Unternehmenszusammenschlüsse
Inhaltsübersicht
I. Formen von Unternehmenszusammenschlüssen
II. Richtung von Unternehmenszusammenschlüssen
III. Motive für Unternehmenszusammenschlüsse
IV. Fazit
I. Formen von Unternehmenszusammenschlüssen
Der Begriff Unternehmenszusammenschluss wird breit ausgelegt und umfasst neben Übernahmen und Fusionen sämtliche Arten der Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen, wie vertragliche Kooperationen, strategische Allianzen, dynamische Netzwerke, virtuelle Unternehmen, Kartelle, Konzerne oder Keiretsu. In jeder Form eines Zusammenschlusses binden sich die beteiligten Unternehmen aneinander und nehmen damit eine mehr oder weniger starke Einschränkung ihrer Selbstständigkeit in Kauf. Vereinfacht führt das zu den zwei Ausprägungen der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: Einschränkung und Beseitigung. Während die Unternehmenskooperation als Zusammenschluss unter Einschränkung der Selbstständigkeit bezeichnet werden kann, handelt es sich bei Unternehmensvereinigungen um Zusammenschlüsse unter Beseitigung der Selbstständigkeit (vgl. Pausenberger, E. 1989, S. 623 ff.).
II. Richtung von Unternehmenszusammenschlüssen
Hinsichtlich der Richtung unterscheidet man horizontale, vertikale und konglomerate Unternehmenszusammenschlüsse. Im Rahmen eines horizontalen Zusammenschlusses verbinden sich Unternehmen derselben Branche auf der gleichen Produktionsstufe (z.B. strategische Allianzen, Konsortien, Kartelle oder Wirtschaftsverbände). In vertikalen Unternehmenszusammenschlüssen verbinden sich Unternehmen auf nacheinander gelagerten Produktionsstufen miteinander. Schließt sich ein Unternehmen mit einem Unternehmen einer nachgelagerten Produktionsstufe zusammen, spricht man von Vorwärtsintegration. Stammt das Partnerunternehmen von einer vorgelagerten Produktionsstufe, handelt es sich um eine Rückwärtsintegration. Vertikale Unternehmenszusammenschlüsse können beispielsweise in der vertraglichen Kooperation zwischen Produzenten und ihren Zulieferern liegen oder in Form von Akquisitionen von Zulieferern oder Abnehmern auftreten. Im Rahmen eines konglomeraten Zusammenschlusses arbeiten Unternehmen zusammen, die in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, d.h. es handelt sich um Zusammenschlüsse, die nicht als vertikal oder horizontal einzuordnen sind (z.B. Akquisitionen, die den Eintritt in neue Geschäftsfelder zum Ziel haben).
III. Motive für Unternehmenszusammenschlüsse
Hinsichtlich der Motive für einen Unternehmenszusammenschluss kann zwischen Effizienz- und Marktmachtorientierung unterschieden werden. Marktmachtorientierte Zusammenschlüsse führen zu gesamtwirtschaftlichen Effizienzeinbußen. Gleichzeitig profitiert von diesen Zusammenschlüssen jedoch eine kleine Gruppe von Akteuren. Für die profitierenden Akteure bestehen Anreize, sich opportunistisch gegenüber der Mehrheit zu verhalten und den Zusammenschluss zum eigenen Vorteil durchzuführen. Effizienzsteigernde Unternehmenszusammenschlüsse sind hingegen gesamtwirtschaftlich wünschenswert.
