Finanzcontrolling
Inhaltsübersicht
I. Hintergrund
II. Begriff
III. Aufgaben und Instrumente des Finanzcontrolling
IV. Organisation des Finanzcontrolling
I. Hintergrund
Die Stellung des Finanzbereichs in der Unternehmung hat sich aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung der Güter- und Kapitalmärkte und der Zunahme finanzwirtschaftlicher Risiken über die vergangenen Jahrzehnte stark gewandelt. Im Zuge dessen wurden insbesondere in internationalen Konzernen eigenständige Finanzcontrolling-Bereiche eingerichtet. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch eine Reihe von Unternehmenskrisen, die auf Risiken aus dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente zurückzuführen waren.
Zentrale unternehmerische Aufgabe ist die Entwicklung und Durchführung wertsteigernder Investitionsprojekte im Leistungsbereich der Unternehmung. Diese Aufgabe ist aus den Zielen der Unternehmenseigentümer, der Inhaber von Residualansprüchen, abgeleitet. Die Maximierung des Wertes des Eigenkapitals ist die finanzierungstheoretisch wohl am besten begründbare operationale Zielsetzung für die Unternehmenspolitik. In einer Welt vollkommener und vollständiger Kapitalmärkte könnten allein Investitionsentscheidungen Wert schaffen. Kapitalbeschaffungs- oder Liquiditätprobleme stellten sich nicht: Fortführungswürdige Unternehmen fänden Kapitalgeber, die diese mit Liquidität versorgten und wertsteigernde Investitionen finanzierten. Zudem könnten Investitionsprojekte unabhängig von ihrer Finanzierung beurteilt werden: Probleme der Koordination von Investition und Finanzierung stellten sich ebenfalls nicht. Liquiditäts- und Kapitalbeschaffungsprobleme sowie Probleme der Abstimmung von Investition und Finanzierung sind Folge von Unvollkommenheiten und Unvollständigkeiten auf Kapitalmärkten. Ansetzend an deren Ursachen (Transaktionskosten, Besteuerungsunterschiede sowie Informations- und Anreizprobleme) lässt sich ein umfangreicher Aufgabenkatalog für den Finanzbereich und darauf aufbauend für das Finanzcontrolling ableiten.
II. Begriff
Der Begriff Finanzcontrolling wird in der Literatur wie auch in der Praxis vielfältig ausgefüllt und selten präzise abgegrenzt. Dies ist zum Teil auf das Fehlen einer allgemein akzeptierten Begriffsklärung von „ Controlling “ zurückzuführen. Diesem Beitrag liegt ein Verständnis von Controlling als eigenständiger Unternehmensführungsfunktion zugrunde, welche der Koordination im Führungssystem (Planung, Kontrolle, Informationssystem, Personalführung, Organisation) dient (vgl. Küpper, H.-U. 2001, S. 13 – 29). Aufbauend darauf sollen im Folgenden unter dem Begriff Finanzcontrolling Steuerungsmaßnahmen zur Koordination innerhalb des Finanzbereichs, zwischen dem Finanzbereich und dem Leistungsbereich sowie zwischen dem Finanzbereich und der Unternehmensführung verstanden werden. Zentrale Ziele hierbei sind die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit der Unternehmung und die Maximierung des Wertes der Eigenkapitalansprüche. Zu den Steuerungsmaßnahmen zählen vor allem die Abstimmung verschiedener Planungsrechnungen in der Unternehmung bzw. im Finanzbereich, die Sicherung der Verfügbarkeit verlässlicher Informationen als Grundlage für Planungs- und Kontrollrechnungen und die Gestaltung verhaltenssteuernder Anreiz- und Kontrollsysteme. Finanzcontrolling wird hier grundsätzlich als Bereichscontrolling verstanden. Aus der Koordinationsaufgabe des Controlling ergeben sich aber darüber hinaus auch unternehmensübergreifende Aufgaben des Finanzcontrolling, zumal sich Zahlungsströme auf sämtliche Unternehmensbereiche beziehen.
