Konzernrichtlinien
Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Funktion
III. Struktur und Inhalt
IV. Markante Richtlinienbereiche
V. Erstellung und Überwachung
I. Begriff
Unter Konzernrichtlinien lassen sich Regeln oder Anweisungen verstehen, die den Zusammenschluss rechtlich selbstständiger Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung betreffen. Dabei könnten die Regelungen vom Staat bzw. von einer Staatengemeinschaft ausgehen oder vom Konzern selbst. Betrachtet man nur Letzteres, wären Konzernrichtlinien Regelungen, die den Konzern und seine Glieder auf ein bestimmtes Verhalten zur Realisierung des gemeinsamen Zwecks ausrichten. Konzernrichtlinien beträfen insoweit die verschiedenen funktionellen Bereiche. Es ließe sich von Beschaffungs-, Produktions-, Verkaufsrichtlinien sprechen, auch von Finanzierungs- und Organisationsrichtlinien. In dem skizzierten weiten Sinne ist der Begriff der Konzernrichtlinien jedoch kaum gebräuchlich.
Im Allgemeinen wird der Begriff der Konzernrichtlinien auf das Rechnungswesen bezogen. Jedoch versteht man unter Konzernrichtlinien nicht etwa Anweisungen zur Durchsetzung einheitlicher kalkulatorischer Rechnungen im Konzern. Vielmehr wird der Begriff benutzt im Zusammenhang mit dem Konzernabschluss, allerdings nicht als Plural zur siebenten Richtlinie der EG über den konsolidierten Abschluss ( „ Konzernrichtlinie “ ). Mit Konzernrichtlinien bezeichnet man vielmehr konzerninterne Anweisungen zur Erstellung des Konzernabschlusses nach § 290 HGB. Präzisierend könnte von Konzernabschlussrichtlinien geredet werden. Da eine schriftliche Reglementierung vorliegt, lassen sich Konzernrichtlinien als Zusammenfassung aller schriftlich fixierten Regelungen zur Abschlusserstellung definieren (Ruhnke, 1998). Im Vordergrund steht die Konsolidierung, insoweit enthalten die Konzernrichtlinien auch „ Konsolidierungsrichtlinien “ . Allerdings betreffen die Konzernrichtlinien über Konsolidierungsvorgänge hinausgehend noch die übrigen Maßnahmen, die zur Aufstellung des Konzernabschlusses nötig sind.
II. Funktion
Konzernrichtlinien sollen bei einem Verzicht auf eine eigenständige Konzernbuchführung und eine originäre Erstellung des Abschlusses die Voraussetzungen schaffen für die Aufstellung des vom Einheitsgedanken geprägten Konzernabschlusses. Nach dem in § 297 III Satz 1 HGB verankerten Einheitsprinzip muss im derivativ aus den Einzelabschlüssen abgeleiteten Konzernabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage so dargestellt werden als handle es sich beim Konzern um ein einziges Unternehmen. Aus dem Einheitskonzept resultiert ein Zwang zur Koordinierung bei Ansatz, Bewertung und Ausweis (Weber-Braun, 1998). Von materiellem Gewicht ist die Einheitlichkeit bei Ansatz und Bewertung. Unter grundsätzlicher Wahrung der Vollständigkeit müssen – nach dem deutschen Bilanzrecht für große Kapitalgesellschaften – die Ansatzverbote sowie -wahlrechte einheitlich gehandhabt und die Bewertungswahlrechte nach einem Maße ausgeübt werden – sofern nicht gemäß § 315a HGB für einen Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards Besonderes gilt.
In technischer Hinsicht geht es um die Überführung der Einzelabschlüsse von Mutter- und Tochterunternehmen (HB I) in die der Konsolidierung zugrunde zu legenden Abschlüsse. Eine solche Transformation der HB I in die HB II erfordert Maßnahmen in beträchtlichem Umfang, weil sich ohne Vorgaben zur Wahrnehmung von Wahlrechten und Ermessensspielräumen die Einzelabschlüsse nicht für eine Konsolidierung eignen. Insofern sind präzise Anweisungen für Ansatz, Bewertung und auch Gliederung im Einzelabschluss nötig. In der Fixierung dieser Bilanzfragen ist die zentrale Aufgabe der Konzernrichtlinien zu sehen (Weber-Braun, 1998).
