Risikocontrolling
Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Elemente des Risikocontrollings
III. Organisatorische Regelungen
IV. Externe Risikoberichterstattung
I. Grundlagen
Geht man von einer koordinationsorientierten Konzeption des Controllings aus, so besteht deren Aufgabe in einer Koordination des Führungssystems zur Unterstützung der an den Unternehmenszielen ausgerichteten Unternehmensführung. Zielvariablen für erwerbswirtschaftliche Institutionen sind z.B. erwartete Erfolge oder Einzahlungsüberschüsse, die auch durch eine Bewertung mit risikoadäquaten Renditeforderungen zu Marktwerten des Eigenkapitals oder des Gesamtunternehmens zusammengefasst werden. Aufgrund ihres Zukunftsbezuges sind die Zielvariablen durch Unsicherheiten bezüglich der Höhe und des zeitlichen Anfalls geprägt. Auch die Zielvariablen nicht erwerbswirtschaftlicher Institutionen sind Unsicherheiten ausgesetzt (z.B. die Sicherstellung der schnellen Versorgung von Infarktpatienten von der Zahl, dem örtlichen und zeitlichen Anfall der Krankheitsfälle).
Eine Berücksichtigung von Unsicherheiten ist damit ein zentraler Aspekt jeglichen Controllings. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf wirtschaftliche Aktivitäten. Diese sind regelmäßig mit der bewussten Übernahme von Risiken verbunden, wobei grundsätzlich ein positiver Zusammenhang zwischen dem Ausmaß übernommener Risiken und den erwarteten Entgelten besteht. Eine Bank, die ihre Einlagen nur in (kredit-)risikolose Staatsanleihen investiert, kann nur niedrigere Erträge erwarten als ein Kreditinstitut, das Firmenkredite oder Konsumentenkredite vergibt. Eine Beurteilung der Angemessenheit von übernommenen Risiken und den Entgelten ist bei jeder wirtschaftlichen Entscheidung zu treffen und erfordert eine Identifikation, Messung und Bewertung der Risiken.
Eine Betrachtung von Risiken nur auf der Ebene einzelner Entscheidungen ist jedoch nicht ausreichend, da Zusammenhänge zwischen den mit den Einzelentscheidungen übernommenen Risiken bestehen: Vergeben mehrere Niederlassungen einer Bank unabhängig voneinander Kredite an ein Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen (z.B. Mobilfunkgesellschaften), so können die einzeln unproblematischen Kredite für die Gesamtbank ein insgesamt problematisches (Klumpen-)Risiko ergeben. Es können aus der Zusammenfassung der Risiken einzelner Entscheidungen insbesondere auch risikomindernde Diversifikationseffekte entstehen.
Der Begriff Risiko wird mit zwei Interpretationen verbunden – als positive oder negative Abweichung von einem erwarteten Wert (zweiseitige Risikodefinition) und als nur negative Abweichung (Verlustgefahr). Beide Begriffsverständnisse sind für eine zielorientierte Unternehmenssteuerung und damit für ein Risikocontrolling relevant. Die künftig realisierten Erfolge bzw. Einzahlungsüberschüsse beinhalten sowohl positive als auch negative Abweichungen von den erwarteten Größen.
Eine besondere Betrachtung der negativen Abweichungen lässt sich damit begründen, dass Verluste ökonomische Nachteile auslösen können, z.B. aufgrund nichtlinearer Ertragsteuern oder von Unterinvestitionsproblemen (vgl. den Überblick bei Gebhardt, G./Ruß, O. 1999, S. 27 – 32), und sogar die Existenz der Institution gefährden. Der durch das KonTraG eingefügte § 91 II AktG verlangt von Vorständen bzw. Geschäftsführern „ geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden “ und damit eine Konzentration auf negative Abweichungen. Im Lagebericht ist „ über die Risiken der künftigen Entwicklung zu berichten “ (§§ 289 I, 315 I HGB). Diese Verpflichtungen sind gem. § 317 II, IV HGB – allerdings nur geltend für börsennotierte Aktiengesellschaften – Gegenstand der Prüfung, und darauf ist auch im Prüfungsbericht sowie im Bestätigungsvermerk einzugehen (§§ 321 I, IV, 322 II, III HGB). Die Erfüllung der rechtlichen Anforderung zur Einrichtung eines Frühwarnsystems für existenzgefährdende Risiken, der eine Ausstrahlungswirkung als Grundsatz ordnungsmäßiger Geschäftsführung auch auf andere Rechtsformen zugeschrieben wird (vgl. bereits die Regulierungsbegründung zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 27; anderer Ansicht Hommelhoff, P. 2000, S. 376 – 383), reicht für ein unternehmerisches (Risiko-)Controlling, das weitergehend grundsätzlich die Beurteilung der Angemessenheit von Risikoübernahme und Gegenleistungen ermöglichen sollte, freilich nicht aus.
