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Markteintritts- und Marktaustrittstrategien


Inhaltsübersicht
I. Konzeptioneller Rahmen
II. Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren
III. Markteintrittsstrategien
IV. Marktaustrittsstrategien

I. Konzeptioneller Rahmen


In einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung sind Unternehmungen dazu gezwungen, ihre Absatzmärkte immer wieder neu zu bestimmen, d.h. bisherige Märkte aufzugeben und neue Märkte zu erschließen. Im Rahmen der Branchen- und Konkurrentenanalyse werden die notwendigen Informationen erfasst und verarbeitet, die die in diesem Zusammenhang zu treffenden Entscheide des Markteintritts und -austritts unterstützen (Porter, M. E. 1983). Markteintrittsentscheide und Marktaustrittsentscheide sind als die grundlegendsten Entscheide des Strategischen Marketing zu verstehen.

1. Markteintrittsentscheid und Markteintrittsstrategie


Der Markteintrittsentscheid ist in seinem Wesen eine differenzierte »go-or-no-go-Entscheidung«, die eine Selektion relevanter Eintrittsmärkte vornimmt und mithilfe von Risiko-Chancen-Profilen zum Ausdruck bringt, ob und allenfalls nach welchen Prioritäten ein Markt, auf dem die Unternehmung bislang nicht tätig gewesen ist, als Eintrittsmarkt infrage kommt (Root, F. R. 1982; Remmerbach, K.-U. 1989; Kühn, R. 1989). Der Markteintrittsentscheid kennzeichnet sich dadurch, dass er nur »unternehmungssubjektiv bestimmbar« ist und sowohl durch diversifizierende Unternehmungen als auch durch »start ups«, d.h. Unternehmungen, die aufgrund ihrer Neugründung erstmals tätig werden, getroffen werden muss (Remmerbach, K.-U. 1989).
Entscheidet sich eine Unternehmung, in einen Markt einzutreten, so hat sie eine Reihe von Schwierigkeiten zu überwinden, die als Markteintrittsbarrieren (MEB) bezeichnet werden (Meffert, H./Ohlsen, G. 1982). MEB können einen Markteintritt erschweren oder verunmöglichen, indem sie nach einer Untersuchung von Yip einen potenziellen Newcomer zwar nicht zwangsläufig von einem Marktzutritt abhalten, aber verhindern, dass Unternehmungen, die in den Markt eingedrungen sind, irgendwelche Erfolge erzielen (Bain, J. S. 1956; Porter, M. E. 1983; Yip, G. S. 1982). Insofern bieten sie aber auch den Anreiz, innovativ tätig zu werden, »um sich an geänderte Rahmenbedingungen des Wirtschaftens anzupassen, da sie den innovativen Unternehmungen die Früchte ihrer Anstrengung garantieren« (Porter, M. E. 1983; Schmidt, I./Engelke, H. 1989). Eintrittsbarrieren wirken also auf die langfristigen Gewinnperspektiven im Markt (Meffert, H. 1987).
Im Rahmen der Markteintrittsentscheidung sind somit zu überwindende und allenfalls nach dem Eintritt zu errichtende MEB bereits zu berücksichtigen. Markteintrittsentscheide bedingen daher zumindest grobe Vorstellungen darüber, ob existierende MEB überwunden werden können, sagen jedoch nichts darüber aus, wie dies geschehen soll. Antwort auf die Frage nach dem Wie des Markteintritts geben Markteintrittsstrategien (MES). Darunter sind jene strategischen Vorgaben und Leitlinien zu verstehen, die festlegen, zu welchem Zeitpunkt, mit welchem Wettbewerbsverhalten und mit welchem Mitteleinsatz vorzugehen ist, um in einem Eintrittsmarkt die angestrebte Marktposition zu sichern. Gängig ist in der Literatur die Unterscheidung von MES in alternative Formen von Wachstumsstrategien sowie in Konzepte für die Überwindung, Umgehung sowie Errichtung von MEG zur Sicherung und zum Aufbau der Wettbewerbsposition in der Nacheintrittsphase (Porter, M. E. 1983; Remmerbach, K.-U. 1988; Minderlein, M. 1989).

