Marketingcontrolling
Inhaltsübersicht
I. Marketingcontrolling als Teilbereich des betrieblichen Controllingsystems
II. Spezifische Aufgaben des Marketingcontrolling
III. Instrumente des Marketingcontrolling
IV. Schnittstellenbeziehungen des Marketingcontrolling
V. Organisatorische Einbindung des Marketingcontrolling
I. Marketingcontrolling als Teilbereich des betrieblichen Controllingsystems
Ganz allgemein ist Controlling als eine Steuerungshilfe für die Unternehmensführung anzusehen. Es geht dabei um die koordinierte Informationsversorgung zur effizienten Erfüllung von Managementaufgaben. Typische Managementfunktionen sind Planung, Organisation, Mitarbeiterführung sowie Kontrollen und Audits (Überwachung). Deshalb erstrecken sich die Erfordernisse der Informationskoordination auf die Gesamtheit dieser vier Tätigkeitsfelder (vgl. Küpper, H.-U. 1997, S. 15). Grundsätzlich fällt die Abstimmung zwischen den genannten Aufgabeninhalten, dem daraus entstehenden Informationsbedarf und der Informationsbereitstellung in die Zuständigkeit der Entscheidungsträger selbst, sodass Controlling zu den originären Obliegenheiten des Managements zählt. Je größer die Unternehmung, desto eher erfolgt aber eine Delegation durch Einrichtung gesonderter Stellen für Controller.
Ebenfalls mit der Unternehmensgröße und Aufgabenspezialisierung wächst die Neigung, aus dem zentralen Controlling Teilgebiete auszugliedern und bereichsbezogen zu definieren. Ein solches Bereichscontrolling stellt das Marketingcontrolling dar (wie z.B. auch das FuE-Controlling, das Logistikcontrolling oder das Produktionscontrolling). Es soll eine gezielte Informationsunterstützung für alle Funktionen und organisatorischen Verantwortungsebenen des Marketingmanagements bewirken.
Da der Grundgedanke des (Absatz-) Marketing darin besteht, für die Unternehmung eine konsequente Orientierung an bestehenden und potenziellen Kunden sowie an Konkurrenzbedingungen herbeizuführen und auf diese Weise langfristige Erfolgsmöglichkeiten zu sichern, stehen für das Marketingcontrolling derzeitige und künftige Produkt-Markt-Beziehungen im Vordergrund. Die benötigten Informationen für die Planung, Organisation, Mitarbeiterführung und Überwachung beziehen sich im Kern auf Produkte, Marketing-Mix-Maßnahmen, Marktareale, Nachfrager und Wettbewerber; und zwar in längerfristig-strategischer wie auch in operativer Hinsicht.
Daraus resultiert ein Bezugsrahmen, wie er in Abb. 1 skizziert ist. Dort ist auch angedeutet, dass das Marketingcontrolling Informationen aus dem Rechnungswesen und aus der Marktforschung zu koordinieren hat. Es muss sich mit dem betrieblichen Zentralcontrolling sowie mit dem Controlling anderer Teilbereiche abstimmen. Auf diese Weise ist es Bestandteil eines umfassenden Controllingsystems.
Abb. 1: Marketingcontrolling im betrieblichen Controllingsystem
II. Spezifische Aufgaben des Marketingcontrolling
Das Aufgabenspektrum des Marketingcontrolling lässt sich unmittelbar aus der Abb. 1 ableiten. Dabei ist an die Managementfunktionen anzuknüpfen.