II. Elemente des Risikocontrollings
1. Risikocontrolling als Teilbereich des Risikomanagements
Die primäre Aufgabe der Geschäftsleitung ist die Definition der Geschäftspolitik. Dazu gehört neben der Definition der Zielvariablen, der Auswahl der Tätigkeitsgebiete und der Markt- sowie Ressourcenstrategien insbesondere auch eine Festlegung der risikopolitischen Strategien. Risikomanagement in diesem Sinne ist eine Teilaufgabe bzw. ein Aspekt im Rahmen der Gesamtaufgabe der Unternehmensführung. Abb. 1 zeigt wesentliche Elemente eines Risikomanagementprozesses (RMS) auf.
Abb. 1: Risikomanagementprozess (Quelle: Gebhardt, G./Mansch, H. 2001, S. 150)
Das Risikocontrolling umfasst dabei die Risikoidentifikation, die Analyse und Bewertung der Risiken (einschließlich ihrer Aggregation) und die Risikoüberwachung (auch als Risikocontrolling in einem engeren Sinne bezeichnet). Die Entscheidungen über das Eingehen von Risiken bzw. deren Vermeidung sowie über die Reduktion eingegangener Risiken durch risikopolitische Maßnahmen im Rahmen der Risikosteuerung (z.B. Versicherungen, Risikoüberwälzung durch Vertragsklauseln, realwirtschaftliche Diversifikation oder Hedging unter Einsatz von Finanzinstrumenten) sind originäre Managemententscheidungen. Das Risikocontrolling liefert dafür Entscheidungsgrundlagen und bildet deren Auswirkungen im Plan und Ist ab.
2. Risikoidentifikation
Ausgangspunkt der Konzeptionalisierung eines Risikocontrolling sollte eine Festlegung der Zielvariablen und Maßgrößen zur Beschreibung der Unsicherheit der Zielvariablen sein. Für erwerbswirtschaftliche Unternehmen bieten sich hier Periodenerfolge oder Einzahlungsüberschüsse bzw. deren mehrperiodige Aggregation zu Marktwerten des Eigenkapitals oder zum Marktwert des Gesamtunternehmens an. Zur Ermittlung dieser Zielvariablen kann auf tiefer gegliederte Erfolgsrechnungen, Kapitalflussrechnungen sowie Bilanzen zurückgegriffen werden. Abb. 2 zeigt dazu exemplarisch auf, wie die Zielvariablen von ausgewählten Risikofaktoren abhängen. So hängt die Höhe der Umsatzeinzahlungen bei einem exportierenden Unternehmen zum einen von den in den Absatzländern erzielbaren Güterpreisen ab und diese wiederum von der Konkurrenzsituation. Zum anderen spielen Währungsrisiken, aber auch Bonitätsrisiken der Vertragspartner und Länderrisiken u.U. eine wichtige Rolle.