2. Marktaustrittsentscheid und Marktaustrittsstrategie


Ein Eintritt in einen (jungen) Markt kann u.U. mit einem Austritt aus einem stagnierenden, schrumpfenden oder erfolglos bearbeiteten Markt zusammenhängen. Der Rückzug aus einem Markt wird aber analog zum Markteintritt durch Barrieren, die unter dem Begriff Marktaustrittsbarrieren (MAB) zusammengefasst werden, erschwert oder gar verunmöglicht (Harrigan, K. R. 1980b; Meffert, H./Ohlsen, G. T. 1982; Porter, M. E. 1983). MAB induzieren deshalb eine »Stay-or-Exit«-Entscheidung, bei der Alternativen der Marktbehauptung sowie des Marktaustritts gleichermaßen einzubeziehen sind (Meffert, H. 1984; Harrigan, K. R. 1989). Verharren aufgrund von zu hohen MAB erfolglose Unternehmen im Markt, dann verschlechtert sich durch Wettbewerbsintensivierung und verzögerte Strukturanpassung die Position der im Markt verbleibenden gesünderen Unternehmen (Porter, M. E. 1983). MAB haben insofern Auswirkungen auf die Erfolgsaussichten der im Markt tätigen Anbieter und erfordern aus diesem Grund eine frühzeitige Marktaustrittsplanung, in deren Rahmen die Marktaustrittsstrategie (MAS) festgelegt wird (Harrigan, K. R. 1980a; Porter, M. E. 1983). Marktaustrittsstrategien sind demnach Konzepte zur Überwindung, Umgehung oder Senkung von MAB (Meffert, H. 1984).

II. Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren


1. Markteintrittsbarrieren


Das Konzept der MEB geht auf den Industrieökonomen Bain zurück. Eine MEB wird von Bain definiert als »the extent to which, in the long run, established firms can elevate their selling prices above the minimal average costs ? without inducing potential entrants to enter the industry«. Die Höhe der Eintrittsbarrieren erklärt sich bei Bain durch die »limit price theory« und drückt sich in der gerade noch erzielbaren eintrittsverhindernden Preisprämie aus (Bain, J. S. 1956). Nach dieser Theorie hat eine Monopolunternehmung bzw. eine Gruppe von Oligopolisten durch eine entsprechende Gestaltung der Angebotsmenge die Höhe des Marktpreises bzw. des Eintrittssperren- oder Limitpreises derart zu bestimmen, dass der Markteintritt für potenzielle Newcomer unattraktiv bzw. unrentabel wird (Minderlein, M. 1989).
Demgegenüber definiert Stigler MEB nicht als Differenz zwischen den minimalen Durchschnittskosten und dem Preis, sondern als Differenz zwischen den Kosten, die bei gegebener Produktionsmenge einem etablierten Unternehmen einerseits bzw. einem potenziellen Konkurrenten andererseits entstehen (Stigler, G. J. 1968; Baumol, W. J. 1982). Auch Fisher et al. interpretieren Kostenasymmetrien als Eintrittsschranken. Sie ergänzen aber, dass diese »nur dann existieren, wenn der Altanbieter den Marktzutritt verhindern kann, ohne sich konkurrenzmäßig zu verhalten. Intensiver Wettbewerb wird hier demnach nicht als Eintrittsbarriere ausgelegt (Fisher, F. M./McGowan, J. J./Greenwood, J. 1985). Andere Autoren verstehen unter Eintrittsbarrieren grundsätzlich alle Hindernisse, die »die Wahrscheinlichkeit, das Ausmaß oder die Geschwindigkeit« des Auftretens von Newcomern herabsetzen (Sheperd, W. G. 1985).
Üblicherweise werden in der Literatur strukturelle und strategische MEB unterschieden (Porter, M. E. 1983; Minderlein, M. 1989).

a) Strukturelle Markteintrittsbarrieren


Strukturelle MEB entstehen, wenn etablierte Unternehmungen Entscheidungen treffen, die keine Maßnahmen gegen potenzielle Konkurrenten enthalten, die aber dennoch zu einem negativen »value of entry« für Newcomer führen (Eaton, B. C./Lipsey, R. G. 1981). Mit Bain und Porter können die folgenden wesentlichen strukturellen MEB unterschieden werden (vgl. auch Karakaya, F./Stahl, M. J. 1989): Betriebsgrößenvorteile (economies of scale), Produktdifferenzierungsvorteile (z.B. Markenidentität, -treue), absolute größenunabhängige Kostenvorteile (z.B. Besitz von Produktionstechnologien, günstiger Zugang zu Rohstoffen, günstige Standorte, staatliche Subventionen, lern- und erfahrungsbedingte Kostendegression, Patente), massiver Kapitalbedarf (z.B. für Einstiegswerbung oder Forschung und Entwicklung), hohe Umstellungskosten (z.B. Umschulungskosten für Mitarbeiter, Kosten für Zusatzgeräte), erschwerter Zugang zu Vertriebskanälen, staatliche Politik (z.B. Lizenzzwang, beschränkter Zugang zu Rohstoffquellen).

