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Konzerncontrolling


Inhaltsübersicht
I. Zusammenhang von Controlling und Steuerung
II. Aufgaben einer Konzernholding
III. Aufgaben und Aufbau des Konzerncontrolling
IV. Management Dialog und Reporting
V. Konzeptionen zur Performancemessung
VI. Allgemeine Bestimmung des Risikokapitals
VII. Unternehmenswert und Kapitalallokation auf EVA®-Basis
VIII. Vergütungszusammenhang

I. Zusammenhang von Controlling und Steuerung


Aus ökonomischer Sicht besteht die zentrale Aufgabe einer organisatorischen Einheit – sei es ein Konzern, ein Unternehmen oder ein Geschäftsbereich – darin, mit dem effizienten Einsatz von Human- und Sachressourcen eine geschäftsspezifische Leistung zu erbringen. Um ein solches Gesamtgebilde optimieren und den verantwortlichen Entscheidungsträgern die hierzu relevanten Informationen bereitstellen zu können, muss das Gesamtgebilde zunächst einmal sachgerecht, aber auch möglichst realitätsnah und handlungsorientiert dargestellt und erklärt werden. Die Ökonomie kann hierbei auf Überlegungen aus der Allgemeinen Systemtheorie, aus der Informationstheorie sowie aus der Steuerungs- und Regelungstechnik zurückgreifen:
– Der Prozess der Leistungserstellung kann danach als offener Kreislauf mit verschiedenen Einflussfaktoren verstanden werden.
– Um das Fließgleichgewicht für diesen Kreislauf aufrechtzuerhalten und damit die Realisation eines angestrebten Ziels sicherzustellen, ist eine zielgerichtete Einflussnahme auf Prozesse und Ressourcen erforderlich. Dieses zielgerichtete Verhalten von Systemen wird in der Ökonomie – kybernetischen Modellen folgend – als Steuerung erfasst und beinhaltet:

-

die Festlegung einer Zielvorgabe;

-

eine fortwährende Rückmeldung und den Vergleich mit der Zielvorgabe;

-

eine gegebenenfalls erforderliche Beeinflussung der zu regelnden Größe.


Übertragen auf die ökonomische Realität setzt sich der Steuerungsprozess aus den in Abb. 1 dargestellten vier Hauptkomponenten zusammen. Steuerung ist damit das Zusammenwirken von Controlling und Managemententscheidung.
Konzerncontrolling
Abb. 1: Controlling als Teilfunktion des Steuerungsprozesses
Das Controlling muss in diesem Prozess zunächst Anforderungen und Inhalte definieren und die Instrumentarien und Informationen zur Verfügung stellen, die für die Planungs- und Entscheidungsprozesse im Konzern erforderlich sind.

