dass die Produktmanager mit Entscheidungs- und Anordnungsrechten auf die ansonsten den Funktionseinheiten unterstehenden Stellen Einfluss nehmen können. Durch Funktionendiagramme und Kompetenzbeschreibungen sollte dabei möglichst klar festgelegt werden, bei welchen Aufgaben der Produktmanager welche Mitwirkungsrechte besitzt.
Produktmanagement
Abb. 4: Matrixorientiertes Produktmanagement (in Anlehnung an Koppelmann, U. 1993)
Durch die bisher vorgestellten Organisationsbeispiele werden nur die Anforderungen an die Querschnittskoordination innerhalb des Marketing-Ressorts in der Aufbauorganisation berücksichtigt. In der Regel werden aber produktbezogene Abstimmungsmaßnahmen über die Grenzen der Marketing-Abteilung hinausgreifen, zumal zusätzlich auch Funktionsbereiche wie Verkauf oder Kundendienst nicht immer der Marketing-Leitung unterstehen. Insbesondere wenn die Querschnittskoordination zwischen vielen Funktionsressorts betont werden soll, ist deshalb eine direkte Anbindung des Produktmanagements an die Geschäfts- oder ggf. Spartenleitung in Betracht zu ziehen.

2. Funktionsressortungebundenes Produktmanagement


Die Direktunterstellung der Produktmanager unter die Geschäftsführung hat insbesondere in der Form von Stabsabteilungen eine gewisse zahlenmäßige Bedeutung erlangt (Köhler, R. 1980; Hüttel, K. 1989). Neben einem solchen staborientierten Produktmanagement existieren vereinzelt auch Lösungen als gleichrangige Linienposition neben den üblichen Funktionsabteilungen der zweiten Organisationsebene oder als Matrixorganisation, wobei die verschiedenen Funktionsabteilungen der zweiten Organisationsebene einschließlich der Marketing-Abteilung die Matrixspalten bilden (Abb. 5).
Produktmanagement
Abb. 5: Funktionsressortungebundenes Produktmanagement (in Anlehnung an Koppelmann, U. 1993)
Schließlich wäre auch noch analog der in Abb. 3 für die Marketing-Abteilung gezeigten Vorgehensweise eine Linieneinordnung des Produktmanagements zwischen der Geschäftsführung und den Funktionsressorts denkbar. Dann spricht man üblicherweise nicht mehr von Produktmanagement, sondern von Divisionalisierung oder Spartenorganisation. Oftmals haben die Sparten dann sogar ein eigenes »klassisches« Produktmanagement (Köhler, R. 1980), das z.B. innerhalb der Sparte matrixorientiert ausgestaltet werden könnte (d.h. in Abb. 5 steht dann der Begriff der Geschäftsführung für die Spartenleitung).

IV. Produktmanagement als Schaltstelle im Marketing-Prozess


1. Instrumente zur Querschnittskoordination


Als eine Hauptaufgabe des Produktmanagements hat sich die produktbezogene Abstimmung zwischen verschiedenen Funktionsabteilungen herauskristallisiert (Koppelmann, U. 1993). Grundlage für diese Querschnittskoordination bildet zunächst eine möglichst eindeutige Stellenbeschreibung für den Produktmanager. Für eine bessere betriebliche Zusammenarbeit ist es dabei wesentlich, dass die Stellenbeschreibung mit den betroffenen Abteilungsleitern vorher abgestimmt wurde (Kreuz, A. 1975).
In der Stellenbeschreibung werden Aufgaben, Verantwortungsbereiche und Kompetenzen des Produktmanagers festgelegt. Typischerweise umfassen die Kompetenzen des Produktmanagers folgende aufgabenspezifischen Rechte (Meffert, H. 1987): Entscheidungsrecht (einschließlich Mitentscheidungsrecht), produktbezogenes Weisungsrecht, Kontrollrecht, Auftragsrecht, Einspruchs- und Genehmigungsrecht, Vortrags- und Beratungs- sowie Informationsrecht.
Das Zusammenwirken mit den verschiedenen Funktionsabteilungen kann dann in der Form von Funktionendiagrammen und Kompetenzbildern festgelegt und veranschaulicht werden (Köhler, R. 1980). In Funktionendiagrammen werden den auszuführenden Aufgaben die beteiligten Stellen mit ihren jeweiligen Tätigkeiten und Rechten zugeordnet. In Kompetenzbildern werden dann für jeden Stelleninhaber seine in Teilaufgaben detaillierten Aufgaben mit seinen Kompetenzen und seinen Beziehungen zu anderen betrieblichen Stellen aufgeführt.
Koordinierende Wirkungen werden auch durch standardisierte Analyse- und Planungsverfahren sowie Arbeitsmethoden erzielt (Köhler, R. 1980; Reidegeld, H. 1989). Dies gilt z.B. für die Erstellung von Marketing-Produktplänen und Produktbudgets. Insbesondere zur Steuerung der Zusammenarbeit bei Neuproduktvorhaben bietet sich das Arbeiten mit Ablaufdiagrammen und Netzplänen an.
Ein wesentlicher Beitrag zur Querschnittskoordination muss schließlich über persönliche  Koordination geleistet werden. Diese wird zum einen durch Teambildung in besonderen Arbeitsausschüssen erreicht, zum anderen ist es die ureigenste Aufgabe des Produktmanagers, im ständigen Kontakt mit den verschiedenen Funktionsstellen koordinierende Wirkung zu erzielen.
In der Teambildung ist der Abstimmungsbedarf auf den Ebenen

