Informationsökonomik
Inhaltsübersicht
I. Gegenstand und Einordnung der Informationsökonomik
II. Überwindung von Informationsasymmetrien
III. Marktergänzende und marktersetzende Institutionen
I. Gegenstand und Einordnung der Informationsökonomik
1. Informationsasymmetrie, Marktversagen und markterhaltende Institutionen
Die Informationsökonomik ist ein Zweig der mikroökonomischen Theorie der Volkswirtschaftslehre, der sich mit der Analyse von Märkten bei Unsicherheit und asymmetrischer Information unter den Marktteilnehmern befasst. Anders als in den Modellen der neoklassischen Markttheorie wird unterstellt, dass die Marktteilnehmer weder vollkommene Voraussicht über die Zukunft, noch vollkommene Informationen über den Markt haben. Sie handeln unter Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Umweltzustände (Ereignisunsicherheit) und unter Unsicherheit über die für die eigenen Dispositionen relevanten Marktdaten (Marktunsicherheit) (Hirshleifer, J./Riley, J. G. 1979).
Die Informationsökonomik befasst sich vor allem mit den Voraussetzungen und Konsequenzen der Marktunsicherheit. Diese besteht darin, dass die Anbieter nur unvollkommene Informationen über die Bedürfnisse und Zukunftserwartungen, über die Lebenslagen und Restriktionen der Nachfrager haben und dass diese wiederum nicht alle Produkte, Qualitäten und Preise der Anbieter kennen. Diese Informationslage wird meistens als asymmetrische Information (auch: Existenz privater Information) bezeichnet, denn jeder Marktteilnehmer hat hinsichtlich seiner eigenen Daten Informationsvorsprünge gegenüber allen anderen Marktteilnehmern.
Welche dramatischen Folgen eine (extrem) asymmetrische Informationsverteilung auf einem Markt haben kann, ist von Akerlof herausgearbeitet worden (Akerlof, G. A. 1970). Er betrachtet einen Markt für ein Produkt (Gebrauchtwagen), dessen Qualität die Käufer vor dem Kauf nicht sicher beurteilen können. Sie wären zwar bereit, für höhere Qualitäten auch höhere Preise zu bezahlen, da sie die Qualitäten aber nicht voneinander unterscheiden können, orientieren sie sich an einem Durchschnittspreis. Die Anbieter unterdurchschnittlicher Qualitäten machen dabei einen Gewinn, die der überdurchschnittlichen Qualitäten dagegen kommen nicht auf ihre Kosten. Letztere senken deswegen die Qualität, oder sie verlassen den Markt. Damit sinken das durchschnittliche Qualitätsniveau und der durchschnittliche Preis, was wiederum zur Folge hat, dass die nunmehr überdurchschnittlichen Qualitäten vom Markt verdrängt werden. Dieser Prozess der Fehlauswahl endet schließlich damit, dass nur noch die niedrigsten Qualitäten (die »lemons«) am Markt verbleiben.
Obwohl auf den meisten realen Märkten in mehr oder weniger starkem Maße Informationsprobleme herrschen, kommt es nur in Ausnahmefällen zu einem Prozess der Fehlauswahl. In der Realität haben sich nämlich Mechanismen und Institutionen herausgebildet, die Informationsasymmetrien abbauen oder ihre marktzerstörenden Folgen abmildern können. Es lassen sich im Wesentliche drei Arten solcher markterhaltender Mechanismen und Institutionen unterscheiden: Screening und Signaling der Marktteilnehmer, Personalisierung der Märkte durch Reputation und marktergänzende und -ersetzende Institutionen.
Die Informationsökonomik untersucht die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für Art und Ausmaß von Informationsproblemen auf Märkten, die Möglichkeiten ihrer Überwindung durch markterhaltende Mechanismen und Institutionen und die Auswirkungen der Informationsasymmetrie auf die Marktstruktur, auf den Marktprozess und auf das Marktergebnis, z.B. auf den Konzentrationsgrad, auf die Existenz von Gleichgewichten und auf das Wohlfahrtsniveau (Hauser, H. 1979; Hopf, M. 1983).