II. Aufgaben einer Konzernholding


Mit der Betrachtungsebene „ Konzern “ erstreckt sich der gesamte Steuerungsprozess auf das Aggregat der unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung stehenden operativen Einheiten, seien es Unternehmen oder – je nach Konzernstruktur – Geschäftsbereiche. Der Konzernsteuerung folgen als nächste Stufen die Steuerung der Zentralbereiche (bspw. Kapitalanlagen, Finanzierung) und der operativen Einheiten. Für den Controllingprozess innerhalb des Konzerns werden die Informationen Top Down zunehmend operationaler. Zugleich fließen aus den operationalen Einheiten Informationen Bottom Up an die Konzernholding zurück. Dieser Informationsfluss gleicht einem Gegenstromverfahren, dessen Ausgestaltung letztlich von der Konzernphilosophie – mehr zentraler oder eher dezentraler Ansatz – abhängt.
Die Ausgestaltung des Controlling in einem Konzern muss sich somit an der Rollenverteilung zwischen Holding und operativen Einheiten orientieren. Diese wiederum hängt vom Grad der (optimalen) Einflussnahme im Kontinuum von zentraler zu dezentraler Konzernführung ab. Der betriebswirtschaftlich sinnvolle Grad dieser Einflussnahme wird maßgeblich durch den Grad der Gemeinsamkeiten im operativen Geschäft definiert. Je weniger Gemeinsamkeiten bei Produkt und Absatz bestehen, umso mehr wird auf lokales Know-how zurückzugreifen sein. Unter derartigen Voraussetzungen wird sich die Holding zunehmend auf das strategische Portfoliomanagement und die Vorgabe finanzwirtschaftlicher Ziele konzentrieren. Sind keine Gemeinsamkeiten mehr vorhanden, hat sich die Holding sinnvollerweise auf finanzielle Vorgaben zu beschränken.
Finanzholding und Operator bilden in diesem Strukturszenario die Gegenpole für Dezentralität und Zentralität ab. Dazwischen bewegt sich die Managementholding mit der Koordination weitgehend dezentral agierender Geschäftseinheiten, wobei auf konzernübergreifende Aspekte aber auch zentral einzuwirken ist. Gerade in einem internationalen Konzern beeinflussen Synergiepotenziale und globale Risiken in besonderem Maße den Unternehmenserfolg. Die Nutzung solcher Potenziale und die Beherrschung von Kumulgefahren kann nur mit einer zentralen Steuerung koordiniert werden. Aus diesen Überlegungen heraus kann die Steuerungsphilosophie eines Konzerns mit einer Managementholding auf die Kurzformel gebracht werden: so dezentral wie möglich, so zentral wie unbedingt nötig. Innerhalb dieser Konzernstruktur erstrecken sich die zentralen Aufgaben der Managementholding auf das strategische Portfoliomanagement, das Synergiemanagement und das Konzerncontrolling.
Portfoliomanagement bedeutet in diesem Kontext:

-

Festlegung der strategischen Grundausrichtung und Fokussierung auf die Kerngeschäftsfelder und

-

Risk/Return basiertes Beteiligungsmanagement zur Optimierung des segmentiellen und geographischen Business Mix der Gruppe unter Berücksichtigung von Diversifikationspotenzialen.


Da Portfoliooptimierung mit einem risikoadäquaten Kapitaleinsatz einhergeht, zählen hierzu auch eine effiziente Kapitalallokation sowie ein Risikomanagement.
Darüber hinaus muss die Managementholding durch Synergiemanagement Performanceverbesserungen auf der operativen Seite initiieren. Hierunter fallen zum einen Reorganisationen, um gegebenenfalls Geschäftsbereiche und Holdingfunktionen an die strategische Ausrichtung anzupassen. Zum anderen zielt das Synergiemanagement darauf ab, das intern wie extern insgesamt verfügbare Know-how zu bündeln und den gruppeninternen Know-how-Transfer als eines der wichtigsten Assets eines international operierenden Konzerns sicherzustellen. In der Praxis betrifft dies vor allem die Bereiche:

-

Forschung, Entwicklung und Kalkulation;

-

Prozessoptimierung;

-

Distributionsmix;

-

Research.


Eine weitere Aufgabe innerhalb des Synergiemanagements besteht schließlich darin, so genannte „ Greenfield Operations “ zu unterstützen und hierfür erforderliche „ Best Practice “ -Module bereitzustellen.

III. Aufgaben und Aufbau des Konzerncontrolling


Zur Unterstützung ihrer Managementaufgaben sind die Entscheidungsträger in der Holding auf ein zweckgerichtetes Controllingsystem angewiesen. Das zielgerichtete Vorgehen im Sinne der strategischen Ausrichtung der gesamten Gruppe erfordert sowohl Zielvorgaben über anzustrebende Soll-Zustände als auch Angaben über erreichte Ist-Zustände und mögliche Soll/Ist-Abweichungen. Aus diesem dualen Informationsbedarf heraus definieren sich die Aufgaben des Konzerncontrolling für die Managementholding:

-

regelmäßige Berichterstattung über Performance und Risiken der Geschäftsbereiche zur Kontrolle und Analyse von Abweichungen (Situations- und Schwachstellenanalyse, Interne Unternehmensanalyse) sowie eine Analyse von Maßnahmen und Handlungsalternativen zur strategischen Positionierung der operativen Einheiten;