1.

Marketing und Produktmanagement gegenüber den übrigen Hauptfunktionsabteilungen,

2.

Produktmanagement und Funktionsstellen innerhalb der Marketing-Abteilung und

3.

zwischen verschiedenen Produktmanagern.


zu berücksichtigen. Hierzu bieten sich z.B. eine Zweiteilung in ein Marketing-Komitee und ein horizontales Produktteam an (Kreuz, A. 1975; Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992). Das Marketing-Komitee unter dem Vorsitz des Marketing-Leiters setzt sich aus den Leitern der Marketing-Funktionsbereiche, den Produktmanagern und – regulär oder bei besonderem Anlass – Leitern von Funktionsbereichen außerhalb der Marketing-Abteilung zusammen. In diesem Komitee kann man zu verbindlichen Gemeinschaftsbeschlüssen über generelle und spezielle Marketing-Ziele kommen sowie die zur Erreichung dieser Zeile notwendigen Mittel festlegen. Im Rahmen der horizontalen Produktteams, die unter der Leitung des Produktmanagers Spezialisten aus den verschiedenen Funktionsbereichen vereinen, werden die vom Marketing-Komitee vorgegebenen Richtlinien konkretisiert und Durchführungsmaßnahmen abgestimmt.
Neben diesen Teams werden meist noch gesonderte Gruppen wie Neuproduktkomitees, Venture Teams oder Task Forces für die Koordination der Neuproduktentwicklung gebildet (Brockhoff, K. 1993).
Die koordinierende Wirkung des Produktmanagers im ständigen Kontakt mit den betrieblichen Stellen hängt wesentlich von seiner informalen  Autorität ab (Kreuz, A. 1975; Schwarting, U. 1993). Diese wird dadurch gestärkt, dass Entscheidungsgremien wie das Marketing-Komitee oder relevante Entscheider die vom Produktmanager geplanten Maßnahmen genehmigen. Dadurch sind die zur Realisation notwendigen Koordinationsmaßnahmen des Produktmanagers durch formale Autorität gestützt. Die Basis für die formale Autorität des Produktmanagers liegt aber in dessen fachlichen und persönlichen Qualifikationen.

2. Qualifikationsprofil des Produktmanagers


Generell werden an einen Produktmanager hohe Anforderungen gestellt, da seine Funktionserfüllung zum weitaus überwiegenden Teil auf dem Wege der Argumentation und Motivation gegenüber nicht unterstellten Unternehmensangehörigen erfolgt. Neben fachlichen  Qualifikationen – wie z.B. planerische und organisatorische Fähigkeiten, betriebswirtschaftliches und ggf. produkttechnisches Wissen sowie Erfahrungen aus bisherigen Tätigkeiten – wird die geeignete Persönlichkeitsstruktur des Produktmanagers als wesentlicher Erfolgsfaktor für das Produktmanagement angesehen (Reidegeld, H. 1989; Tietz, B. 1992).
Insbesondere kennzeichnen die folgenden Persönlichkeitskriterien einen erfolgreichen Produktmanager (Bickel, G. W. 1978):

-

die defensive Selbstsicherheit;

-

die erfolgsneutrale Initiative im Sinne jobbedingter Initiative;

-

die Karriere-Moral im Sinne einer verlässlichen Loyalitätshaltung gegenüber den Kontaktstellen;

-

die Kurzzeitbegabung im Sinne von Erfassungs- und Argumentationskraft;

-

die System-Kreativität im Sinne systemkonformer Her- und Ableitungen.