Darüber hinaus haben Konzernrichtlinien die Funktion, den gegenseitigen Informationsfluss einschließlich der Berichtspakete im Konsolidierungskreis zu regeln (Buchner, 1996). Das betrifft die Erfassung konzerninterner Beziehungen, die Abstimmung konzernbezogener Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Bereitstellung von Informationen etwa zur Zwischenerfolgseliminierung, zur Steuerabgrenzung und zum Anfertigen von Konzernanhang und -lagebericht. Unter dem Informationsaspekt können die Konzernrichtlinien auch als Instrument der Konzernsteuerung dienen.
III. Struktur und Inhalt
Als Summe der schriftlichen Anweisungen zur Erstellung des Konzernabschlusses sind Konzernrichtlinien in der Praxis häufig Bestandteil von „ Richtlinien für die Rechnungslegung und Berichterstattung “ , eines „ Handbuchs der Rechnungslegung “ oder eines „ Bilanzierungshandbuchs “ . Man findet sie aber auch als selbstständige „ Richtlinien für den Konzernabschluss “ .
Weiss/Ferlings (Weiss, /Ferlings, 1998) unterscheiden bei ihrer Darstellung der in der Praxis vorfindbaren Grundstruktur sieben durch einen Vorspann ergänzte Teile. Im einleitenden Abschnitt werden danach die Funktion der Konzernrichtlinien dargestellt, das Verhältnis von HB I und HB II erläutert sowie Verantwortlichkeiten klar gemacht. Der Organisationsteil grenzt den Kreis einbezogener Unternehmen ab, enthält einen Terminplan und bestimmt die Dokumentationserfordernisse sowie die Fristen der Aufbewahrung. Hinzukommen kann noch eine Darstellung und Erläuterung relevanter Rechtsvorschriften und Grundsätze. Im Rahmen des Gliederungsteils wird auf Form und Inhalt der HB II hingewiesen, dabei auch auf die Abgrenzung einzelner Positionen eingegangen. Es erfolgt eine Festlegung im Hinblick auf Wahlrechte der Gliederung sowie ebenso hinsichtlich fakultativer Aktivierung und Passivierung. Gegenstand des Bewertungsteils ist die einheitliche Ausübung von Bewertungswahlrechten und Ermessensspielräumen. Der Konsolidierungsteil bezieht sich auch auf die Währungsumrechnung. Als Kern enthält der Teil die Anweisungen, die zur Erhebung konsolidierungsrelevanter Daten nötig sind, insbesondere zur erforderlichen Information über Eliminierungsvorgänge. Man spricht in der Praxis deshalb von Ausfüllanweisungen für die Formblätter. Die Formblätter selbst werden im Berichtsteil bekannt gemacht und erläutert. Im Analyseteil liegt die Basis für rückwärtsgewandte Untersuchungen. Der Planungsteil als letzte Komponente der Konzernrichtlinien schafft die Voraussetzungen dafür, Auswirkungen der Planungsprozesse auf künftige Konzernabschlüsse zu erkennen.
Ruhnke (Ruhnke, 1994) differenziert in seinem Konzept einer zweckmäßigen Konzernrichtlinie nach acht Teilen, die zentralen Bereiche werden weiter untergliedert. Das Beteiligungsverzeichnis als erster Teil enthält eine Aufstellung der einbezogenen Unternehmen. Einen zweiten Bestandteil bildet der Terminplan, er gibt eine Auflistung der mit dem Erstellen des Konzernabschlusses verknüpften Aktivitäten. Ein weiterer Teil betrifft personelle Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Im anschließenden Teil wird ein Überblick über Grundsätze ordnungsmäßiger Konzernrechnungslegung gegeben. Ein Kernbereich sind die konsolidierungsvorbereitenden Maßnahmen; in diesem Teil wird weiter unterschieden nach Gliederungsrichtlinie, Bilanzierungs- und Bewertungsrichtlinie, Richtlinie zur Währungsumrechnung sowie Richtlinie zur Berechnung latenter Steuern aus den Einzelabschlüssen. Einen weiteren zentralen Teil stellt die Konsolidierungsrichtlinie dar; bei ihr wird folgendermaßen differenziert: Kapitalkonsolidierung, Schuldenkonsolidierung, Eliminierung von Zwischenergebnissen, Konsolidierung von Aufwand und Ertrag sowie Behandlung der latenten Steuern aus der Konsolidierung. Der vorletzte Teil betrifft das Formularwesen. Einen abschließenden Teil bildet „ Sonstiges “ , das etwa Anweisungen für Inventuren, zur Prüfung des Konzernabschlusses sowie zu einer Zwischenberichterstattung enthält.