Sieht man von einigen frühen Arbeiten ab (Stigler, G. J. 1961; Arrow, K. J. 1964), so setzte eine intensive Beschäftigung mit informationsökonomischen Fragen erst mit dem Beginn der siebziger Jahre ein (Akerlof, G. A. 1970; Nelson, P. 1970; Nelson, P. 1974; Spence, M. A. 1974; Spence, M. A. 1976; Stiglitz, J. E. 1974). Heute ist die Informationsökonomik eines der lebendigsten und dynamischsten Forschungsgebiete der mikroökonomischen Theorie, das starke Berührungspunkte mit der Spieltheorie und der Institutionenökonomik aufweist (Hauser, H. 1979; Hopf, M. 1983; Phlips, L. 1988; Hirshleifer, J. 1989). Seit einigen Jahren beginnt sie auch in einige Bereiche der Betriebswirtschaftslehre hineinzuwirken, vor allem in die Versicherungslehre, in die Finanzierungstheorie und in die Theorie des Rechnungswesens (Ordelheide, D./Rudolph, B./Büsselmann, E. 1991).
Seit Beginn der neunziger Jahre wird die Bedeutung der Informationsökonomik auch für das Marketing erkannt (Kaas, K. P. 1990; Kaas, K. P. 1991; Kaas, K. P. 1992). Sie liegt darin, dass Marketing als Bewältigung von Informations- und Unsicherheitsproblemen auf Märkten angesehen werden kann. In dieser Sichtweise hat das Marketing eines Unternehmens zwei Funktionen: Es müssen Angebote entwickelt werden, die besser als die Konkurrenzangebote auf die Bedürfnisse und auf die Restriktionen der Nachfrager eines Marktes oder eines Marktsegmentes zugeschnitten sind. Das ist im weitesten Sinne eine Aufgabe der Informationsgewinnung über den Markt, die man als Leistungsfindung bezeichnen kann (Kaas, K. P. 1990). Zweitens müssen die Nachfrager von der Überlegenheit des eigenen Angebotes erfahren und von ihr überzeugt werden. Dies kann als eine Aufgabe der Leistungsbegründung angesehen werden. So gesehen, sind die Marktforschung eines Unternehmens oder die Produktpolitik Instrumente der Leistungsfindung, die Werbung oder der Persönliche Verkauf dienen dagegen der Leistungsbegründung.
Im Folgenden werden einige Erkenntnisse der Informationsökonomik, die für das Marketing von besonderer Bedeutung sind, dargestellt. Die eher markttheoretischen und wohlfahrtstheoretischen Aspekte werden ausgespart.
II. Überwindung von Informationsasymmetrien
1. Screening
Grundsätzlich lassen sich zwei Formen der Informationsübertragung bei Informationsasymmetrie unterscheiden, Screening und Signaling (Stiglitz, J. E. 1974; Spence, M. A. 1976; Spremann, K. 1990). Screening bedeutet, ökonomisch relevante Unterschiede zwischen Objekten, z.B. Produkten, Anbietern oder Konsumenten, herauszufinden, es ist Abbau von Informationsasymmetrie durch die nicht informierte Seite. Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden: die Vorgabe von Selbstselektions-Schemata (self selection) und die Prüfung (examination) (Stiglitz, J. E. 1974). Bei der Vorgabe von Selbstselektions-Schemata bringt die nicht informierte Seite die informierte Seite dazu, die gewünschte Information durch eine Wahlhandlung offenzulegen. Das tut etwa eine Versicherung, die wahlweise einen Vertrag ohne Selbstbeteiligung (und mit hoher Prämie) und einen Vertrag mit einer solchen (und niedriger Prämie) anbietet und auf diese Weise erreicht, dass die schlechten Risiken den ersten Vertrag wählen, die guten aber den zweiten (Stiglitz, J. E. 1974).
