A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wirtschaftslexikon wirtschaftslexikon
 
Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon

 

wirtschaftslexikon online lexikon wirtschaftslexikon
   
 
     
wirtschaftslexikon    
   
    betriebswirtschaft
     
 
x

Aufwand und Ertrag


Inhaltsübersicht
I. Aufgaben und Grundbegriffe des Rechnungswesens
II. Aufwand und Ertrag als Ergebnisgrößen des externen Rechnungswesens
III. Normabhängigkeit von Aufwand und Ertrag
IV. Prüfung von Aufwand und Ertrag

I. Aufgaben und Grundbegriffe des Rechnungswesens


Die Begriffe Aufwand und Ertrag gehören zu den Grundbegriffen des betrieblichen Rechnungswesens. Zum Kanon der Grundbegriffe des Rechnungswesens gehören weiterhin die Begriffspaare Auszahlungen und Einzahlungen bzw. Kosten und Leistungen.
Die differenzierte Aufgabenstellung des Rechnungswesens hat zur Differenzierung zweckmäßiger Grundbegriffe geführt.

1.

Auszahlungs-Einzahlungs-Rechnung
Aufgabenstellung: Investitions-, Finanz- und Liquiditätsplanung;

2.

Aufwands-Ertrags-Rechnung
Anwendungsgebiet: Finanzbuchhaltung und Jahresabschluss für externe Adressaten;

3.

Kosten-Leistungs-Rechnung
Aufgabenstellung: Wirtschaftlichkeitskontrolle und kurzfristige Produktions- und Absatzplanung auf der Basis gegebener Kapazitäten.


II. Aufwand und Ertrag als Ergebnisgrößen des externen Rechnungswesens


Der Periodenerfolg eines Unternehmens wird als Reinvermögensänderung der Eigenkapitalgeber gemessen. Ertrag und Aufwand lassen sich folgendermaßen definieren:

-

Ertrag = gesamter Wertzuwachs (Reinvermögensmehrung) einer Periode;

-

Aufwand = gesamte Wertminderung (Reinvermögensminderung) einer Periode.


Zuweilen wird auch von wertmäßigem Output (Ertrag) bzw. wertmäßigem Input (Aufwand) gesprochen. Aufwand wird dann mit dem bewerteten Verzehr von Gütern und Dienstleistungen innerhalb einer Periode gleichgesetzt.
Ein- bzw. Auszahlungen sind die originären Rechengrößen (Baden, 1997) des betrieblichen Rechnungswesens. Ertrag und Aufwand als Erfolgsdeterminanten des externen Rechnungswesens sind derivative, d.h. aus Ein- bzw. Auszahlungen ableitbare Rechengrößen.
Aufwand und Ertrag

1.

Im einfachsten Fall entspricht der Periodenaufwand (z.B. Lohnaufwand) der Periodenauszahlung.

2.

Die Auszahlung führt niemals zu Aufwand (z.B. Kredittilgung).

3.

Die Auszahlung (z.B. 3a) Anschaffung einer Maschine) führt nicht in der Anschaffungsperiode, sondern erst in einer späteren Periode in Form von Abschreibungen 4a) zu Aufwand.

4.

Der Auszahlung (z.B. 3b) Pensionszahlung) ist in einer früheren Periode die Aufwandverrechnung durch Bildung einer Pensionsrückstellung 4b) vorausgegangen.


III. Normabhängigkeit von Aufwand und Ertrag


1. Aufwand und Ertrag nach HGB


Aufwand und Ertrag sind die Erfolgsdeterminanten des externen Rechnungswesens. Die Normen des externen Rechnungswesens, insbesondere die Vorschriften zur Periodisierung von Wertminderungen und Wertmehrungen, bestimmen den Umfang von Aufwand und Ertrag. Im Folgenden werden die grundlegenden Normen zur Erfassung von Aufwand und Ertrag unter vier verschiedenen Aspekten beleuchtet.

a) Vollständigkeit und Verrechnungsverbot


Eine verbindliche Definition von Aufwand und Ertrag liefert das HGB nicht. Diese Gesetzeslücke kann weder das Gliederungsschema der GuV mit den dort aufgeführten Aufwands- und Ertragsarten noch das Vollständigkeitsgebot des § 246 ausfüllen, zumal das Vollständigkeitsgebot des § 246 unter den Vorbehalt der Einzelfallregelung des Gesetzes gestellt ist. Letztlich richtet sich die Periodisierung von Aufwand und Ertrag nach Bilanzierungsgrundsätzen, sowie konkreten Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Vermögen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten.