1. Informationskoordination für die Marketingplanung
Ein Schwerpunkt des Marketingcontrolling liegt in der Unterstützung absatzwirtschaftlicher Planungsprozesse durch geeignete Informationsinputs. Dabei konzentrieren sich die Strategische Planung sowie Strategisches Controlling (vgl. Döpke, U. 1986, S. 105 ff.; Preißner, A. 1999, S. 87 ff.; Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. 2000, S. 23 ff.) auf die Bestimmung längerfristig Erfolg versprechender Produkte für ausgewählte Nachfrager-Zielgruppen in bestimmten Marktarealen. Diese Aspekte kennzeichnen die künftige Geschäftstätigkeit, im angelsächsischen Sprachraum umschrieben als „ Defining the Business “ (vgl. Köhler, R. 1993, S. 23 ff.). Hierfür werden vorrangig Früherkennungsinformationen im Rahmen systematischer Umfeldanalysen benötigt. Die strategische Planung des Marketing-Mix betrifft vor allem die Frage, durch welche Maßnahmen eine für die Nachfrager Nutzen stiftende Positionierung geschaffen wird, die auf Dauer Wettbewerbsvorteile verspricht. Hierzu kommt es auf Informationen über Zielgruppenmerkmale und -anforderungen sowie über Konkurrentenstrategien an.
In operativer Hinsicht verlangt die Marketingplanung Schätzangaben über die zu erwartenden Reaktionen der Nachfrager und Wettbewerber auf kurzfristig vorgesehene Maßnahmen sowie über die prospektiven Kosten- und Erlöswirkungen dieses Mitteleinsatzes. Eine besondere Anforderung an das Controlling besteht in der Aufgabe, auf eine ausdrückliche Abstimmung zwischen strategischen und operativen Marketingplänen zu achten, da es sonst zu Inkonsistenzen kommen kann.
2. Informationsbereitstellung im Hinblick auf Organisationseinheiten des Marketing
Es wird oft übersehen, dass es auch zum Controllingauftrag gehört, die Organisationsebenen und -einheiten des Marketingbereiches mit jeweils problemspezifischen Informationen (im Planungs- und Überwachungszusammenhang) zu versorgen. Die Umsetzung von Plänen in finanz- und investitionswirtschaftliche bzw. erfolgsrechnerische Vorgaben für bestimmte Organisationseinheiten ist Gegenstand der Budgetierung. Daran schließen sich zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Ergebnisüberwachungen an.
Das Marketingcontrolling hat es mit produktbezogenen Organisationseinheiten (z.B. Produktmanagement) zu tun; ebenso mit nachfragerbezogenen Stellen und Abteilungen (z.B. Key-Account-Management) sowie mit Verantwortungsträgern für Marktareale (z.B. Verkaufsgebietsleitern) und funktionalen Zuständigkeiten im Rahmen des Marketing-Mix (z.B. Werbeabteilung). Das Informationssystem ist so zu gestalten, dass die Organisationsmitglieder Zugriff auf die für ihren Tätigkeitsbereich relevanten Daten haben, mit der angemessenen Verdichtung bzw. Aufgliederung je nach Entscheidungsebene. Wettbewerbsinformationen sind für alle absatzwirtschaftlichen Zuständigkeitsbereiche wichtig, wobei es auf die Konkurrenten im jeweiligen Kontext ankommt, der sich beispielsweise für einen Produktmanager anders darstellt als für einen Regionalmanager, der gebietsbezogen die gesamte Produktpalette der Unternehmung anbietet.
Dem Marketingcontrolling obliegt es außerdem, koordinierend für den Informationsfluss zwischen den organisatorischen Teilbereichen zu sorgen, damit etwa „ die Absatzmengenschätzungen der Produktmanager mit jenen der Verkaufsgebietsleiter und des Kundenmanagements abgeglichen werden “ (vgl. Köhler, R. 1998, S. 13).
3. Informationen zur Mitarbeiterführung im Marketingbereich
Anreizsysteme sollen bewirken, dass das Verhalten der Organisationsmitglieder sowohl deren eigenen Interessen als auch den Unternehmenszielen genügt. Im Marketing hat das Bereichscontrolling darauf zu achten, dass den Mitarbeitern zweckentsprechende Anreizinformationen zur Verfügung gestellt werden, die zu einer Verhaltensbeeinflussung im vorstehend genannten Sinne führen. Soweit es dabei um die Aufbereitung von Daten aus dem Rechnungswesen geht, handelt es sich um ein Behavioral Accounting.