Die Prüfung ist mit unterschiedlichen Schwierigkeiten und Kosten verbunden, je nachdem, auf welche Art von Gütereigenschaften sich das Informationsproblem bezieht. Nelson unterscheidet in diesem Zusammenhang Such- und Erfahrungseigenschaften, Darby/Karni haben später eine dritte Kategorie, die Vertrauenseigenschaften, hinzugefügt (Nelson, P. 1970; Darby, M. R./Karni, E. 1973; Ford, G. T./Smith, D. B./Swasy, J. L. 1988). Sucheigenschaften sind beispielsweise die Farbe und die Form eines Autos sowie dessen Preis. Sie können durch einfache Inspektion bereits vor dem Kauf sicher und zu geringen Kosten überprüft werden. Ein Beispiel für eine Erfahrungseigenschaft ist die Lebensdauer eines Autos, über die sich ein Nachfrager erst durch den Gebrauch – und damit nur unter Inkaufnahme eines Fehlkaufrisikos – informieren kann. Eine typische Vertrauenseigenschaft wäre das Ergebnis eines Sicherheitstests, mit dem für ein Auto geworben wird. Viele Vertrauenseigenschaften gibt es auch im Bereich ökologischer Produkte. Die Nachfrager können kaum die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen in der Fabrik oder die Herkunft eines Lebensmittels aus ökologischem Landsbau selbst überprüfen (Hüser, A. 1993), sondern müssen anderen Institutionen der Unsicherheitsreduzierung vertrauen (vgl. III).
Screening gehört zu den Aktivitäten der Nachfrager, die in der Konsumentenforschung als Informationssuche oder Informationsaufnahme bezeichnet werden (Kroeber-Riel, W. 1992). Dazu gehören z.B. die Aufnahme von Werbeinformationen, von produktbegleitenden Informationen, von neutralen Informationen wie Testinformationen oder auch von Informationen, die über den Handel vermittelt werden.
Alle Informationen, die durch die Marktforschung, durch Außendienstberichte, durch die Auswertung von Reklamationen über die Nachfrager gesammelt werden, kann man als Screening der Anbieter im Sinne von »examination« auffassen. Screening liegt aber auch der Idee der Marktsegmentierung zugrunde. Preisdifferenzierung durch Saisonpreise, Erst- und Zweitmarken für Käufer mit hoher und niedriger Kaufkraft, parallel nebeneinander benutzte Vertriebswege bringen Konsumenten dazu, sich je nach ihrer Reaktionsbereitschaft auf das Marketing-Mix selbst zu selektieren.
2. Signaling
Beim Signaling ergreift der informierte Marktteilnehmer die Initiative. Reine Kommunikationsmaßnahmen sind dabei allerdings unzureichend, denn »Worte sind billig« (Spence, M. A. 1976), und die Marktteilnehmer wissen, dass Informationen oft in strategischer Absicht gegeben werden. Die Werbung beispielsweise streicht die Vorzüge eines Produktes hervor und übergeht seine Nachteile, ein Kreditnehmer versucht, seine Bonität im besten Licht darzustellen. Ein Signal ist demgegenüber eine glaubwürdige Information, die dem nicht informierten Beobachter einen Rückschluss auf die signalisierte Eigenschaft erlaubt. Spence (Spence, M. A. 1976) unterscheidet zwei Arten: Exogen teure Signale (»exogenously costly signals«) und bedingte Verträge (»contingent contracts«). Exogen teure Signale sind deswegen glaubwürdig, weil sie sich, unabhängig von der Reaktion der Adressaten, nur für denjenigen lohnen, der wahrheitsgemäß informiert. Auf dem Arbeitsmarkt ist die Berufsausbildung ein solches Signal, denn sie ist für nicht motivierte und nicht begabte Personen zu teuer. Die zweite Art von Signalen, die bedingten Verträge, sind deswegen glaubwürdig, weil der Signalgeber eine kostspielige Selbstbindung eingeht für den Fall, dass sich seine Information als unrichtig herausstellen sollte. Beispiele sind Qualitätsgarantien oder das Sich-Einlassen auf eine Konventionalstrafe bei Lieferverzug. Solche Selbstbindungen sind für den Anbieter schlechter Qualität oder geringer Termintreue zu teuer.