b) Zahlungsunabhängigkeit


Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen “ (§ 252 I Nr. 5). Gerade hier, in der Erfassung jener Aufwendungen und Erträge, die in vor- bzw. nachgelagerten Perioden zu Auszahlungen bzw. Einzahlungen führen, liegt das Kernproblem der Erfolgsermittlung.
Im Sinne periodengerechter Gewinnermittlung (s.u.) orientiert sich die Erfolgsrechnung am „ Prinzip einer leistungsentsprechenden Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen “ (Coenenberg, 2005). Die Periodisierung von Abschreibungen, Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten veranschaulicht dieses Zuordnungsprinzip: Nicht die Periode der Anschaffung (und Auszahlung) einer Maschine, sondern die Ertrag verheißenden Nutzungsperioden werden im Sinne einer Verteilungsabschreibung mit zeitanteiligem Aufwand belastet. Nicht die Perioden der Betriebsrentenzahlung, sondern die Ertrag verheißenden Perioden aktiver Mitarbeitertätigkeit werden durch Zuführungen zu Pensionsrückstellungen mit Aufwand belastet. Dem gleichen Prinzip folgt die Rechnungsabgrenzung nach § 250 HGB, indem sie Einzahlungen (Auszahlungen) mit einem den Bilanzstichtag übergreifenden Bezugszeitraum zeitproportional zur Nutzungsdauer als anteiligen Periodenertrag (Periodenaufwand) auf die betroffenen Abrechnungsperioden verteilt.

c) Vorsichtsprinzip


Das vom Gläubigerschutzgedanken dominierte deutsche Bilanzrecht gebietet über das Vorsichtsprinzip (§ 252 I Nr. 4) eine extrem pessimistische Haltung beim Bilanzansatz von Vermögen und Schulden. Die Folge ist eine Unterbewertung (Überbewertung) von Vermögen (Schulden). Durch Bildung stiller Rücklagen wird der Reinvermögens- und Erfolgsausweis gekürzt.
Das Vorsichtsprinzip bewirkt eine zeitliche Verschiebung des Gewinnausweises, indem der Ertragsausweis in die Zukunft verlagert und der Ausweis von Aufwand antizipiert wird. Beispiele solcher Aufwandsantizipation sind

-

das Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 II HGB),

-

die Bildung von Aufwandsrückstellungen (§ 249 HGB),

-

die Möglichkeit der Nichtaktivierung von Gemeinkosten beim Ansatz von Herstellungskosten (§ 255 II HGB).


Aus dem übergeordneten Vorsichtsprinzip lassen sich verschiedene Unterprinzipien ableiten, die allesamt zu einem Verschieben des Ertragsausweises bzw. einem Vorziehen des Aufwandsausweises beitragen. Es handelt sich hierbei um das Realisations-, das Imparitäts-, das Niederst- und das Höchstwertprinzip. Nach dem Realisationsprinzip (§ 252 I Nr. 4) dürfen Wertsteigerungen erst nach Umsatzrealisation als Ertrag ausgewiesen werden. Nach dem Imparitätsprinzip (§ 252 I Nr. 4) sind Wertänderungen vor Umsatzrealisation ungleich zu behandeln: Wertminderungen müssen als Aufwand erfasst, Wertsteigerungen dürfen nicht als Ertrag berücksichtigt werden. Nach dem Niederstwertprinzip ist der Bewertung von Vermögenspositionen von zwei zur Wahl stehenden Werten (Anschaffungskosten bzw. Tageswert) der niedrigere anzusetzen. Nach dem Höchstwertprinzip ist bei der Bewertung von Verbindlichkeiten von zwei zur Wahl stehenden Werten der höhere anzusetzen.

