Hedgefonds
Inhaltsübersicht
I. Begriffliche Einführung
II. Institutionelle Grundlagen von Hedgefonds
III. Investmentstile und Volumensentwicklung von Hedgefonds
IV. Risiken von Hedgefonds und der Fall Long Term Capital Management LTCM
I. Begriffliche Einführung
Bei einem Hedgefonds handelt es sich um gepooltes Investitionskapital, das unter geringer staatlicher Aufsicht ohne Restriktionen bezüglich der Anlagestrategien, der Anlageobjekte oder des Leihkapitals (Leverage) bewirtschaftet wird. Typische Merkmale von Hedgefonds beziehen sich auf deren Zielrichtung, die verwendeten Instrumente, die Gebührenstruktur und die Person des Fondsmanagers (Bekier, 1996):
- | Hedgefonds sind darauf ausgerichtet, möglichst hohe absolute Erträge zu erwirtschaften. Der große Handlungsspielraum bei der Spezifizierung der Anlageobjekte und -märkte erlaubt die Abkopplung von der durchschnittlichen Marktbewegung und damit von einer relativen Ertragsorientierung. | - | Verglichen mit traditionellen Anlagen gehen Hedgefonds ein höheres Risiko ein. Sie unterliegen nur geringen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen und betreiben eine hochspekulative Anlagepolitik in stark spezialisierten Segmenten. | - | Hedgefonds setzen eine substanzielle Beteiligung des Fondsmanagers am investierten Anlagevermögen voraus. | - | Die Entlohnung des Fondsmanagers erfolgt zu großen Teilen in Abhängigkeit vom erwirtschafteten Gewinn. |
Managed Futures-Fonds oder allgemein Derivate-Fonds werden oft als Untergruppe der Hedgefonds angesehen. Hedgefonds sind jedoch weder zwingend noch ausschließlich in derivativen Geschäften aktiv, wenngleich Hedgefonds sich intensiv derivativer Instrumente zur Umsetzung ihrer Anlagestrategien bedienen.
2. Ursprung des Hedgefonds-Konzepts
1949 gründete der Fondsmanager A. W. Jones alternativ zu traditionellen Anlagefonds eine Gesellschaft nach amerikanischem Recht, die ihm als Vermögensverwalter eine wesentlich höhere Anlageflexibilität gewährte. Jones ging Long-Positionen in nach seiner Einschätzung unterbewerteten Wertpapieren ein und finanzierte dies teilweise durch Short-Positionen in überbewerteten Titeln, sodass der Wert seines Portefeuilles nur noch von den bewusst übernommenen spezifischen Risiken der einzelnen Wertpapiere abhing (marktneutrale Strategie). Die Spekulation auf relative Wertveränderungen wurde ferner mit einem großen Hebel unterlegt, d.h. es wurden zusätzliche Anlagemittel kreditfinanziert investiert, um die erwartete Rendite je Einheit des eingesetzten Kapitals zu steigern.
Mit der Wahl der rechtlichen Gesellschaftsform, der implementierten marktneutralen Strategie und der systematischen Ausnutzung des Leverage-Effekts kombinierte die Anlagepolitik von Jones drei für die damalige Zeit für Fondskonzepte neuartige Merkmale. In einem 1966 erschienen Artikel des Fortune-Magazins ist dafür der Begriff Hedge Fund geprägt worden. Aus heutiger Sicht erscheinen jedoch die zum Teil auch genutzten Namensgebungen Investmentfonds mit hochspekulativer Anlagepolitik beziehungsweise Risikofonds die zugrunde liegende Anlagephilosophie zutreffender zu beschreiben.
