Produktionscontrolling
Inhaltsübersicht
I. Inhalt und Abgrenzung des Produktionscontrollings
II. Operatives Produktionscontrolling durch PPS-Systeme
III. Strategisches Produktionscontrolling durch PEI-Systeme
I. Inhalt und Abgrenzung des Produktionscontrollings
Die Versuche, das Produktionscontrolling begrifflich zu definieren, fallen nicht einheitlich aus. Dies verwundert kaum, da die Fassung des allgemeinen Controllingbegriffs eine Fülle alternativer Konzeptionen hervorgebracht hat (vgl. Küpper, H.-U. 1997, S. 5 ff.; Corsten, H./Friedl, B. 1999).
Produktionscontrolling meint nicht die Erledigung einzelner Aufgaben der Produktionsplanung und -steuerung, sondern stellt vielmehr ein Meta-System von Instrumenten zur Unterstützung der Bewältigung dieser Aufgaben einschließlich der Bereitstellung der dafür notwendigen Informationen dar. Instrumente des Produktionscontrollings sind in diesem Zusammenhang Modelle und Methoden, die der Erledigung dieser Aufgabenstellung dienen. In Anlehnung an Horváth (vgl. Horváth, P. 1996, Sp. 1486) lassen sich diese zeitlich, phasenmäßig und inhaltlich gemäß Abb. 1 gliedern.
Abb. 1: Instrumente des Produktionscontrollings
Hoitsch (vgl. Hoitsch, H.-J. 1994, S. 423) sieht im Produktionscontrolling eine Management-Servicefunktion, die zentralen Führungsaufgaben Produktionsplanung, -steuerung und -kontrolle zu bewältigen und die erforderliche Informationsversorgung darauf abzustimmen. Daraus resultiert ein erheblicher Adaptions- und Koordinationsbedarf innerhalb der Führung, dem durch eine geeignete Systemgestaltung und Systemnutzung in strategischer und operativer Hinsicht Rechnung getragen werden soll. Während operativ Leistungsmaßstäbe wie Produktivität und Wirtschaftlichkeit Verwendung finden, stehen strategisch wettbewerbsrelevante Kriterien wie Qualität, Flexibilität, Umweltschutz und Sozialverpflichtung im Mittelpunkt des Produktionscontrollings (vgl. Hoitsch, H.-J. 1989, S. 159).
Folgt man dem von Küpper (vgl. Küpper, H.-U. 1997, S. 13 ff.) vorgetragenen koordinationsorientierten Controlling-Konzept und überträgt es auf die Produktion, so verbindet Produktionscontrolling als Teil des Führungssystems der Unternehmung die dispositiven Instrumente der Planung, Organisation und Kontrolle, um die zielgerechte Kombination der Ressourcen Personal, Betriebsmittel, Material und Information für die betriebliche Leistungserstellung vorzunehmen. Aus der modernen Sicht des Entwurfs so genannter Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Systeme (vgl. Kurbel, K. 1999, S. 324 ff.; Fandel, G. 2001, S. 204 ff.) schlägt dieses Konzept unmittelbar die Brücke zur Geschäftsprozessmodellierung als Instrument der Gestaltung integrierter Informationssysteme der Produktionsplanung und -steuerung (vgl. Scheer, A.-W. 1995).
Zum Zwecke einer geeigneten Erfassung der zeitlichen und sachlichen Interdependenzen zwischen den Aufgaben und Instrumenten des Produktionscontrollings und der sich daraus ergebenden Notwendigkeiten der Koordination und Information reicht zeitlich eine robuste Aufteilung in strategisches und operatives Produktionscontrolling aus. Inhaltlich geht die aufgabenmäßige und instrumentelle Gliederung im Wesentlichen bereits auf Gutenberg (vgl. Gutenberg, E. 1951) zurück und wird hier übernommen (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Aufgabenfelder des Produktionscontrollings
Die zeitliche Koordinierung geschieht durch eine hierarchische Einbettung der operativen in die strategischen Aufgabenfelder bei inhaltlicher Vorgabe. Zur sachlichen Koordination der Aufgabenfelder im operativen Produktionscontrolling dienen Produktionsplanungs- und -steuerungs-(PPS-)Systeme (vgl. Fandel, G./François, P./Gubitz, K.-M. 1997, S. 2) bzw. deren Erweiterungen zu ERP-Systemen. Sie verwirklichen den Gedanken der phasenmäßigen Vorgehensweise (vgl. Abb. 1), die Geschäftsführungsfunktionen mit den zeitlich und inhaltlich gegliederten Aufgabenfeldern zu verknüpfen und die Informationsversorgung und -verarbeitung zu integrieren. Eine analoge Koordination der Aufgabenfelder im strategischen Produktionscontrolling kann durch den Aufbau ähnlich strukturierter Produktionsentwicklungs- und -informationssysteme, so genannte PEI-Systeme, erfolgen, die der interaktiven Abstimmung der langfristigen Perspektiven des Produktionssystems durch das Produktionscontrolling dienen. Die Koordinationsmechanismen werden durch die Abb. 3 veranschaulicht.