d) Prinzip periodengerechter Gewinnermittlung


Zur Beurteilung der Ertragslage eines Unternehmens müssen die ausgewiesenen Periodenergebnisse vergleichbar sein. In diesem Sinne gebietet das Prinzip periodengerechter Gewinnermittlung die Kompatibilität der Aufwands- und Ertragsverrechnung.
Auch im deutschen Recht ist das Prinzip periodengerechter Gewinnermittlung ein wichtiger Bilanzierungsgrundsatz. Seine Verwirklichung steht aber unter dem Vorbehalt der Anwendung konkreter Ansatz- und Bewertungsvorschriften, die ihrerseits vom Vorsichtsprinzip geprägt sind. Die Dominanz des Vorsichtsprinzips wird im deutschen Recht mit der Einräumung eines Aktivierungswahlrechts für sog. Bilanzierungshilfen gelockert. Hierbei geht es um die Aktivierungsfähigkeit von Sachverhalten (Disagio bei Verbindlichkeiten, derivativer Geschäfts- oder Firmenwert; Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen; aktive Latente Steuern), die keine Vermögensgegenstände sind, die also nach deutschem Recht prinzipiell nicht bilanzierungsfähig sind. An die Stelle der prinzipiell gebotenen sofortigen und vollständigen Aufwandsverrechnung tritt das Aktivierungswahlrecht. Bei Ausübung des Aktivierungswahlrechts mit nachfolgendem Abschreibungszwang über die Nutzungsdauer tritt an die Stelle einmaliger Aufwandsverrechnung in t0 eine zeitlich gestreckte Aufwandsverrechnung. Durch die zeitliche Streckung wird die Vergleichbarkeit der ausgewiesenen Periodenergebnisse weniger beeinträchtigt.

2. Aufwand und Ertrag nach IFRS/IAS und US-GAAP


Wie im deutschen Bilanzrecht werden auch nach International Financial Reporting Standards (IFRS) und US-GAAP Aufwand und Ertrag als Minderung bzw. Erhöhung des Reinvermögens interpretiert (F 70). Erträge (income) bzw. Aufwendungen (expenses) werden als Zunahme bzw. Abnahme des wirtschaftlichen Nutzens interpretiert, der sich in einer Zu- bzw. Abnahme des ausgewiesenen Eigenkapitals widerspiegelt. Wie im deutschen Recht existiert ein generelles Saldierungsverbot für Aufwand und Ertrag.
Im Sinne einer Erfolgsspaltung werden Aufwand und Ertrag nach IFRS/IAS folgendermaßen aufgeteilt:
Aufwand und Ertrag
Aufwand und Ertrag
Gains (losses) repräsentieren die Wertsteigerungen (Wertminderungen) bei Vermögensgegenständen bzw. die Wertminderungen (Wertzunahmen) bei Verbindlichkeiten. Hinter revenues (expenses of ordinary activities) stehen Erträge (Aufwendungen) aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit.
Von zentraler Bedeutung ist der Grundsatz periodengerechter Gewinnermittlung (accrual basis of accounting), der in F 22 der IAS verankert ist. Für die Abgrenzung von Aufwand und Ertrag gilt das matching principle (F 95), wonach die Periodisierung des Aufwands (z.B. im Sinne der Verteilungsabschreibung) mit der Periodisierung von Ertrag kompatibel sein soll.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Bilanzrecht gibt es deutliche Unterschiede der Aufwands- und Ertrags-Verrechnung nach IFRS/IAS und US-GAAP. Der unterschiedliche Erfolgsausweis nach deutschem Recht einerseits und IFRS/IAS und US-GAAP liegt in der Interpretation des Vorsichtsprinzips. Im HGB dominiert das Vorsichtsprinzip alle Bilanzierungsgrundsätze und Einzelbewertungsvorschriften und zwingt zum bewusst pessimistischen Eigenkapital- und Ergebnisausweis. IFRS/IAS und US-GAAP interpretieren das Vorsichtsprinzip (prudence) wertneutral, indem Vermögen und Schulden nicht bewusst pessimistisch, sondern unter dem Aspekt der Wahrscheinlichkeit (probability) und der Verlässlichkeit (reliable measurement) angesetzt werden sollen.
Die Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Vermögen (Assets) und Schulden (Liabilities) sollen die dem deutschen Recht immanente Bildung stiller Rücklagen verhindern. Assets werden als Ressource zur Erzielung künftiger Erträge interpretiert. Während nach deutschem Recht (§ 248 II HGB) und US-GAAP (SFAS 2.12) Entwicklungskosten als Periodenaufwand zu verrechnen sind, müssen sie nach IAS 38.57 aktiviert werden. Während nach deutschem Recht (§ 255 II HGB) bei der Ermittlung der Herstellungskosten produktionsbezogene Gemeinkosten als Periodenaufwand verrechnet werden dürfen, besteht nach IFRS/IAS und US-GAAP ein Aktivierungszwang. Während nach deutschem Recht für sog. Innenverpflichtungen eine Aufwandsantizipation in Form von Aufwandsrückstellungen zulässig ist (§ 249 HGB), gilt nach IFRS/IAS und US-GAAP ein Passivierungsverbot. Während nach deutschem Recht ein Ausweis unrealisierter Gewinne verboten ist, wird die Ertragsverrechnung nach IFRS/IAS und US-GAAP nicht von der erfolgten Realisation am Bilanzstichtag, sondern von der Realisierbarkeit am Bilanzstichtag abhängig gemacht.
Der Sinn solcher Ansatz- und Bewertungsvorschriften liegt auf der Hand: Im Gegensatz zum deutschen Bilanzrecht streben IFRS/IAS und US-GAAP nicht nach Ertragsverschiebung und Aufwandsantizipation, sondern nach dem Ausweis eines neutral ermittelten Periodenerfolgs.
Der Deutsche Gesetzgeber hat die Diskrepanz zwischen deutschem Bilanzrecht und internationaler Rechnungslegung erkannt. Es ist eine Reform des deutschen Bilanzrechts in mehreren Schritten geplant (BilModG als nächste Stufe nach BilReG). Mitte 2006 ist mit einem Reformentwurf zum BilModG zu rechnen. Mit diesem Gesetz sollen Wahlrechte und damit auch der bilanzpolitische Spielraum reduziert und somit eine stärkere Fokussierung auf die periodengerechte Gewinnermittlung gelegt werden.

