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Risikomanagement


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Risikoarten
III. Maßnahmen und Instrumente des Risk Management
IV. Grenzen und Erweiterungen des Risk Management

I. Grundlagen


Risk Management (oder auch Risikomanagement) erfolgt gemäß der Definition von Risiko auf Basis der gegebenen (oder zumindest subjektiv erwarteten) (Wahrscheinlichkeits-)Verteilung der Ergebnisse der ökonomischen Aktivitäten einer Unternehmung. Risikoaverse Akteure (Eigentümer, Manager) betreiben Risk Management, um eine gewünschte Risikoposition zu erreichen. Daher werden die Aktivitäten auf Basis der im Entscheidungszeitpunkt geschätzten Ergebnisverteilungen hinsichtlich der angestrebten Risikoposition gewählt. Sofern sich die Ergebniserwartungen im Zeitverlauf ändern, werden Maßnahmen ergriffen, um die frühere oder auch eine neue Risikoposition zu erreichen. Risk Management zielt somit auf die Erzeugung einer der erwünschten Ergebnisverteilung entsprechenden Ergebnisverteilung ab. Daher kann man Risk Management allgemein definieren als die Gesamtheit der Maßnahmen einer Unternehmung, die die Verteilung der ökonomischen Ergebnisse steuert.
Risk Management kann auf die Steuerung eines Einzelrisikos oder der Gesamtrisikoposition ausgerichtet sein. Sofern das Fremdkapital risikolos ist, entspricht die Steuerung des Eigenkapitalrisikos derjenigen der Gesamtrisikoposition. Sie umfasst somit auch finanzwirtschaftliche Risiken.
Als Risiko bezeichnen wir ausgehend von der Ergebnisverteilung der Aktivitäten die möglichen Abweichungen der Ergebnisse von ihrem erwarteten Wert. Diese Sicht bezeichnet also die Möglichkeit positiver wie negativer Abweichungen als Risiko und legt die Verwendung der Varianz der Ergebnisse als Risikomaß nahe. Alternativ wird umgangssprachlich und v.a. in der Bankregulierung und in der Versicherungswissenschaft unter Risiko nur die Gefahr negativer Entwicklungen verstanden. Dies sei im Folgenden als Verlustrisiko bezeichnet. Risiko ist stets ex ante vorhanden, ex post liegt das realisierte Ergebnis vor, sodass nur eine Abweichungsanalyse, jedoch kein Risk Management mehr vorgenommen werden kann.
Risiko wird mittels ökonomischer Ergebnisse erfasst. Allgemeines Ergebnismaß ist das Endvermögen, das durch die Aktivitäten der Unternehmung erreicht wird. Spezielle Maße sind der Nettofinanzmittelfluss bzw. Cashflow (CF), der finanzwirtschaftliche Gewinn sowie daraus berechnete Rentabilitäten, jeweils für die Planperiode. Zur folgenden formalen Darstellung verwenden wir ein Einperiodenmodell, in dem das Endvermögen aus dem CF bei fiktiver Liquidation der Unternehmung zum Periodenende besteht.
Die Unternehmung kann als Portfolio der ökonomischen Aktivitäten i = 1,..., n interpretiert werden, deren Ergebnisse die einzelnen risikobehafteten CF Xi sind. Das