b) Strategische Markteintrittsbarrieren


Die Existenz struktureller MEB genügt in den meisten Fällen nicht, um potenzielle Mitbewerber von einem Markteintritt abzuhalten (Porter, M. E. 1983). Vielmehr müssen etablierte Unternehmungen mittels strategischer Maßnahmen potenziellen Newcomern glaubhaft signalisieren, dass sie den durch die strukturellen MEB geschaffenen Handlungsspielraum im post-entry-Verhalten auch ausnutzen und Vergeltungsmaßnahmen einleiten werden (Minderlein, M. 1989). Strategische MEB existieren demnach dann, wenn etablierte Unternehmungen bewusst strategische Entscheidungen treffen, »die ohne die Existenz potenzieller Konkurrenten nicht getroffen worden wären und die zu einem negativen \'value of entry\' bei Newcomern führen« (Schmidt, I./Engelke, H. 1989). Für den gezielten Aufbau von strategischen MEB werden in der Literatur verschiedene Abwehrstrategien genannt, die sich insbesondere durch die Art der errichteten MEB und der von diesen ausgehenden Abwehrsignale unterscheiden (Porter, M. E. 1980; Geroski, P./Jacquemin, A. P. 1984):

-

Mit einer Limitpreisstrategie soll durch die Aufrechterhaltung einer hohen Angebotsmenge der Angebotspreis so weit gesenkt werden, dass ein kostendeckender Markteintritt nicht möglich ist.

-

Mit der Überkapazitätenstrategie wird beabsichtigt, den zukünftigen Kapazitätsbedarf eines Marktes frühzeitig abzudecken, damit die etablierten Unternehmungen die zusätzliche Nachfrage schneller und möglicherweise kostengünstiger befriedigen können.

-

Mit der Produktdifferenzierungsstrategie wird potenziellen Newcomern der Marktzugang dadurch erschwert, dass mit strategischen Produktvarianten möglichst viele Marktnischen besetzt werden.


2. Marktaustrittsbarrieren


Nach Porter sind MAB ökonomische, strategische und emotionale Faktoren, die den vollständigen Rückzug aus Märkten selbst bei niedrigen oder gar negativen Ertragsraten unmöglich machen bzw. wesentlich erschweren. MAB existieren generell dann, wenn der Abbau von Überschusskapazitäten unterbleibt und trotz dauerhafter Nachfrageschwäche nicht mehr wettbewerbsfähige Unternehmungen im Markt verharren.
In der Literatur werden in Analogie zur Klassifikation der MEB strukturelle und strategische MAB unterschieden.
Zu strukturellen MAB sind u.a. niedrige Liquidationswerte oder hohe Transfer- und Umwandlungskosten spezialisierter Aktiva oder Fixkosten des Austritts (Sozialpläne, Umsiedlungskosten etc.) zu zählen (Porter, M. E. 1983).
Strategische MAB können für ein etabliertes Unternehmen darin bestehen, dass es aus Gründen strategischer Wechselbeziehungen zwischen den betreffenden Geschäftseinheiten und anderen Konzernteilen im Hinblick auf das Firmenimage sowie auf den Zugang zu Finanzmärkten oder auf eine vertikal integrierte Unternehmungsstruktur »dem Verbleib im Markt eine höhere strategische Bedeutung zumisst als der Profitrate, die es in diesem Markt erzielt« (Schmidt, I./Engelke, H. 1989; vgl. auch Porter, M. E. 1983).
Weiter unterscheidet Porter

-

Informationsbarrieren, wenn aufgrund einer starken Verknüpfung innerhalb des Konzerns der Erfolgsbeitrag von Geschäften schlecht beurteilt werden kann,

-

emotionale oder beim Management liegende Barrieren, die darauf beruhen, dass sich das Management aus Stolz, aus Angst um die Karriere oder aufgrund der Identifikation mit der betreffenden Branche weigert, ein Geschäft aufzugeben, sowie

-

staatliche und gesellschaftliche Barrieren, die z.B. auf staatlichen Arbeitsplatzgarantien oder auf einer empfundenen sozialen Fürsorgepflicht beruhen können.