Die in der Praxis vorfindbaren und für zweckmäßig erachteten Richtlinienbereiche (dazu noch Müller, A./Müller, K. 1988; Theile, 2003) sind umfangreich. Erfasst werden auch Regelungen zum Konzernabschluss, die auf Vorschriften des HGB beruhen. Soweit eindeutige gesetzliche Bestimmungen betroffen sind, die keinen Spielraum lassen, bedarf es an sich keiner Richtlinien. Jedenfalls stellen solche Ausführungen keine wesentlichen Bestandteile der Konzernrichtlinien dar. Lässt man darüber hinaus die technischen Aspekte der Terminplanung und des Formularwesens unberücksichtigt, verbleiben als markante Richtlinienbereiche drei Teile. Erstens existieren Regelungen mehr genereller Art zur Abgrenzung des Konsolidierungskreises, zur Aufstellung von Zwischenabschlüssen und zur Währungsumrechnung. Als Zweites enthalten Konzernrichtlinien Anweisungen zur Überführung der HB I in die HB II. Drittens regeln Konzernrichtlinien die eigentlichen Konsolidierungsmaßnahmen.
IV. Markante Richtlinienbereiche
1. Regelungen mehr genereller Art
Zur Abgrenzung des Konsolidierungskreises sollten Konzernrichtlinien zunächst hinsichtlich der Wahlrechte des § 296 HGB regeln, ob sie überhaupt oder unter welchen Voraussetzungen sie in Anspruch genommen werden. Für Gemeinschaftsunternehmen muss man anhand von Kriterien wie dem Grad der Integration über die Alternative einer Quotenkonsolidierung oder einer Equity-Bewertung entscheiden. Zur Abgrenzung des Assoziierungskreises ist zu bestimmen, ob stets gemäß der Vermutungsregel in § 311 I Satz 2 HGB verfahren wird.
Des Weiteren hat man zu regeln, in welcher Weise bei unterschiedlichen Stichtagen im Konzern vorzugehen ist (Arbeitskreis „ Externe Unternehmensrechnung “ , 1987). Liegt der Stichtag eines Tochterunternehmens drei Monate oder weniger vor dem Termin des Konzernabschlusses, muss entschieden werden, ob gemäß § 299 II HGB auf einen Zwischenabschluss verzichtet wird oder nicht. Wird kein Zwischenabschluss erstellt, ist zu bestimmen, ob im Rahmen der Informationspflichten (§ 299 III HGB) eine Berücksichtigung besonderer Vorgänge in Konzernbilanz bzw. Konzern-GuV oder durch Anhangsangaben erfolgt.
Schließlich müssen – in gewisser Überschneidung zum nächsten Bereich – im internationalen Konzern Anweisungen zur Währungsumrechnung gegeben werden. Erforderlich ist, bei Beachtung von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen die Umrechnungsmethode festzulegen sowie ihre Handhabung im Einzelnen zu präzisieren. Daneben bedarf der Umgang mit Differenzen aus einer Umrechnung der Regelung. Besonders zu regeln ist die Behandlung von Jahresabschlüssen aus Weichwährungs- bzw. Hochinflationsländern (Müller, A./Müller, K. 1988).
2. Regelungen zur Transformation der HB I in die HB II
In einem weiten Sinn lässt sich zu diesem Richtlinienbereich die einheitliche Ausrichtung hinsichtlich Lagebericht und Anhang zählen (Arbeitskreis „ Externe Unternehmensrechnung “ , 1987). Für den Lagebericht geht es dabei um die konzerneinheitliche Einstufung von Vorgängen als solche von besonderer Bedeutung oder um die Abgrenzung berichtspflichtiger Risiken. Zum Anhang sollte konzernweit eine bestimmte Struktur vorgegeben werden. Speziell sind etwa Vorkehrungen nötig, um die Anforderungen des DRS 3 zur Segmentberichterstattung oder die entsprechenden Regelungen nach IFRS oder US-GAAP erfüllen zu können.
Bei der Vereinheitlichung der Rechenwerke ist unter Gliederungsaspekten für die GuV die Vorgabe entweder des Gesamtkosten- oder des Umsatzkostenverfahrens nötig. Für die Bilanz betrifft die einheitliche Ausrichtung vorrangig die Wahlrechte aus § 265 HGB, aber auch z.B. das Wahlrecht nach § 268 V HGB zum passivischen oder aktivischen Ausweis erhaltener Anzahlungen auf Bestellungen. Überhaupt muss der Gliederungsteil der Konzernrichtlinien Anweisungen enthalten zum Aufbau der HB II, einschließlich einer exakten, den Eigenarten des jeweiligen Konzerns gerecht werdenden Abgrenzung einzelner Positionen (Weiss, /Ferlings, 1998). Dadurch wird in formeller Hinsicht eine Homogenität der Einzelabschlüsse hergestellt, wie sie zur Konsolidierung nötig ist.