-

Ableitung von Eckdaten als Basis einer Zielvereinbarung zwischen Holding und operativen Einheiten;

-

Mitwirkung bei der Erarbeitung von Konzernstrategien und bei der optimalen Ressourcenallokation;

-

Benchmarking sowohl innerhalb des Konzerns als auch im Marktvergleich;

-

Bereitstellung der notwendigen Controlling-Tools (Methoden und Modelle) zur Risikoanalyse, Performancemessung, Planung und Kapitalallokation. Diese müssen eindeutig und transparent sein und in Übereinstimmung mit der Gruppenstrategie stehen.


In seinem Aufbau folgt das Controlling der Struktur des gesamten Konzerns. Dadurch soll vor allem die Durchgängigkeit sowohl der Datengewinnung als auch der Planung und Steuerung gewährleistet werden. Ein Konzern mit dezentraler Ausrichtung erfordert somit auch ein mehrstufiges Controlling. Hierbei gilt es, zum einen die dezentralen Verantwortungen zu respektieren, die ihrerseits ein starkes lokales Controlling der operativen Einheiten erfordern. Zum anderen müssen jedoch globale Risiken, die aufgrund ihrer Bedeutung und ihrer oftmals auch übergreifenden Wirkung nicht mittels einer regionalen Diversifikation vollständig zum Ausgleich gebracht werden können, für den gesamten Konzern sichtbar und beherrschbar gemacht werden. Zweckmäßigerweise ist daher das Controlling in den hiervon betroffenen Teilbereichen um eine übergreifende Auswertung auf der Ebene der Konzernleitung zu ergänzen. Für das Controlling im Konzern ergibt sich somit ein mehrstufiger Aufbau:

-

Konzerncontrolling zur Unterstützung der Entscheidungsträger in der Managementholding;

-

Zentralbereichscontrolling auf Holdingebene für Geschäftsbereiche, die aufgrund ihrer spezifischen Risiken zentral zu steuern sind;

-

Controlling in den operativen Einheiten für die lokalen, eigenverantwortlich geführten Bereiche.


Konzerncontrolling
Abb. 2: Konzerninterne Rollenverteilungen zwischen Holding und operativen Einheiten

IV. Management Dialog und Reporting


Die seitens der Holding bestehende Aufgabe, Strategien und Ziele für einen Konzern zu definieren, der hinsichtlich seiner operativen Einheiten dezentral organisiert ist, setzt eine Diskussion voraus, die lokales Know-how und übergreifende Holdingsicht miteinander verbindet. Ein Management Dialog zur Festlegung von Strategien und Zielen für die gesamte Gruppe wird damit zum notwendigen Tool, um diesen Diskussionsprozess auch zu institutionaliseren. Dem Top Down/Bottom Up Gegenstromverfahren folgend, vollzieht sich dieser Prozess in drei Phasen:

-

Phase 1: Im Rahmen einer Konzernanalyse werden auf Holdingebene die strategischen Optionen für die längerfristige Konzernentwicklung abgesteckt und die zentralen Performanceziele für die nächste Planungsperiode bestimmt.

-

Phase 2: Nachdem die Ziele (Phase 1) im Konzern kommuniziert sind, erstellen die operativen Einheiten ihrerseits strategische Analysen. Gemeinsam mit dem Holdingvorstand werden dann die Eckdaten der erarbeiteten Handlungsalternativen in einem strategischen Dialog erörtert und entsprechende Ziele vereinbart.

-

Phase 3: Planungsgespräche zwischen der Holding und den operativen Einheiten sollen schließlich sicherstellen, dass die bis dahin Bottom Up erarbeiteten Detailpläne dieser Einheiten mit dem Erreichen der Konzernziele in Einklang stehen.