II. Institutionelle Grundlagen von Hedgefonds
1. Rechtliche Ausgestaltung
Rechtsform und Domizil der Risikofonds werden so gewählt, dass sie unter bestimmte rechtliche Ausnahmetatbestände fallen und somit möglichst wenig durch Regulierungs-, Aufsichts- und Besteuerungsvorschriften behindert sind. Sie sind stark auf den nordamerikanischen Markt konzentriert und werden dort in Form einer Gesellschaft amerikanischen Rechts als „ Limited Company “ oder weit häufiger als „ Limited Partnership “ organisiert. Die Struktur der Limited Partnership ist mit der einer Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht vergleichbar. Der Hedgefonds befindet sich hier im Gemeinschaftsbesitz des Sponsors (General Partner) und der Investoren (Limited Partners). Die Investoren sind dabei reine Kapitalgeber, während dem Sponsor auch das Fondsmanagement obliegt.
Rund die Hälfte der Hedgefonds hat ihren Sitz in Steuerparadiesen, die meisten großen Hedgefonds haben sowohl Ableger in den USA als auch in einem Off Shore-Zentrum, um dem Investorenkreis günstigere steuerliche Rahmenbedingungen zu verschaffen. Solche Steuerparadiese findet man beispielsweise auf den Cayman-Inseln, den Jungfern-Inseln, aber auch in Luxemburg und Irland (Abb. 1). Die in Abb. 1 gegebene Darstellung verschiebt sich deutlich, wenn statt der reinen Anzahl der Hedgefonds deren Anlagevermögen auf die Standorte aufgeteilt wird. So wird nur rund ein Drittel des Hedgefonds-Vermögens mit Sitz in den USA, dafür aber rund ein Viertel mit Sitz auf den Niederländischen Antillen verwaltet, da dort einige sehr große Macro-Fonds beheimatet sind.
Nach deutschem Investmentrecht konnten lange Zeit weder deutsche noch ausländische Hedgefonds zum direkten öffentlichen Vertrieb zugelassen werden. Am Markt entwickelten sich deshalb ab Mitte der 1990er-Jahre alternative Gestaltungen, die Anlegern beispielsweise über Zertifikate die Teilhabe an der Wertentwicklung von Dach-Hedgefonds, Fund of Funds oder auch Hedgefonds-Indizes ermöglichten.
Mit dem Investmentmodernisierungsgesetz vom 15. Dezember 2003 hat der deutsche Gesetzgeber nun erstmalig Hedgefonds in das deutsche Investmentrecht aufgenommen und damit im Kapitel 4, §§ 112 ff., den gesetzlichen Rahmen für Hedgefonds definiert. Im Investmentgesetz wird zwischen Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Single-Hedgefonds) und Dach-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Dach-Hedgefonds) unterschieden. Die Vertragsbedingungen der Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken sind von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu genehmigen. Den Single-Hedgefonds sind sowohl Leerverkäufe als auch die unbeschränkte Kreditaufnahme und der Einsatz von Derivaten zur Erzielung von Hebeleffekten erlaubt. Außerdem dürfen Single-Hedgefonds bewertbare Unternehmensbeteiligungen bis zu einem gewissen Umfang sowie Edelmetalle und an organisierten Märkten gehandelte Warenterminkontrakte erwerben. Ausgenommen ist hingegen eine direkte Anlage in Rohstoffe.
Zum Schutz der privaten Anleger sind Single-Hedgefonds vom öffentlichen Vertrieb ausgeschlossen und dürfen als Spezial-Sondervermögen nur an institutionelle Anleger vertrieben werden. Privatanleger steht nur der Erwerb von Anteilen an Dach-Hedgefonds offen, die auch in Singe-Hedgefonds investieren können. Dabei dürfen diese Dach-Hedgefonds zwecks Reduzierung des Anlagerisikos maximal 20 % ihres Fondsvermögens in einen einzelnen Zielfonds und in nicht mehr als zwei Zielfonds vom gleichen Emittenten und Fondsmanager investieren. Der Diversifzierung dient auch die Vorschrift, nicht mehr als 40 % des Wertes des Dach-Hedgefonds in Zielfonds mit derselben Anlagestrategie investieren zu dürfen.