Unter materiellem Aspekt hat die Ansatzrichtlinie im internationalen Konzern Anweisungen zu geben zur Einhaltung des Aktivierungsverbots für originäre immaterielle Anlagewerte (§ 248 II HGB). Regelungen sind daneben erforderlich im Hinblick auf die Ausübung von HGB-Aktivierungswahlrechten, z.B. für einen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert (§ 255 IV HGB). Bezüglich eines Firmenwerts ist bei einem IFRS-Abschluss bzw. Abschluss nach US-GAAP dagegen ein Ansatz vorzuschreiben, wenn es sich um asset deals handelt. Auf Seiten der Passiva muss die Vereinheitlichung vor allem auf die Sonderposten mit Rücklageanteil und die Rückstellungen gerichtet werden. Für die Rückstellungen sind Anweisungen geboten, wie das Wahlrecht für spezielle Aufwandsrückstellungen (§ 249 I Satz 3 HGB) und für generelle Aufwandsrückstellungen (§ 249 II HGB) auszuüben ist. Entsprechendes gilt für fakultative Pensionsrückstellungen (Art. 28 I EG HGB).
Der Richtlinienteil zur einheitlichen Bewertung muss in erster Linie auf die konzerneinheitliche Abgrenzung der Herstellungskosten (§ 255 II HGB) bezogen sein. Dazu ist festzulegen, ob diese auf der Basis nur der Einzelkosten oder auch anderer Kosten ermittelt werden. Geht man über die handelsrechtliche Untergrenze hinaus, bedarf es der Regelung, wie Wahlrechte zur Einbeziehung von Gemeinkosten und das Einbeziehungswahlrecht hinsichtlich der Zinsen für Fremdkapital (§ 255 III HGB) auszuüben sind. Wenn es einen Konzernabschluss gemäß internationalen Grundsätzen betrifft, muss man dafür sorgen, dass bei den Konzerngliedern die – auf der Basis der Normalbeschäftigung berechneten – Fertigungs- und Materialgemeinkosten einbezogen werden, wie es den IFRS und US-GAAP entspricht.
3. Regelungen zu Konsolidierungsmaßnahmen
Zur Kapitalkonsolidierung ist zu regeln, ob für den Fall, dass die Voraussetzungen einer Anwendung der pooling of interest method (§ 302 HGB) gegeben sind, von der purchase method (§ 301 HGB) abgegangen werden soll. Wird auf die Erwerbsmethode abgestellt, muss man entscheiden, welche Variante – Buchwertmethode oder Neubewertungsmethode – man benutzen will. Ergibt sich bei der Konsolidierung eine aktive Differenz, die geringer ist als der Betrag stiller Reserven, wird bei Anwendung der Buchwertmethode festzulegen sein, ob die Zuordnung nach abnehmender oder zunehmender Liquidierbarkeit, quotal zu Zeitwerten oder proportional zu den stillen Reserven erfolgt. Des Weiteren bedarf die Behandlung verbleibender aktiver oder passiver Differenzen einer Regelung. Hinsichtlich eines Firmenwerts wird zunächst zu entscheiden sein, ob er gemäß § 309 I Satz 3 HGB erfolgsneutral gegen offene Rücklagen aufgerechnet werden soll. Sofern keine Verrechnung erfolgt, müssen Konzernrichtlinien Vorgaben enthalten, ob beschleunigt oder planmäßig abgeschrieben wird (§ 309 I Satz 1 und 2 HGB). Bei planmäßiger Tilgung sind die Methode und Abschreibungsdauer zu regeln. Bezüglich der Dauer können sich die Konzernrichtlinien im Rahmen eines HGB-Abschlusses an der steuerlichen Frist von fünfzehn Jahren (§ 7 I Satz 3 EStG) orientieren, aber auch andere Fristen – im Regelfall kürzere – vorsehen.