Abb. 3: Koordinationsmechanismen des Produktionscontrollings
In operativ ausgerichteten PPS-Systemen – und entsprechend dann auch in strategisch orientierten PEI-Systemen – braucht innerhalb des Produktionscontrollings nicht mehr zwischen Systemen der Produktionsplanung, -steuerung und -kontrolle einerseits und solchen der Informationsversorgung andererseits unterschieden zu werden (vgl. z.B. Horváth, P. 1996, Sp. 1484; Hoitsch, H.-J. 1994, S. 424 f.). In ihnen werden vielmehr durch das interdisziplinäre Zusammenwirken von Betriebswirtschaftslehre, Operations Research und Wirtschaftsinformatik betriebliche Aufgabenstellungen der Produktion durch Entscheidungsmodelle aufgabengerecht formuliert und durch quantitative Methoden in einer computergestützten Prozedur integrierter Informationsverarbeitung gelöst. Der Informationsoutput vorgelagerter Dispositionsstufen wird zum Informationsinput nachgelagerter Stufen (vgl. Fandel, G. 1994, S. 218 f.; Fandel, G./François, P./Gubitz, K.-M. 1997, S. 4 ff.). Ebenso sind Lösungsmethoden und Modellformulierungen eng miteinander verbunden, sodass es einer Differenzierung dieser Art innerhalb der Instrumente des Produktionscontrollings nicht mehr bedarf.
II. Operatives Produktionscontrolling durch PPS-Systeme
PPS-Systeme sind praktische Lösungsprozeduren für die klassischen Aufgaben der Produktionsplanung (vgl. inhaltliche Gliederung in Abb. 1). Die in Teilaufgaben zerlegte Sukzessivplanung, welche in PPS-Systemen die komplexe Simultanplanung ersetzt, verlangt nach Koordination. Diese Koordination sowie die Möglichkeit, im Dialogverkehr mit dem Rechner noch laufend Verbesserungen der Aufgabenerfüllung anstreben zu können, machen einen dauernden integrierten Informationsaustausch zwischen den Teilmodulen eines PPS-Systems notwendig. Die Darstellung der Teilaufgaben eines PPS-Systems, ihre informatorischen Input-Output-Beziehungen zueinander und die interaktive Lösungsprozedur sind durch das Ablaufdiagramm in Abb. 4 veranschaulicht. Die ersten vier Teilaufgaben A1 bis A4 eines solchen PPS-Systems werden üblicherweise zur Planung gezählt, die letzten drei A5 bis A7 dagegen zur Steuerung. Die inhaltlichen Verbindungen zu den Aufgabenfeldern des operativen Produktionscontrollings sind offensichtlich (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Struktur eines PPS-Systems und Beziehungen der Aufgabenfelder des operativen Produktionscontrollings zu seinen Teilaufgaben
Auf dem Markt verfügbare PPS-Systeme bewerkstelligen dementsprechend das operative Produktionscontrolling in der Abfolge der Teilmodule aus Abb. 4 (vgl. im Folgenden Fandel, G./François, P./Gubitz, K.-M. 1997, S. 128 ff.).
Die Bestimmung der Primärbedarfe, d.h. der herzustellenden Mengen an Endprodukten, absatzfähigen Zwischenprodukten und autonomen Lageraufstockungen, kann sich aus den Auftragsbüchern ergeben, mithilfe von Prognoseverfahren erfolgen oder durch die Deckungsbeitragsrechnung vorgenommen werden. Im letzten Fall dient die (lineare) Optimierung unter den Nebenbedingungen der Produktionstechnologie als Lösungsmethode. Die Informationsinputs kommen, wie auch sonst meistens, aus der Produktions- und Kostentheorie sowie der darauf fußenden Kostenrechnung. Sie werden ergänzt um Marktdaten wie Absatzpreise und -höchstmengen.