III. Markteintrittsstrategien


1. Markteintrittsstrategien als alternative Formen von Wachstumsstrategien (MES i.e.S.)


Die Literatur diskutiert viele z.T. widersprüchliche Ansätze zur Systematisierung alternativer MES (i.e.S.) (Kotler, P. 1977; Agthe, K. 1982; Porter, M. E. 1983; Wehrli, H.-P. 1983; Cooper, R. G. 1984; Specht, G./Zörgiebel, W. W. 1985; Töpfer, A. 1986). Durchgesetzt hat sich die Auffassung, dass MES (i.e.S.) eine von mehreren möglichen, der Unternehmung zur Verfügung stehenden Wachstumsrichtungen darstellen (Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992; Remmerbach, K.-U. 1988).
Dem Vorschlag von Remmerbach folgend lassen sich MES (i.e.S.) nach dem in der Abb. 1 dargestellten Systematisierungsansatz gliedern.
Markteintritts- und Marktaustrittstrategien
Abb. 1: Systematisierung alternativer Markteintrittsstrategien (i.e.S.)
Wie die Abb. 1 aufzeigt, kann grundsätzlich zwischen einem eigenständigen und einem nicht selbstständigen Markteintritt unterschieden werden:
Der selbstständige Markteintritt realisiert sich sowohl beim »start up« als auch bei der internen Diversifikation in einer Neuprodukteeinführungsstrategie, der stets die unternehmerische Innovationstätigkeit zugrunde liegt.
Die Neuprodukteeinführungsstrategie wird i. A. als eine sehr risikoreiche Form des Markteintritts angesehen. Der Eintritt durch internes Wachstum konfrontiert die Unternehmung direkt mit strukturellen und strategischen MEB. Zu den Kosten, die aus der Innovationstätigkeit hervorgehen, gehören demnach auch Einstiegsinvestitionen, anfängliche Verluste sowie Eintrittskosten, die durch das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen der etablierten Unternehmungen entstehen (Porter, M. E. 1983).
Der unselbstständige Markteintritt wird im Rahmen der externen Diversifikation mit dem Aufkaufen von Produkten bzw. Unternehmungen (Aufkäuferstrategie) oder mithilfe von Partnerschaftsprojekten (Partnerschaftsstrategie) erreicht.
Die Aufkäuferstrategie erlaubt einen vergleichsweise einfachen und schnellen Einstieg in einen neuen Markt. Gemäß Kotler ist eine solche Strategie v.a. dann angezeigt, wenn

-

das aufkaufende Unternehmen über wenig Kenntnisse in der neuen Branche verfügt,

-

ein möglichst schneller Einstieg vorteilhaft erscheint und

-

bei einer internen Entwicklung mehrere Hürden, wie Patentrechte etablierter Unternehmen, geschlossene Absatzwege etc., zu überwinden sind.


Porter zufolge ist die Aufkäuferstrategie am gewinnträchtigsten, wenn

-

der Minimalpreis, den der Verkäufer aufgrund seiner Option, das Geschäft zu behalten, wenigstens erzielen möchte, niedrig ausfällt,

-

der Markt für Unternehmen unvollkommen ist und überdurchschnittliche Erträge nicht durch den Prozess des Bietens der Konkurrenten eliminiert werden und

-

der Käufer eine besondere Fähigkeit besitzt, das Geschäft zu betreiben.


Partnerschaftsstrategien haben das mit der Partnerunternehmung geteilte Risiko, die spezifischen erfolgsnotwendigen Fähigkeiten und Ressourcen des Partners sowie Synergieeffekte zum Vorteil. Diesen Vorteilen steht v.a. der Nachteil gegenüber, dass die Gewinne geringer ausfallen als bei einem Alleingang (Kotler, P. 1977).