Für eine Konsolidierung von Forderungen und Verbindlichkeiten (§ 303 HGB) können Konzernrichtlinien dazu beitragen, den Umfang materieller Aufrechnungsdifferenzen zu reduzieren. Das bezieht sich etwa auf Anweisungen zu korrespondierender Bilanzierung von Disagien in den Einzelabschlüssen von Schuldner- und Gläubigerunternehmen. Entstehen bei der Schuldenkonsolidierung Unterschiedsbeträge, muss deren erfolgswirksame Verrechnung geregelt werden. Auch bezüglich formeller Unterschiede lässt sich das Ausmaß nötiger Aufrechnung einschränken, und zwar mit Anweisungen zur Vermeidung von Fehlbuchungen und von zeitlich bedingten Differenzen. Verwerfungen zeitlicher Art können durch die Fixierung von Terminen für letzte Rechnungsstellung und Begleichung bei konzerninternen Vorgängen vermieden werden (Ruhnke, 1994). Will man im Konzern freiwillig eine Konsolidierung von Drittschuldverhältnissen betreiben, sind dazu organisatorische Vorkehrungen erforderlich.
Der auf die Eliminierung von Zwischenergebnissen (§ 304 HGB) bezogene Teil der Konzernrichtlinien muss vor allem vorgeben, wie im Rahmen der Lieferung konzernintern hergestellter Erzeugnisse über den eliminierungspflichtigen Bereich hinaus eliminierungsfähige Zwischenergebnisse behandelt werden. In der Frage ist eine Abstimmung mit der Bewertungsrichtlinie hinsichtlich der Herstellungskosten nötig. Da die Eliminierung von Zwischengewinnen und -verlusten differenzierte Berechnungen erfordert, sind zweckgerechte Formulare und präzise Anweisungen zum Ausfüllen in diesem Bereich von besonderer Relevanz (Ruhnke, 1994). Darüber hinaus können die Richtlinien Bedeutung haben im Hinblick auf § 304 II HGB.
Zur Aufwands- und Ertragskonsolidierung (§ 305 HGB) haben Konzernrichtlinien die Separierung von Innenumsätzen und Außenumsatzerlösen zu regeln. Soll gemäß § 305 II HGB wegen „ untergeordneter Bedeutung “ auf die Konsolidierung von Aufwendungen und Erträgen verzichtet werden, müssen die Konzernrichtlinien – wie auch bei einem Verzicht auf Schuldenkonsolidierung und Zwischenergebniseliminierung – konkrete Regeln aufstellen.
Die Regelungen zu konzernspezifischen latenten Steuern (§ 306 HGB) können anknüpfen an Festlegungen zum fakultativen Ansatz aktiver Latenzen gemäß § 298 I i.V.m. § 274 II HGB. Der obligatorische Ansatz aktiver und passiver konzernspezifischer Steuerlatenzen erfordert neben der Einführung von Nebenrechnungen zur Erfassung der relevanten Tatbestände eine Fixierung des anzuwendenden Steuersatzes (Ruhnke, 1994). Zu entscheiden ist, ob ein konzerneinheitlicher Durchschnittssatz zugrunde gelegt wird oder ob mit differenzierten Sätzen operiert werden soll. Hinsichtlich des Ermittlungsbereichs latenter Steuern haben sich die Konzernrichtlinien wegen § 310 II HGB auf Gemeinschaftsunternehmen zu erstrecken. Es bedarf allerdings der Regelung, inwieweit man assoziierte Unternehmen – für die keine Einbeziehungspflicht besteht – freiwillig i.S.e. verbesserten Aussagefähigkeit einbeziehen will. Zum Ausweis latenter Steuern ist noch zu regeln, ob die konzernspezifischen Latenzen mit dem Abgrenzungsposten nach § 274 HGB zusammengefasst oder getrennt ausgewiesen werden (§ 306 Satz 3 HGB). Darüber hinaus hat man für die Fälle aktiver und passiver Latenzen zu bestimmen, wo der Ausweis in der Bilanz genau erfolgen soll. Schließlich muss noch die formale Behandlung der latenten Steuern in der GuV vorgegeben werden.