1. Marktmachtorientierung
Marktmachtorientierte Motive können in dem Ausbau der Machtposition der Manager gegenüber den Eigentümern, in Mengen- oder Preisabsprachen sowie im Marktausschluss von Wettbewerbern liegen. a) Macht der Manager vs. Macht der Eigentümer
Jensen und Ruback (Jensen, M.C./Ruback, R.S. 1983) gelangen in einer empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Übernahmen tendenziell positive Effekte zeigen, weil die Aktionäre des übernommenen Unternehmens profitieren, während die Aktionäre des übernehmenden Unternehmens zumindest im Mittel nichts verlieren. Diesen Ergebnissen wird allerdings in anderen Studien widersprochen. Eine Reihe von Studien zeigt, dass es im Mittel zwar weder zu Verlusten noch zu Gewinnen bei den Aktionären der aufkaufenden Unternehmen kommt, die Aktionäre von ungefähr der Hälfte der untersuchten Unternehmen allerdings Verluste verzeichnen (vgl. z.B. Bradley, M./Desai, A./Kim, E.H. 1988). Andere Untersuchungen kommen gar zu dem Ergebnis, dass es auch im Mittel zu bedeutenden Verlusten für die Aktionäre der aufkaufenden Unternehmen kommt (vgl. z.B. Malatesta, P.H. 1983; Sudarsanam, S./Holl, P./Salami, A. 1996).
Eine Analyse des Institutes für Mergers & Acquisitions an der Universität Witten-Herdecke führte zu dem Ergebnis, dass nur 21,5 % der untersuchten Käuferunternehmen den Börsenwert und 44 % den Umsatz im Vergleich zur Branche steigern konnten. Für das gekaufte Unternehmen wurde durchschnittlich eine Kurssteigerung von knapp 20 % erzielt. Die Eigentümer der Käuferunternehmen hingegen mussten, einer Analyse aller US-amerikanischen börsennotierten Unternehmen für den Zeitraum von 1995 bis 2000 zufolge, bereits in den ersten sechs Monaten nach dem Zusammenschluss bzw. der Fusion etwa 7 %, in einem Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 10,26 % Wertverlust hinnehmen (vgl. Jansen, S.A./Müller-Stewens, G. 2000). Diese Ergebnisse lassen Raum für die Interpretation, dass der Wunsch des Managements nach Ausdehnung des persönlichen Machtbereichs ein Motiv für Unternehmenszusammenschlüsse im Sinne von Fusionen und Übernahmen darstellen kann, das mit Einbußen für die Aktionäre einhergeht und damit nicht effizient ist.
Im Rahmen der Prinzipal-Agent-Theorie wird davon ausgegangen, dass das Management eines Unternehmens eigene Ziele verfolgt, die nicht immer im Interesse der Eigentümer liegen (vgl. Jensen, M.C./Meckling, W.H. 1976). Auf dieser Annahme gründet die so genannte Hypothese der \'Agency Costs of Free Cashflow\' von Jensen (Jensen, M.C. 1986). Als freien Cashflow bezeichnet man denjenigen Cashflow, der übrig bleibt, nachdem alle marktwertsteigernden Investitionen getätigt wurden. Manager können den freien Cashflow opportunistisch einsetzen und z.B. ihren Machtbereich ausdehnen, indem sie andere Unternehmen aufkaufen. b) Mengen- und Preisabsprachen