Abb. 2: Identifizierung von Risiken (Quelle: Gebhardt, G./Mansch, H. 2001, S. 29)
In Abb. 2 werden Marktpreisrisiken (d.h. Zins-, Währungs-, Güterpreis-, Aktienpreisrisiken) exemplarisch besonders betont. Die Höhe z.B. der Umsatzeinzahlungen oder der Herstellungsauszahlungen hängt weiter von betrieblichen Risikofaktoren im leistungswirtschaftlichen und im absatzwirtschaftlichen Bereich (z.B. Beschaffungspreisrisiken, Qualitätsrisiken, Terminrisiken) ab, die unternehmensindividuell bzw. besser individuell für die einzelnen Geschäfte und Teilbereiche (z.B. auch für Funktionsbereiche wie Personal, Rechnungswesen) eines Unternehmens zu identifizieren sind. So verwendet Siemens im Lagebericht (Geschäftsbericht Deutsche Bank 1999/2000, S. 52 – 54) eine Gliederung in
- | Geschäftsrisiken z.B. aus Preiswettbewerb, Marktentwicklung oder Technologieänderungen; | - | operationale Risiken z.B. bei der technischen Realisierung von Projekten, Störungen in der Wertschöpfungskette, Betriebsunterbrechungen, Umweltrisiken; | - | Lieferantenrisiken z.B. bei Qualitäten, Lieferterminen; | - | Finanzrisiken z.B. Währungs-, Zins-, Kreditrisiken aus Kunden- und Lieferantenfinanzierungen; | - | Personalrisiken z.B. aus Wettbewerb um spezialisierte und qualifizierte Fach- und Führungskräfte. |
Eine Übersicht über bankbetriebliche Risiken enthält Abb. 3.
Abb. 3: Bankbetriebliche Risiken (Quelle: Krumnow, 1998, S. 851)
Zur Identifikation der Risiken für die einzelnen Geschäfte und Teilbereiche bedient man sich unterschiedlicher Techniken (z.B. Interviews, Workshops, Dokumentenanalysen) und Strukturierungshilfen (z.B. Risiko-Checklisten, Balanced Scorecard). Dieser Prozess der „ Risikoinventur “ ist regelmäßig und auch aus besonderem Anlass – etwa bei Auftreten relevanter bisher nicht adäquat erfasster Risikoarten (z.B. Sammelklagen) oder extremer Ausprägungen bisher nachrangiger Risikoarten (z.B. Liquiditätsrisiken im Zuge der Asienkrise 1998) – zu wiederholen.
3. Aggregation und Kommunikation von Risiken
Die Darstellung in Abb. 2 basiert auf einer Betrachtung einer Periode und eines Geschäftes. Bei Unternehmen mit mehreren Geschäften stellt sich dann die Frage, ob deren Risiken isoliert betrachtet oder ob eine Aggregation vorgenommen werden soll, bei der ein Ausgleich von Risiken zwischen Unternehmensbereichen möglich ist (z.B. USD-Einzahlungen aus Verkäufen der Sparte A mit USD-Auszahlungen aus Bezügen der Sparte F). Dazu müssen die finanziellen Überschüsse konzernweit einheitlich definiert und die Risikofaktoren einheitlich erfasst werden. Dies ermöglicht ein zentrales Risikomanagement und -controlling mit Kosten- und Spezialisierungsvorteilen, setzt aber auch ein internes (Risiko-)Berichtswesen voraus.
Die Risikofaktoren sind oft nicht unabhängig voneinander, sodass sich die weitere Frage stellt, ob bestehende Korrelationen bei der Aggregation zu einem Gesamtrisiko berücksichtigt werden sollen. Voraussetzung für eine solche Aggregation ist eine quantitative Messbarkeit der Risiken mit einheitlichen Messgrößen (z.B. mit Hilfe von Value-at-Risk-Maßzahlen). So fasst die Deutsche Bank im GB 1999 (S. 127 f.) Zins-, Währungs-, Güterpreis- und Aktienpreisrisiken sowie die Risiken verschiedener Handelsbereiche unter Berücksichtigung historischer Korrelationen zusammen.
Abb. 3: Bankbetriebliche Risiken (Quelle: Krumnow, 1998, S. 851)
Schließlich stellt sich noch die Frage nach einer Aggregation der Risiken einzelner künftiger Teilperioden, die über eine Diskontierung der risikobehafteten Erfolge oder Einzahlungsüberschüsse erfolgt. Eine solche Aggregation liegt der Steuerung und Kontrolle der Preisrisiken von Finanzunternehmen auf der Basis von Marktwerten zugrunde.