Abb. 1: Sitz von Hedgefonds zum Ende 1997
2. Profil der Investoren und Sponsoren
Über die Struktur der Investoren von Hedgefonds gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Vermögende Privatanleger stellen zwar den überwiegenden Teil der Anleger, institutionelle Investoren repräsentieren aber aufgrund ihrer höheren Einlagen sicherlich den Großteil der Hedgefonds-Vermögenswerte. Unter den institutionellen Investoren finden sich insbesondere Pensionsfonds (Pensionsfonds, betriebliche und Stiftungen, aber auch traditionelle Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften und Investmentbanken. Während die Motivation der Privatpersonen zur Investition in Risikofonds hauptsächlich in der Erwartung höherer Renditen zu suchen ist, nutzen institutionelle Investorengruppen die Mittelanlage in Hedgefonds auch zur Optimierung ihres sonstigen Wertpapierengagements. Hedgefonds weisen mit der allgemeinen Marktentwicklung gering oder sogar negativ korrelierte Erträge auf, sodass über die geeignete Beimischung solcher Anlagen ein höherer Diversifikationsgrad und damit eine gewünschte Verschiebung der effizienten Linie des Rendite-Risiko-Profils der Portefeuilleanlage erreicht werden kann.
Dem Sponsor kommt eine besondere Bedeutung im Rahmen der Hedgefonds-Philosophie zu. Er muss über ein hohes Maß an Handlungsfreiheit und eine besondere Qualifikation sowie Kenntnisse, die zur Anwendung komplexer Anlagestrategien befähigen, verfügen. Die Handlungsfreiheit wird dadurch gewährt, dass die dem Fondsmanagement offenstehenden Märkte, Instrumente und Strategien höchstens durch einen Gesellschaftervertrag eingeschränkt sind. Der Manager sichert sich darüber hinaus einen größeren Spielraum zum Eingehen illiquider Positionen, indem den Investoren der Abzug des eingelegten Kapitals erst nach einer vertraglich festgelegten Kündigungsfrist, die durchaus mehrere Monate umfassen kann, ermöglicht wird. Der Einsatz von Kreditmitteln ist grundsätzlich ebenfalls möglich.
Die Vermögensverwalter erhalten hohe ökonomische Anreize, indem neben einer depotwertabhängigen Entlohnung (in Höhe von 1 – 2% des Anlagevermögens) eine Beteiligung an der erwirtschafteten positiven Rendite offeriert wird. Die Erfolgsprovision beträgt in der Regel 15 – 25% vom erwirtschafteten Nettogewinn (Ackermann, C./McEnally, R./Ravenscraft, D. 1999; Brown, S.J./Goetzmann, W.N./Ibbotson, R.G. 1999; Deutsche Bundesbank, 1999). Der verbleibende Gewinn/Verlust wird unter den Geschäftspartnern in Abhängigkeit der Höhe des jeweils eingesetzten Kapitals aufgeteilt. Die mit der Erfolgsprovision des Fondsmanagers einhergehende Zunahme des Risikoanreizes wird zum einen dadurch reduziert, dass der Sponsor selbst hohe Kapitalbeteiligungen hält. Die Gewinnansprüche des Managers sind darüber hinaus häufig an den Ausgleich zuvor erlittener Verluste gekoppelt. Erzielt das Management in einem Bemessungszeitraum lediglich eine negative Performance, so wird das Management in den darauf folgenden Perioden erst dann am Gewinn beteiligt, wenn ein vorab fixierter Vermögenswert nicht mehr unterschritten ist.