Mengen- und Preisabsprachen zielen darauf, den Preis für ein Produkt (oder eine Dienstleistung) über den Wettbewerbspreis zu erhöhen. Durch Unternehmensvereinigungen vermindert sich die Anzahl der Wettbewerber in der Branche. Hierdurch werden Mengen- und Preisabsprachen erleichtert. Kooperieren rechtlich selbstständige Unternehmen, um den Wettbewerb durch Mengen- bzw. Preisabsprachen zu beschränken, bezeichnet man dies als Kartell. Eines der bekanntesten Kartelle ist die OPEC. Mengen- und Preisabsprachen führen dazu, dass zu geringe Mengen zu einem zu hohen Preis abgesetzt werden. Hierdurch kommt es zu (gesamtwirtschaftlichen) Wohlfahrtsverlusten, da die Konsumentenrente um mehr verringert wird, als die Produzentenrente steigt. Allerdings sind die Kartellabsprachen instabil, da es für jedes Kartellmitglied unabhängig vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder immer vorteilhaft ist, die Mengen- oder Preisabsprachen nicht einzuhalten. c) Erschaffung von Markteintrittsbarrieren und Marktausschluss
Markteintrittsbarrieren stellen ein wesentliches Merkmal der Marktstruktur dar (vgl. Bain, J.S. 1965). Hohe Markteintrittsbarrieren verhindern den Eintritt neuer Wettbewerber, die neue Kapazitäten, den Wunsch nach einem hohen Marktanteil sowie häufig bedeutende Ressourcen in eine Branche einbringen. Bestehen hohe Eintrittsbarrieren (wie z.B. Economies of Scale oder ein beschränkter Zugang zu Distributionskanälen) werden potenzielle neue Wettbewerber davon abgeschreckt, in eine Branche einzutreten (vgl. Porter, M.E. 1980, S. 7 ff.). Hohe Markteintrittsbarrieren machen eine Branche für die bereits ansässigen Unternehmen attraktiv, weil kurzfristige Preissteigerungen möglich werden, ohne dass neue Wettbewerber in die Branche drängen. Deshalb haben marktmachtorientierte Zusammenschlüsse häufig das Ziel, die Markteintrittsbarrieren zu erhöhen. Die Wettbewerbsposition zusammengeschlossener Unternehmen kann sich nach der Strukturveränderung verbessern. Hamilton/Lee (Hamilton, J.L./Lee, S.B. 1986) haben gezeigt, dass eine vertikale Integration, die Markteintrittsbarrieren erschafft oder Absprachen vereinfacht, die soziale Wohlfahrt mindert. Werden im Rahmen horizontaler Zusammenschlüsse (ohne Produktionsausweitung) direkte Konkurrenten übernommen, entspricht dies einem Zukauf von Marktanteilen. Die Marktstellung des zusammengeschlossenen Unternehmens verbessert sich. Eine Absprache mit den übrigen Anbietern bezüglich einer Preiserhöhung wird möglich. Gleichzeitig erhöhen sich die Markteintrittsbarrieren, denn potenzielle Wettbewerber zögern, in den Wettbewerb mit einem großen Unternehmen einzutreten (vgl. Bühner, R. 1990, S. 9).
Unter Marktausschluss oder \'market foreclosure\' versteht man Geschäftspraktiken, die den Zugang zu vorgelagerten (upstream foreclosure) oder nachgelagerten Märkten (downstream foreclosure) beschränken. Durch den Zusammenschluss mit einem Zulieferer oder Abnehmer kann ein Unternehmen Wettbewerber aus dem Markt ausschließen, indem z.B. überhöhte Preise gefordert oder Exklusivverträge abgeschlossen werden (vgl. Tirole, J. 1988, S. 193). Die Marktmacht in einer Branche kann dadurch in eine vor- bzw. nachgelagerte Branche übertragen werden. Exklusive Lieferverträge zwischen einem Zulieferer und Abnehmern, können in der Zulieferbranche neue Wettbewerber von einem Markteintritt abhalten. Langfristig kommt es dadurch zu Ineffizienzen für die Abnehmer, weil ihr Zulieferer Monopolmacht aufbaut (vgl. Aghion, P./Bolton, P. 1987).