4. Messung und Bewertung von Risiken
Eine Aggregation von unterschiedlichen Risiken setzt deren einheitliche Messung voraus. Besonders günstige Voraussetzungen sind dafür bei den Marktpreisrisiken gegeben, für die eine umfangreiche Literatur zahlreiche Ansätze zur quantitativen Risikomessung entwickelt hat, die auch in der Praxis zum Einsatz kommen (z.B. Value-at-Risk, Cashflow-at-Risk, Duration-Maße, Sensitivitäten, Szenarioanalysen) und zum Teil bankaufsichtsrechtlich anerkannt sind. Bei der Quantifizierung von Bonitätsrisiken werden derzeit erhebliche Fortschritte gemacht, und sogar die Quantifizierung von operativen Risiken im Bereich der Finanzinstrumente wird erfolgreich vorangetrieben.
Für marktgehandelte Risiken (insbes. Währungs-, Zins-, Güterpreis-, Aktienpreisrisiken sowie Kreditrisiken) können aus den Marktpreisen Risikobewertungen abgeleitet werden. Soweit Risiken versicherbar sind, können auch die gezahlten bzw. quotierten Prämien herangezogen werden. Bei anderen Risiken bleibt hier eine Abschätzung unter Berücksichtigung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und erwarteten Abweichungen der Zielvariablen.
Mit Blick auf die Quantifizierung bestandsgefährdender Risiken wird eine Klassifizierung nach Schadenshäufigkeit (hoch/mittel/selten) und Schadenshöhe (hoch/mittel/gering) empfohlen sowie eine Fokussierung auf die in ihren Auswirkungen schwerwiegendsten Risiken.
Die Messung und Bewertung von Risiken bildet die Grundlage für die Vorgabe von zulässigen Risikopositionen (Limiten) in den einzelnen Geschäften bzw. aggregiert auf Gesamtunternehmensebene. Damit wird bei dezentralen Entscheidungen ein Rahmen für das Handeln der verantwortlichen Entscheidungsträger gesetzt, der im Folgenden auch Gegenstand der Überwachung ist. Dazu sind die Zielvariablen konkret festzulegen:
- | Soll die Volatilität von künftigen Erfolgsgrößen oder von Einzahlungsüberschüssen gesteuert werden (stromgrößenorientierte Risikobetrachtung) oder ist der Marktwert von Beständen (z.B. Handelsbestände, Bestände an Finanzinstrumenten) Gegenstand des Risikomanagements? | - | Auf welche Betrachtungszeiträume bzw. -zeitpunkte erstrecken sich die Risikoüberlegungen? |
5. Risikoüberwachung
Die Risikoüberwachung hat die Aufgabe, die Auswirkungen der geschäftspolitischen Entscheidungen sowie der Maßnahmen der Risikosteuerung auf die Zielgrößen abzubilden und dies den Verantwortlichen auf den höheren Hierarchieebenen zuzuleiten. Dabei ist insbesondere die Einhaltung, Auslastung oder Überschreitung von vorgesehenen Limiten aufzuzeigen. Wo keine Limite vorgegeben werden konnten, sind z.B. aufgetretene Schadensfälle zu erfassen und geeignet zu kommunizieren.
Zur Risikoüberwachung gehört auch die Überprüfung der Maßnahmen als Risikosteuerung darauf, ob die geschäftspolitischen Vorgaben zum Einsatz von Instrumenten des Risikomanagements (insbes. derivative Finanzinstrumente) eingehalten wurden. Dazu gehört die Überprüfung der Marktgerechtheit der Geschäfte, der Zulässigkeit der Kontrahenten sowie der klaren und vollständigen Dokumentation der Kontraktbedingungen.
Die Risikosteuerung ist Gegenstand, aber nicht Bestandteil des Risikocontrollings. Es ist in der Verantwortung der Geschäftsführung zu entscheiden, welche risikopolitischen Maßnahmen sie ergreift oder unterlässt. Eine Darstellung und Beurteilung der Risikopositionen muss diese Maßnahmen natürlich einschließen. Der Versuch in IDW PS 340 Tz. 6, die Prüfung nach § 317 IV HGB nur auf das Risikofrüherkennungssystem zu beschränken, erscheint daher nicht angemessen.