Angesichts der zu erfüllenden Aufgaben und der dadurch bedingten hohen Qualifikationsanforderungen sollte der Produktmanager möglichst viele Marketing-Funktionsbereiche aus eigener Anschauung kennen. Dadurch ist die Position des Produktmanagers gerade nicht für berufliche Anfangsstellungen geeignet (Köhler, R. 1980). Dies wird von manchen Unternehmen nicht genügend beachtet. Entweder müssen sie dann das Aufgabenspektrum des Produktmanagements sehr eng fassen, oder es entsteht ein extremes Ungleichgewicht zwischen Verantwortung und Kompetenz solcher Produktmanager, da sie sich aufgrund ihrer unzureichenden Qualifikationen keine informale Autorität aufbauen können. In beiden Fällen kann das Produktmanagement nicht seine volle Leistungsfähigkeit entfalten.

V. Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen des Produktmanagements


1. Anwendungsvoraussetzungen


Ob die Einrichtung des Produktmanagements notwendig ist und gute Erfolgschancen hat, wird hauptsächlich von Kontextbedingungen wie der Struktur des Leistungsprogramms eines Unternehmens, der Marktkomplexität und -dynamik sowie dem Kooperationspotenzial eines Unternehmens bestimmt.
Die Zusammensetzung des Leistungsprogramms nach Zahl und Heterogenität der Produkte ist das grundlegende Kriterium für die Einrichtung des Produktmanagements. Besteht die Leistungspalette nur aus wenigen Erzeugnissen oder einer Vielzahl von Artikeln, die jedoch hinsichtlich Herstellung und Vermarktungsbedingungen sehr ähnlich sind, können produkt- und marktgerichtete Bereichsabstimmungen i.d.R. noch durch die Leitungsstellen einer funktionalen Organisation geleistet werden (Köhler, R. 1980). Somit ist ein eher umfangreiches Leistungsprogramm, dessen Produkte mit heterogenen Marktbearbeitungsvoraussetzungen und -strategien verbunden sind, eine Grundvoraussetzung für das Produktmanagement.
Generell wird bei hoher Marktkomplexität und Marktdynamik, die mit hohen Koordinationserfordernissen für die Beziehungen zwischen Unternehmen und Markt verbunden sind, eine objektorientierte Organisation eine höhere Effizienz und Effektivität der Aufgabenerfüllung erzielen als eine funktionsorientierte Organisation (Bauer, H. H. 1993). Bei entsprechendem Leistungsprogramm wird dies das Produktmanagement sein. Wenn jedoch die Kunden zu nachfragekräftigen Gruppen eingeteilt werden können, die beim Kauf sehr unterschiedliche Präferenzen und Vorgehensweisen aufweisen, ist auch das Kundenmanagement in Erwägung zu ziehen (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992). Dann ist zu entscheiden ob das Kundenmanagement dem Produktmanagement vorzuziehen ist oder beide parallel eingerichtet werden sollten.
Sprechen die bisherigen Kriterien für das Produktmanagement, ist abschließend noch zu prüfen, ob in einem Unternehmen ein ausreichendes Kooperationspotenzial vorliegt bzw. erzeugt werden kann. Denn die Vorteile des Produktmanagements kommen nur zum Tragen, wenn im Unternehmen die Fähigkeit und Bereitschaft zur abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit vorhanden ist.

2. Produktmanagement in verschiedenen Wirtschaftsbereichen


Das Produktmanagement ist am stärksten in Markenartikelunternehmen des Konsumgütersektors vertreten. Während es neuerdings auch verstärkt in der Investitionsgüterindustrie eingesetzt wird (Hüttel, K. 1989), ist das Produktmanagement im Dienstleistungsbereich nur selten anzutreffen. Nachdem zunächst hauptsächlich Großkonzerne das Produktmanagement nutzen, finden jetzt auch viele mittlere und kleinere Unternehmen Geschmack daran (Hüttel, K. 1989).
Angesichts der weiten Verbreitung des Produktmanagements ist es nicht verwunderlich, dass sich die Umsetzung des Produktmanagements im Unternehmensvergleich teilweise erheblich unterscheidet. Insbesondere zwischen Konsumgüter- und Investitionsgüterunternehmen bestehen Abweichungen in der Aufgabenstellung, die ggf. zu unterschiedlichen organisatorischen Regelungen und Qualifikationsanforderungen an Produktmanager führen (Wind, Y. J. 1982; Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992). Der Produktmanager für Investitionsgüter beschäftigt sich im Vergleich zum Konsumgüterbereich mehr mit technischen Aspekten seiner Produkte und möglichen Verbesserungen in der Produktgestaltung. Er arbeitet deshalb auch mehr mit den technischen Abteilungen als mit Funktionsspezialisten im Marketing zusammen. Zudem kooperiert er eng mit dem Vertrieb und steht im direkten Kontakt zu den wichtigsten Kunden. Dafür beschäftig er sich weniger mit Werbung und Verkaufsförderung, als es im Konsumgüterbereich üblich ist.