V. Erstellung und Überwachung
Das Erstellen von Konzernrichtlinien obliegt einer Konsolidierungsstelle, die im Regelfall als zentrale Einrichtung in das Rechnungswesen des Mutterunternehmens integriert sein sollte (ADS, 1995). Bei einer stufenweisen Konsolidierung kann es zweckmäßig sein, dezentral vorzugehen, damit eine fristgerechte Aufstellung des Konzernabschlusses gewährleistet ist. Von der Vorgehensweise hängt der Detaillierungsgrad der Konzernrichtlinien ab; bei dezentralem Vorgehen muss gegenüber unteren Konzernebenen stärker reglementiert werden. Notwendig ist, bei der Erstellung und Durchsetzung der Richtlinien die Kompetenzen klar abzugrenzen, das betrifft auch das Verhältnis der Konsolidierungsstelle zur Konzernleitung. In der Praxis wird häufig beim Erstellen der Konzernrichtlinien der Abschlussprüfer herangezogen. Dabei will man dessen Sachverstand nutzen und erwartet eine effiziente Prüfung (Ruhnke, 1994). Unter technischen Gesichtspunkten werden die Konzernrichtlinien meist nicht als feste Handbücher erstellt, sondern in Verbindung mit dem konzernbezogenen Formularwesen in Loseblattform. Dadurch lässt sich eine größere Flexibilität bei notwendigen Aktualisierungen und Änderungen erreichen.
Der sog. Änderungsdienst (Weiss, /Ferlings, 1998) betrifft auch Weiterentwicklungen bei Hard- und Software sowie bei der Datenübertragung. Darüber hinaus hat der Dienst die Aufgabe, Fehler beim Erstellen des Konzernabschlusses aufzuspüren und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Insoweit ist die Pflege der Konzernrichtlinien prozessbegleitend mit einer Überwachung verbunden. Eine solche Kontrolle kann die Basis sein für den Aufbau eines Konzernsteuerungsinstruments. Deshalb spielen Konzernrichtlinien auch eine bedeutende Rolle für das Konzern-Controlling.
Prozessunabhängig ist die Einhaltung der Konzernrichtlinien intern von der Konzernrevision zu überwachen, extern vom Abschlussprüfer. Eine Prüfungspflicht des Konzernabschlussprüfers bezüglich der Konzernrichtlinien kann nicht direkt aus internationalen Prüfungsnormen (Ruhnke, 1999) oder aus den Vorschriften des HGB abgeleitet werden. Indirekt ergibt sie sich jedoch zum Einen daraus, dass der Konzernabschluss daraufhin zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Bestimmungen beachtet wurden, und zum Anderen dadurch, dass der Prüfer in einer Weise vorzugehen hat, die es gewährleistet, relevante Unrichtigkeiten und Verstöße gegen die Ordnungsmäßigkeit zu erkennen (§ 317 I Satz 2 und 3 HGB). Deshalb muss die Prüfung der Konzernrichtlinien in die Prüfung des Konzernabschlusses einbezogen werden (Buchner, 1996). Zur Abwicklung der Prüfung wird eine Ergänzung der Konzernrichtlinien um Prüferrichtlinien empfohlen (Weiss, /Ferlings, 1998).
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, 6. A., bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., Stuttgart ab 1995, Vorbemerkungen zu §§ 290 – 315 HGB
Arbeitskreis „ Externe Unternehmensrechnung “ , : Aufstellung von Konzernabschlüssen, ZfbF-Sonderheft 21/1987
Buchner, R. : Rechnungslegung und Prüfung der Kapitalgesellschaft, 3. A., Stuttgart 1996
Müller, A./Müller, K. : Gliederungsvorschlag für eine interne Richtlinie zur Konzernrechnungslegung und -berichterstattung nach neuem Bilanzrecht, in: DB 1988, S. 189 – 192
Ruhnke, K. : Erstellung einer internen Konzernrichtlinie, in: DB 1994, S. 893 – 899
Ruhnke, K. : Konzernbuchführung, in: Lexikon des Rechnungswesens, hrsg. von Busse von Colbe, W./Pellens, B., 4. A., München 1998, S. 431 – 433
Ruhnke, K. : Bedeutung internationaler Prüfungsnormen für die Erbringung von Prüfungsleistungen auf nationaler Ebene, in: DB 1999, S. 237 – 244
Theile, C. : Wahlrechte und Ermessensspielräume nach IAS/IFRS – Zugleich ein Beitrag zur Umstellungsplanung und zur Erstellung der unternehmensspezifischen Konzernrichtlinie – , in: StuB 2003, S. 957 – 964
Weber-Braun, E. : Organisation der Vorbereitung, Aufstellung und Kontrolle des Konzernabschlusses, in: Handbuch der Konzernrechnungslegung, hrsg. von Küting, K./Weber, C.-P., 2. A., Stuttgart 1998, S. 693 – 708
Weiss, H.-J./Ferlings, J. F. W. : Organisation der Vorbereitung, Aufstellung und Kontrolle des Konzernabschlusses, in: Handbuch der Konzernrechnungslegung, hrsg. von Küting, K./Weber, C.-P., 2. A., Stuttgart 1998, S. 709 – 749
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