III. Organisatorische Regelungen
1. Funktionstrennung
Nicht nur für Kreditinstitute empfiehlt sich nachdrücklich die in Abschnitt 4 der Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute (MaH) des BAKred Rundschreibens vom 23.10.1995 geforderte Funktionstrennung zwischen den Bereichen
- | Handel (bzw. Risikosteuerung), | - | Abwicklung und Kontrolle (Back Office), | - | Rechnungswesen und Risikoüberwachung. |
Dadurch sollte der heimliche Aufbau von Risikopositionen durch einzelne Personen – wie im spektakulären Fall „ Barings “ durch einen Händler, der auch in Abwicklung und Kontrolle eingreifen konnte – verhindert werden. Die Funktionstrennung sollte möglichst bis in die Ebene der Geschäftsleitung reichen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen wirft dies Probleme auf, da oft nur ein Mitglied der Geschäftsleitung einen ausreichenden kaufmännischen Hintergrund hat.
Risikosteuerung und Risikoüberwachung sowie Back Office sollten vergleichbar gut mit personellen und informationstechnischen Ressourcen ausgestattet sein, damit nicht ein Bereich den anderen dominiert. Dies impliziert eine vergleichbare Entlohnung der Mitarbeiter, die jedoch in der Praxis für die Händler oft sehr viel höher ist.
Die strikte Funktionstrennung zumindest zwischen der Risikosteuerung und den anderen Bereichen muss auch bei den EDV-Systemen gegeben sein. Dies erfordert eine strikte Einhaltung von Zugriffsregelungen und Veränderungssperren. Die Ermittlung von Risikopositionen im Bereich der Risikoüberwachung muss unabhängig von den Systemen der risikosteuernden Einheiten möglich sein.
Die Aufgabenteilung zwischen dem Handel bzw. der Risikosteuerung und den nicht risikosteuernden Bereichen sollte auch bei Nichtbanken strikt beachtet werden. Eine organisatorische Trennung in die Bereiche Abwicklung und Kontrolle, Rechnungswesen und Überwachung ist bei Industrie- und Handelsunternehmen nicht unbedingt geboten. Wenn diese zur Risikosteuerung in größerem Umfang Finanzinstrumente, insbes. Derivate, einsetzen, dann sollten sie ebenfalls bankähnliche Verfahren der Aufbau- und Ablauforganisation einrichten.
2. Dokumentation des Risikocontrollings
Es ist nicht ausreichend, ein Risikocontrolling zu konzipieren und einzuführen, sondern es ist auch dafür Sorge zu tragen, dass die aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen allen betroffenen Mitarbeitern so bekannt und vertraut sind, dass daraus konkrete Handlungsanweisungen abgeleitet werden. Einem Vertriebsbeauftragten muss z.B. bei Verhandlungen über größere Aufträge bewusst sein, dass die Wahl der Fakturierungswährung nicht ohne Abstimmung mit den für das Währungsrisiko verantwortlichen Instanzen getroffen werden kann.
Zur Sicherstellung eines effektiven Risikocontrollings haben einige Unternehmen sog. Risikohandbücher entwickelt, in denen die Aufgaben und Abläufe für die einzelnen organisatorischen Einheiten detailliert beschrieben werden. Dazu gehören auch Darstellungen der Risiken und der Verfahren ihrer Messung sowie Erläuterungen zu dem internen Risikoberichtswesen (vgl. IDW PS 340).
Eine prozessunabhängige Interne Revision ist ein wesentliches Element der Sicherstellung eines angemessenen Risikomanagement- und Risikocontrollingsystems. Dies kommt in der vom Abschlussprüfer – nur bei amtlich notierten Unternehmen – nach § 317 IV HGB geforderten Beurteilung des Überwachungssystems sowie bei Kreditinstituten in besonderen aufsichtsrechtlichen Regelungen zum Ausdruck, die eine Prüfung der „ Anwendung, Funktionsfähigkeit, Wirksamkeit und Angemessenheit der Risikomanagement- und -controllingsysteme “ verlangen (BAKred Rundschreiben 1/2000, Rz. 16).
