Kreditderivate
Inhaltsübersicht
I. Einführung
II. Bedeutende Kreditderivateprodukte
III. Entwicklung des Kreditderivatemarktes
IV. Marktgröße und Marktstruktur
V. Bewertungsmodelle
VI. Rahmenbedingungen
I. Einführung
Derivative Finanzinstrumente ermöglichen das separate Handeln und strukturierte Management der einzelnen Risikoeinflussgrößen des Geschäftsportfolios eines Kreditinstitutes. Traditionelle Finanzderivate wie etwa Aktienoptionen oder Forward Rate Agreements erlauben u.a. das Management der Marktpreisrisiken, jedoch nicht unmittelbar der Kreditrisiken. Das Kreditrisiko stellt sich hierbei für den Kreditgeber als der mögliche, wertmäßige Verlust im Portfolio dar, der durch die Verschlechterung der Bonitätseinschätzung eines Kreditnehmers durch die Markteilnehmer oder durch den Ausfall (Default) auftreten kann. Unter die heutige, moderne Auffassung des Kreditbegriffs fallen neben dem traditionellen Kreditgeschäft auch Geschäftsbeziehungen zwischen Handelspartnern von insbesondere nicht börsennotierten so genannten OTC-Finanzderivategeschäften (Over-the-Counter). Die explosionsartige Zunahme der OTC-Transaktionen, z.B. bei Zinsderivaten auf ein Volumen von weltweit mehr als 50 Billiarden Euro Ende der 1990er-Jahre, hat den Blick auf das inhärente Kreditrisiko gelenkt und neue quantitative, dynamische Risikomessverfahren sowie Steuerungsmethoden und Produkte entstehen lassen. Im Fokus der Bemühungen der Kreditinstitute lag zum einen die Beurteilung und Bewertung von Kreditrisiken, andererseits die Überwindung der Illiquidität und Nichthandelbarkeit klassischer Kreditprodukte.
Kreditderivate zählen zur Klasse der derivativen Finanzinstrumente mit kreditsensitiven Referenzinstrumenten. Sie sind entwickelt worden, um Kreditrisiken getrennt von ihren Referenzinstrumenten (Underlying Reference Credit) am Markt handelbar zu machen und ein effizientes Kreditrisikomanagement, insbesondere unter Berücksichtigung der Transaktionskosten, zu ermöglichen. Kreditderivate zählen im allgemeinen zu den außerbilanziellen Handelsgeschäften und ergänzen die herkömmlichen Instrumente des Kreditrisikomanagements wie etwa Portfoliodiversifikation über die Neugeschäftssteuerung, die Verwendung von Sicherheiten und Syndizierung. Durch die Einführung der Kreditderivate wird der Kreditmarkt in dem Sinne vervollständigt, dass assoziierte Kreditrisiken auch leer verkauft werden können (Short Selling) und Kreditrisiken nicht nur rein additiv wirken.
Kreditderivate erlauben dem Sicherungskäufer (Protection Buyer bzw. Risk Seller), das Kreditrisiko eines Referenzinstrumentes auf den Sicherungsgeber (Protection Seller bzw. Risk Buyer) gegen Zahlung einer Prämie zu transferieren. Der Sicherungsgeber trägt dabei für die Laufzeit des Kreditderivategeschäftes das Kreditrisiko des Referenzinstrumentes (oder einen Anteil davon) ohne den tatsächlichen Erwerb desselbigen. Als Referenzinstrumente treten typischerweise Kredite, Anleihen und Aktien, seltener Derivate-Portfolien auf. Die gebräuchlichsten Kreditderivate sind Total Rate of Return Swaps, Credit Default Swaps und Credit Linked Notes (vgl. II. und IV.).
Asset Backed Securities- und Kreditderivatestrukturen ermöglichen heute Kreditinstituten ihr Gesamtkreditportfolio unter Risiko-/Rendite-Gesichtspunkten aktiv zu bewirtschaften. Im Vergleich zu den USA, wo 1997 in den wichtigsten Kreditsegementen (Unternehmens-, Konsumenten- und Hypothekarkredite) bereits bis zu 50% der Forderungen verbrieft wurden, entfallen hierauf in Europa lediglich 5 – 10%. Die Anwendung von Kreditderivaten erfolgt im Portfoliomanagement, dem Eigenhandel und im Financial Engineering. Im Portfoliomanagement erfolgt der Sicherungskauf zur Neutralisierung einzelner Risikopositionen (Micro Hedge) oder auch zur Erzielung eines verringerten Gesamtportfoliorisikos (Macro Hedge), insbesondere zur Reduktion von Konzentrationsrisiken wie z.B. in bestimmten Branchen und Regionen (Cluster Risks). Darüberhinaus wird der Sicherungskauf zur Reduktion der Auslastung interner und externer Kreditlinien eingesetzt, um neuen Spielraum für die Geschäftstätigkeit mit einzelnen Kreditnehmern zu generieren. Im umgekehrten Fall geht der Sicherungsgeber bewusst synthetische Kreditrisiken ein. Motive dafür sind Portfoliodiversifikation und der Aufbau von Konzentrationen. Daneben können geringere Transaktions- und Marktzugangskosten, die andernfalls für den Aufbau und die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur zur Kreditvergabe erforderlich wären, eine Rolle spielen.