3. Leverage-Effekt
Solange die Rentabilität des Gesamtkapitals eines Unternehmens höher ist als der Fremdkapitalzins, steigt dessen Eigenkapitalrentabilität mit zunehmendem Verschuldungsgrad. Dieser Leverage-Effekt wird von Hedgefonds genutzt, indem die Geschäftsvolumina kredifinanziert werden. Kreditgeber der Hedgefonds sind in erster Linie Banken, die diese Kredite in der Regel durch Beleihung der vom Hedgefonds erworbenen Finanzinstrumente besichern. Die Hebelwirkung eines solchen Leverage steigert aber nicht nur den erwarteten Ertrag, sondern auch das Ertragsrisiko. Nach eigenen Angaben nutzt ein Drittel der Hedgefonds kein kreditfinanziertes Investment; über die Hälfte der Hedgefonds weist einen bilanziellen Leverage – gemessen als Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital – kleiner als 1:2 auf (Eichengreen, B./Mathieson, D. et al. 1998; OECD, 1999). Lediglich 15% der Hedgefonds geben an, einen Leverage größer als 1:2 zu nutzen, wovon wiederum nur ein verschwindend geringer Teil die Wahl eines Leverage größer als 1:10 meldet. Diese Zahlen sind jedoch in ihrer Aussagekraft begrenzt, da sie sich auf Bilanzpositionen beziehen. Das Ausmaß der von Hedgefonds typischerweise intensiv genutzten derivativen Instrumente ist somit in der Angabe des Leverage-Verhältnisses nicht berücksichtigt. Die Kalkulation des Leverage kann darüber hinaus bei komplexen Portefeuilles mit gleichzeitigen Long- und Short-Positionen in verwandten Wertpapieren je nach Sichtweise zu divergierenden Ergebnissen kommen.
III. Investmentstile und Volumensentwicklung von Hedgefonds
1. Struktur des Hedgefonds-Sektors
In den neunziger Jahren ist die Zahl an Hedgefonds wie auch das von ihnen verwaltete Vermögen sprunghaft angestiegen. Die existierenden Statistiken listen je nach Datenquelle und begrifflicher Abgrenzung für Ende 1998 ca. 1000 bis über 5000 verschiedene Hedgefonds auf und liefern dementsprechend auch beim verwalteten Vermögen mit 100 Mrd. bis zu 500 Mrd. US$ weit auseinander liegende Schätzungen. Die Datenbank von MAR/Hedge, der eine recht enge begriffliche Klassifikation von Hedgefonds zugrunde liegt, enthält für 1985 erst 22, für 1990 127, für 1995 698, für 1996 904, für 1997 1.115 und für 1998 schließlich 914 Hedgefonds.
Hedgefonds werden nicht von einer übergreifenden Behörde zahlenmäßig erfasst. Als Datenanbieter fungieren ausschließlich kommerzielle Firmen und Anlageberatungsgesellschaften wie Financial Risk Management, Hedge Fund Research HFR, Managed Accounts Reports MAR/Hedge, TASS und Van Hedge Fund Advisors. Mit der Association for Alternative Investments AIMA bietet mittlerweile auch ein Verband neben Daten verstärkt Schulungen und Informationsschriften an. Die existierenden Übersichten zu Volumen, Anzahl und Struktur der Hedgefonds bleiben aber in jedem unvollständig, da die Übermittlung von Daten auf freiwilliger Basis erfolgt.