So dienen beispielsweise Provisionen im Zusammenhang mit der Außendienststeuerung dazu, die Aktivitäten der Außendienstmitarbeiter auf die Erfolg bringenden Produkte zu lenken. Hierzu sind Umsatzprovisionen grundsätzlich weniger geeignet als deckungsbeitragsorientierte Provisionen. Die leistungsabhängige Entlohnung von Absatzorganen sollte aber außerdem auch Besonderheiten der Marktareale (z.B. Reisendenbezirke) und Unterschiede in den regionalen Wettbewerbsverhältnissen mitberücksichtigen. In der Preispolitik als Marketing-Mix-Bestandteil kann das Verfahren des Target Costing dazu beitragen, den Blick der Marketingmitarbeiter für das Nachfragerverhalten wie auch für die betrieblichen Kostenbedingungen und Rationalisierungsmöglichkeiten zu schärfen. Nachfragerbezogen lässt sich das Mitarbeiterverhalten durch Kundenzufriedenheitsmessungen und Beschwerdeinformationen stimulieren, konkurrentenbezogen durch Benchmarking-Daten. Im Zusammenspiel verschiedener Organisationseinheiten spielen Verrechnungspreise eine Rolle, um beispielsweise bei der Inanspruchnahme der unternehmensinternen Marktforschungs- oder Werbeabteilung das Bewusstsein für Ressourcenengpässe zu fördern.
Es ist eine wichtige Aufgabe des Marketingcontrolling, bei solchen Anreizgestaltungen beratend mitzuwirken, damit adäquate verhaltenslenkende Informationen aus dem Rechnungswesen und aus externen Quellen bereitgestellt werden.
4. Kontrollinformationen und Audits
Rückblickende Soll-Ist-Vergleiche, aus denen man Schlüsse für zukünftige Handlungen ziehen kann, sind ein wichtiges Controllingteilgebiet, auch wenn das englische Wort „ control “ nicht einfach mit „ Kontrolle “ gleichgesetzt werden kann, weil es umfassender „ Steuerung “ bedeutet. Im Marketingbereich spielen Ablaufkontrollen eine Rolle, insbesondere aber Ergebniskontrollen. Ablaufkontrollen betreffen beispielsweise Termineinhaltungen beim Projekt einer Neuprodukteinführung am Markt. Ergebniskontrollen beziehen sich in erster Linie auf Produkte und Aufträge, Marktareale (Verkaufsgebiete) sowie Kunden(gruppen) auf der Verwender- oder Handelsstufe, wobei im Falle eines mehrgleisigen Vertriebs auch ein Effizienzvergleich verschiedener Absatzwege erfolgen kann. Diese eben genannten kosten- und erlösrechnerischen Ergebnisanalysen werden als Absatzsegmentrechnungen bezeichnet (vgl. Köhler, R. 1993, S. 383 ff.). Sie dienen der Lenkung von Ressourcen zu den erfolgsergiebigsten Produkt-Markt-Beziehungen.
Die Ergebniskontrolle einzelner Marketing-Mix-Maßnahmen (z.B. einer Werbekampagne) gestaltet sich schwierig, wenn es um monetäre Erfolgsgrößen geht, da die Isolierung eines solchen Ergebnisbeitrages gegenüber anderen Einflussfaktoren nur unter experimentellen Bedingungen eindeutig gelingt. Hingegen sind manche nichtmonetäre Wirkungen (z.B. eine Sloganbekanntheit) eher maßnahmenspezifisch bestimmbar.
Kontrollen beziehen sich auf die Marketingorganisation und berühren damit auch die Mitarbeiterführung, wenn absatzwirtschaftliche Organisationseinheiten als Cost Center, Profit Center oder (wie etwa eine Verkaufsniederlassung) als Investment Center angesehen werden. Hier besteht allerdings eine enge Verknüpfung mit der Absatzsegmentrechnung, zugeschnitten auf bestimmte organisationale Zuständigkeitsbereiche.