Gesamtergebnis X ist
Risikomanagement
Mit μ(Xi) als Erwartungswert von Xi und σ2 (Xi) als zugehöriger Varianz ergeben sich der Erwartungswert μ(X) und die Varianz σ2 (X) des Gesamtergebnisses wie folgt:
Risikomanagement
Risikomanagement
mit ϱ(Xi, Xj) als Korrelation zwischen Xi und Xj.
Die Varianz des Gesamtergebnisses ist das Risiko der Unternehmung, das sich (ohne explizites Risikomanagement) aus der Mischung der Risiken der n geschäftlichen Aktivitäten – im Folgenden als Basisaktivitäten bezeichnet – ergibt. Das Gesamtrisiko hängt wesentlich von den Korrelationen zwischen den CF der Basisaktivitäten ab. Diese Einflüsse auf das Gesamtrisiko werden als Inter-CF-Effekte bezeichnet.
Der CF einer geschäftlichen Aktivität ist vielfach ein Saldo aus teils risikobehafteten, teils festen Einnahmen Ei und Ausgaben Ai. Daher ist das Risiko des CF Xi wiederum eine Mischung der Risiken aus diesen Zahlungen. Mit Xi = Ei  – Ai folgt
Risikomanagement
Risikomanagement
Das CF-Risiko einer einzelnen Aktivität ist also wesentlich von der Korrelation zwischen Einnahmen und Ausgaben abhängig, was im Folgenden als Intra-CF-Effekt bezeichnet wird.
Risikomindernde Inter-CF-Effekte treten insbesondere ein, wenn die Korrelation zwischen den CF einzelner Aktivitäten negativ ist (vgl. (3)). Die gleiche Wirkung entsteht unter Berücksichtigung des negativen Vorzeichens der Auszahlungen im Intra-CF-Bereich, wenn ϱ(Ai, Ei) > 0. Im umgekehrten Fall tritt eine Risikoerhöhung ein, während mit ϱ(Ai, Ei) = 0 (z.B. bei schwankenden Einnahmen und festen Ausgaben) kein Intra-CF-Effekt entsteht.
Inter- und Intra-CF-Effekte sind grundlegend für das Risk Management. Das Gesamtrisiko aus den bereits feststehenden Aktivitäten kann man insbesondere durch Gestaltung der Intra-CF-Effekte verändern. Hierzu bieten sich z.B. Verträge mit Markt- oder Festpreisvereinbarungen an. Die Steuerung des Gesamtrisikos kann weiter durch Hinzufügen neuer oder Entfernen (Liquidation) bereits bestehender Aktivitäten erfolgen. Solche neuen Aktivitäten können sowohl weitere Basisaktivitäten als auch Terminkontrakte (Optionen, Futures, Forwards usw.) sein
Das Gesamtrisiko der Unternehmung wird durch Finanzierungskontrakte auf die Kapitalgeber verteilt. Für die Eigentümer verbleibt das nicht weitergegebene Risiko. Sie erhalten als Gewinn oder Dividende am Periodenende die Differenz D aus dem Gesamt-CF X und den Zahlungen Z an Außenstehende:
Risikomanagement
Das Risiko der Dividende ist als Varianz von D analog zu (5) zu bestimmen. Das Eigenkapitalrisiko ist also abhängig davon, ob die Finanzierungskontrakte feste oder vom CF abhängige Zahlungen versprechen. Als weitere Steuerungsmöglichkeiten für das Eigenkapitalrisiko stehen wiederum Finanzterminkontrakte zur Verfügung.