2. Markteintrittsstrategien zum Aufbau und zur Sicherung der Wettbewerbsposition (MES i.w.S.)


In der neueren Markteintrittsliteratur wird in Anlehnung an Abbels Konzept »des strategischen Fensters« vermehrt der Eintrittszeitpunkt ins Zentrum der Betrachtung von Eintrittsstrategiealternativen gerückt (Mattson, B. E. 1985). Insbesondere in jungen Märkten wird der Eintrittszeitpunkt als strategischer Erfolgsfaktor verstanden. Remmerbach unterscheidet in diesem Sinne Timing-Strategien als Varianten des Aufbaus einer wettbewerbsfähigen Ausgangsposition in der post-entry-Phase und damit als Untervarianten von MES (i.w.S.).
In der Literatur werden zwei Ansätze zur Typologisierung von Timing-Strategien bzw. MES (i.w.S.) vorgeschlagen: technologieorientierte und marketingorientierte Ansätze (Remmerbach, K.-U. 1988).
Die Abgrenzungskriterien technologieorientierter Ansätze beziehen sich entweder nur auf technologieorientierte Entscheidparameter, wie z.B. die Intensität von Forschung und Entwicklung (Ansoff, H. I./Stewart, J. M. 1967) oder – mit unterschiedlicher Gewichtung – zusätzlich auch auf den Zeitpunkt des Markteintritts und dessen Wettbewerbswirkungen (Maidique, M. A. 1980; Specht, G./Zörgiebel, W. W. 1985).
Marketingorientierte Systematisierungsansätze messen der marketingstrategischen Dimension ein höheres Gewicht bei und klassieren die Strategietypen nach produktpolitischen Überlegungen (Beuttel, W. 1985), nach der Marktlebenszyklusphase (Robinson, W. T./Fornell, C. 1985) oder verstärkt nach konkurrenzorientierten Kriterien (Schnaars, S. P. 1986). Remmerbach unterscheidet in Anlehnung an Robinson/Fornell und Schnaars drei Grundtypen von MES (i.w.S.), die anhand der Lebenszyklusphase des Eintrittsmarktes und des Strategieschwerpunktes zum Zeitpunkt des Markteintritts abgegrenzt werden können, nämlich: die Pionierstrategie, die frühe Folgerstrategie und die späte Folgerstrategie.
Bei der Pionierstrategie tritt die Unternehmung als »First« in einen entstehenden Markt. Da das Entstehen des Marktes mit dem Eintritt des Pioniers identisch ist, liegt sein Strategieschwerpunkt in der Marktentwicklung (Remmerbach, K.-U. 1988; Kühn, R. 1989). Damit entsteht für den Pionier meist das Problem, für seine in der Regel innovativen Produkte erst eine Nachfrage zu schaffen. Ein allzu ausgeprägtes technologie- bzw. produktorientiertes, aber auch ein auf die Spitze getriebenes marktorientiertes Denken des Pioniers kann in diesem Zusammenhang zu Innovationsfehlleistungen führen (Kühn, R. 1987).
Bei der frühen Folgerstrategie tritt die Unternehmung bald nach dem Pionier in den entstehenden Markt ein. Der frühe Folger wird im Gegensatz zum Pionier keine wettbewerbsfreie Situation mehr antreffen und sich grundsätzlich »die Vorleistungen des Pioniers, die nicht unternehmungsspezifisch zu schützen sind, zunutze machen« (Meffert, H. 1984). Der Strategieschwerpunkt liegt deshalb bei einem schnellen Aufbau einer starken Wettbewerbsposition (Remmerbach, K.-U. 1988), indem er die MEB durch neue Problemlösungsalternativen und/oder durch Marketinginnovationen (niedrigeres Preisniveau, bessere Qualität usw.), d.h. durch eine Steigerung der Angebotsleistung zu umgehen versucht (Meffert, H. 1989). In diesem Zusammenhang werden in der Literatur folgende Strategietypen genannt: entweder Markt- und Teilmarktentwicklungsstrategien (Kühn, R. 1989) oder innovative und differenzierende Konkurrenzstrategien (vgl. u.a. Wieselhuber, N. 1985; Meffert, H. 1989).
Entschließt sich der Newcomer für die späte Folgerstrategie, tritt er frühestens dann in den Markt ein, wenn der Markt die take-off-Phase erreicht hat. Der Eintrittszeitpunkt des späten Folgers wird demnach meist durch einen starken Wachstumstrend des Marktes ausgelöst. Der späte Folger hat den Vorteil, die Aufnahmebereitschaft des Marktes voll auszunutzen, weil die Kaufwiderstände größtenteils überwunden sind und weil er von den Fehlern der etablierten Unternehmen profitieren kann. Andererseits wird er hohe strukturelle und strategische MEB überwinden oder umgehen müssen. Der Schwerpunkt der Eintrittsstrategie des späten Folgers wird sich somit grundsätzlich in einem marktorientierten (Kühn, R. 1987) Wettbewerbsverhalten niederschlagen (Remmerbach, K.-U. 1988). Mögliche Strategiealternativen sind hierbei aggressive Preis- und Profilierungsstrategien, bezogen auf den Gesamtmarkt oder spezifische Marktsegmente/Teilmärkte (Porter, M. E. 1983) sowie sog. Me-too-Strategien (Kühn, R. 1984) bzw. Imitationsstrategien (Meffert, H. 1989).