Die Intransparenz und Inhomogenität des Kreditmarktes haben einen unterschiedlichen Informationsstand und eine unterschiedliche Einschätzung der Kreditnehmer durch die Marktteilnehmer zur Folge. Die resultierenden Differenzen in den Risikoprämien (Credit Spreads) können von den Marktteilnehmern zu Arbitragezwecken im Eigenhandel ausgenützt werden. Beispielsweise sei die Inter-Market Arbitrage genannt, wo Schuldtitel des gleichen Emittenten mit vergleichbarer Seniorität, wie etwa Bankkredit gegen Anleihe, gehandelt werden. Im Financial Engineering, also der Entwicklung spezifisch kundenbezogener (strukturierter) Produkte, erfolgt der Einsatz von Kreditderivaten häufig unter Einbeziehung von Special Purpose Vehicles (SPV) in Off-shore-Zentren (vgl. II.3) zur Konfiguration des gewünschten Risiko- und Cashflow-Profils.
II. Bedeutende Kreditderivateprodukte
Die Unterscheidung und Systematisierung von derzeit am Markt gehandelten Kreditderivaten richtet sich nach der Art des Kreditrisikotransfers bzw. nach den Bestimmungsfaktoren und Voraussetzungen im Auszahlungsprofil (Pay-off). Danach kann im Wesentlichen zwischen Replikationsprodukten, Credit Event- und Credit Spread-bezogenen Instrumenten unterschieden werden. Durch Replikationsprodukte, z.B. Total Rate of Return Swaps, wird die Schaffung synthetischer Positionen in Referenzinstrumenten ermöglicht.
Bei Credit Event-bezogenen Instrumenten hängt die Auszahlung vom Eintreten eines Kreditereignisses, vornehmlich des Ausfalls, ab, wohingegen Credit Spread-bezogene Instrumente schon bei marginalen Bonitätsveränderungen wirksam werden.
Darüber hinaus kann eine weitere Klassifizierung von Kreditderivaten nach Marktsektoren des Referenzinstrumentes erfolgen. Dabei kann nach dem Typ (Anleihe, Bankkredit etc.), der Liquidität bzw. Fungibilität, dem Rating (etwa Investment Grade, Non-Investment Grade, Distressed Loan) oder der Herkunft (etwa OECD versus Emerging Markets) des Referenzinstrumentes unterschieden werden. Jeder dieser Marktsektoren spricht unterschiedliche Investoren und Marktteilnehmer an.
1. Total Rate of Return Swap
Abb. 1: Total Rate of Return Swap – Schematische Darstellung der Zahlungsströme
Unter den Replikationsprodukten nimmt der Total Rate of Return Swap eine besondere Stellung ein. Beim Total Rate of Return Swap wird der Zahlungsstrom des Referenzinstrumentes nachgebildet, ohne dass der physische Erwerb des Referenzinstrumentes erforderlich ist.
Der Sicherungsgeber in einem Total Rate of Return Swap erhält positive Kursänderungen sowie alle weiteren Zahlungen aus dem Referenzinstrument wie z.B. Kuponzahlungen vom Sicherungskäufer. Im Gegenzug erhält der Sicherungskäufer negative Kursänderungen des Referenzinstrumentes ausgeglichen (insbesondere im Default Fall) sowie die Refinanzierungskosten für das Referenzinstrument in Form von Geldmarktzahlungen, z.B. LIBOR plus Spread, erstattet (Funding Leg bzw. Floating Rate Payments). Als Folge davon ist der Sicherungsgeber im Total Rate of Return Swap für die Laufzeit des Geschäftes eine synthetische Kaufposition im Referenzinstrument (Synthetic Long) eingegangen, der Sicherungskäufer hingegen eine synthetische Verkaufsposition (Synthetic Short). Dadurch hat der Sicherungsgeber nicht nur das Kreditrisiko, sondern auch das allgemeine Marktrisiko übernommen. Der Total Rate of Return Swap endet entweder bei Ausfall des Referenzinstrumentes oder nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit.
Die Ausgleichszahlungen für die Kursänderungen bis zur Beendigung des Total Rate of Return Swap finden entweder einmalig zum Laufzeitende bzw. zum Ausfallzeitpunkt oder zu festgelegten, periodischen Terminen (Payment Dates) und dem Ausfallzeitpunkt statt. Als weitere mögliche Produktvarianten sind asymetrische, optionsähnliche Auszahlungsprofile wie z.B. nur der Ausgleich von positiven Kursänderungen zu nennen. Typischerweise treten in diesen Produktvarianten Aktien als Referenzinstrumente auf.