II. Risikoarten


Die CF-Risiken können in direkt wirksame Preis-, Liquiditäts-, Termin- und Bonitätsrisiken sowie indirekte operative Risiken eingeteilt werden. Ihre relative Bedeutung variiert mit der Art der Tätigkeit der Unternehmung. Preisrisiken der Absatz-, Beschaffungs- und Arbeitsmärkte betreffen vornehmlich Nichtfinanzunternehmungen. Positive Korrelationen der Absatz- und Beschaffungspreise bewirken den beschriebenen risikomindernden Intra-CF-Effekt. Preisrisiken der Finanzmärkte sind v.a. für Finanzunternehmen, aber auch für die Finanzwirtschaft der übrigen Unternehmungen bedeutsam. Sie treten bei Aktien, Zins- und Währungskontrakten jeder Art auf. Ihre Gesamtwirkung ist bei Finanzunternehmungen von deren aktivischen und passivischen Positionen, d.h. von den Inter- und Intra-CF-Effekten abhängig. Dies gilt prinzipiell auch für Nichtfinanzunternehmen, bei denen Finanzpreisrisiken oft geringe Bedeutung haben oder weniger beachtet werden. Dennoch sind die saldierten Preisrisiken ein wesentlicher Bestandteil des Eigenkapitalrisikos.
Liquiditätsrisiken ergeben sich aus unerwarteten Diskrepanzen zwischen Ein- und Auszahlungen zu einzelnen Zeitpunkten. Dies führt zu zusätzlichen Zinszahlungen bzw. Zinsverlusten. Besonders gravierend sind Liquiditätsrisiken für Banken, die sich hiergegen u.a. durch eine Liquiditätsreserve in Form von Wertpapieren schützen. Diese Finanztitel können ihrerseits ein Liquiditätsrisiko enthalten, wenn der betreffende Markt eng ist, sodass die Wertpapiere nur langsam oder mit Preisabschlägen verkäuflich sind. Marktenge bedeutet auch bei der (Re-) Finanzierung durch Emission von Wertpapieren ein Liquiditätsrisiko.
Terminrisiken werden verursacht durch die nicht termingerechte Lieferung oder Abnahme von Gütern und Finanzkontrakten sowie der zugehörigen Gegenleistung. Sie beeinflussen die zeitliche Verteilung des CF bzw. der Nettozahlung (Dividende) an die Eigentümer.
Bonitätsrisiken bzw. Adressenausfallrisiken entstehen aus unerwarteten Zahlungsschwierigkeiten eines Kontraktpartners. Diese können bei allen Forderungsrisiken von Banken und Nichtbanken auftreten und zum teilweisen oder vollständigen Ausfall von Zinsen und Zahlungsansprüchen führen. Bonitätsrisiken stellen somit ein Verlustrisiko im Sinne der obigen Definition dar.

III. Maßnahmen und Instrumente des Risk Management


Die Grundlagen des Risk Management sind durch die Gleichungen (1) bis (5) formal beschrieben. Um die Ausführungen zur Anwendung allgemein zu halten, unterscheiden wir die genannten Unternehmungsaktivitäten in Basisaktivitäten und derivative Aktivitäten. Basisaktivitäten sind solche, die sich direkt aus dem Geschäftszweck der Unternehmung ergeben. Umfasst eine Unternehmung z.B. mehrere Sparten als Basisgeschäfte, so sind die zugehörigen Einzeltätigkeiten (wie z.B. Absatz- und Beschaffungsmaßnahmen) Basisaktivitäten. Entsprechend sind die Bankgeschäfte eines Kreditinstituts in Basisaktivitäten zerlegbar. Derivative Aktivitäten sind solche, die durch Basisaktivitäten ausgelöst werden. Die integrierte Betrachtung von Basis- und derivativen Aktivitäten erfasst Inter- und Intra-CF-Effekte im Sinne eines Total Risk Management.

1. Steuerung des Risikos der Basisaktivitäten

a) Steuerung des Gesamtrisikos (Diversifikation)