IV. Marktaustrittsstrategien


Bieten Märkte keine Gewinnperspektiven mehr, ist zu prüfen, ob die Aktivitäten in diesen meist stagnierenden oder schrumpfenden Märkten einzustellen sind. Damit verbunden ist im Allgemeinen die Liquidation (fliehen) oder eine grundlegende Neudefinition des Tätigkeitsbereichs (kämpfen) der betreffenden strategischen Geschäftseinheit (Meffert, H. 1984; Harrigan, K. R. 1989). Die an erster Stelle genannte Alternative ist risikobehaftet, weil ihr MAB entgegenstehen können, die entsprechende Endspielstrategien erheblich beeinträchtigen. Porter sowie Harrigan fordern deshalb eine langfristig angelegte frühzeitige Marktaustrittsplanung, in deren Rahmen zur Senkung und/oder Überwindung von MAB bzw. zur Sicherung eines leichten Marktaustritts MAS festgelegt werden.
In der Literatur werden in der Regel die in der Abb. 2 zusammengestellten MAS genannt, die sich insbesondere in der Dauer der Austrittsphase und in der Wirkung auf die Austrittskosten unterscheiden (Porter, M. E. 1983; Meffert, H. 1984; Harrigan, K. R. 1989).
Markteintritts- und Marktaustrittstrategien
Abb. 2: Typologisierung alternativer Marktaustrittsstrategien gemäß Meffert
Um möglichst viel vom Wert der Aktiva zu retten, muss das betroffene Geschäft u.U. schnell verkauft oder stillgelegt werden. Die MAS »Verkauf der Geschäftseinheit« kommt v.a. bei von anderen Geschäftsfeldern unabhängigen Tätigkeitsbereichen in Betracht. Je stärker die zu verkaufende Geschäftseinheit mit der Unternehmung verflochten ist, desto geringer werden wahrscheinlich die Verkaufserlöse sein und desto größer wird der Wegfall von Deckungsbeiträgen und die Belastung der Durchschnittskosten der nicht verkauften Aktivitäten durch die weiterhin im Unternehmen anfallenden Fixkosten wiegen (Meffert, H. 1984).
Entfällt die Möglichkeit eines Verkaufs und sind die durch die Weiterführung des Geschäfts anfallenden Verluste höher als die Kosten eines Marktaustritts, dann erscheint die »sofortige Beendigung der Geschäftsfeldaktivitäten« sinnvoll (Meffert, H. 1984).
»Abschöpfungsstrategien« zielen demgegenüber darauf ab, insb. durch drastische Budgetkürzungen »den Cashflows in den stagnierenden oder schrumpfenden Geschäftsfeldern zu maximieren und in andere Geschäftsfelder, die in wachsenden Märkten operieren, zu investieren, um das langfristige Wachstum und Erfolgspotenzial der Gesamtunternehmung sicherzustellen« (Meffert, H. 1984).
Ist nicht die Erhöhung des Cashflows oder der kurzfristigen Gewinne, sondern eine Ausweitung des strategischen Spielraums (Fasnacht, R. 1993) das Ziel, dann sind durch eine Strategie zur »Senkung von Marktaustrittsbarrieren« die besonders durch Imageschäden und Stilllegungskosten bedingten Schwierigkeiten und Kosten eines Marktaustritts so weit zu verringern, dass eine Auflösung unrentabler Geschäftsfelder »zu einem späteren Zeitpunkt reibungslos möglich wird« (Meffert, H. 1984).
Literatur:
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Agthe, K. : Strategie und Wachstum der Unternehmung, Baden-Baden 1982
Ansoff, H. I./Stewart, J. M. : Strategies for a Technology-based Business, in: HBR, no. 6/1967, S. 71 – 83
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