2. Credit Default Swap
Abb. 2: Credit Default Swap – Schematische Darstellung der Zahlungsströme
Das wichtigste Beispiel von Credit Event-bezogenen Instrumenten ist der Credit Default Swap. Im Credit Default Swap übernimmt der Sicherungsgeber über die vereinbarte Laufzeit das Risiko im Referenzinstrument derart, dass er im Falle des Ausfalls des Referenzinstrumentes (Credit Event) dem Sicherungskäufer eine vereinbarte Leistung (Default Payment) erbringt, die an den Wertverlust des Referenzinstrumentes gekoppelt ist. Für die Vereinbarung der Leistung im Falle des Ausfalls gibt es mehrere strukturelle Alternativen, die zu Geschäftsbeginn festgelegt werden (für Details siehe Abschnitt VI.1). Im Gegenzug – für die Übernahme des Risikos – erhält der Sicherungsgeber eine einmalige oder häufiger eine periodisch gezahlte Prämie vom Sicherungskäufer. Daher ist ein Credit Default Swap ökonomisch einer Kreditversicherung nicht unähnlich. Bei Digital Credit Default Swaps erhält der Sicherungskäufer im Ausfall des Referenzinstrumentes einen festen Betrag vom Sicherungsgeber (z.B. 50% des Par Wertes), der damit im Vergleich zu gewöhnlichen Credit Default Swaps unabhängig vom eigentlichen Wertverlust des Referenzinstrumentes ist.
3. Credit Linked Note
Abb. 3: Credit Linked Note (Grundform) – Schematische Darstellung der Zahlungsströme
Credit Linked Notes verknüpfen Elemente einer Anleihe und eines Kreditderivates. Dabei wird die Höhe der Rückzahlung bzw. der Kuponzahlungen einer Credit Linked Note direkt mit dem Kreditrisikoverhalten des zugrundliegenden Referenzinstrumentes verknüpft. Der Investor trägt zusätzlich zum Ausfallrisiko des Referenzinstrumentes das Kreditrisiko des Emittenten der Credit Linked Note. Credit Default Swaps werden am häufigsten als Bestandteil in eine Credit Linked Note integriert. In diesem Fall wird präziser von Credit Default Notes gesprochen. Solange kein Credit Event im Referenzinstrument vorliegt, zahlt die Credit Default Note einen Kupon an den Investor. Im Falle des Ausfalls des Referenzinstrumentes werden die Zinszahlungen aus der Credit Default Note eingestellt und es findet eine Rückzahlung an den Investor statt, die um einen Betrag, der an den Wertverlust im Referenzinstrument gekoppelt ist, vermindert wird.
Bei strukturierten Credit Linked Notes wird die Verbindung mit dem Referenzinstrument indirekt durch das Eingehen von Kreditderivategeschäften des Emittenten – in der Regel ein zu gründendes Special Purpose Vehicle – mit weiteren Handelspartnern geschaffen. Dazu erwirbt das Special Purpose Vehicle eine meistens risikoarme Anleihe und tritt gleichzeitig in eine Reihe von Zins- und Währungsgeschäften sowie als Sicherungsgeber in Kreditderivategeschäfte (Credit Pick-up) ein, um die für die Investoren geeigneten Cashflows darzustellen. Dabei können die aus den Kreditderivategeschäften erhaltenen Prämien an die Investoren in Form eines höheren Kupons in der Credit Linked Note weitergegeben werden. Bei Ausfall des Referenzinstrumentes erfolgt ein Cash Settlement sämtlicher Handelsgeschäfte sowie die Erbringung der Sicherungsleistungen in den Kreditderivategeschäften. Die Rückzahlung an die Investoren wird dann um die resultierende Nettoverbindlichkeit aus diesen Geschäften gekürzt. Von Investoren aus der Versicherungsbranche und dem Retailbereich werden Principal Protected Notes nachgefragt, bei denen sich das Ausfallrisiko des Referenzinstrumentes nur auf die Rückzahlungshöhe der Kupons auswirkt und die Rückzahlung des Nennwertes gewährleistet wird.
Oftmals werden (strukturierte) Credit Linked Notes in mehreren Tranchen begeben (Credit Tranching), wobei die zu erfüllenden Nettoverbindlichkeiten zuerst zu Lasten der schlechteren Tranchen (Junior Tranche oder Equity Tranche) gehen und sich erst zuletzt auf die besten Tranchen (Senior Tranche) auswirken. Häufig werden die unterschiedlichen Tranchen zwecks besserer Transparenz für die Investoren, ähnlich wie bei den verwandten Asset Backed Securities oder Collateralized Debt Obligations, mit Ratings von externen Agenturen versehen.
4. Credit Spread Options und Forwards
Credit Spreads stellen die Risikomarge eines Kredites oder einer Anleihe, also den Aufschlag relativ zu einem risikofreien Zinssatz dar, um den Investor für das (erhöhte) Ausfallrisiko zu kompensieren. Der Credit Spread ist umso größer, je größer die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Kreditereignissen, wie Ausfall und Ratingverschlechterung, ist.