Die Risikosteuerung der Basisaktivitäten erfolgt prinzipiell entsprechend der Portfoliotheorie (Markowitz, H.M. 1959). Hierbei tritt, wie aus (3) deutlich wird, zuerst eine Diversifikation der spezifischen oder unsystematischen Risiken ein. Unter bestimmten Annahmen geht dann der erste Term in (3) gegen null, sodass nur die Kovarianz der Basisaktivitäten als Risiko verbleibt (naive Diversifikation). Dieses Risiko heißt systematisches Risiko (Faktorrisiko), dem alle Aktivitäten ausgesetzt sind. Diversifikation ist grundsätzlich von allen Unternehmen in (fast) allen Aktivitäten realisierbar. Sie wird erreicht durch die Streuung der Käufer, der Lieferanten, die Menge der Produktarten, die Streuung der Wertpapiere, Forderungen, Einlagen, Währungen, Garantien, Versicherungen u.a.m. Die Auswahl der Basisaktivitäten entsprechend ihrer Korrelationen bzw. Kovarianzen ist aktives Risikomanagement. Würde man mehrere statistisch unabhängige Basisaktivitäten kombinieren, so verbliebe nur das nicht diversifizierte unsystematische Risiko. Theoretisch kann das Risiko völlig eliminiert werden, falls die Korrelationen von Basisaktivitäten perfekt negativ sind. In der Realität dürften derartige Basisaktivitäten jedoch rar sein. Es ist zu beachten, dass aktive Diversifikation auch den erwarteten CF verändert, wohingegen er bei naiver Diversifikation gleich bleibt. Berücksichtigt man allerdings Transaktionskosten, die mit Diversifikationsmaßnahmen generell einhergehen, so werden die Grenzen des Risk Management sichtbar. Während Diversifikation für die Finanzindustrie essenziell ist und Transaktionskosten wegen Skaleneffekten meist weniger bedeutend sind, ist Diversifikation für Produktionsunternehmen teuer und daher begrenzt. Überall dort, wo die Transaktionskosten infolge von Skalen- und Verbundeffekten niedrig sind, wie etwa im Handel oder in Dienstleistungsunternehmen, sind Anreize zur Diversifikation gegeben. Finanzintermediation als Risiko- und Liquiditätstransformation beruht auf naiver und aktiver Diversifikation. Bestimmte Kontrakte ermöglichen die Weitergabe der risikotragenden Aktivitäten an Dritte. So werden durch Factoring Bonitäts- und Terminrisiken, durch Forfaitierung zusätzlich Währungsrisiken beseitigt.

b) Steuerung von Einzelrisiken


Das Risiko einzelner Basisaktivitäten kann generell durch Eingehen einer exakt gleichen Gegenposition beseitigt werden, da diese (short oder long) perfekt negativ mit der bestehenden künftigen Position (long oder short) korreliert ist. Aktivitäten zur Erreichung einer Gegenposition sind Sofortgeschäfte in und Terminvereinbarungen auf Basisaktivitäten. So ist z.B. die Produktionsunternehmung künftig long in Fertigwaren und short in Material. Diese offenen Risikopositionen können durch Lieferverträge mit Festpreis (Terminverträge) geschlossen werden. Als Sofortgeschäft kommt der heutige Kauf mit Lagerung in Betracht, wohingegen ein Leerverkauf nur theoretisch möglich ist. Derartige Verträge beseitigen das Preis-, Termin- und Liquiditätsrisiko. Eine vollständige Absicherung liegt vor, wenn die Volumina des Kontrakts und der Basisaktivitäten gleich sind und ein Festpreis vereinbart ist. Andernfalls verbleibt ein partielles Preis- oder Liquiditätsrisiko. Als Beispiele seien die Vereinbarung von Mindest- oder Höchstmengen sowie Preisbegrenzungen genannt.
Kreditinstitute bauen durch Risiko-, Liquiditäts- und Fristenintermediation grundsätzlich Aktiv- und Passivpositionen auf, die natürliche Gegenpositionen sind. Die Risiken heben sich dabei gänzlich oder teilweise auf. Währungsswaps schalten das Währungsrisiko aus, Zinsswaps verändern die Zinsposition in Abhängigkeit der übernommenen Seite des Geschäfts. Sie können als Tausch von Basisaktivitäten interpretiert werden. Die Steuerung von Einzelrisiken ist bezüglich der Gesamtrisikoposition im Regelfall jedoch suboptimal.