Im allgemeinen wird versucht, den Hedgefonds-Sektor anhand dem vom Management angewandten Investmentstil, d.h. über die einzelnen Fonds zugrunde liegende Anlagestrategie und -philosophie, zu strukturieren. Während beispielsweise die Beratungsfirmen Van Hedge Funds beziehungsweise Hedge Fund Research 14 beziehungsweise 28 verschiedene Stilrichtungen enthalten (Deutsche Bundesbank, 1999; Eichengreen, B./Mathieson, D. et al. 1998), weist die hier verfolgte Begriffsauslegung der Datenbank von MAR/Hedge – in einem ersten Schritt – 8 Stilrichtungen aus (Eichengreen, B./Mathieson, D. et al. 1998). Man unterscheidet hier:
- | Macro-Fonds, die auf Preisänderungen bei Aktien, Anleihen, Währungen und Waren aufgrund globaler wirtschaftlicher oder auch wirtschaftspolitischer Erwägungen spekulieren. Im Rahmen der Asset Allocation lässt sich die Strategie als Top-Down-Ansatz charakterisieren. | - | Global-Fonds, die auf fundamentale Richtungsänderungen von Finanzmarktpreisen in Emerging Markets oder anderen speziellen Weltregionen spekulieren. Im Gegensatz zu den Macro-Fonds wird damit eher ein Bottom-Up-Ansatz verfolgt, da einzelne Titel in bestimmten Regionen im Mittelpunkt der Anlagestrategie stehen. | - | Long Only-Fonds, die traditionellen Aktienfonds ähneln, mit der gewinnabhängigen Entlohnung und dem Einsatz von Fremdfinanzierung aber Charakteristika von Hedgefonds-Anlagen aufweisen. Analog zu den traditionellen Stilrichtungen des Asset Management können hier weitere Unterteilungen vorgenommen werden. | - | Market Neutral-Fonds, die wertmäßig gedeckte Positionen in verwandten Wertpapieren eingehen. Das Portfolio ist zu ähnlichen Teilen Long wie auch Short im Markt investiert. | - | Sectoral-Fonds, die auf bestimmte Branchen beziehungsweise Themenbereiche (Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Gesundheit etc.) spezialisiert sind. | - | Short Sales-Fonds, die die spekulative Erwartung eines Kursrückgangs in Wertpapieren über den Leerverkauf der Wertpapiere und die spätere billigere Eindeckung umsetzen. | - | Event Driven-Fonds, die ein Engagement in Wertpapieren von sich in spezifischen Phasen befindenden Unternehmen anstreben. Die konkreten Ereignisse umfassen Firmenübernahmen sowie finanzielle oder operative Restrukturierungen. | - | Fund of Funds, die der Philosophie von Dachfonds folgen, d.h. die in verschiedene Hedgefonds investieren und so eine Diversifikation über unterschiedliche Hedgefonds-Stile erreichen. |
Die meisten Hedgefonds verfolgen Global-, Market Neutral- und Event Driven-Strategien beziehungsweise eine Stildiversifikation durch Fund of Funds (Abb. 2).
Abb. 2: Stilrichtungen gemessen an der Zahl der Fonds zum Ende 1997
Die relativ riskanten Short Sales-Fonds haben analog zu den aus der traditionellen Fondsverwaltung bekannten Long Only-Fonds nur marginale Bedeutung. Gemessen an der Anzahl spielen die Macro-Fonds scheinbar nur eine untergeordnete Rolle, eine Ausrichtung anhand des verwalteten Anlagevermögens zeigt jedoch, dass der größte Teil der Mittel in Macro-Fonds und damit schließlich mehr als die Hälfte der von Hedgefonds verwalteten Mittel in Global- und Macro-Strategien investiert sind (Abb. 3).
Abb. 3: Stilrichtungen gemessen am verwalteten Anlagevermögen 1980-1997 in Mio. US$
Mit der Anzahl der Fonds ist auch das Fondsvermögen deutlich gestiegen. Mit den Daten von MAR/Hedge hat das von Hedgefonds inklusive Fund of Funds verwaltete Vermögen von 1990 bis 1997 um mehr als das Zwölffache zugenommen. Ende 1997 verwalten Hedgefonds inklusive Fund of Funds demnach ein Anlagevermögen von rund 110 Mrd. US$, ohne Fund of Funds ein Vermögen von 92 Mrd. US$. Auch wenn man eine weitere begriffliche Klassifikation von Hedgefonds zugrunde legt und so – wie in vergleichbaren Datenbanken – ein Fondsvermögen von bis zu 500 Mrd. US$ erhält, sind die in Hedgefonds investierten Beträge verglichen mit den Volumina sonstiger traditioneller Anlagen sehr gering.