Credit Spread-bezogene Kreditderivate können in Instrumente mit linearem Auszahlungsprofil (Credit Spread Forwards) sowie mit nicht-linearem Auszahlungsprofil (Credit Spread Options) unterteilt werden. Damit lassen sich zukünftige Erwartungen über Credit Spreads und ihrer Volatilität handeln. Credit Spread Options treten auch als Bestandteile in der Konstruktion von Asset Swaptions, Callable Asset Swaps und Volume Options (oder Size Options) auf. Diesen Finanzinstrumenten liegt als Grundbaustein jeweils ein Asset Swap Geschäft zugrunde.
III. Entwicklung des Kreditderivatemarktes
Die Entstehung von Kreditderivaten ist nicht vollständig geklärt. Die Entwicklung soll aus dem Sekundärhandel für Kredite (Secondary Loan Trading) in den frühen 1990ern erfolgt sein, wobei zu den ersten Transaktionen in 1991/92 Total Rate of Return Swaps, Credit Default Produkte und strukturierte Anleihen zählten. Erstmals öffentlich vorgestellt wurden derartige Produkte auf der ISDA Konferenz 1992. Der Markt für Kreditderivate hat sich zu Beginn zögerlich entwickelt, insbesondere aufgrund fehlender, vom Markt akzeptierter Bewertungsmodelle, die meistens vollständige und liquide Märkte voraussetzen. Daneben sind Defizite hinsichtlich einer juristisch durchsetzbaren, standardisierten Dokumentation und der (aufsichts-)rechtlichen Behandlung anzuführen.
Schlüsselfaktor für die Entwicklung der Kreditderivate war die Besorgnis der Banken über hohe Risikokonzentrationen in den Kreditportfolios und der damit verbundene Bedarf an effizienten Wegen der Absicherung und des Kreditrisikotransfers. Die weltweite Zunahme der Insolvenzen in den frühen 1990er-Jahren verstärkte die Wahrnehmung des schwachen Diversifikationsgrades in den Anlagebüchern (Immobilieninvestments sowie zyklische bzw. stagnierende Industriebranchen) und die Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Kreditrisikomanagementmethoden. Der Schwerpunkt der Weiterentwicklung lag zum einen auf der Beurteilung und Bewertung von Kreditrisiken. Zum anderen richtete er sich auf die Überwindung der Illiquidität und Nicht-Handelbarkeit klassischer Kreditversicherungsprodukte sowie der Schaffung größerer Flexibilität beim Transfer von Kreditrisiken ohne Übertragung bzw. Veränderung der zugrundeliegenden Kreditbeziehung.
Neben diesen rein nachfrageorientierten Faktoren zur Entstehung von Kreditderivaten lässt sich deren Entwicklung auch angebotsorientiert erklären. Bei der Bewertung von Kreditrisiken bestehen zwischen unterschiedlichen Kreditgebern häufig hohe Diskrepanzen, die sich in unterschiedlichen Risikomargen (Credit Spread) ausdrücken. So kann sich ein Firmenkunde häufig billiger über die Hausbank als über den Kapitalmarkt finanzieren. Kreditderivate geben professionellen Marktteilnehmern somit die Gelegenheit, entsprechende Arbitragemöglichkeiten zu nutzen. Des Weiteren wird durch die synthetische Kreditrisikostruktur in Kreditderivaten neuen Marktteilnehmern (Non-Banks) und damit neuem Investitionskapital der Zugang zum Kreditmarkt erschlossen. Besonders attraktiv ist die außerbilanzielle Darstellung der Kreditderivategeschäfte.
Die Entwicklung des Kreditderivatemarktes folgt dem Grundmuster der Entwicklung klassischer Finanzderivate. So entstanden zunächst Kreditderivateprodukte, die den Zahlungsstrom der Referenzinstrumente replizieren (z.B. Total Rate of Return Swaps). Die Bewertung derartiger Produkte erfolgt in der Praxis über ein Benchmarking, d.h. den Vergleich mit dem Preis des Referenzinstrumentes und den Refinanzierungskosten, sowie über die individuelle Einschätzung des Referenznamens und der Liquidität. In einem nächsten Evolutionsschritt wurden dann einfache Termingeschäfte sowie Optionen z.B. auf Floating Rate Notes vereinbart. Parallel zum weiteren Fortschritt in der Modellierung des Ausfallrisikos wurden zunehmend exotischere Kreditderivate z.B. mit Basket- oder Digital-Bestandteilen und hybride Produkte gehandelt. Letztere sind sensitiv sowohl gegenüber Kredit- als auch herkömmlichen Marktrisikoeinflussgrößen (wie etwa Optionen auf festverzinsliche Unternehmensanleihen).
Der wesentliche Fortschritt Ende der 1990er-Jahre war beeinflusst durch die Standardisierung der Dokumentation von einfachen Kreditderivateprodukten (ISDA Rahmenvertrag für Credit Default Swaps), ersten regulatorischen Klarstellungen nationaler Aufsichtsbehörden sowie durch ein gestiegenes Interesse an Absicherungsmöglichkeiten in Folge der positiven Erfahrungen während der Asienkrisen. Daneben wurden aktive Kreditrisikomanagementtechniken wie Securitization weiterentwickelt.