2. Risikosteuerung mittels derivativer Aktivitäten


Die risikosteuernde Wirkung derivativer Aktivitäten beruht auf dem Eingehen einer Gegenposition zu risikobehafteten Basisaktivitäten. Bei Kreditinstituten sind diese aktivischer und passivischer Natur. Derivative Aktivitäten sind alle Arten von Termingeschäften, Versicherungen und ähnliche Verträge.
Unbedingte Terminverträge sind Forward- und börsengehandelte Futures-Kontrakte auf Rohstoffe, Agrar- und Forsterzeugnisse, Wertpapiere, Währungen und Indizes. Forwards und Futures beseitigen als Festgeschäfte das Preis-, Termin- und Liquiditätsrisiko, wohingegen bei Forwards ein Bonitätsrisiko vorhanden sein kann. Index-Futures sichern wegen des Cash Settlements nur das Preisrisiko aus der Basisaktivität. Die risikosteuernde Wirkung von Forwards und Futures ist abhängig von der Übereinstimmung des Kontraktgegenstands mit der Basisaktivität hinsichtlich Laufzeit und Volumen. Bedingte Termingeschäfte sind börsengehandelte und Over-the-Counter (OTC)-Optionen. Optionen sind sehr vielseitige Instrumente zur Risikosteuerung, da man mit ihnen vielfältige Zahlungsmuster erzeugen kann (Cox, J.C./Rubinstein, M. 1985). An spezialisierten Börsen gibt es Optionen auf Rohstoffe, Agrarprodukte, Wertpapiere, Indizes und Futures-Kontrakte. Ergänzend werden hauptsächlich von (Investment-)Banken sogen. „ maßgeschneiderte „ ( „ customized „ ) Optionen auf vielfältige Finanzprodukte angeboten. Diese Kontrakte werden von Unternehmen zur Steuerung von Absatz- und Beschaffungsrisiken, ferner –  wie auch von Banken –  zur Steuerung von Zins-, Währungs- und sonstigen finanzwirtschaftlichen Preisrisiken eingesetzt. Optionen sichern im Regelfall nur gegen das Verlustrisiko ab. Die Kaufoption (Call) beseitigt die Verlustgefahr aus einer Leerposition, während das Gewinnpotenzial aus fallenden Preisen erhalten bleibt. Umgekehrt wird eine Long-Position durch den Erwerb einer Verkaufsoption (Put) gegen fallende Preise geschützt, ohne die Gewinnmöglichkeit zu eliminieren. Der Kauf von Call oder Put ist also Versicherung gegen unerwünschte Preisbewegungen. Die Güte der Versicherungswirkung von Optionen wächst mit der Korrelation der Preise von Option und Basisaktivität. Sofern das Underlying der Option mit der zu sichernden Position identisch ist, tritt die gewünschte Absicherungswirkung in vollem Umfang ein, wenn zusätzlich Kontraktmenge und Laufzeit geeignet gewählt werden. Verringert man die Anzahl der Optionskontrakte, so liegt ein partieller Hedge vor. Gibt es keine Option auf die zu sichernde Position, ist ein Cross-Hedge mit dem nächstliegenden Optionskontrakt vorzunehmen, dessen Effektivität meist unvollkommen ist. Alternativ können Techniken der Portfolio-Insurance (Rubinstein, M./Leland, H.E. 1981) zur Absicherung verwendet werden.
Bonitätsrisiken können durch Kredit- bzw. Exportkreditversicherung, Garantien und Bürgschaften abgesichert werden. Kreditinstituten stehen zum Management des Ausfallrisikos auch vielfältige Formen von Kreditderivaten zur Verfügung (Das, S. 1998; Eller, R. 1999). Der systematische Teil des Risikos eines Kreditportfolios kann auch durch Derivate auf einen breiten Marktindex gehedgt werden (Babbel, W.F. 1989).