Hedgefonds variieren offensichtlich sehr stark in ihren Anlage- und Absicherungsstrategien und damit auch in ihren Rendite-Risiko-Profilen. Macro- und Short Sales-Fonds verfolgen im allgemeinen Strategien mit einer sehr hohen Volatilität, während die marktneutralen Strategien mit relativ geringen Volatilitäten einhergehen. Die zwar sehr volatilen, dafür aber auch außergewöhnlich hohen Renditen von Hedgefonds bilden für viele Investoren nicht die ausschließliche Motivation zum Engagement in Hedgefonds. Da deren Erträge mit der allgemeinen Marktbewegung nur gering oder sogar negativ korreliert sind, mündet ihre geeignete Beimischung zu traditionellen Anlagen in einer effizienteren Rendite-Risiko-Struktur des eigentlichen Investorportefeuilles. Der mit Hedgefonds zu erreichende höhere Diversifikationsgrad kann für die Optimierung des Anlageportefeuilles somit von Vorteil sein.
IV. Risiken von Hedgefonds und der Fall Long Term Capital Management LTCM
Hedgefonds besitzen ein hohes einzelwirtschaftliches Risikopotenzial. Die starke Abhängigkeit des Fondserfolgs von der Qualifikation des Sponsors impliziert beispielsweise ein hohes Betriebsrisiko in Gestalt individueller Managementfehler. Der bewusste Verzicht auf die Diversifikation von Risiken führt – verbunden mit einem hohen finanziellen Leverage – weiter zu einem vergleichsweise hohen Marktrisiko von Hedgefonds. Hedgefonds wird zwar regelmäßig eine Hauptschuld an den Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten zugesprochen, aber erst der Beinahe-Zusammenbruch des Hedgefonds Long-Term Capital Management LTCM, und die durch die Federal Reserve Bank of New York FED initiierte Auffangaktion haben Hedgefonds endgültig ins Zentrum von Forderungen nach umfassenderer staatlicher Kontrolle gerückt (Conrad, C.A./Stahl, M. 2000).
Der Hedgefonds LTCM wurde im Februar 1994 aufgelegt und war in Anleihen marktneutral engagiert, verfolgte also eine Zins-Spread-Arbitrage, indem auf eine relative Veränderung der Renditen zwischen Anleihen unterschiedlicher Bonität und/oder Laufzeit gesetzt wurde (Edwards, F.R. 1999). Die Fondsmanager spekulierten darauf, dass die in Folge der Asienkrise angestiegenen Spreads sich wieder einengen würden. Auslöser der Probleme um LTCM im zweiten Halbjahr 1998 waren nun aber Turbulenzen um Russland und andere aufstrebende Märkte, die in der Folge zu einer Ausweitung der Credit Spreads und einer generellen Flucht in Qualitätspapiere, d.h. Staatspapiere der großen Industrienationen, führten. Die leerverkauften Anleihen hatten an Wert gewonnen, was zu einer Erhöhung der Schuldposition führte. Die gekauften Anleihen dagegen hatten stark an Wert verloren, was zu einem Vermögensverlust führte, sodass schließlich auch die Bestände nicht mehr ausreichten, um die Kredite aus den Leerverkäufen zu besichern. Es stand zu befürchten, dass die LTCM-Krise der Auslöser dafür sein könnte, dass Hedgefonds und andere Marktteilnehmer dazu gezwungen wären, ihre hohen Positionen zu liquidieren, was die Preise in den ausgetrockneten Märkten massiv hätte stürzen lassen. Auf Anregung und Druck der US-Notenbank hatte ein internationales Konsortium bestehend aus Banken, die bei LTCM als Kreditgeber fungierten, schließlich Ende September 1999 eine Aufstockung der Kredite zugesagt und damit den Zusammenbruch von LTCM verhindert (OECD, 1999).