IV. Marktgröße und Marktstruktur
Derzeit gibt es nur wenige offizielle Erhebungen und Statistiken zur Struktur des Kreditderivatemarktes. Der vertrauliche Charakter des Kreditmarktes und die unzureichende Standardisierung der Kreditderivate verstärken die Intransparenz. Als Quelle können vor allem die veröffentlichten Reports der British Bankers Association herangezogen werden.
Die gesamte Größe des Marktes für Kreditderivate wird in 1996 auf 20 Mrd. US$, in 1999 schon auf 586 Mrd. US$ – bezogen auf das Nominalvolumen der Referenzinstrumente – geschätzt. Es werden weiterhin hohe Wachstumsraten prognostiziert, für das Jahr 2000 lagen die Prognosen zur Marktgröße bei 893 Mrd. US$. Zur vollen Entwicklung des Handels mit Kreditderivaten ist mit Blick auf Transparenz und Liquidität neben der Größe des zugrundeliegenden Marktes der Referenzinstrumente dessen Homogenität entscheidend. Der Kreditderivatemarkt, derzeit zu 46% in London konzentriert (daneben spielt noch New York eine bedeutendere Rolle), wird von wenigen Adressen, vor allem aus dem angelsächsischen Markt, dominiert. Jedoch steigt die Präsenz von europäischen und japanischen Instituten.
Als Hauptabnehmer respektive -anbieter von Kreditderivaten traten in 1999 Banken (63% resp. 47%), Wertpapierhandelshäuser (18% resp. 16%) und Versicherungen (7% resp. 23%) auf. Sonstige Abnehmer sind Firmen, Fonds und Regierungen bzw. deren Exportagenturen. Für die Zukunft wird ein Rückgang der Bankendominanz zu Gunsten des Anteils von Versicherungen erwartet. Diese hatten in 1997 erst einen Marktanteil von 10% auf der Anbieterseite (d.h. als Sicherungsgeber).
Credit Default Produkte, Total Rate of Return Swaps und Credit Linked Notes bzw. Collateralised Loan Obligations stellen mit einem Anteil von jeweils 38%, 11% und 28% den Großteil der Transaktionen dar. Bei Einzeltransaktionen werden die größten Volumina in Total Rate of Return Swaps und Credit Linked Notes bzw. Collateralised Loan Obligations gehandelt. Für die Zukunft wird eine Zunahme der Credit Spread-bezogenen Kreditderivate sowie Credit Linked Notes erwartet.
Kreditderivatetransaktionen konzentrieren sich auf mittlere Laufzeiten (in 1999 bei Laufzeiten kleiner 1 Jahr 17%, 1 – 5 Jahre 66% und über 5 Jahre 17%). Langlaufende Kreditderivate haben zumeist erstklassige Referenzinstrumente zur Grundlage. Credit Spread-bezogene Kreditderivate haben im Vergleich zu den anderen Kreditderivatekategorien kürzere Laufzeiten.
Das Rating der Referenzinstrumente liegt zum Großteil im mittleren Kreditqualitätsbereich (in 1999 ca. 66% für A bis BBB), wohingegen 17% auf den Non-Investment Grade Bereich entfallen. Der Anteil der Non-Investment Grade Referenznamen wird u.a. aufgrund des bereits gestiegenen Interesses an Corporates als Referenzinstrument (von 35% in 1997 auf 55% in 1999) weiter zunehmen.
V. Bewertungsmodelle
Mit der Entwicklung des Kreditderivatemarktes haben sich parallel eine Vielzahl von Bewertungsmethoden herausgebildet. Jedoch hat sich bisher kein Bewertungsansatz als Industriestandard etabliert, da in der Regel Hedgestrategien nicht unmittelbar aufgezeigt werden. Insbesondere ist in der akademischen Forschung und Literatur kein ausgezeichnetes Modell verfügbar, mit dem sämtliche Kreditderivate innerhalb eines theoretischen Konzeptes bewertet werden können. Die Herausforderung hierbei liegt zum einen in der Modellierung des eigentlichen Ausfallprozesses bzw. der Ausfallwahrscheinlichkeit und zum anderen in der Prognostizierung der Erlösquote (Recovery Rate) bzw. der Verlustquote (Loss Given Default) im Zeitpunkt des Ausfalls. Hinzu kommt das Zusammenspiel zwischen risikofreien Marktpreisprozessen und Ausfallprozessen, die in der Regel als voneinander unabhängig angenommen werden. Erst die neuere Forschung (z.B. Hull, J./White, A. 1995) beschäftigt sich mit der konzeptionellen Erweiterung der klassischen Bewertungstheorie, wie sie bei Harrison/Pliska skizziert wurde (Harrison, J.M./Pliska, S. 1981). Bis Mitte der 1990er-Jahre lag der Fokus der akademischen Forschung vor allem auf der Quantifizierung von Kreditrisiken in ausfallbedrohten Anleihen, was einen nötigen Zwischenschritt für die Bewertung von Kreditderivaten darstellt. Zur Modellierung der Kreditrisiken haben sich drei finanzmarkttheoretische Grundansätze, die sich mit der Bewertung bedingter Forderungen (Contingent Claims Analysis) befassen, herausgebildet: Unternehmenswertmodelle, Poissonprozess-basierte Modelle und Rating-Migrationsmodelle.