Aus den Primärbedarfen werden die Materialbedarfe abgeleitet. Dateninputs sind Primärbedarfsmengen, Lagerbestände, Stücklisten, Rüst- und Lagerkosten. Mithilfe der ABC- und RSU-Analyse lässt sich bei Wahlfreiheit über die Dispositionsart entscheiden, ob die Materialbedarfe programmgebunden über Verfahren der Stücklistenauflösung oder der Teileverwendungsnachweise geplant werden oder ob sie verbrauchsgebunden über Prognoseverfahren und bestimmte Bestellpunkt- oder Bestellrhythmusverfahren ermittelt werden. Dabei kommen je nach Fertigungstechnologie ein- und mehrstufige Verfahren der Losgrößenplanung zum Einsatz. Informationsoutputs sind die Bestelllose und Fertigungsaufträge.
Dateninputs der Durchlaufterminierung sind die Liefertermine, Arbeitsgänge und Durchlaufzeiten der Fertigungsaufträge. Sie kann methodisch unterstützt werden durch Verfahren der Netzplantechnik. Durchlaufzeitverkürzungen lassen sich durch Lossplitting, Alternativarbeitspläne, Überlappungen der Arbeitsgänge und die Reduzierung der Übergangszeiten der Aufträge vornehmen. Als Informationsoutput der Durchlaufterminierung erhält man terminlich zulässige Fertigungsaufträge sowie deren früheste Anfangszeitpunkte und späteste Endzeitpunkte der Fertigung.
Die Dateninputs und -outputs der Durchlaufterminierung bilden zusammen mit den einzusetzenden Betriebsmittelgruppen, den Kapazitätsrestriktionen sowie Rüst- und Belegungszeiten die Informationsinputs des Kapazitätsabgleichs. Hier müssen Kapazitätsangebot und -nachfrage gegenübergestellt und aufeinander abgestimmt werden. Anpassungsprozesse sowie die Entscheidung über Eigenfertigung oder Fremdbezug ermöglichen Freiräume in der Gestaltung des Kapazitätsangebots. Die zeitliche Verschiebung oder das Splitten von Arbeitsgängen und Aufträgen sowie die nachträgliche Veränderung der Produktionsmengen (Lose) lassen die Variation der Kapazitätsbelastung zu. Als Methoden des Kapazitätsabgleichs kommen Optimierungsverfahren des Operations Research sowie Abgleichsheuristiken und die Simulation in Betracht. Datenoutputs des Kapazitätsabgleichs sind die terminlich und kapazitätsmäßig zulässigen Fertigungsaufträge.
Die Informationsoutputs des Kapazitätsabgleichs gehen zusammen mit den Plandurchlaufzeiten der Aufträge sowie den Ergebnissen aus den Verfügbarkeitsprüfungen der Ressourcen als Dateninputs in das PPS-Modul der Auftragsfreigabe ein. Als Methoden der Auftragsfreigabe kommen in der Regel Heuristiken zum Einsatz. Datenoutputs sind die freigegebenen bzw. zurückgestellten Aufträge.
Auftragsbezogene Informationen über die freigegebenen Aufträge sowie die Verfügbarkeiten und Kapazitätsrestriktionen der Potenzialfaktoren bilden die Dateninputs für die Termin- und Reihenfolgeplanung. Zur Lösung dieser Aufgabe hat das Operations Research eine Fülle von exakten und heuristischen Verfahren entwickelt, sodass von der linearen Programmierung über die dynamische Programmierung, die Kombinatorik bis hin zur Simulation, den einfachen und kombinierten Prioritätsregeln sowie den naturanalogen Verfahren und dem Konzept der neuronalen Netze eine breite Palette von Instrumenten zur Problembewältigung zur Verfügung steht. Die Belegung der Maschinen und die Durchlaufzeiten der Aufträge sind das Ergebnis dieses Planungsschritts der Produktionsplanung und -steuerung.
Mit dem PPS-Modul der Betriebsdatenerfassung und -kontrolle, das die Soll- und Ist-Daten über Aufträge, Betriebsmittel, Personal, Produktqualitäten und technische Prozessparameter in einer Abweichungsanalyse miteinander vergleicht und auf laufende Verbesserungen des Produktionsablaufs ausgerichtet ist, wird innerhalb von PPS-Systemen den Aspekten der Effizienz und der Minimalkostenkombination im operativen Produktionscontrolling Rechnung getragen.