Bei den genannten Kontrollobjekten kommt grundsätzlich ein Kennzahlenvergleich mit Wettbewerbern in Betracht. Beispiele sind der Umsatz- und Marktanteilsvergleich für bestimmte Produktgruppen (vgl. Palloks, M. 1991, S. 247 ff.) oder der Kostenvergleich hinsichtlich der Werbeaktivitäten in Medien.
Marketingkontrollen bekommen einen strategischen Charakter, wenn sie dazu verwendet werden, Soll-Ist-Differenzen im Sinne einer Lückenanalyse in die Zukunft zu projizieren und zwecks rechtzeitiger Gegensteuerung auf drohende Abweichungen von einer mehrperiodigen Zielleitlinie (z.B. geplante Marktanteilsentwicklung) hinzuweisen. Vorausschauende Bedeutung haben auch Marketingaudits, die sich nicht mit Ergebnissen beschäftigen, sondern die Rahmenbedingungen für künftige Marketingaktivitäten auf ihre Angemessenheit überprüfen (vgl. Köhler, R. 1993, S. 397 ff.). Solche Audits befassen sich im Wesentlichen mit den im Marketingbereich eingesetzten Planungs- und Kontrollverfahren sowie mit den bestehenden organisatorischen Regelungen, die hinsichtlich ihrer Zweckeignung und Aktualität beurteilt werden. Außerdem ist auf die Prämissen und die logische Stimmigkeit von Strategieentwürfen sowie auf die Konsistenz aller Gestaltungsmaßnahmen innerhalb des Marketing-Mix zu achten.
Marketingkontrollen und -audits gehören insgesamt zur Controllingaufgabe der Überwachung.
III. Instrumente des Marketingcontrolling
Controllinginstrumente sind Modelle und Methoden zur aussgefähigen Informationsaufbereitung über die zu untersuchenden Steuerungsgegenstände. Hierfür bietet sich eine Fülle von Planungs-, Anreiz- und Überwachungstechniken an (vgl. Köhler, R. 1996, S. 522 f.; Link, J./Gerth, N./Voßbeck, E. 2000, S. 66 ff.; Preißner, A. 1999, S. 96 ff.; Zerres, M.P. (Hrsg.)2000, S. 13 ff.). Eine Systematisierung kann nach den in Abb. 1 angeführten Managementfunktionen erfolgen, wobei hinsichtlich der Marketingplanung nach Instrumenten mit strategischer oder operativer Ausrichtung unterschieden wird.
Zur Unterstützung der strategischen Marketingplanung spielen qualitative Ansätze eine erhebliche Rolle, wie z.B. Szenarien, Suchfeldanalysen, Stärken-Schwächen-Analysen, Benchmarking oder Positionierungsstudien. Dennoch kommen auch quantitative Verfahren in Betracht, etwa rechnerische Daten als Bestandteil von Portfolioanalysen, mehrperiodige Wirtschaftlichkeitsanalysen und längerfristige Budgetierungen. Der Prozesskostenrechnung wird mit Blick auf die prozessbedingte Inanspruchnahme längerfristig veränderbarer Kapazitäten oft ein strategischer Charakter zugesprochen.
Für die operative Marketingplanung überwiegen Informationen aus dem Rechnungswesen, insbesondere kosten- und erlösrechnerische Kalküle, die zum Teil mit Daten aus der Marktforschung (z.B. über die voraussichtliche Nachfragerreaktion auf absatzpolitische Maßnahmen) verknüpft werden. Ebenso dominieren – mit Ausnahme der eher qualitativ angelegten Audits – Rückgriffe auf das Rechnungswesen bei Marketingkontrollen im Rahmen der Überwachung.