Kritik ist in Folge des LTCM-Falls insbesondere an dem außergewöhnlich hohen Verschuldungsgrad geäußert worden. Schätzungen für das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital vor der Rettungsaktion reichen von 1:50 bis zu 1:150 – ein Ertragsrisiko, das offensichtlich im Risikomanagement bei LTCM nicht adäquat berücksichtigt wurde. Da darüber hinaus die Gefahren für die Finanzmarktstabilität durch die Schieflage eines einzigen, relativ kleinen Fonds ausgelöst wurden, muss auch davon ausgegangen werden, dass bei den beteiligten Banken erhebliche Informationsdefizite bestehen und die etablierten Risikomess- und Steuerungssysteme nur unzureichend funktionieren.
Auch wenn der Fall LTCM nicht typisch für den Hedgefonds-Sektor ist, zeigt er doch, dass Hedgefonds durchaus die stetige Sicherung eines funktionsfähigen Wettbewerbs bedrohen und die systemischen Risiken im Finanzsektor wesentlich erhöhen können (Franke, G. 2000). Mit einer Verschärfung der bestehenden Regulierungs- und Aufsichtsvorschriften sind kurzfristig umsetzbare Maßnahmen eingeleitet worden, die im Kern zwei Ziele verfolgen: So sind zum einen die Anforderungen an das Risikocontrolling der Finanzinstitute und insbesondere an die Erfassung und Steuerung ihrer Kreditrisiken gegenüber Hedgefonds zu erhöhen. Das zweite Ziel der indirekt regulierenden Eingriffe ist die Verbesserung der Transparenz über die Aktivitäten von Hedgefonds, wobei besonderes Augenmerk auf das Ausmaß und die Auswirkungen des Leverage-Effekts gelegt wird. Ein hohes Leverage birgt grundsätzlich die Gefahr, dass sich ursprüngliche Preisschocks verstärken und auf andere Marktsegmente übertragen. Dabei ist aber auch zu beachten, dass die kreditfinanzierte Anlage nicht spezifisch für Hedgefonds ist. Vielmehr steht sie jedem Unternehmen offen, dessen Aktivgeschäft keiner eigenkapitalgebundenen Beschränkung unterliegt. Im Eigenhandel vieler Investmentbanken sind deutlich größere Hebel bei ähnlichen Strategien offenbar durchaus häufig anzutreffen (OECD, 1999). Die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht formulierten Wohlverhaltensrichtlinen adressieren sich folgerichtig auch an einen weiteren Kreis, nämlich an Banken, die mit so genannten Highly Leveraged Institutions HLIs in Geschäftsverbindung stehen.
Literatur:
Ackermann, C./McEnally, R./Ravenscraft, D. : The Performance of Hedge Funds: Risk, Return, and Incentives, in: JF 1999, S. 833 – 874
Bekier, M. : Marketing of Hedge Funds, Bern et al. 1996
Brown, S.J./Goetzmann, W.N./Ibbotson, R.G. : Offshore Hedge Funds: Survival and Performance, in: JBus. 1999, S. 91 – 117
Conrad, C.A./Stahl, M. : Risikomanagement an internationalen Finanzmärkten, Stuttgart 2000
Deutsche Bundesbank, : Hedge-Fonds und ihre Rolle auf den Finanzmärkten, Monatsbericht März 1999, S. 31 – 44
Edwards, F.R. : Hedge Funds and the Collapse of Long-Term Capital Management, in: The Journal of Economic Perspectives 1999, S. 189 – 210
Eichengreen, B./Mathieson, D. : Hedge Funds and Financial Market Dynamics, International Monetary Fund, Occasional Paper 166, Washington DC, May 1998
Franke, G. : Geschäfts- und Risikopolitik von Hedgefonds im Vergleich zu anderen Finanzintermediären, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2000, S. 301 – 318
Lederman, J./Klein, R.A. : Hedge Funds: Investment and Portfolio Strategies for the Institutional Investor, Burr Ridge, Ill. 1995
OECD, : Highly Leveraged Investors, in: Financial Market Trends, June 1999, No. 73, S. 25 – 50, 51 – 96, 97 – 108
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