2. Effizienzorientierung
Im Folgenden werden Größen- und Verbundvorteile, die Verringerung von Überschusskapazitäten, Disziplinierung der Unternehmensleitung, die Risikominimierung im Standardisierungswettbewerb, Transaktionskosten- und Messkostenreduzierung sowie Lerneffekte als effizienzorientierte Motive für Zusammenschlüsse aufgezeigt. a) Größenvorteile
Unter der optimalen Betriebsgröße versteht man diejenige Produktionskapazität, bei der die Durchschnittskosten ein Minimum erreichen. Größenvorteile (Economies of Scale) werden realisiert, solange die Grenzkosten geringer als die Durchschnittskosten sind. Kostet die zuletzt produzierte Einheit weniger als der Durchschnitt, können die Durchschnittskosten gesenkt werden, indem mehr produziert wird. Entsteht durch einen Zusammenschluss ein Unternehmen optimaler Betriebsgröße, lassen sich Größenvorteile realisieren. Größenvorteile können nicht nur in der Produktion realisiert werden, sondern z.B. auch in der Forschung- und Entwicklung oder im Marketing. Das Ausnutzen von Größenvorteilen im Zuge von Zusammenschlüssen vereinigt im Gegensatz zu Monopolisierungsmotiven private und gesellschaftliche Interessen miteinander (vgl. Meeks, G. 1996, S. 450). b) Verbundvorteile
Unternehmen aus unterschiedlichen, aber komplementären Bereichen können im Rahmen eines Zusammenschlusses Verbundvorteile realisieren. Durch einen Zusammenschluss ist es dann kostengünstiger für ein Gesamtunternehmen, zwei Aktivitäten auszuführen, als in zwei spezialisierten Unternehmen die Aktivitäten getrennt voneinander auszuführen. Seien K die Kosten und X und Y zwei unterschiedliche Produkte und stehe 0 dafür, dass ein Gut nicht hergestellt wird, dann ergibt sich formal: K(X,Y) < K(X,0) + K(0,Y), d.h. es ist kostengünstiger, zwei Produkte gemeinsam zu produzieren als die Produkte jeweils getrennt herzustellen. Anders formuliert: K(X,Y) – K(0,Y) < K(X,0) – K(0,0), d.h. ein Unternehmen, das Y produziert, kann X kostengünstiger herstellen als ein Unternehmen, das nur X produziert (vgl. Baumol, W.J./Panzar, J.C./Willig, R.D. 1982). c) Verringerung überschüssiger Kapazitäten
Durch Größen- und Verbundvorteile kommt es im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen zu Kosteneinsparungen, die wiederum ineffizienten Unternehmen geringere Marktanteile in der Branche bescheren. Dadurch können extrem ineffiziente Unternehmen untergehen. Somit können Zusammenschlüsse überschüssige Kapazitäten in einer Branche eliminieren. Dieser Aspekt ist insbesondere für Branchen mit sinkender Nachfrage relevant (vgl. Martin, S. 1988, S. 228). Unternehmensübernahmen können in diesem Zusammenhang als Antwort des Marktes auf das Versagen interner Kontrollmechanismen interpretiert werden (vgl. Jensen, M.C. 1993, S. 851 f.). d) Disziplinierung der Unternehmensleitung
Feindliche Unternehmensübernahmen sind ein wirksames Instrument zur Disziplinierung opportunistischer Manager (vgl. Manne, H. 1965; als Überblick vgl. Shleifer, A./Vishny, R. 1997). Da Kleinaktionäre keine Kontrollanreize haben – sie müssten die gesamten Kontrollkosten selbst tragen, wären am Kontrollnutzen aber nur minimal beteiligt – besteht in Unternehmen, deren Anteile sich im Streubesitz befinden, ein Kontrollvakuum (vgl. z.B. Demsetz, H./Lehn, K. 1985, Shleifer, A./Vishny, R. 1986). Wenn die Manager dieses Kontrollvakuum opportunistisch ausnützen, so kommt es zu Ineffizienzen, die sich wiederum in fallenden Aktienkursen niederschlagen. Unternehmen mit hohen Ineffizienzen und einer niedrigen Marktkapitalisierung sind ein interessanter Übernahmekandidat für Investoren, die sich darauf spezialisiert haben, ineffiziente Unternehmen aufzuspüren, günstig zu erwerben, zu restrukturieren und anschließend wieder zu verkaufen. Da die Manager im Falle einer feindlichen Übernahme zusammen mit ihrem Arbeitsplatz ihr unternehmensspezifisches Humankapital und ihre Reputation verlieren, werden sie versuchen, eine feindliche Übernahme zu verhindern. Das wirksamste Mittel gegen feindliche Übernahmen ist aber eine hohe Marktkapitalisierung, die sich wiederum am leichtesten durch effizientes Management erreichen lässt. e) Risikominimierung im Standardisierungswettbewerb