III. Aufgaben und Instrumente des Finanzcontrolling
1. Überblick
Die Koordinationsaufgaben des Finanzcontrolling sind hauptsächlich auf die Verringerung von Informations- und Anreizproblemen sowohl in der Unternehmung als auch in der Beziehung zu externen Kapitalgebern ausgerichtet. Informations- und Anreizprobleme in der Beziehung zu externen Kapitalgebern schaffen zwei wesentliche Aufgabenbereiche für das Finanzcontrolling, die Liquiditätssicherung und die Koordination von Investitions-und Finanzierungsentscheidungen:
Informationsprobleme haben Einfluss auf die Möglichkeiten und Kosten der Aufrechterhaltung der Liquidität; je größer der Informationsnachteil externer Kapitalgeber ist, desto eher kann es dazu kommen, dass ein Unternehmen zahlungsunfähig wird, obwohl seine Fortführung vorteilhaft ist. Die Bedeutung des Problems der Liquiditätssicherung lässt es als sinnvoll erscheinen, den Maßnahmen im Finanzbereich neben dem Ziel der Maximierung des Wertes des Eigenkapitals explizit auch das Ziel der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit der Unternehmung zugrunde zu legen.
Informations- und Anreizprobleme in der Beziehung zu externen Kapitalgebern haben Einfluss auf die Möglichkeiten und Kosten externer Finanzierung: Je größer der Informationsnachteil externer Kapitalgeber ist und je mehr sie fürchten müssen, dass das Unternehmen seinen Informationsvorsprung zu ihrem Nachteil ausnutzen wird, desto teurer bzw. schwerer zugänglich werden Quellen der externen Finanzierung. Dies hat Rückwirkungen auf die Realisierbarkeit wie auch auf die Bewertung von Investitionsprojekten: Investition und Finanzierung werden interdependent. Neben Maßnahmen zum Abbau von Informationsasymmetrien im Verhältnis zu externen Kapitalgebern sind es vor allem Maßnahmen zur Koordination von Investitions- und Finanzierungsplanung, die das Finanzcontrolling ergreifen sollte.
Die Erfüllung beider grundlegender Aufgaben wird zusätzlich erschwert durch Informations- und Anreizprobleme innerhalb der Unternehmung. Insbesondere in Konzernen handelt es sich dabei um Probleme, die denen zwischen Unternehmen und externen Kapitalgebern zum Teil sehr ähnlich sind. Das Finanzcontrolling hat zur Verminderung dieser Probleme beizutragen. So sollte es im Finanzbereich Zielvorgaben und Beurteilungsgrößen (Kennzahlensysteme) entwickeln sowie Anreiz-, Kontroll- und Limitsysteme auf deren Basis gestalten. Darüber hinaus sollte es bei der Gestaltung von Anreiz- und Kontrollsystemen im Leistungsbereich sowie von unternehmensübergreifenden Controlling-Instrumenten wie der Investitionsbudgetierung mitwirken.
2. Liquiditätssicherung
Koordinationsaufgaben in der Sicherung der Liquidität der Unternehmung zählen zu den wichtigsten des Finanzcontrolling. Zur Erfüllung dieser Aufgaben ist eine gesamtunternehmensbezogene Betrachtung zwingend.
Die kurzfristige Liquiditätssicherung basiert auf einer detaillierten Liquiditätsplanung, die unternehmensweit Zahlungsströme zeitpunkt- und betraggenau erfasst. Das Finanzcontrolling hat einen konzeptionellen Rahmen für die Planung zu schaffen, der die Aggregation der einzelnen Teilpläne im Unternehmen ermöglicht, mit dem Ergebnis eines integrierten kurzfristigen Liquiditätsplans für das Gesamtunternehmen. Dazu sind sowohl die äußere Form des Plans vorzugeben als auch Regeln zu erstellen und deren Einhaltung zu überwachen, die Fristen der Planerstellung in dezentralen Unternehmensbereichen und Weitergabe der Teilpläne festlegen.