3. Die Steuerung des Eigenkapitalrisikos


Das Risiko der Eigentümer hängt von der vertraglichen Gestaltung der übrigen Finanzierungskontrakte ab. Die Wirkung verschiedener Finanzierungsvereinbarungen auf das Risiko des Gewinns kann wiederum nur im Portfoliokontext untersucht werden. Für die CF Xi aus den Aktivitäten i = 1,..., n und die Zahlungen Zj für die Finanzierungen j = 1,..., m ist der Gewinn
Risikomanagement
Die ersten beiden Terme lassen sich analog zu (3) bestimmen, während für den letzten Ausdruck sämtliche Korrelationen zwischen den CF Xi und den Finanzierungszahlungen Zj zu berücksichtigen sind. Die Beteiligung externer Kapitalgeber am CF-Risiko der Unternehmung geschieht in verschiedener Form. Die Wirkung von Zinsvereinbarungen wie Festzins/variabler Zins, von Caps, Floors, Collars, von Konversions-, Swap- und Kündigungsrechten auf das Eigenkapitalrisiko kann man letztlich nur im Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung der Korrelationseffekte erkennen. Im mehrperiodigen Kontext stellt auch die Wahl der Laufzeiten von Fremdfinanzierungen Risikosteuerung dar.
Die sogen. Mezzanine-Finanzierung beteiligt Kapitalgeber unmittelbar am Risiko der CF nach Zinsen. Derartige Kontrakte sind die Gewinnschuldverschreibung, Wandel- und Optionsanleihe sowie der Genussschein.
Offene Positionen aus CF der Basisaktivitäten und Finanzierungen verursachen Zinsrisiken, die man mittels der Duration (Macaulay, F.R. 1938; Bierwag, G.O. 1987) feststellen kann. Risiken aus derartigen offenen Positionen können wiederum mit Terminkontrakten wie z.B. Optionen, Futures/Forwards auf Zinstitel, Swaps und Zinsbegrenzungen gesteuert werden.
Finanzierungskontrakte müssen am Markt untergebracht werden. Zur Absicherung gegen Absatzrisiken kann die Unternehmung Emissionsfazilitäten wie Übernahmegarantien eines Konsortiums oder innovative Platzierungsinstrumente einzelner Wertpapierhäuser (Schierenbeck, H./Hölscher, R. 1992) benutzen.
Die nach diesen Finanzierungsvereinbarungen resultierenden Risiken ruhen auf dem Eigenkapital. Das relative Risiko je Eigenkapitaleinheit hängt vom Anteil der Fremdfinanzierung am Gesamtkapital ab. Die Gestaltung der Kapitalstruktur – und damit das Ausmaß des Leverage-Effekts – zählt somit ebenfalls zum Risikomanagement.