Unternehmenszusammenschlüsse stellen häufig eine effiziente Reaktion auf die Risiken eines Standardisierungswettbewerbs dar. Märkte mit hohen Netzwerkeffekten werden häufig von einem Standard dominiert (vgl. zu Netzwerkeffekten und Standardisierung Economides/Siow (Economides, N./Siow, A. 1988), Farrell/Saloner (Farrell, J./Saloner, G. 1987) sowie Katz/Shapiro (Katz, M.L./Shapiro, C. 1986). Entwickeln verschiedene Unternehmen konkurrierende Standards, dann entstehen zwangsläufig Investitionsruinen. Dieses Risiko kann durch eine zwischenbetriebliche Kooperation und Koordination erheblich verringert werden. Die zwischenbetrieblichen Kooperationsbemühungen verringern nicht nur das Investitionsrisiko, sie erhöhen zugleich die Kundenakzeptanz, da den Kunden durch die Bildung von Allianzen glaubhaft signalisiert werden kann, dass die Standardisierungsbemühungen erfolgreich verlaufen werden. Diese Signale fördern dann wiederum die tatsächliche Durchsetzung des Standards. Beispielsweise hat JVC durch die Bildung von Allianzen glaubwürdigere Signale für die Durchsetzung des Standards VHS für Videorecorder gesetzt, als es Sony im Alleingang für das konkurrierende Beta-System gelang (vgl. z.B. Grindley, P. 1995). f) Transaktionskostenreduzierung
Die von Coase (Coase, R.H. 1937) begründete und von Williamson (Williamson, O.E. 1975; Williamson, O.E. 1990; Williamson, O.E. 1996) weiterentwickelte Transaktionskostentheorie erklärt, unter welchen Bedingungen vertikale Unternehmenszusammenschlüsse Effizienzvorteile aufweisen. Im Mittelpunkt der Argumentation steht dabei die Transaktion. Hierunter versteht man den Übergang eines Vor- oder Zwischenproduktes von einer vor- auf eine nachgelagerte Produktionsstufe. Die hierbei anfallenden Koordinationskosten bezeichnet man als Transaktionskosten. Die Höhe der anfallenden Transaktionskosten hängt zum einen von den Eigenschaften der zugrunde liegenden Transaktion und zum anderen von der gewählten Koordinationsform ab. Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit sind die wichtigsten Transaktionseigenschaften. Eine Transaktionsbeziehung ist um so spezifischer, je größer die mit ihr verbundene Quasi-Rente ist. Unter der Quasi-Rente versteht man den Wertverlust, der eintritt, wenn die Transaktionsbeziehung beendet wird und das für die Durchführung der Transaktion erworbene Human- und Sachkapital anderweitig verwendet werden muss (vgl. Klein, B./Crawford, R.G./Alchian, A.A. 1978). Bei hochspezifischen Transaktionsbeziehungen führt eine Beendigung der Transaktionsbeziehung zu einer völligen Entwertung der zugrunde liegenden Investitionen. Innerhalb spezifischer Transaktionsbeziehungen lassen sich Streitfälle wegen des hohen Wertverlustes nicht durch einen Wechsel des Transaktionspartners lösen. Ist eine Transaktion nicht nur spezifisch, sondern zudem noch unsicher, können Streitigkeiten auch nicht mehr durch umfassende Verträge verhindert werden. Infolge der Unsicherheit bleiben die Verträge zwangsläufig unvollständig. Damit eröffnen sich jedoch opportunistische Verhaltensspielräume. Insbesondere besteht die Gefahr, dass eine Transaktionspartei das Abhängigkeitsverhältnis der anderen Transaktionspartei opportunistisch ausnutzt und versucht, sich einen möglichst hohen Anteil der Quasi-Rente anzueignen. Dieses so genannte Hold-up-Problem lässt sich bewältigen, indem die Transaktionsbeziehung nicht mehr über den Markt, sondern