Finanzkontrollen sind die Basis für die Sicherung der Einhaltung vorgegebener Liquiditätsziele. Dazu sind die erstellten Liquiditätspläne laufend mit den Ist-Größen zu vergleichen und Abweichungen zu analysieren; darüber hinaus ist die Konzeption des Liquiditätsplans (Detaillierungsgrad, Fristigkeit, Termingenauigkeit) zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern. Die Finanzpläne aus dem Leistungsbereich der Unternehmung haben Vorgabecharakter für Maßnahmen zur Liquiditätssicherung im Finanzbereich, solange die leistungswirtschaftlichen Vorgaben die Liquiditätssicherung nicht unmöglich oder äußerst kostspielig machen. Im letzteren Fall ist es Aufgabe des Finanzcontrolling, auch auf die Pläne im Leistungsbereich einzuwirken (z.B. Hinwirken auf die Ausnutzung längerer Zahlungsziele, Verzögerung von Beschaffungs- oder Investitionsmaßnahmen).
Um Liquiditätsengpässen und den damit verbundenen Kosten vorzubeugen, legt das Finanzcontrolling in Zusammenarbeit mit dem Finanzmanagement zu haltende Liquiditätsreserven fest. Da die Höhe dieser Reserven vom Grad der Unsicherheit abhängt, mit dem die Zahlungsströme im Leistungs- und Finanzinvestitionsbereich behaftet sind, ist die Liquiditätsplanung auch mit der Erfassung von Finanzrisiken zu koordinieren.
Die Aufgabe der Liquiditätssicherung ist nicht mit der Gewährleistung der unmittelbaren Zahlungsfähigkeit des Unternehmens um jeden Preis misszuverstehen. Das Cash Management und das Währungsmanagement als weitere Teile des Liquiditätsmanagements neben der Liquiditätsplanung und -kontrolle ermöglichen (insbesondere im Konzern) Kosteneinsparungen, ohne die Liquidität signifikant zu gefährden, und bieten Vorteile geringerer Kapitalaufnahme sowie besserer Verhandlungspositionen gegenüber Banken. Voraussetzung für die Ausnutzung solcher Vorteile ist neben einem weit entwickelten, EDV-gestützten Informationssystem im gesamten Unternehmen eine hohe Qualität der zugrunde liegenden Planungs- und Kontrollrechnungen, deren Sicherstellung in der Verantwortung des Finanzcontrolling liegt. Aufgrund der möglicherweise schwerwiegenden Auswirkungen von Dispositionsfehlern im Cash Management kann das Finanzcontrolling darüber hinaus Limitsysteme auf der Basis von Liquiditätskennzahlen gestalten, die Liquiditätstransfers begrenzen (vgl. Reichmann, T./Haiber, T./Fröhling, O. 1996, S. 301 – 302).
Die längerfristige, „ strukturelle “ Liquiditätssicherung hat engen Bezug zur Finanzierungsplanung und damit zur Aufgabe der Koordination von Investition und Finanzierung. Die langfristige Finanzierungsplanung ist in der Praxis überwiegend bilanzorientiert. Als Bilanzstrukturplanung erfasst sie, ob sich die Unternehmung langfristig in einem (bilanziellen) Finanzierungsgleichgewicht befindet. Ein System von Bilanzstrukturkennzahlen und daran gebundener Normen kann als Basis für frühzeitige Anpassungsmaßnahmen dienen. Legitimationen erfährt ein solches System zudem aus Insolvenzregelungen, die am Überschuldungstatbestand ansetzen und ebenfalls an Bilanzgrößen gebunden sind, sowie aus externen Kennzahlensystemen (z.B. von Rating-Agenturen), anhand derer die Finanzlagen von Unternehmen beurteilt werden.