IV. Grenzen und Erweiterungen des Risk Management


Das vorgestellte Konzept beruht auf dem Markowitz-Portfoliomodell und damit auf der Normalverteilungsannahme bezüglich der Cashflows. Andere Verteilungen lassen sich nicht allein durch Erwartungswert und Varianz vollständig beschreiben, sondern erfordern auch die Einbeziehung höherer Momente (wie z.B. Schiefe und Kurtosis) in das Risk Management.
Ein anderer Ansatz wäre, das Risk Management aus seiner Wirkung auf den Wert des Eigenkapitals zu gestalten. Interpretiert man das Eigenkapital als Kaufoption auf die Aktiva der Firma mit dem Nominalbetrag des Fremdkapitals als Basispreis, so können prinzipiell die Auswirkungen aller risikobeeinflussenden Maßnahmen auf den Eigenkapitalwert über die Parameter der Optionsbewertungsmodelle erklärt werden (Mason, S.P./Merton, R.C. 1985). Dieser theoretisch ansprechende Ansatz ist auf Kapitalgesellschaften beschränkt und wegen der vielfältigen zu bewertenden, z.T. voneinander abhängigen Optionen höchstens im strategischen Risikomanagement anwendbar. Unberücksichtigt bleiben in diesem Artikel Realoptionen (Kilka, M. 1995). Ebenfalls vernachlässigt ist die Darstellung der konkreten Risikosteuerung bei Banken mittels des Value-at-Risk (Jorion, P. 1997).
Offen blieb, warum und inwieweit Risiken überhaupt abgesichert werden sollen. Wegen der hohen Transaktionskosten und begrenzter Managementkapazitäten ist es für die Anleger leichter, ihrerseits Risikodiversifikation durch Portfoliobildung vorzunehmen. Das Risk Management der Unternehmungen sollte sich daher auf ihr Kerngeschäft beschränken.
Froot und Stein (Froot, K.A./Stein, J.C. 1998) kommen bezüglich obiger Fragen zu dem Ergebnis, dass Finanzinstitute systematische Risiken durch Hedging zu fairen Preisen an den Markt abgeben und sich nur dem Management des spezifischen Risikos widmen sollten. Diese Erkenntnis ist verallgemeinerbar. Unternehmensspezifische Risiken führen zu Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und Management und stören so die Kapitalallokation. Risk Management kann, sofern die Qualität glaubhaft signalisiert wird, diese Beeinträchtigung der Effizienz von Investition und Finanzierung verringern.
Die Steuerung des operativen Risikos vor allem großer Organisationen ist begrenzt. Wegen des Zusammenwirkens der einzelnen Komponenten und ihrer gegenseitigen Abhängigkeiten werden Katastrophen in übermäßig komplexen Systemen quasi normal (vgl. Lo, A.W. 1999 sowie die dort zitierte Literatur). Erfassung und Management struktureller Risiken befinden sich noch in den Anfängen.
Literatur:
Babbel, W.F. : Insuring Banks against Systematic Credit Risk, Journal of Futures Markets 1989, S. 487 – 505
Beaver, W./Parker, G. : Risk Management: Problems and Solutions, New York 1995
Bierwag, G.O. : Duration Analysis – ManagingInterest Rate Risk, Cambridge 1987
Bitz, M. : Grundlagen des finanzwirtschaftlich orientierten Risikomanagements, in: Gebhardt, G./Gerke, W./Steiner, M. (Hrsg.): Handbuch des Finanzmanagements, München 1993, S. 641 – 669
Chorafas, D.N. : Risk Management in Financial Institutions, London 1990
Cox, J.C./Rubinstein, M. : Options Markets, Englewood Cliffs 1985
Das, S. : Credit Derivatives: Trading and Management of Credit and Default Risk, Singapore, 1998
Doherty, N.A. : Corporate Risk Management, New York 1985
Eller, R. : Handbuch Kreditrisikomodelle und Kreditderivate, Wiesbaden 1999
Friedman, J.P./Terzouli, F. : Operating Risk in Financial Services, in: Risk Management: Problems and Solutions, hrsg. v. Beaver, W./Parker, G., New York 1995, S. 219 – 237
Froot, K.A./Stein, J.C. : Risk Management, Capital Budgeting, and Capital Structure Policy for Financial Institutions: An Integrated Approach, Journal of Financial Economics 47, 1998, S. 55 – 82
Gebhardt, G./Russ, O. : Einsatz von derivativen Instrumenten im Risikomanagement deutscher Industrieunternehmen, ZfbF Sonderheft 41, 1999, S. 23 – 83
Heilmann, W.-R. : Versicherungsmathematische Methoden des Risk Management, Blätter der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik 1989, S. 141 – 159
Jorion, P. : Value at Risk, New York, 1997
Kilka, M. : Realoptionen, Frankfurt 1995
Lo, A.W. : The Three P\'s of Total Risk Management, Financial Analysts Journal (January/February) 1999, S. 13 – 26
Macaulay, F.R. : Some Theoretical Problems Suggested by the Movement of Interest Rates, Bond Yields, and Stock Prices in the U.S. since 1856, New York 1938
Markowitz, H.M. : Portfolio Selection: Efficient Diversification of Investments, New Haven 1959
Mason, S.P./Merton, R.C. : The Role of Contingent Claims Analysis in Corporate Finance, in: Recent Advances in Corporate Finance, hrsg. v. Altman, E./Subrahmanyam, M.G., Homewood 1985, S. 7 – 54
Rawls, S.W./Smithson, C.W. : Strategic Risk Management, Journal of Applied Corporate Finance 1990, S. 6 – 18
Rubinstein, M./Leland, H.E. : Replicating Options with Positions in Stock and Cash, Financial Analysts Journal July-August 1981, S. 63 – 72
Saunders, A. : Financial Institutions Management, 2. A., New York, 1997
Schierenbeck, H./Hölscher, R. : Bank Assurance, Stuttgart 1992
Sinkey, J.F. Jr. : Risk Exposure of Banks, in: The New Palgrave Dictionary of Money & Finance, hrsg. v. Newman, P./Milgate, M./Eatwell, J., London 1992, S. 371 – 372
Smith, C.W./Smithson, C.W./Wilford, D.S. : Managing Financial Risk, New York 1989

 

 


 

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