Die problemspezifische Nutzung des Rechnungswesens für die Marketingplanung und -kontrolle wird als Marketing Accounting bezeichnet (vgl. Palloks, M. 1997, S. 399 ff.; Schmidt, R.W. 1997, S. 14 ff.). Es handelt sich dabei sowohl um die Anwendung von Finanz- und Investitionsrechnungen als auch insbesondere, je nach Untersuchungsgegenstand und Analysezweck, von Erlös- und Voll- oder Teilkostenrechnungen (Erlösplanung und Erlöskontrolle; Vollkostenrechnung/Teilkostenrechnung). Für die unter II.4. erwähnten Absatzsegmentrechnungen liefert das Rechnen mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen aussagefähige Einblicke unter dem Aspekt, welche Erfolgsbeiträge ohne die Existenz des betreffenden Absatzsegments nicht entstanden wären (sog. Identitätsprinzip).
Controllinginstrumente zur Unterstützung der Mitarbeiterführung sollen der zweckentsprechenden Ausgestaltung von Anreizsystemen dienen. Hierzu zählen kosten- und erlösrechnerische Verfahren zur Bestimmung zieladäquater Verrechnungspreise und Bemessungsgrundlagen für Provisionen, Indikatorenmodelle zur Ermittlung verkaufsgebietsspezifischer Soll-Absatzmengen oder Berechnungen von sog. Deckungsbudgets als differenzierte Vorgabe für Preisverhandlungen. Auch die Ableitung mitarbeiterbezogener Zielgrößen im Rahmen der Balanced Scorecard ist hier zu nennen.
Was die Informationskoordination für Organisationseinheiten des Marketingbereiches betrifft, so stehen Budgetierungsinstrumente, Absatzsegmentrechnungen für objektbezogene Organisationseinheiten (z.B. Kundendeckungsbeitragsrechnung für das Key-Account-Management) und Methoden des Responsibility Accounting für Cost Center oder Profit Center im Vordergrund.
Die Abb. 2 gibt einen exemplarischen Überblick über Instrumente des Marketingcontrolling, wobei zur Systematisierung der ausgewählten Beispiele der Bezugsrahmen der Abb. 1 zugrunde gelegt wird.
Abb 2: Systematisierte Beispiele für Instrumente des Marketingcontrolling
IV. Schnittstellenbeziehungen des Marketingcontrolling
Um die Informationsversorgung für das Marketingmanagement koordinieren zu können, muss sich das Marketingcontrolling mit anderen betrieblichen Aufgabenbereichen abstimmen, zu denen enge sachinhaltliche Verbindungen bestehen, die aber organisatorisch verselbstständigt sind. An den Schnittstellen zu diesen verwandten Tätigkeitsfeldern sind Verbindungen für den Informationsfluss herzustellen ( „ Interface “ -Funktion des Controlling). Wie schon aus Abb. 1 ersichtlich, handelt es sich vor allem um die Koordination mit dem betrieblichen Rechnungswesen und der Marktforschung. Es ist darauf zu achten, dass aus diesen beiden Informationsquellen Daten in der Aufbereitungsform verfügbar gemacht werden, wie dies den Problemstellungen im Marketingbereich entspricht. Diesem Anliegen kommen neuere Entwicklungen der Informationstechnik entgegen, da sie die flexible Verknüpfung von Daten nach verschiedenen Auswertungsgesichtspunkten ermöglichen. Zu nennen sind hier beispielsweise die Zusammenfassung von Datenbanken in einem Data Warehouse und dessen Nutzung mithilfe von OLAP-Tools (Online Analytical Processing). OLAP erleichtert die Durchführung mehrdimensionaler Absatzsegmentrechnungen, sodass z.B. Produktdeckungsbeiträge über mehrere Perioden und aufgegliedert nach Verkaufsgebieten dargestellt werden können.
Abstimmungsbedarf besteht auch mit dem Zentralcontrolling und dem Bereichscontrolling anderer betrieblicher Tätigkeitsfelder. Das zentrale Controlling benötigt insbesondere finanzwirtschaftliche bzw. erfolgsrechnerische Angaben vom Marketingcontrolling, um sie mit aggregierten Daten aus anderen betrieblichen Bereichen zusammenzuführen. Umgekehrt werden von zentraler Seite Hinweise auf Ziel- und Strategievorgaben der Gesamtunternehmung sowie grundlegende Controllingstandards geliefert. Die Koordination mit anderen dezentralen Controllingeinheiten ist notwendig, um rechtzeitig über relevante Rahmenbedingungen aus anderen Teilen der betrieblichen Wertkette zu erfahren, z.B. über Kapazitätsengpässe in der Produktion.