Unternehmenswertmodelle (Firm\'s Value Model) gehen zurück auf die grundlegenden Arbeiten von Black/Scholes und Merton (Black, /Scholes, 1973; Merton, R.C. 1974). Dabei wird der Unternehmenswert als kontinuierlicher Diffusionsprozess modelliert und ein Ausfall tritt genau dann ein, wenn der Unternehmenswert unter eine festgelegte (auch zeitabhängige, stochastische) Barriere, z.B. der ausstehenden Verbindlichkeiten des Unternehmens, fällt. Dies kann als Situation interpretiert werden, in der das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Zur Kalibrierung des Unternehmenswertmodells lassen sich Aktienkurse heranziehen, wobei die Aktie als Option auf den Unternehmenswert verstanden wird. Aus dem beobachtbaren Aktienkurs können dann über eine Inversion des Optionspreismodells die den Unternehmenswertprozess beschreibenden Marktparameter abgeleitet werden. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass das Modell zunächst mit liquiden Aktienpreisen kalibriert und dann zur Bewertung von illiquiden Anleihen oder Kreditderivaten herangezogen werden kann. Daher bezieht sich der Anwendungsbereich dieser Modelle vor allem auf börsennotierte Unternehmen. Für nicht-börsennotierte Unternehmen, die in Deutschland die Mehrheit stellen, sind dann geeignete Regressionsverfahren anzuwenden. Hierbei ergibt sich ein wesentlicher Informationsverlust mit Blick auf das Einzelunternehmen. Eine weitere Herausforderung bei diesen Modellen liegt in der Beschreibung der Verbindlichkeitsstruktur des betrachteten Unternehmens. Üblicherweise werden Bilanzkennzahlen verwendet, was einem gesamtheitlichen Marktwertansatz (Mark-to-Market) widerspricht.
Bei Poissonprozess-basierten Modellen (Intensity Model) wird ähnlich wie in der Versicherungsmathematik der Ausfallzeitpunkt über einen Poissonprozess mit stochastischer Intensitätsrate modelliert. Grundlegende Arbeiten sind von Jarrow/Turnbull, Duffie/Singleton sowie von Madan/Unal entwickelt worden (Jarrow, R./Lando, D./Turnbull, S.M. 1997; Duffie, D./Singleton, K. 1994; Madan, D.B./Unal, H. 1994). Der Ausfallzeitpunkt wird dabei als vollkommen zufälliges Ereignis in Abhängigkeit von der stochastischen Intensitätsrate in einem Sprungprozess (Cox Process) modelliert. Poissonprozess-basierte Modelle werden über die Annahmen zum Prozess der stochastischen Intensitätsrate, des risikofreien, kurzfristigen Zinssatzes (Short Term Rate), und der auftretenden Korrelation sowie der Erlösquote charakterisiert. Dabei können sämtliche Faktoren wie makroökonomische, sektor- oder firmenspezifische Daten, die den Ausfallzeitpunkt bestimmen, in das Verhalten der stochastischen Intensitätsrate integriert werden. Die Erlösquote wird fest vorgegeben bzw. stochastisch modelliert. Insbesondere besteht Flexibilität in der Modellierung multipler Kreditausfälle, was in der Praxis bei wiederholter Restrukturierung der Schuldenlast, vor allem bei Kreditnehmern aus Emerging Markets Ländern, wichtig ist. Der Wert eines kreditsensitiven Instrumentes wird dann als Erwartungswert ermittelt, der von den Realisierungen der involvierten stochastischen Prozesse abhängt. Zur Kalibrierung der stochastischen Prozesse werden Preise risikobehafteter Finanzinstrumente wie z.B. Anleihen herangezogen, um zunächst eine komplette Zins- und Credit Spread-Struktur zu erstellen und anschließend die in den Credit Spreads enthaltenen impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten und Erlösquoten zu extrahieren.
Die Anwendung von Rating-Migrationsmodellen (Credit Rating Transition Model) (z.B. bei Jarrow, R./Lando, D./Turnbull, S.M. 1997) geht von einem endlichen Zustandsraum, der von den verschiedenen Ratingklassen repräsentiert wird, aus. Jedem möglichen Paar von Ratingklassen wird dabei ein Wert zugewiesen, der die Wahrscheinlichkeit für eine Ratingveränderung (Rating Transition Probability) eines Referenzinstrumentes während einer festgelegten Zeitperiode angibt. Dabei kann das Ausfallereignis als Übergang von einem beliebigen Ausgangsrating in die artifizielle, schlechteste Ratingkategorie (Default Category) beschrieben werden. Die Default Category hat dabei absorbierenden Charakter, aus dem ein Kreditnehmer nicht wieder in eine höhere Ratingklasse aufsteigen kann. Die Anordnung der paarweisen Migrationswahrscheinlichkeiten zu Koeffizienten einer stochastischen Matrix liefert die so genannte Rating-Migrationsmatrix für die betrachtete Zeitperiode. Wichtig ist, dass Ratingveränderungen innerhalb eines Zeitraums auch in einer Kette mehrerer aufeinander folgender Ratingmigrationen erfolgen können. Die Bewertung von kreditsensitiven Instrumenten erfolgt über eine Erwartungswertbildung der möglichen Ratingentwicklung und deren wertmäßige Auswirkung. Der Vorteil der Rating-Migrationsmodelle liegt in dem leicht verständlichen und intuitiven Ansatz. Rating-Migrationsmatrizen lassen sich entweder aus Preisen des Anleihemarktes oder aus Datenbanken zu historischen Ratingveränderungen z.B. der RatingagenturenMoody\'s, / oder Standard & Poor\'s, extrahieren.