Ein entscheidungsorientiertes Reporting unterstützt diesen Prozess mit den hierzu notwendigen Informationen. Entscheidungsorientiert im Sinne des Portfoliomanagements ist das Reporting weiterhin dann, wenn es den Wertbeitrag von Geschäftseinheiten und die Schaffung von Wertzuwachs abbildet.
Aufgabe des Reporting ist es, Daten und Analysen bereitzustellen, die den Intentionen des Gesamtkonzerns und dem damit verbundenen Informationsbedarf der Entscheidungsträger gerecht werden. Das Berichtssystem übernimmt daher die entscheidende Transmitterfunktion im Rahmen der Konzernsteuerung. Um Daten und Analysen zu Wertentwicklungen und Risiken mit einem entsprechenden Aussagegehalt für den gesamten Konzern bereitstellen zu können, müssen die im Konzerncontrolling zusammenlaufenden Informationen der operativen Einheiten gruppenintern vergleichbar sein. Dies erfordert eine „ einheitliche Sprache “ , d.h. Einheitlichkeit bei der Definition von Begriffen und Inhalten sowie bei Ansatz- und Bewertungsvorschriften innerhalb der Gruppe. Erst mit dieser Vergleichbarkeit werden Performance-, Risikomessung und Ressourcenallokation über alle operativen Einheiten des Konzerns ermöglicht.
Hierauf aufbauend muss, um den erstrebten Aussagegehalt zu gewährleisten, mit den angewandten Ansatz- und Bewertungsvorschriften über die Einheitlichkeit hinaus auch eine ökonomische Fundierung der Ergebnis- und Kapitalberechnung gewährleistet sein. Dies trägt im Übrigen auch dem Erfordernis einer für die Managementholding transparenten Performance- und Risikoermittlung Rechnung. Ökonomisch bedeutet in diesem Kontext eine risikobasierte Bewertung, dass alle vorhandenen Assets und Liabilities zu Marktwerten bewertet sind und auf dieser Basis ein risikoadjustierter Kapitalbedarf ermittelt wird. Liefert der Markt infolge fehlender Marktgängigkeit oder auch nur unzureichender Liquidität keine eindeutigen Preissignale für die zu bewertenden Positionen, werden zusätzliche Ermessensentscheidungen im Zuge von Bewertungsmaßnahmen oftmals unvermeidbar. Umso wichtiger ist, dass auch in solchen Fällen die gewählten Ansätze dargelegt und mit dem allgemeinen Bewertungsrahmen abgestimmt werden.
Besondere Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang auch das Transparenzkriterium. Denn erst ein ökonomisch umfassender Portfolioeinblick legt die Risiken der einzelnen Geschäftsbereiche für die Holding offen und verschafft damit einen zuverlässigen Überblick über das Gesamtexposure des Konzerns.
Die strategische Positionierung des Gesamtkonzerns wie auch der einzelnen operativen Einheiten erfolgt üblichweise durch eine „ Strategische Wettbewerbsanalyse “ . Hierbei werden anerkannte Planungs- und Analysetechniken eingesetzt und Stärken-/Schwächenanalysen um die jeweiligen Markt- und Wettbewerberanalysen ergänzt.

V. Konzeptionen zur Performancemessung


Um eine konzernweite Portfoliooptimierung erzielen zu können, bedarf es eines konsistenten Steuerungsansatzes mit einem abgestimmten Wertkriterium für die Geschäftsbereiche der gesamten Gruppe. Dieses Wertkriterium muss:

-

den Rahmen für eine vergleichbare Performancemessung liefern,

-

dabei zugleich den unterschiedlichen Risikoprofilen eines Geschäftsbereichs Rechnung tragen können

-

und schließlich durchgängig sein, d.h. auf eine operativere Steuerungsebene (bspw. Produktlinie) heruntergebrochen werden können.