In manchen Unternehmungen gibt es eine organisatorische Trennung zwischen dem Marketingcontrolling und dem Vertriebscontrolling, dessen Aufgaben sich dann „ auf die Gestaltung der Absatzwege oder -kanäle, des Außendienstes, der Lieferkonditionen und der physischen Distribution “ konzentrieren (vgl. Küpper, H.-U. 1995, Sp. 2624; Reichmann, T. 1997, S. 382 ff.). In diesem Fall bedarf es einer besonders engen Abstimmung, da viele Daten, z.B. über Merkmale und Verhaltensweisen von Kundengruppen, sowohl für den Vertrieb (z.B. Kundenbesuche) als auch für die grundlegende Marketingplanung (z.B. Segmentierungsstrategien) von Bedeutung sind.
V. Organisatorische Einbindung des Marketingcontrolling
Die ausdrückliche Verankerung des Controlling generell (vgl. Horváth, P. 1998, S. 54 ff.; Weber, J. 1999, S. 8) und insbesondere des Marketingcontrolling hat bei deutschen Unternehmungen in den letzten zehn bis zwanzig Jahren deutlich zugenommen (vgl. Köhler, R. 1998, S. 19). Dabei stellt sich die Frage, durch welche organisatorischen Regelungen sichergestellt werden kann, dass die gewünschte Informationskoordination wirkungsvoll erfolgt. Marketingcontroller benötigen den unmittelbaren Kontakt zu den Entscheidungsträgern im absatzwirtschaftlichen Bereich, um über die dortigen Problemstellungen, den Informationsbedarf, die Ziele, Strategien und Umsetzungsprozesse hinreichend unterrichtet zu sein. Bei alleiniger Zuordnung zum Zentralcontrolling wäre dies nicht gewährleistet. Auf der anderen Seite erschiene es auch nicht zweckmäßig, Marketingcontroller ohne Anbindung an zentrale Einheiten ausschließlich in die Marketingorganisation zu integrieren; dies würde die erforderliche Abstimmung mit der Gesamtunternehmensebene erschweren und möglicherweise die Aufgabenerfüllung durch zu starke Abhängigkeiten beeinträchtigen.
Angesichts dieses Dilemmas und als Kompromisslösung wird oft das sog. Dotted-Line-Prinzip vorgeschlagen, wonach Marketingcontroller fachlich dem Zentralcontrolling unterstellt sind, aber personell ( „ disziplinarisch “ ) dem Marketingbereich angehören. Bei gutem Einvernehmen mag diese Doppelbeziehung eine praktikable Lösung sein; grundsätzlich enthält sie aber Konfliktpotenzial.
Es kommt als Alternative in Betracht, eine Unterstellung nur beim Zentralcontrolling vorzunehmen, aber den Marketingcontroller wie einen externen Berater in Marketingteams zu delegieren, die mit Analysen, der Vorbereitung von Marketingentscheidungen sowie Überwachungsaufgaben betraut sind und denen auch Marketingmanager angehören. Auf diese Weise lässt sich die nötige Problemnähe für den Marketingcontroller erreichen, der seinerseits spezielle absatzwirtschaftliche Fachkenntnisse braucht.
Im Übrigen empfiehlt sich auch eine Einbeziehung des Marketingcontrollers in interfunktionale Teamstrukturen, um die unter IV. skizzierten Schnittstellenaufgaben zu erleichtern.
Literatur:
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Preißner, Andreas : Marketing-Controlling, München et al., 2. A., 1999
Reichmann, Thomas : Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, München, 6. A., 2000
Reinecke, Sven : Überblick über das Marketing- und Verkaufscontrolling, in: Bereichscontrolling, hrsg. v. Schäffer, Utz/Weber, Jürgen, Stuttgart 2005, S. 129 – 160
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