3. Koordination von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen
Finanzierungsentscheidungen sind immer auch im Hinblick auf die längerfristige Liquiditätssicherung zu beurteilen. Darüber hinaus sind sie so zu treffen, dass die für Investitionen erforderlichen Mittel zum richtigen Zeitpunkt und für den richtigen Zeitraum verfügbar sind (Deckung des Kapitalbedarfs) und dass Finanzierungskosten minimiert werden. Wichtigste Grundlage hierfür ist eine mittel- und langfristige Finanzplanung. Deren konzeptionelle Gestaltung, die insbesondere in internationalen Konzernen mit umfangreichen Problemen verbunden ist, fällt in den Verantwortungsbereich des Finanzcontrolling, das beispielsweise festlegen muss, ob die Finanzplanung direkt als Zahlungsüberschussrechnung angelegt oder aber indirekt aus der externen Periodenerfolgsrechnung abgeleitet wird. Im Rahmen einer Kapitalbedarfsrechnung ist der Kapitalbedarf aus Investitionen nach Höhe und Zeitdauer zu erfassen, um die Investitionstätigkeit mit den begleitenden Finanzierungsmaßnahmen abzustimmen. Das Finanzcontrolling hat dafür zu sorgen, dass einerseits (im Regelfall) die Dispositionen im Finanzbereich auf den zu deckenden Kapitalbedarf abgestimmt sind, und dass andererseits der Handlungsspielraum des Leistungsbereichs gegebenenfalls beschränkt wird, wenn die Grenzen bzw. Kosten der Kapitalbedarfsdeckung dies notwendig werden lassen. Darüber hinaus hat es sicherzustellen, dass Kontrollrechnungen Finanzierungsengpässe rechtzeitig aufdecken, um eine ausreichende Informationsgrundlage für geeignete Maßnahmen sowohl des Finanz- als auch des Leistungsbereichs (hinsichtlich der Freisetzung von Kapital) zu bieten. Mittelfristig (1 – 3 Jahre) ist es grundsätzlich möglich, Zahlungsströme zeitlich und betraglich genauer zu planen. Das Finanzcontrolling trägt dafür Verantwortung, dass die Erfolgsplanungen in den Leistungsbereichen mit den Planungen im Finanzbereich integriert und die kurzfristigen Pläne mit den mittelfristigen Plänen innerhalb des Finanzbereichs abgestimmt werden. Angesichts der großen Bedeutung der Innenfinanzierung für die Finanzierungspolitik sollte ein mittelfristiger integrierter Finanzplan eine möglichst genaue Vorhersage von Innenfinanzierungsmitteln gewährleisten.
Die langfristige Finanzierungsplanung ist wie erläutert häufig bilanzorientiert. Als solche dient sie der Koordination von Investition und Finanzierung mittels einer Kapitalbindungsplanung, die die Kapitalverwendung (Aktivseite der Bilanz) und Kapitalherkunft (Passivseite der Bilanz) langfristig gegenüberstellt. Betrachtet man Kapitalbindung und Kapitalverwendung zusätzlich investitionsprojektbezogen, so erlaubt dies eine Analyse der langfristigen Auswirkungen einzelner Investitionen auf die Liquidität der Unternehmung.
Informations- und Anreizprobleme innerhalb der Unternehmung können dazu führen, dass wertsteigernde Investitionsprojekte unterlassen oder wertsenkende Projekte durchgeführt werden, oder dass die Allokation zentral beschaffter Finanzierungsmittel im Leistungsbereich suboptimal ist.