Aus Sicht der Holding konkretisiert sich der allgemeine Steuerungsprozess damit in Richtung eines Value Managements. Dessen konzerneinheitliches Wertkriterium kann sich bspw. in der Zielsetzung eines profitablen Wachstums manifestieren. Die Umsetzung in der Steuerung muss dann über eine zentrale Mess- und Steuerungsgröße erfolgen, mit der die innerhalb eines bestimmten Zeitraums erzielte Performance der operativen Einheiten resp. des Konzerns abgebildet wird. Anwendung finden hier ergebnis- bzw. deckungsbeitrags- und rentabilitätsorientierte Ansätze sowie das „ Mehrwert “ -Konzept des EVA®.
Aus Konzernsicht ist hierbei zu unterscheiden zwischen

-

einem Wertkriterium, das im Sinne der Gesamtzielsetzung des Konzerns geschäftsbereichsübergreifend geeignet ist, das Portfoliomanagement auf Holdingebene zu unterstützen und

-

Wertreibern, die als operative Indikatoren aus der übergreifenden Mess- und Steuerungsgröße abgeleitet sind und die Durchgängigkeit in die operativen Steuerungsebenen hinein sicherstellen.


Hinzu kommt das Erfordernis, dass die steuerungsrelevanten Größen nach innen und außen gut zu kommunizieren resp. verständlich sind.
In der Intention, der Holding ein risikoadjustiertes Performancemaß an die Hand zu geben, weisen die traditionellen Ansätze allerdings einige Nachteile auf:
• Ergebnis/Deckungsbeitrag:

-

keine Berücksichtigung des betriebsnotwendigen Kapitals und der Kapitaleffizienz;

-

keine Berücksichtigung der Risikoadäquanz;

-

die Managementfähigkeit zur Wertschöpfung wird nicht abgebildet.


Rentabilität (ROE: Return on Equity, ROC: Return on Total Capital):

-

keine ausreichende Abbildung des Ziels „ profitables Wachstum “ ;

-

Kapitaleffizienz ohne Benchmarkvergleich;

-

nur teilweise Berücksichtigung der Risikoadäquanz.


Demgegenüber beinhaltet das „ Mehrwert “ -Konzept sowohl eine risikoadäquate Performancemessung als auch einen Abgleich mit Markterwartungen. „ Mehrwert “ wird dabei definiert als die Differenz zwischen der Kapitalrendite und den Kosten des nach Risikogesichtspunkten zugewiesenen Kapitals, der sog. Economic Value Added (EVA®):
EVA® = Kapitaleinsatz · (ROE – Kapitalkosten)
Mit der impliziten Berücksichtigung des ROE können die jeweiligen Kennzahlensysteme – und damit die Werttreiber – für die operativen Ebenen abgeleitet werden. Zugleich verhindert die Normierung über das Kapital eine Strategie des „ Gesundschrumpfens “ , die in einem reinen ROE-Konzept incentiviert werden würde.
Die Kapitalkosten bringen die externe Rentabilitätserwartung des Marktes an die Verzinsung des vom Investor bereitgestellten Kapitals zum Ausdruck. Dies ist der Vergleichsmaßstab (Benchmark), an dem ein erwirtschafteter Wertbeitrag gemessen werden muss.
Die Benchmark setzt sich zusammen aus der Markterwartung in Hinblick auf

-

das Niveau einer risikofreien Verzinsung sowie

-

einen Risikozuschlag als Entgelt für eine Investition in unternehmerische Risiken mit geschäfts-/produktspezifischem Risikoprofil.


Um den erwirtschafteten Wertbeitrag mit der Markterwartung vergleichbar zu machen, muss auch dieser über das Risiko normiert werden. Daher wird als Kapital üblicherweise der risikoadjustierte Kapitalbedarf angesetzt. Die Höhe des Risikokapitals richtet sich nach den Risiken, die für den jeweiligen Geschäftsbereich charakteristisch sind, sowie nach dem für die Gruppe insgesamt festgelegten Sicherheitsniveau.
Für das „ Mehrwert “ -Konzept gilt somit:

-

das „ Mehrwert “ -Konzept erfasst und misst mit dem EVA® den ökonomischen Wertbeitrag in einer gegebenen Periode;

-

der EVA® stellt den erwirtschafteten Wertbeitrag einem minimal geforderten Niveau (Benchmark) gegenüber;

-

das „ Mehrwert “ -Konzept bildet die Fähigkeit des Managements zur Wertschöpfung ab;

-

der Barwert künftiger EVA® verbindet Profitabilität mit Wachstum.