Abschnitt 5 der Mindestanforderungen enthält konkrete Vorgaben für eine jährliche Prüfung der wesentlichen Prüfungsfelder und nennt explizit u.a. das Limitsystem, die Positions- und Ergebnisermittlung, die Funktionstrennung sowie die Vollständigkeit, Richtigkeit und Zeitnähe des internen Berichtswesens. Diese Grundsätze sollten in gleicher Weise für die Prüfung des Risikomanagements und -controllings bei Nichtbanken beachtet werden.
Der Abschlussprüfer hat über das Ergebnis seiner Prüfung des Überwachungssystems nach § 317 IV HGB in dem an den Aufsichtsrat adressierten Prüfungsbericht zu berichten und soll dabei ggf. auch auf Maßnahmen zur Verbesserung des internen Überwachungssystems eingehen (§ 321 IV HGB). Von den berufsständischen Empfehlungen (vgl. IDW PS 340) werden diese Prüfungs- und Berichtspflichten noch eher restriktiv interpretiert.
IV. Externe Risikoberichterstattung
Durch das KonTraG wurde zusätzlich eine explizite – klarstellende – Pflicht zur Berichterstattung über die Risiken der künftigen Entwicklung im Rahmen des Lageberichts bzw. Konzernlageberichts (§§ 289 I, 315 I HGB) für die Kapitalgesellschaften, diesen nach § 264a gleichgestellte Gesellschaften sowie nach §§ 1, 11 PublG publizitätspflichtige Gesellschaften eingeführt. Zur Konkretisierung liegen inzwischen DRS 5 sowie für Banken DRS 5 – 10 und für Versicherungen DRS 5 – 20 vor. Während DRS 5 eine unternehmensindividuell strukturierte, zumeist qualitative Beschreibung der Risiken vorsieht, entwickelt DRS 5 – 10.8, 22 einen Standardkatalog der Risiken (Adressenausfallrisiken, Liquiditätsrisiken, Marktrisiken, operationale Risiken, sonstige Risiken) und forciert quantitative Angaben. Dies kann als Vorbild auch für Unternehmen anderer Branchen dienen.
Viele deutsche Unternehmen haben auch schon früher teilweise sehr ausführlich über ihr Risikomanagement, insbes. soweit es im Zusammenhang mit dem Einsatz von derivativen Instrumenten steht, berichtet (vgl. Gebhardt, G. 1997; Kajüter, P. 2001 mit einer ersten Ausweitung nach Inkrafttreten des KonTraG). Sie haben sich dabei an der internationalen Praxis orientiert, die von den Anforderungen der SEC im Release No. 33 – 7386 vom Januar 1997 stark geprägt wird (vgl. SEC Staff Report, July 1998).