Um Fehlentscheidungen über Investitionen im Leistungsbereich vermeiden zu helfen, sollte das Finanzcontrolling bei der Formulierung von Zielen und Entscheidungsmodellen helfen, die Investitionsentscheidungen zugrunde zu legen sind, und es sollte Erfolgsgrößen definieren, anhand derer sich laufende Erfolgskontrollen durchführen lassen. Da im Leistungsbereich häufig Periodenerfolgsrechnungen als Kontrollrechnungen eingesetzt werden, ist es Aufgabe des Finanzcontrolling, Kompatibilität dieser Erfolgsrechnungen mit dem Unternehmensziel zu gewährleisten. Dazu sind unter anderem Kapitalkostensätze zur Verrechnung kalkulatorischer Zinsen zu ermitteln. Die Gestaltung finanzieller Anreizsysteme für Investitionsentscheidungen sollte ebenfalls unter Mitwirkung des Finanzcontrolling erfolgen. Die in jüngerer Vergangenheit zu beobachtende Abwendung von traditionellen Erfolgsgrößen hin zu wertorientierten „ Übergewinnkonzepten “ auf der Basis des Residualgewinns zeigen, dass diese Aufgabe auch in der Praxis zunehmende Beachtung findet.
Um die Investitionsentscheidungen im Leistungsbereich miteinander und mit den Entscheidungen im Finanzbereich zu koordinieren, bieten sich Koordinationsinstrumente wie die Investitionsbudgetierung an. Dem Finanzcontrolling kommt dabei eine wesentliche Unterstützungsaufgabe für das unternehmensübergreifende Controlling im Hinblick auf die Bestimmung von Kapitalbudgets zu. Eine zielführende Koordination von Investitionsentscheidungen wird in der Regel nur zu gewährleisten sein, wenn übergreifende Koordinationskonzepte mit projektbezogenen Anreiz- und Kontrollsystemen kombiniert werden.
4. Steuerung von Finanzrisiken
Die Steuerung von Finanzrisiken (Finanzrisikomanagement und Finanzrisikocontrolling) umfasst die Identifizierung, Bewertung und Begrenzung von Zinsänderungsrisiken, Währungsrisiken, Güterpreisrisiken und Adressenausfallrisiken. Sie ist kein eigenständiges Ziel der Finanzpolitik; im Wesentlichen dient sie der Unterstützung der grundlegenden Aufgaben der Liquiditätssicherung und der Koordination von Investition und Finanzierung (vgl. Froot, K.A./Scharfstein, D.S./Stein, J.C. 1993). So ermöglicht sie eine bessere Planbarkeit von Innenfinanzierungsmitteln und kann auf diese Weise Finanzierungskosten sowie Opportunitätskosten aus entgangenen (weil nicht finanzierbaren) Investitionsmöglichkeiten senken (für einen Überblick über (weitere) Gründe für die Relevanz des Finanzrisikomanagements vgl. Pritsch, G./Hommel, U. 1997). Aufgrund der praktischen Bedeutung des Risikocontrolling wird die Rolle des Finanzcontrolling bei der Steuerung von Finanzrisiken hier dennoch in einem eigenen Abschnitt behandelt.
Für ein funktionierendes Finanzrisikomanagement sind vom Finanzcontrolling zusätzliche Anforderungen an das Informationssystem zu stellen. Planungs- und Kontrollrechnungen sind so zu erweitern, dass sie die notwendige Entscheidungsgrundlage für den Einsatz von Absicherungsinstrumenten bereitstellen. Das Finanzcontrolling muss gewährleisten, dass finanzwirtschaftliche Risikopositionen in allen Unternehmensbereichen lückenlos identifiziert und einheitlich quantitativ erfasst werden, und dass diese Risikopositionen konsistent bewertet werden. Darüber hinaus hat es Kennzahlen festzulegen (und Kontrollrechnungen zu deren Ermittlung aufzubauen), anhand derer die Tragfähigkeit der eingegangenen Risiken täglich bewertet werden kann. Die prominenteste Kennzahl im Finanzrisikocontrolling ist der Value-at-Risk. Value-at-Risk-Systeme wurden im vergangenen Jahrzehnt nicht nur in Banken, sondern vermehrt auch in Industrieunternehmen aufgebaut. Für letztere ergeben sich besondere Probleme aufgrund des größeren Anteils nicht-marktfähiger und damit nicht kurzfristig veräußerbarer bzw. glattzustellender Risiken sowie aus dem häufigeren simultanen Auftreten von Preis- und Mengenrisiken (vgl. Bühler, W. 1998, S. 219 – 222). Sowohl im Rechensystem, das den gewählten Kennziffern zugrunde liegt, als auch in Limitsystemen auf Basis der Kennzahlen sollten unternehmensweite Risikoverbundeffekte berücksichtigt werden. Zwischen dem Finanzrisikocontrolling und der Liquiditätssicherung besteht eine enge Beziehung. Das Finanzcontrolling muss diese Beziehung bei der Koordination der entsprechenden Planungs- und Kontrollrechnungen sowie bei der Gestaltung von Limitsystemen im Finanzrisiko- und Liquiditätsmanagement berücksichtigen. Ein funktionsfähiges Finanzrisikomanagement erfordert nicht zuletzt auch aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen, die mit Unterstützung des Finanzcontrolling zu erarbeiten sind. Dazu gehören zum Beispiel Funktionstrennungen (oder zumindest personelle Trennungen) von Wertpapierhandel und -abwicklung und Richtlinien für den Abschluss von Handelsgeschäften.