Anbindungen des Produktionscontrollings mithilfe der PPS-Systeme an andere unternehmerische Teilbereiche oder das Gesamtcontrolling sowie an technische Notwendigkeiten der Leistungserstellung finden über die Erweiterungen zum CIM-Konzept und zu den ERP-Systemen hin statt (vgl. Scheer, A.-W. 1995, S. 348; Fandel, G. 2001, S. 205 f.). Sie integrieren die CAx-Techniken und die betrieblichen Funktionen der Logistik von der Beschaffung über die Lagerhaltung bis hin zum Vertrieb sowie die der Investitionsplanung, des Personalwesens, der Finanzbuchhaltung und der Kostenrechnung in ein einheitliches Konzept der Informationsverarbeitung.
Trotz jeweils unternehmensspezifischer Eigenheiten und sehr unterschiedlicher Anwendungsbranchen werden die Funktionalitäten des Produktionscontrollings in praktischen Fällen der PPS- oder ERP-Auswahl (vgl. Fandel, G./François, P. 2001, S. 279 ff.; Fandel, G. 2001, S. 212 ff.) mittelständischer Unternehmen meist durch mehrere auf dem Markt verfügbare Systeme zufrieden stellend erfüllt, sodass die Unternehmen eine attraktive Wahlmöglichkeit haben.
III. Strategisches Produktionscontrolling durch PEI-Systeme
Analog zum operativen Produktionscontrolling durch PPS-Systeme oder erweiterte ERP-Systeme wird hier vorgeschlagen, das strategische Produktionscontrolling durch PEI-Systeme der Produktionsentwicklung und -information zu besorgen. Sie sollen dem Zweck dienen, Systeme der strategischen Produktionsplanung, -steuerung und -abstimmung sowie der dafür notwendigen Informationsversorgung zu koordinieren. Solche Überlegungen lehnen sich an bekannte Konzepte der Managementinformationssysteme (vgl. Griese, J. 1993, Sp. 1769 ff.; Gluchowski, P./Gabriel, R./Chamoni, P. 1997) und ihre Instrumente an. Neu ist allerdings die empfohlene Art des Planungsablaufs, der für diesen Fall entsprechend iterativ und interaktiv wie bei PPS-Systemen gestaltet sein soll. Abb. 5 vermittelt einen Eindruck von der nahe liegenden Struktur eines PEI-Systems. Ähnlich wie bei einem PPS-System transformieren die Lösungen der Teilaufgaben B1 bis B5 eines PEI-Systems wegen der integrierten Datenverarbeitung Informationsinputs in Informationsoutputs, die für nachfolgende Stufen eines Systems des strategischen Produktionscontrollings benötigt werden.
Abb. 5: Struktur eines PEI-Systems und Beziehungen der Aufgabenfelder des strategischen Produktionscontrollings zu seinen Teilaufgaben
Innerhalb eines PEI-Systems können die Entscheidungsträger freier und grober disponieren, da nicht der operative Zwang zur unmittelbaren Verwirklichung hergeleiteter Planungsergebnisse besteht. Die Langfristigkeit der Aufgabenbewältigung, der größere Umfang der Aufgabenstellungen und die geringere Detailliertheit der Planungsinhalte eröffnen dem strategischen gegenüber dem operativen Produktionscontrolling mehr Gestaltungsspielraum und Flexibilität. Dies kommt interessanterweise auch dadurch zum Ausdruck, dass durch Überlegungen zur Effizienz und Minimalkostenkombination nun sogar Produktionsstrukturen selbst langfristig verbessert werden können.
Die Entwicklung der Produktpalette kann mithilfe einer mehrdimensionalen Produkt-Markt-Kombination erfolgen (vgl. Meffert, H.M. 2000, S. 233 ff.), die eine Abgrenzung der strategischen Geschäftseinheiten des Unternehmens ermöglicht. Zur Bewertung dieser strategischen Geschäftseinheiten stehen zahlreiche und inhaltlich sehr unterschiedliche Portfolio-Ansätze zur Verfügung (vgl. Hahn, D. 1999, S. 407 ff.; Portfoliomodelle). Dateninputs sind die (potenzielle) Kundenstruktur, Produktfunktionen und die Diversifizierungsmöglichkeiten sowie relative Marktanteile und das Marktwachstum. Als Ergebnisse lassen sich Normstrategien formulieren, die auf die Marktdurchdringung, die Schließung von Umsatzlücken, die Behandlung von Produktgruppen und die Mittelbindung abzielen. Dadurch werden die Grenzen abgesteckt, innerhalb derer sich die operative Programmplanung zukünftig bewegt. Zugleich ergeben sich neben dieser zeitlichen Integration wichtige Informationen für die sachliche Koordination weiterer strategischer Aufgabenfelder des Produktionscontrollings.