Signaling im Rahmen des Marketing dient einem Unternehmen dazu, sich von Trittbrettfahrern abzuheben, die im Schutze der Informationsasymmetrie durch Aufmachung, Werbung und Preis einen Qualitätsanspruch erheben, den ihre Produkte nicht einlösen können. Dies kann man z.B. in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit von Produkten beobachten, eine typische Vertrauenseigenschaft, welche die Nachfrager nicht überprüfen können. Hier könnten z.B. vorzeigbare irreversible Investitionen in umweltgerechte Produktionsanlagen ein Signal sein, das für ein Unternehmen, das Umweltfreundlichkeit seiner Produkte nur vorgibt, zu teuer wäre.
Die offenkundigste Form des Signaling sind Garantien, die sich nur das Unternehmen leisten kann, das sich seiner Qualität sicher ist. Auch weniger formale Selbstbindungen, z.B. eine besondere Kundenorientierung, Einrichtungen wie Hotlines und, noch allgemeiner, Erreichbarkeit und Präsenz für die Kunden und ihre Probleme können Signaling-Funktionen übernehmen. Schließlich kann auch die Werbung, die aus informationsökonomischer Sicht grundsätzliche Glaubwürdigkeitsprobleme hat, unter bestimmten Umständen wie ein Signal wirken. Wenn sie sich auf Erfahrungseigenschaften bezieht, können die Konsumenten Anspruch und Wirklichkeit miteinander vergleichen, sei es, bei häufig gekauften Verbrauchsgütern, durch eigene, oder auch, bei Gebrauchsgütern, durch fremde Erfahrungen, die ihnen von anderen mitgeteilt werden. Unter diesen Umständen lohnt sich Werbung nur, wenn die gewonnenen Käufer dem Produkt treu bleiben, für Anbieter schlechter Qualitäten ist sie zu teuer. Es ist also nicht so sehr der Inhalt der Werbung eines Unternehmens, sondern die Tatsache, dass es sie gibt, die als Signal für die Produktqualität wirkt (Nelson, P. 1970; Milgrom, P./Roberts, J. 1986).
3. Reputation
Die Reputation eines Unternehmens ist der gute Ruf, den es sich aufgrund seiner Produktqualität, seiner fachlichen Kompetenz und Zuverlässigkeit im Markt erworben hat (Spremann, K. 1988). Diese wichtigste Institution zur Überwindung der Folgen von Informationsasymmetrie ist letztlich Voraussetzung und Folge einer langfristigen Präsenz eines Unternehmens am Markt. Auf den meisten Märkten müssen Investitionen in Forschung und Entwicklung, in den Aufbau von Produktionskapazitäten, in die Distribution und Werbung getätigt werden, die sich nur bei einem über Jahre anhaltenden Markterfolg lohnen. Auf einem Markt mit asymmetrischer Information können diese Investitionen am besten dadurch gesichert werden, dass das Unternehmen sich eine Reputation als kompetenter und fairer Anbieter guter Qualität aufbaut. Dies ist der tiefere Grund, warum Märkte mit Informationsasymmetrie nicht anonym sind, warum Unternehmen mit ihren Firmennamen und ihren Produktmarken miteinander konkurrieren, warum sie versuchen, langfristige, oft sehr persönliche Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen und zu erhalten. Viele Marketinginstrumente dienen diesem Zweck und damit letztlich dem Aufbau von Reputation, auch wenn häufig andere Begriffe verwendet werden wie Firmenimage, Goodwill oder Markenwert. Es sind vor allem die Instrumente der Produktpolitik und Qualitätspolitik, der Markenpolitik, der Werbung, aber auch Maßnahmen wie Public Relations, Corporate Design, Sponsoring oder Event Marketing. Im Grunde dienen sie alle dazu, das Unternehmen aus der Anonymität des Marktes herauszuheben und Vertrauen bei den Nachfragern zu schaffen.
III. Marktergänzende und marktersetzende Institutionen
1. Informationsmittler
Informationsdefizite einzelner Marktteilnehmer können manchmal durch professionelle Informationsanbieter geschlossen werden. Marktforschungsunternehmen, die Betreiber von elektronischen Datenbanken, auch Verlage von Fachzeitschriften, Ratgebern u.Ä. und viele andere Unternehmen bieten allgemeine Informationen über den Markt an. Auskunfteien, Makler, Consultingfirmen dagegen lösen eher konkrete Informationsprobleme in Bezug auf bestimmte Produkte oder einen bestimmten Marktpartner.