IV. Organisation des Finanzcontrolling
Die vorangegangenen Ausführungen bezogen sich auf das Finanzcontrolling als Funktion. Ob Finanzcontrolling institutionell eigenständig in einer Unternehmung verankert werden sollte, hängt von der Unternehmensgröße und immer mehr auch von der Bedeutung von Finanzrisiken für die Unternehmung ab. Vor dem Hintergrund seiner Koordinationsaufgaben, die sich nicht nur auf den Finanzbereich beschränken, bietet es sich an, das Finanzcontrolling auf Gesamtunternehmensebene in einem Zentralbereich Finanzen institutionell eigenständig zu verankern. Welche Einwirkungsrechte einer zentralen Finanzcontrolling-Abteilung eingeräumt werden, ist eine schwierige Organisationsaufgabe, deren Lösung weitreichende Wirkungen nicht nur auf die Abläufe innerhalb des Finanzbereichs, sondern auch auf den Leistungsbereich der Unternehmung hat.
Literatur:
Arbeitskreis „ Finanzierungsrechnung “ , : Finanzierungsrechnung im Konzern" Sonderheft 37 Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, hrsg. v. Mansch, Helmut/v. Wysocki, Klaus, 1996
Bühler, Wolfgang : Risikocontrolling in Industrieunternehmen, in: Controlling und Rechnungswesen im internationalen Wettbewerb, hrsg. v. Börsig, Clemens/Coenenberg, Adolf G., Stuttgart 1998, S. 205 – 233
Franke, Günter/Hax, Herbert : Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, Berlin et al., 4. A., 1999
Froot, Kenneth A./Scharfstein, David S./Stein, Jeremy C. : Risk Management: Coordinating Investment and Financing Policies, in: Journal of Finance, Jg. 48, 1993, S. 1629 – 1658
Gebhardt, Günther : Finanzcontrolling, in: Handwörterbuch der Bank- und Finanzwirtschaft, hrsg. v. Gerke, Wolfgang/Steiner, Manfred, Stuttgart, 2. A., 1995, Sp. 599 – 608
Harris, Milton/Raviv, Artur : The Theory of Capital Structure, in: Journal of Finance, Jg. 46, 1991, S. 297 – 355
Küpper, Hans-Ulrich : Controlling, 3. A., Stuttgart 2001
Pritsch, Gunnar/Hommel, Ulrich : Hedging im Sinne des Aktionärs, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 57, 1997, S. 672 – 692
Reichmann, Thomas : Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, München, 4. A., 1995
Reichmann, Thomas/Haiber, Thomas/Fröhling, Oliver : Cash Management, Cash-Pooling und Controlling, in: Controlling, Jg. 8, H. 5/1996, S. 295 – 302
Richtsfeld, Jörg : In-House-Banking, Wiesbaden 1994
Sandretto, Michael J. : Controlling Financial Instruments, in: Management Accounting, Mai 1993, S. 55 – 61
|