VI. Allgemeine Bestimmung des Risikokapitals


Die Höhe des ökonomisch erforderlichen Kapitalbedarfs richtet sich nach den eingegangenen Risiken. Im Vordergrund steht hierbei die Gefahr, dass das vorhandene Kapital aufgrund unerwarteter Verluste reduziert wird. Aus Shareholder-Sicht ist daher in dem Umfang der unerwarteten Verluste und gekoppelt an ein gewünschtes Sicherheitsniveau entsprechendes Risikokapital bereitzustellen. Übersteigt der risikoadjustierte Kapitalbedarf das tatsächlich verfügbare Kapital resp. den Net Asset Value, ist die Einheit unterkapitalisiert. Im umgekehrten Fall kann aus einer Überkapitalisierung heraus Überschusskapital für weitere Investitionen in das Kerngeschäft genutzt werden. Somit liefert der Abgleich von Net Asset Value und Risikokapital in Verbindung mit der EVA®-basierten Performancemessung entscheidungsrelevante Informationen auch in Hinblick auf eine portfoliooptimierende Kapitalallokation innerhalb des Konzerns.
Der Berechnung einer unter Risikoaspekten erforderlichen Kapitalausstattung liegt regelmäßig das Problem zugrunde, aus der Diagnose von ex-post-Daten auf eine Prognose von ex-ante-Daten zu schließen. Damit verbunden sind die Fragen nach der Verfügbarkeit und Qualität von historischen Daten sowie nach den geeigneten Projektionsverfahren. Hier verbleibt nur, eine stochastische Gesetzmäßigkeit anhand einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zu quantifizieren, die sich jedoch nur auf Erfahrungswerte der Vergangenheit stützen kann. Erst mit der Analyse von Volatilitäten, der zusätzlichen Berücksichtigung von Portfolioeffekten und der Festlegung eines gewünschten Sicherheitsniveaus kann der Bedarf an Risikokapital konkretisiert werden. Da aufgrund der vorhandenen Stochastizitäten das erforderliche Risikokapital im Voraus nicht mit abschließender Sicherheit zu ermitteln ist, fließt in die tatsächliche Kapitalausstattung einer operativen Einheit letzthin auch die Managemententscheidung der jeweiligen Verantwortungsträger ein. Auch externen Vorgaben von Ratingagenturen und Aufsichtsbehörden, die auf der Basis von entsprechenden Modellberechnungen erfolgen, kann sich der jeweilige Konzern resp. das betroffene Unternehmen nur schwer entziehen.
Die mit dem Geschäftsbetrieb verbundenen Anforderungen an die Kapitalausstattung fügen sich damit in eine Reihe von Erwartungen ein, die an das Management herangetragen werden und in der Summe zu einem Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen führen:

-

da es, wie aufgezeigt, keinen empirisch gesicherten Zusammenhang zwischen Risiko und Kapitalausstattung gibt, halten gerade Aufsichtsbehörden und Ratingagenturen eine tendenziell höhere Eigenkapitalausstattung für angemessen;

-

mit der Höhe der Eigenkapitalausstattung korrespondiert wiederum ein Renditeanspruch, der von den Aktionären an das Unternehmen herangetragen wird;

-

von Seiten der Kunden wird ein möglichst hoher Produktnutzen bei zugleich zunehmender Preissensibilität erwartet;

-

und auch die Arbeitnehmer erwarten die Sicherung ihrer Arbeitsplätze im Wettbewerb der Märkte.


Aufgabe des Managements ist es hier, in einem Optimierungsprozess einen Ausgleich der verschiedenen Interessen zu finden. Unterstützend wirkt hierbei das „ Mehrwert “ -Konzept, mit Hilfe dessen nicht nur Rentabilität, sondern auch profitables Wachstum und spezifische Risikosituation in einen abbildungsgetreuen Zusammenhang gebracht werden.