Die meisten dieser Dienstleister helfen einem Unternehmen beim Screening, bei der Informationsbeschaffung. Ihre Mittlerfunktion ist aber auch beim Signaling, bei der Informationsübermittlung, denkbar. Das ist etwa der Fall, wenn ein Unternehmen seine Produkte über den Fachhandel vertreibt, um auf diese Weise dessen Reputation bei den Kunden zu nutzen und als Signal für hohe Qualität einzusetzen, oder wenn ein Anbieter komplexer Investitionsgüter Consulting-Firmen einschaltet, um seine fachliche Kompetenz von neutraler Seite bestätig zu bekommen.
2. Private und staatliche Marktregulierung
Manchmal ist es für alle Beteiligten billiger, die Überwindung der Informationsasymmetrie dem freien Spiel des Marktes zu entziehen und anders zu organisieren. Die Anbieter können diese Funktion übernehmen, indem sie sich im Wege kollektiver Absprachen verpflichten, bestimmte Produktnormen (z.B. die Deutsche Industrienorm) zu beachten, Umweltstandards einzuhalten, auf bestimmte Materialien zu verzichten. Derartige Maßnahmen erleichtern den Nachfragern den Überblick über das Marktangebot. Auch die Mitgliedschaft in einem Berufsverband, der auf fachliche Kompetenz und auf Seriosität seiner Mitglieder achtet, kann diesem Zweck dienen. Sie stellt eine Art Gütesiegel dar, welches den Nachfragern individuelle Informationskosten erspart (Hauser, H. 1979).
Schließlich sind staatliche Marktregulierungen zu nennen, die Dysfunktionen aufgrund von Informationsasymmetrien verhindern sollen, meist zum Schutze der privaten Nachfrager (Hauser, H. 1979; Kaas, K. P. 1991). Das kann dadurch geschehen, dass die Produktgestaltung (z.B. im Lebensmittelgesetz) oder die Kommunikationspolitik (z.B. im Heilmittelwerbegesetz) geregelt wird, dass der Marktzugang kontrolliert (z.B. durch Staatsexamina wie bei Juristen) oder das Verhalten auf dem Markt überwacht wird (wie durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht). Hinzu kommen öffentlich geförderte Institutionen wie Verbraucherberatungsstellen oder die Stiftung Warentest. Es fällt auf, dass vorzugsweise die Märkte reguliert sind, bei denen die Informationsasymmetrie besonders ausgeprägt ist und die Folgen einer Fehlentscheidung aufgrund unzureichender Information für den Nachfrager fatal sein können: der Gesundheitsmarkt, die Märkte für Rechtsberatung, Finanzdienstleistungen und Versicherungen.
Besonders gravierende Informations- und Unsicherheitsprobleme entstehen bei der Erstellung so genannter Kontraktgüter (Kaas, K. P. 1992; Schade, C./Schott, E. 1993). Das sind hochwertige, komplexe Leistungen, die auf die spezifischen Bedürfnisse eines einzelnen Kunden zugeschnitten sind und deswegen nur in Auftragsfertigung erstellt werden können. Beispiele sind komplexe Dienstleistungen wie Vermögens- oder Unternehmensberatung und Leistungsbündel wie Industrieanlagen. Hier ist die Informationsasymmetrie und damit das Risiko des Kunden besonders groß, deswegen sind glaubwürdige Signale und der Aufbau von Reputation beim Kontraktgütermarketing unverzichtbar.
Es kommt aber noch etwas hinzu: An die Stelle einer diskreten Transaktion wie bei vorgefertigten Produkten tritt bei Kontraktgütern eine Kooperation, eine vertragliche Beziehung, die auf mehr oder weniger lange Frist angelegt ist (Williamson, O. E. 1990). Die Partner binden sich aneinander, weil ihre Risiken wegen der langen Projektdauer zu groß sind, um sie den Kräften des Marktes auszusetzen.