unternehmensintern koordiniert wird (vgl. Goldberg, V.P. 1976; Grossman, S.J./Hart, O.D. 1986 sowie Hart, O.D./Moore, J. 1990). Allerdings ist eine vertikale Integration nur dann vorteilhaft, wenn die Transaktion neben hohen Spezifitäts- und Unsicherheitsgraden auch einen hohen Häufigkeitsgrad aufweist. Zwischen rein marktlicher und rein unternehmensinterner Koordination liegende Hybridformen (z.B. Kapitalverflechtungen, Franchising) führen demgegenüber bei Transaktionen mit mittleren Spezifitäts-, Unsicherheits- und Häufigkeitsgraden zu den geringstmöglichen Transaktionskosten. g) Messkostensenkung
Barzel (Barzel, Y. 1982) zufolge liegt der Effizienzvorteil vertikaler Unternehmenszusammenschlüsse in der Reduktion von Mess- und Kontrollkosten. Seine Argumentation basiert auf der Unterscheidung zwischen output- und inputkontrollierten Produktionsstufen. Als outputkontrolliert (inputkontrolliert) bezeichnet er Produktionsstufen, bei denen es kostengünstiger ist, den Produktionsprozess anhand des Output (Input) zu messen. Outputkontrolliert (inputkontrolliert) sind beispielsweise Produktionsprozesse, deren Output ein Inspektionsprodukt (Erfahrungs- oder Vertrauensprodukt) darstellt. Um eine Mehrfachkontrolle des Input zu vermeiden, ist es effizient, aufeinander folgende inputkontrollierte Produktionsstufen vertikal zu integrieren. h) Lerneffekte
Durch Zusammenschlüsse wird es möglich, Wissen zu bündeln, um es gemeinsam effizienter zu nutzen. Das gilt insbesondere für implizites Wissen. Implizites Wissen umfasst alle (bewussten und unbewussten) Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich Individuen durch Übung und Erfahrung aneignen, jedoch nicht äußern können (vgl. Polany, M. 1985, S. 13 ff.). Spezialkenntnisse anderer Wirtschaftsteilnehmer, die in Form von Produkten und Diensten zugänglich sind und zu deren Gebrauch das (implizite) Fachwissen nicht mehr erforderlich ist, besitzen wissensökonomische Reife (vgl. Dietl, H.M. 1993, S. 171 ff.). Daraus lässt sich folgern, dass Investitionen in spezifisches Human- und Sachvermögen solange unter einheitliche Entscheidungshoheit gestellt, d.h. unternehmensintern koordiniert werden sollten, wie der zugrunde liegende Leistungsinhalt keine wissensökonomische Reife erlangt hat. Der Grad wissensökonomischer Reife liefert auch Anhaltspunkte zur Beurteilung horizontaler Unternehmensvereinigungen: Unternehmen sollten die Entscheidungsrechte an denjenigen Ressourcen erwerben, bei deren Verwendung vorhandenes implizites Spezialwissen genutzt werden kann.
IV. Fazit
Im vorliegenden Beitrag wurden marktmachtorientierte und effizienzorientierte Zusammenschlussmotive gedanklich voneinander getrennt. Es ist nicht immer leicht möglich, effizienzorientierte und marktmachtorientierte Zusammenschlüsse auch empirisch trennscharf voneinander abzugrenzen. Welche Motive überwiegen, kann aufgrund der Komplexität von Unternehmenszusammenschlüssen nur im Einzelfall entschieden werden. Es bleibt die Frage, ob Zusammenschlüsse gesamtwirtschaftlich eher von Vor- oder Nachteil sind. Offensichtlich bringen sie Vorteile mit sich, wenn sie zu Effizienzvorteilen (z.B. Größen- oder Transaktionskostenvorteilen) führen. Effizienzerklärungen haben in vielen Bereichen der Unternehmenszusammenschlüsse an Bedeutung gegenüber Monopolerklärungen gewonnen – so werden bei der Bewertung vertikaler Integrationen zunehmend die Effizienzmotive in den Vordergrund gestellt (vgl. z.B. Williamson, O.E. 1990, S. 96). Dass sich der Konzentrationsgrad in den letzten Jahren nicht erhöht hat, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Mehrzahl der Unternehmenszusammenschlüsse eher effizienzorientiert als marktmachtorientiert zu sein scheint (vgl. z.B. Banerjee, A./Eckard, E.W. 1998).
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