Literatur:
Bitz, Horst : Risikomanagement nach KonTraG, Stuttgart 2000
Böcking, Hans-Joachim/Orth, Christian : Risikomanagement und das Testat des Abschlussprüfers, in: BFuP, Jg. 52, H. 3/2000, S. 242 – 260
Bumbacher, Robert-Jan/Hodel, Beat : Risk Management und Interne Revision, in: Der Schweizer Treuhänder, Jg. 74, H. 10/2000, S. 1053 – 1058
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., : DRS 5: Risikoberichterstattung, Berlin 2001
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., : DRS 5 – 10: Risikoberichterstattung von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, Berlin 2001
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., : DRS 5 – 20: Risikoberichterstattung von Versicherungsunternehmen, Berlin 2001
Eggemann, Gerd/Konradt, Thomas : Risikomanagement nach KonTraG aus dem Blickwinkel des Wirtschaftsprüfers, in: Betriebs-Berater, Jg. 55, H. 10/2000, S. 503 – 509
Gebhardt, Günther : Entwicklungen in der Berichterstattung über das Risikomanagement unter Einsatz derivativer Instrumente bei deutschen Industrie- und Handelsunternehmen, in: Recht der Internationalen Wirtschaft, Jg. 43, H. 5/1997, S. 390 – 401
Gebhardt, Günther/Mansch, Helmut : Risikomanagement und Risikocontrolling in Industrie- und Handelsunternehmen: Empfehlungen des Arbeitskreises „ Finanzierungsrechnung “ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., ZfbF, Sonderheft 46, Düsseldorf et al. 2001
Gebhardt, Günther/Ruß, Oliver : Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten im Risikomanagement unter Einsatz derivativer Instrumente bei deutschen Industrieunternehmen, in: Rechnungswesen und Kapitalmarkt: Beiträge anläßlich eines Symposiums zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Walther Busse von Colbe, ZfbF, Sonderheft 41, hrsg. v. Gebhardt, Günther/Pellens, Bernhard, Düsseldorf et al. 1999, S. 23 – 83
Geschäftsbericht Deutsche Bank, : 1999, Frankfurt am Main 2000
Glaum, Martin/Förschle, Gerhart : Rechnungslegung für Finanzinstrumente und Risikomanagement: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Der Betrieb, Jg. 53, H. 31/2000, S. 1525 – 1534
Hahn, Klaus/Weber, Stefan C./Friedrich, Jörg : Ausgestaltung des Risikomanagementsystems in mittelständischen Unternehmen, in: Betriebs-Berater, Jg. 55, H. 51/52/2000, S. 2620 – 2628
Hommelhoff, Peter : Risikomanagement im GmbH-Recht, in: Festschrift für Otto Sandrock zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Berger, Klaus Peter/Ebke, Werner F./Elsing, Siegfried, Heidelberg 2000, S. 373 – 383
Hornung, Karlheinz/Reichmann, Thomas/Diederichs, Marc : Risikomanagement – Teil I: Konzeptionelle Ansätze zur pragmatischen Realisierung gesetzlicher Anforderungen, in: Controlling, Jg. 11, H. 77/1999, S. 317 – 325
Hornung, Karlheinz/Reichmann, Thomas/Form, Stephan : Teil II: Wertorientierung und KonTraG als Determinanten des Risikomanagements der metallgesellschaft ag, in: Controlling, Jg. 12, H. 3/2000, S. 153 – 161
Kajüter, Peter : Risikoberichterstattung: Empirische Befunde und der Entwurf des DRS 5, in: Der Betrieb, Jg. 54, H. 3/2001, S. 105- – 111
Krumnow, Jürgen : Die Absicherung von Zins- und Währungsrisiken bei Kreditinstituten, in: Handbuch der Konzernfinanzierung, hrsg. v. Lutter, Marcus, Köln 1998, S. 833 – 870
Krystek, Ulrich/Müller, Michael : Frühaufklärungssysteme – Spezielle Informationssysteme zur Erfüllung der Risikokontrollpflicht nach KonTraG, in: Controlling, Jg. 11, H. 4/5/1999, S. 177 – 183
Prahl, Reinhard/Naumann, Thomas K. : Financial Instruments, in: Handbuch des Jahresabschlusses in Einzeldarstellungen, hrsg. v. v. Wysocki, Klaus/Schulze-Osterloh, Joachim, Köln, Abt./10. A., 2000, Rn. 1 – Rn. 335
Reichel, Helmut/Kütter, Georg : Anforderungen an den Einsatz von Finanzinstrumenten bei Industrieunternehmen, Frankfurt am Main, 2. A., 1998
SEC Staff Report, : Review of the First Phase of Fillings of Disclosure of Quantitative and Qualitative Information About Market Risks Inherent in Derivative Instruments and Other Financial Instruments, Washington DC 1998
The Institute of Chartered Accountants in England & Wales, : No Surprises – The Case for Better Risk Reporting, London 1999
Vogler, Matthias/Engelhard, Sven/Gundert, Martin : Risikomanagementsysteme – Stand der Umsetzung, in: Der Betrieb, Jg. 53, H. 29/2000, S. 1425 – 1431
|