IV. Prüfung von Aufwand und Ertrag


Bei der Prüfung von Aufwendungen und Erträgen stellen sich im Wesentlichen drei Fragen:

1.

Sind die Aufwendungen und Erträge periodengerecht abgegrenzt?

2.

Sind die Aufwendungen und Erträge vollständig ausgewiesen?

3.

Sind die Aufwendungen und Erträge unter der richtigen Bezeichnung in der GuV ausgewiesen?


Im Rahmen der 1) periodengerechten Abgrenzung von Aufwand und Ertrag geht es vor allem um Abschreibungen, Zuschreibungen, Bildung bzw. Auflösung von Rückstellungen und Bildung bzw. Auflösung von Rechnungsabgrenzungsposten. Die damit zusammenhängenden Bewertungs-(Fragen) sind bei der Prüfung der Bilanzansätze zu klären.
Bei der Prüfung der 2) Vollständigkeit des Aufwand und Ertrag-Ausweises helfen Plausibilitätsüberlegungen weiter: Der Prüfer überzeugt sich von der Stimmigkeit des Verhältnisses von Umsatzerlösen und USt-Traglast, von Zinsaufwand (-ertrag) und Darlehensverbindlichkeiten (-forderungen), von Personalaufwand und Angaben zur Beschäftigung usw.
Bei der 3) Zuordnung von Aufwand und Ertrag zu einzelnen GuV-Posten ist – wie bei der Periodenabgrenzung zu 1) – der Zusammenhang mit den Bilanzpositionen zu beachten. Von besonderer Bedeutung ist hier die Abgrenzung zwischen planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen sowie zwischen außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen und sonstige betriebliche Aufwendungen und Erträge.
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., 6. A., Stuttgart ab 1995
Baden, A. : Strategische Kostenrechnung, Wiesbaden 1997
Baetge, J. : Bilanzen, 7. A., Düsseldorf 2005
Ballwieser, W. : US-amerikanische Rechnungslegung, 4. A., Stuttgart 2002
Coenenberg, A. G. : Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. A., Stuttgart 2005
Hayn, S./Waldersee, G. Graf von : IAS/US-GAAP/HGB im Vergleich, 5. A., Stuttgart 2004
Leffson, U. : Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. A., Düsseldorf 1987
Selchert, F.-W. : Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, 2. A., Wiesbaden 1996
v. Wysocki, K. : Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens, 3. A., München 1988
Wöhe, G. : Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. A., München 1997

 

 


 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
Aufwand
 
Aufwandsrückstellungen