VII. Unternehmenswert und Kapitalallokation auf EVA®-Basis


Mit der Steuerung im Sinne eines Value Managements stellt sich für die Holding zugleich die Aufgabe, das insgesamt verfügbare Kapital auf die operativen Einheiten unter Sicherstellung der größtmöglichen Effizienz zu alloziieren. Die operativen Einheiten sind gefordert, auf ihr jeweiliges Risikokapital eine Rendite zu erwirtschaften, die mindestens den Markterwartungen entspricht resp. mindestens das Niveau einer risikoäquivalenten Alternativinvestition erzielt, nach Möglichkeit diese jedoch überschreitet. In diesem Sinne dient das „ Mehrwert “ -Konzeptnicht nur der einperiodischen Performancemessung, sondern es kann auch dazu benutzt werden, den Wertzuwachs über die Zeit abzubilden:

-

der EVA® gibt den Ergebnisbeitrag an, der über/unter den Kosten des Kapitals erzielt wird, das zur Generierung dieses Ergebnisbeitrags eingesetzt wird (Über-/Unterrendite):
EVA® = Ergebnis – (Kapitalkosten · Kapitaleinsatz)

-

der EVA® lässt sich überleiten in den MVA (Market Value Added), d.h. der Einschätzung des Marktes hinsichtlich der Fähigkeit des Managements, (Unternehmens)Wert zu schaffen. Der MVA ist somit der absolute Wertbetrag, den das Management dem eingesetzten Kapital hinzufügt bzw. um den es dieses Kapital vernichtet. Definiert werden kann der MVA als:
MVA = Unternehmenswert – Kapitaleinsatz
oder
MVA = Barwert der zukünftigen EVA® + Strategic Gap,
wobei es sich bei dem „ Strategic Gap “ um aus Sicht der gesamten Gruppe (noch) undifferenzierte Markterwartungen handelt.


Das Management kann daher über die Maximierung von EVA® den MVA und den Unternehmenswert für die Anteilseigner maximieren:
Net Present Value = Kapitaleinsatz – Verbindlichkeiten + MVA.
Die allgemeine EVA® Formel kann für die Zwecke einer risikobasierten Steuerung transformiert werden in:
EVA® = (ROC – WACC) · Kapitaleinsatz.
EVA® ist der zentrale Indikator für die periodische Performance und damit Key Contolling Tool, über den ROC wird die Performance in operative Wertreiber heruntergebrochen, und WACC sind die aus Eigen- und Fremdkapital durchschnittlich gewogenen Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital).
Der periodische EVA® und konsequenterweise auch der periodische ROC determinieren den Unternehmenswert NPV. Die allgemeine Form der NPV-Berechnung kann zur Beurteilung gemischt eigen-/fremdkapitalfinanzierter Holding-Operationen durch äquivalente Umformung übergeleitet werden in (mit t = Zeitindex):
Konzerncontrolling
Bei operativen Einheiten, die auf einer ausschließlich eigenkapitalfinanzierten Basis gesteuert werden, fällt WACC auf die Eigenkapitalkosten (Cost of Capital) zurück. Diese Eigenkapitalkosten werden üblicherweise aus finanzmarkttheoretischen Modellen wie dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) und der Arbitrage Pricing Theory (APT) abgeleitet. Die Transformation zur Berechnung des Unternehmenswerts lautet hier:
Konzerncontrolling
Mit diesem Ansatz ist die Durchgängigkeit aller Steuerungsgrößen auf der Holdingebene und im operativen Bereich gewährleistet. Ein Abgleich des Unternehmenswerts mit der Börsenkapitaliserung quantifiziert – ceteris paribus – zum einen auch die externe Einschätzung der Investoren, künftigen EVA® generieren zu können, was aus Sicht der Kapitalmärkte ein wichtiger Faktor für die Börsenkursentwicklung ist. Zum anderen weist eine Differenz zwischen NPV und Börsenkapitalisierung auf einen Strategischen Gap und damit auf Handlungsbedarf im strategischen Portfoliomanagement hin.
Das „ Mehrwert “ -Konzept liefert mit dem EVA® einen nachhaltigen periodenbezogenen Performanceindikator, der über den ROC bzw. ROE in operative Werttreiber heruntergebrochen werden kann. Kurzfristige, bspw. einjährige Zielsetzungen basieren in diesem Konzept auf EVA®-Vorgaben, um sicherzustellen, dass operative Einheiten Wert schaffen bzw. keinen Wert vernichten. Im Zielsetzungsprozess kann der Ziel-EVA für eine organisatorische Einheit nach verschiedenen Kriterien abgeleitet werden:

-

Benchmarkgrößen in Form von Kapitalkosten als (Mindest-)Anforderungen des Kapitalmarkts sowie aus Markt- und Konkurrenzvergleichen gewonnene Best Practice ROE;

-

Zielvorgaben in Form einer für das Konzernportfolio insgesamt abgleiteten langfristigen strategischen Zielgröße sowie kurzfristiger operativer Zielrenditen unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikoposition.


Insbesondere ein börsennotierter und in internationale Aktienindices eingebundener Konzern hat sich den Anforderungen der internationalen Finanzmärkte zu stellen. Durch zunehmende Komplexität sowie Deregulierungs- und Globalisierungsprozesse der Märkte steht auch das Konzerncontrolling stets auf dem kritischen Prüfstand. Für den wirtschaftlichen Erfolg eines Konzerns sind wertorientiertes Portfoliomanagement und Beherrschbarkeit von Risiken von entscheidender Bedeutung. In diesem Umfeld kann Controlling selbst nur als dynamischer Prozess verstanden werden und die Beschreibung des Status Quo nur eine jeweilige Momentaufnahme sein. Inhalte und Instrumente des Controlling müssen diesem dynamischen Prozess Rechnung tragen.

VIII. Vergütungszusammenhang


Mitentscheidend für den Erfolg eines Steuerungskonzepts ist nicht nur, dass es im Konzern durchgängig aufbereitet und transparent ist, sondern dass es von den Entscheidungsträgern auf den verschiedenen Ebenen auch „ gelebt “ wird. Ein wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Vergütungssystem. Die verschiedenen Vergütungsformen müssen die Steuerungskonzeption so begleiten, dass die Werttreiber auf der jeweiligen Ebene entsprechend aufgenommen und incentiviert werden, d.h.:

-

Ausrichtung der internen Ziele am Steuerungskonzept und den maßgeblichen Werttreibern;

-

Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Ziele;

-

Quantitative Ziele müssen sich an dem Performanceindikator des Steuerungskonzepts und den daraus abgeleiteten Wertreibern orientieren;

-

Abgestimmter Einsatz von leistungsabhängigen Vergütungen (Boni, Aktien-/Optionsprogramme, sonstigen Incentivierungen) zum Aufbau eines Vergütungssystems mit kurz-, mittel- und langfrister Komponente.


Literatur:
Ballwieser, Wolfgang : Unternehmensbewertung mit Discounted Cash Flow – Verfahren, in: WPg, H. 3/1998, S. 81 – 92
Ballwieser, Wolfgang : Wertorientierte Unternehmensführung: Grundlagen, in: ZfbF, Jg. 52, 2000, S. 160 – 166
Höfner, Klaus/Pohl, Andreas : Wer sind die Werterzeuger, wer die Wertvernichter im Portfolio?, in: Harvard Business Manager, H. 1/1993, S. 51 – 58
Küpper, Hans-Ulrich : Controlling: Konzeption, Aufgaben und Instrumente, Stuttgart, 3. A., 2001
Küting, Karlheinz/Eidel, Ulrike : Performance-Messung und Unternehmensbewertung auf Basis des EVA, in: WPg, 1999, S. 829 – 838
Stoughton, Neal M./Zechner, Josef : Optimal Capital Allocation Using RAROC and EVA (Working Paper), University of California at Irvine 1999
Uyemura, Dennis/Kantor, Charles/Pettit, Justin : EVA For Banks: Value Creation, Risk Management And Profitability Measurement, in: Journal Of Applied Corporate Finance, Jg. 9, 2/1996, S. 94 – 113
Welge, Martin K./Al-Laham, Andreas : Strategisches Management, Wiesbaden, 2. A., 1999

 

 


 

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