Das gilt auch für andere Geschäftsbeziehungen, z.B. für die zwischen industriellen Zulieferern und ihren Abnehmern. Hier gehen die Beteiligten partnerspezifische Investitionen ein, etwa in ein gemeinsames Logistiksystem, Investitionen, die beim Wechsel des Geschäftspartners an Ertragswert verlieren. Dadurch entsteht eine ökonomische Bindung der Partner aneinander, die durch langfristige Verträge noch verstärkt werden kann (Hauser, H. 1979). Von solchen engen, langfristigen gegenseitigen ökonomischen und rechtlichen Bindungen ist es nur noch ein kleiner Schritt zur vertikalen Integration, durch den der Markt vollständig durch eine Hierarchie ersetzt wird (Williamson, O. E. 1990).
Diese Überlegungen zeigen, dass der Markt nicht die einzige Institution zur Koordination von Transaktionen ist. Auch hierarchische Institutionen wie Unternehmungen können diese Funktion übernehmen. Dazwischen gibt es »hybride« Formen der Koordination, nämlich vorübergehende Kooperationen bei der Erstellung von Kontraktgütern und langfristige Geschäftsbeziehungen mit ökonomischen oder vertraglichen Bindungen. Welche Form der Koordination zwischen Wirtschaftssubjekten im Einzelfall überlegen ist, ist eine Fragestellung der Institutionenökonomik. Ihre Beantwortung hängt vor allem von der Höhe der Transaktionskosten ab, das sind im Wesentlichen Kosten, die aus Informations- und Unsicherheitsproblemen resultieren.
Die Institutionenökonomik ist die allgemeinere, übergeordnete Theorie, die in gewisser Weise die Informationsökonomik als spezielles Anwendungsgebiet, neben anderen wie der Agency-Theorie, umfasst. Wenn es um asymmetrische Information auf Märkten geht, ist die Informationsökonomik der adäquate Ansatz. Soll dagegen asymmetrische Information unter den Partnern einer Kooperation oder einer Geschäftsbeziehung oder unter den Mitgliedern einer Hierarchie untersucht werden, dann kommen Organisationstheorien wie die Agency-Theorie in Betracht (Spremann, K. 1988; Kaas, K. P. 1992). An die Stelle des Risikos der Fehlauswahl, von Mechanismen wie Signaling und Screening der Informationsökonomik, die für das Marketing von Austauschgütern fruchtbar gemacht werden können, treten das »moral hazard« genannte Risiko und Mechanismen wie Anreiz und Kontrolle der Agency-Theorie, die für das Kontraktgütermarketing und für das Beziehungsmarketing relevant sind.
Literatur:
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Ford, G. T./Smith, D. B./Swasy, J. L. : An Empirical Test of the Search, Experience and Credence Attributes Framework, in: Advances in Consumer Research, 1988, S. 239 – 243
Hauser, H. : Qualitätsinformationen und Marktstrukturen, in: Kyklos, 1979, S. 739 – 763
Hirshleifer, J. : Time, Uncertainty and Information, Oxford 1989
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Hüser, A. : Institutionelle Regelungen und Marketinginstrumente zur Überwindung von Kaufbarrieren auf ökologischen Märkten, in: ZfB, 1993, S. 267 – 287
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Kaas, K. P. : Marktinformationen: Screening und Signaling unter Partnern und Rivalen, in: ZfB, 1991, S. 357 – 370
Kaas, K. P. : Kontraktgütermarketing als Kooperation zwischen Prinzipalen und Agenten, in: ZfbF, 1992, S. 884 – 901
Kroeber-Riel, W. : Konsumentenverhalten, 5. A., München 1992
Milgrom, P./Roberts, J. : Price and Advertising Signals of Product Quality, in: Journal of Political Economics, 1986, S. 796 – 821
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Ordelheide, D./Rudolph, B./Büsselmann, E. : Betriebswirtschaftslehre und ökonomische Theorie, Stuttgart 1991
Phlips, L. : The Economics of Imperfect Information, Cambridge 1988
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Spremann, K. : Asymmetrische Information, in: ZfB, 1990, S. 561 – 586
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