Der Schwerpunkt der akademischen Forschung zur Bewertung von Kreditderivaten lag Ende der 1990er-Jahre auf der Anwendung und Erweiterung von Poisson-basierten Modellen und der Kombination von Modellansätzen. Für die Integration in die Praxis liegen die Herausforderungen in der Kalibrierung der Modelle mit Marktdaten aufgrund des geringen verwertbaren empirischen und historischen Datenmaterials. Dies ist zum einen auf die Seltenheit des Auftretens von Kreditereignissen und zum anderen auf die teilweise Illiquidität des Marktes für risikobehaftete Finanzinstrumente zurückzuführen.
In der Praxis von Kreditderivatehäusern benutzte marktorientierte Bewertungsansätze liefern zum Teil nur Benchmarkgrößen bzw. obere und untere Schranken für eine Bewertung. Diese werden häufig via Arbitrage- und approximativer Replikationsüberlegungen der Zahlungsströme im Asset Swap, Floating Rate Note und Repo Markt ermittelt. Bei komplexeren Strukturen ist eine Nachbildung der Risikostruktur und eine Anwendung des marktorientierten Ansatzes in der Regel nicht mehr durchführbar.
VI. Rahmenbedingungen
Für den grenzüberschreitenden Handel von Kreditderivaten bestehen keine geographischen Restriktionen. Jedoch sind die Rahmenbedingungen trotz aller Globalisierungs- und Konvergenztrends im Hinblick auf bilanz- und steuerrechtliche sowie regulatorische Sichtweisen weitgehend unterschiedlich. Nur in Ausnahmefällen liegen spezifische Rechtssprechungen oder Verordnungen zum Umgang mit Kreditderivaten vor, was den innovativen Charakter der Kreditderivate betont. Dies hat in den nationalen Märkten eine unterschiedliche Behandlung von Kreditderivaten zur Folge, was einerseits ein Hindernis für die Entwicklung des globalen Kreditderivatemarktes an sich, andererseits aber attraktive Arbitragemöglichkeiten bedeutet.
1. Dokumentation
Eine wirksame Dokumentation zielt darauf ab, Rechtsunsicherheiten zu vermeiden sowie die Durchsetzbarkeit von Forderungen zu begünstigen. Zentraler Bedeutung kommt der Bestimmung des Credit Events und dem Default Payment vor allem bei Credit Event-bezogenen Kreditderivaten zu. Die Herausforderung besteht in der weltweit unterschiedlichen Definition von Insolvenz und damit darin einen Credit Event zweifelsfrei zu identifizieren. Darüberhinaus werden Kredite häufig restrukturiert, um den offiziellen Zahlungsausfall zu vermeiden (Quasi-Insolvenz).
In der Praxis (z.B. ISDA Rahmenvertrag, Credit Event Definitions) haben sich mehrere Kriterien als geeignet erwiesen, die ein auslösendes Kreditereignis (und der öffentlich erhältlichen Information darüber) mit einem Wesentlichkeitskriterium (Default/Payment Requirement) kombinieren. Letzteres Kriterium erlaubt die nachhaltige Beobachtbarkeit bzw. den Nachweis des Credit Events am Preisverlust des Referenzinstrumentes. Beispielhaft seien der Zahlungsausfall auf Verpflichtungen (auch als Cross Default) oberhalb von Schwellengrößen (typischerweise 5 – 10 Mio US$) nach Ablauf einer bestimmten Wartezeit (Crace Periode von i.d.R. ca. ein bis vier Geschäftswochen), Bankrott- bzw. Insolvenzbeantragung oder Rating- bzw. Credit Spread-Verschlechterungen über einen festgelegten Schwellenwert genannt. Für die Vereinbarung der Leistung im Falle des Ausfalls (Default Payment) gibt es drei strukturelle Alternativen, die zu Geschäftsbeginn festgelegt werden. Zum einen kann die Auszahlung eines fixen Betrages (Digital Payment) vereinbart werden, die unproblematisch zu handhaben ist. Im Falle von Cash Settlement muss häufig der Wertverlust zwischen Par (100%) und dem Wert des Referenzinstrumentes nach dem Ausfall ermittelt werden. Anstelle des Par-Wertes (100%) kann auch der zu Geschäftsbeginn festgestellte Wert des Referenzinstrumentes als Bezugsgröße in der Differenzenbildung herangezogen werden.