3. Beurteilung des Produktmanagements


Die weite Verbreitung des Produktmanagements beruht auf einer Vielzahl von Vorteilen (Tietz, B. 1992). Generell kann das Produktmanagement eine marktbezogene und an Bedarfs- bzw. Produktbesonderheiten angepasste Absatzpolitik fördern. Es führt u.a. zu einer harmonisierten Durchführung aller Marketing-Aktivitäten, schnellen Reaktionen auf Probleme am Markt, einer gezielten Informationsgewinnung und -verarbeitung und einem hohen Grad an Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Funktionsbereichen (Köhler, R. 1980; Tietz, B. 1992).
Trotz dieser Stärken hat das Produktmanagement auch zu Misserfolgen und Enttäuschungen geführt, sodass Unternehmen dieses Konzept wieder aufgaben. Die Ursachen solcher Misserfolge findet man teilweise in Implementierungsfehlern wie z.B. einer im Vergleich zu dem Konzept unangemessenen Rollenzuweisung für die Produktmanager, einer mangelnden Qualifikation der Mitarbeiter im Produktmanagement oder zu geringer Unterstützung durch das Topmanagement (Clewett, R. M./Stasch, S. F. 1979).
Allerdings weist das Produktmanagementkonzept auch grundsätzliche Schwächen auf, z.B. die durch die Kompetenzproblematik entstehenden Konfliktsituationen und Frustrationen (Wind, Y. J. 1982; Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992). Zudem besteht die Gefahr, dass durch die Orientierung auf das Produkt die notwendige Ausrichtung am Kunden vernachlässigt wird und der Produktmanager nur noch durch aggressive Absatzförderung die vorhandenen Produkte verkaufen will (Reibstein, D. J. 1985).
Letztendlich sollte anstelle einer generellen Befürwortung oder Ablehnung des Produktmanagements bedacht werden, dass sich die Vorteilhaftigkeit dieses Konzepts nur aus den jeweiligen situativen Marketing-Bedingungen ableiten lässt (Tietz, B. 1992). Deshalb muss immer wieder geprüft werden, ob die Kontextbedingungen, die zur Entwicklung und zum Erfolg des Produktmanagements beigetragen haben, (noch) gegeben sind.
Literatur:
Bauer, H. H. : Marketing-Organisation, in: HWB, Bd. 2, hrsg. v. Wittman, W./Kern, W./Köhler, R. et al., 5. A., Stuttgart 1993, Sp. 2733 – 2751
Bickel, G. W. : Das Eignungsprofil des Product Managers, in: Handbuch Marketing, Bd. 1, hrsg. v. Koinecke, J., Gernsbach 1978, S. 279 – 284
Brockhoff, K. : Produktpolitik, 3. A., Stuttgart et al. 1993
Buro, H. F. : Produktmanagement im Gebrauchsgüterbereich, in: Handbuch des Marketing, hrsg. v. Bruhn, M., München 1989, S. 343 – 374
Clewett, R. M./Stasch, S. F. : Die Position des Product Managers, in: HM, Nr. 3/1979, S. 20 – 28
Diller, H. : Produkt-Management und Marketing-Informationssysteme, Berlin 1975
Hüttel, K. : Rosige Zeiten für Produktmanager, in: HM, Nr. 1/1989, S. 48 – 55
Köhler, R. : Produkt-Management, Organisation des, in: HWO, hrsg. v. Grochla, E., 2. A., Stuttgart 1980, Sp. 1923 – 1942
Koppelmann, U. : Produktmarketing, 4. A., Berlin et al. 1993
Kotler, P./Bliemel, F. W. : Marketing-Management, 7. A., Stuttgart 1992
Kreuz, A. : Der Produkt-Manager, Essen 1975
Meffert, H. : Produktmanagement und Führung, in: HWFü, hrsg. v. Kieser, A./Reber, G./Wunderer, R., Stuttgart 1987, Sp. 1731 – 1738
Reibstein, D. J. : Marketing concepts, strategies, and decisions, Englewood Cliffs/N.J. 1985
Reidegeld, H. : Aufgaben und Anforderungen an Produktmanager und Key-account-Manager, in: Handbuch des Marketing, hrsg. v. Bruhn, M., München 1989, S. 605 – 628
Schwarting, U. : Institutionalisierung des Marketingkonzeptes durch Produkt-Management, Frankfurt a.M. et al. 1993
Tietz, B. : Produktmanagement(s), Organisation des, in: HWO, hrsg. v. Frese, E., 3. A., Stuttgart 1992, Sp. 2067 – 2077
Wind, Y. J. : Product policy, Reading/MA 1982

 

 


 

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