Der Wert des Referenzinstrumentes nach dem Ausfall (Post-default Price) wird in der Regel durch einen unabhängigen Calculation Agent oder durch die Angebotseinholung bzw. Quotierungen verschiedener Broker bestimmt (Dealer Poll). Zur Vermeidung von Disputen sollte in beiden Fällen ein handelbares und liquides Referenzinstrument vorliegen, dessen Wert sich am Markt zweifelsfrei feststellen lässt. Bei Dealer Polls sollte Transparenz und Objektivität durch die Einschaltung von mehreren Brokern, eventuell auch mit Wiederholung eines Dealer Polls, und durch die Quotierung für eine vergleichbare Transaktion und Volumen erzielt werden. Die physische Lieferung des Referenzinstrumentes vom Sicherungskäufer an den Sicherungsgeber (Physical Delivery), für die dieser dem Sicherungskäufer Par (100%) bezahlt, vermeidet einige dieser Schwierigkeiten. Jedoch hängt dies von der Verfügbarkeit des Referenzinstrumentes wie auch von der rechtlich einwandfreien Transferierbarkeit, insbesondere bei traditionellen Krediten, ab. Im Markt geht der Trend derzeit wieder verstärkt in Richtung Physical Delivery, da sich der Sicherungsgeber durch die eigene Verwertung des Referenzinstrumentes eine erhöhte Recovery Rate erhofft.
2. Regulatorische und steuerrechtliche Behandlung
Die Bankaufsichtsbehörden haben die Entwicklung des Kreditderivatemarktes bisher nur mit zurückhaltender und uneinheitlicher Unterstützung begleitet, während in einigen Ländern auch die Aufsichtsbehörden der Versicherungswirtschaft die regulatorische Behandlung der Kreditderivate, insbesondere der Credit Event-bezogenen Produkte evaluieren.
In den meisten Rechtssprechungen ist der Zusammenhang mit dem Status eines Versicherers ungeklärt. Vom ökonomischen Standpunkt verkauft der Sicherungsgeber im Kreditderivat, insbesondere bei Credit Event-bezogenen Produkten, eine Kreditversicherung ähnlich wie es Kreditversicherer tun. Damit kann der Zugang zum Kreditderivatemarkt (theoretisch) abhängig vom Status einer Bank oder einer Versicherung gemäß der jeweiligen nationalen Statuten sein. Bedeutende Beschränkungen zur Teilnahme am Kreditderivatemarkt sind derzeit nicht bekannt, in Einzelfällen ist die Konsultation der Aufsichts- oder Länderbehörden erforderlich.
Darüber hinaus hat die Diskussion zur Einordnung von Kreditderivaten als Versicherungsprodukt steuerliche Implikationen z.B. im Hinblick auf die Anwendung der Versicherungssteuer oder der Mehrwertsteuer. Offen bleibt auch die Abgrenzung von Credit Event-bezogenen Kreditderivaten zu Garantien, für die häufig steuerliche Ausnahmeregelungen existieren. Zur Behandlung von geflossenen Prämienzahlungen z.B. in einem Credit Default Swap ist die Einordnung als Zinszahlung bzw. als Kapitaleinkommen oder die Qualifizierung als Gebühr für die Risikoübernahme des Sicherungskäufers maßgeblich für die weitere steuerliche Behandlung (z.B. bei der Unternehmens- und Körperschaftssteuer).
Aus Sicht der Bankaufsichtsbehörden sind für die Klärung der Eigenkapitalerfordernisse bei der Anwendung von Kreditderivaten die folgenden Fragestellungen zu erörtern: Zum einen die Zuordnung der Kreditderivate zum Handelsbuch oder Anlagebuch aufgrund der unterschiedlichen Behandlung der Bankbücher, zum anderen die Behandlung des Referenzinstrumentes in den beiden möglichen Fällen des Kreditrisikotransfers sowie der -akquisition und schließlich die Behandlung des Kontrahenten im Kreditderivategeschäft.
Das BAKred hat 1999 Stellung zur regulatorischen Behandlung von Credit Default Swaps, Total Rate of Return Swaps und Credit Default Notes genommen. Insbesondere wurden Regelungen zur angemessenen Eigenkapitalausstattung eines Kreditinstitutes nach Grundsatz 1 (2. und 5. Abschnitt) sowie zur Begrenzung und Offenlegung der Kreditrisiken im Rahmen der Millionen- und Großkreditvorschriften nach §§ 13, 14 KWG formuliert. Dabei wurde den Kreditinstituten bis auf weiteres das Wahlrecht zur Zuordnung der Kreditderivate zum Handels- und Anlagebuch belassen, sofern das jeweilige Referenzinstrument die Anforderungen zur Einbeziehung in das Handelsbuch erfüllt. Für die Wirksamkeit des Risikotransfers im Referenzinstrument wurden strenge Kriterien im Hinblick auf die Gleichartigkeit des abzusichernden Risikoassets und des Referenzinstrumentes im Kreditderivat auferlegt.
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