Überlegungen zur strategischen Entwicklung der Produktionsstruktur betreffen sowohl Aspekte der wirtschaftlichen Fertigungsbreite als auch solche der optimalen Produktionstiefe. Die langfristige Fertigungsbreite und -tiefe werden zu einem wesentlichen Teil bereits durch die strategischen Entscheidungen zur Produktpalette sowie dazu schon verfügbare Informationen über Stücklisten und Arbeitspläne festgelegt. Andererseits beeinflussen – wie im operativen Fall – die kostenoptimalen Kapazitätsnutzungen und Materialbereitstellungen den Grad, in dem geplante Produktpaletten verwirklicht werden. Eine weitere wichtige Einflussgröße der Entwicklung der Fertigungsstruktur ist die Verfahrenswahl, die sich strategisch nicht nur auf die effiziente und kostenminimale Faktorkombination bezieht, sondern noch viel stärker als in der operativen Sicht das Interesse auf die Entscheidungen über Eigenfertigung und Fremdbezug lenkt. So kann die Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug als wichtiges Konstruktionselement in der Gestaltung der Wertschöpfungskette aufgefasst werden, für die sich Normstrategien aus einem entsprechenden Kompetenzportfolio ableiten lassen (vgl. Gallon, M.R./Stillman, H.M./Coates, D. 1995, S. 23 ff.). Sie führen bis hin zur entscheidungsorientierten Erweiterung der Produktionsstufen um Hybridformen der Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen (vgl. Wollseiffen, B. 1999, S. 264 ff.), die für das logistische Supply Chain Management (SCM) (vgl. Stadtler, H./Kilger, C. 2000) fruchtbar gemacht werden können. Aus einer anschließenden simultanen mehrperiodigen Produktions- und Investitionsplanung erhält man Gestaltungsempfehlungen für die Dimensionierung der Produktionsstufen und ihrer Teilprozesse.
Soweit die Entwicklung des Produktionspotenzials – und auch die der Produktionsstruktur und des Produktionsprozesses – durch Veränderungen in der Technologie und der Minimalkostenkombination beschrieben werden können, kommen Instrumente der dynamischen Produktions- und Kostentheorie in Betracht (vgl. Fandel, G. 1996; Fandel, G. 2005). Dabei können Lerneffekte, die Kostenerfahrungskurve sowie qualitative Verbesserungen in den Ressourcen ebenso einbezogen werden wie produktionsanalytische Einflüsse durch den Umweltschutz (vgl. Pitz, T. 2000; Rudolph, A. 1999). Aufstockungen und Reduzierungen in den Kapazitäten der Potenzialfaktoren obliegen der (langfristigen) Investitions- und Personalplanung. Für weiterreichende Umwälzungen in Technologie und Potenzialfaktorkapazitäten sind spezielle Strategiekonzepte entwickelt worden, die Normstrategien für Innovationen, Intensivierungen, Erweiterungen und Konzentrationen herleiten (vgl. Zäpfel, G. 1989, S. 115 ff.; FuE-Controlling). Sie berühren häufig auch gleichzeitig die Entwicklung von Produktionsstruktur und -prozess. Strategische Gestaltungsmöglichkeiten in Materialwirtschaft und Logistik haben sich vornehmlich aus dem Just-in-Time-Prinzip (vgl. Lackes, R. 1995) und dem Supply Chain Management ergeben, die sich in einer Veränderung der Architektur des Systems der Leistungserstellung niederschlagen können.
Zu der dem Produktionscontrolling unterliegenden strategischen Aufgabe der Entwicklung des Produktionsprozesses gehört die Festlegung und qualitative Spezifizierung der Produktionsstandorte. Im weiteren Sinne geht es dabei um die Betriebsstandorte, für die aus einem Standortportfolio nach den Gesichtspunkten des Erfolgspotenzials der hergestellten Produkte und der Standortattraktivität Standortstrategien abgeleitet werden (vgl. Zäpfel, G. 1989, S. 146 ff.). Sie kommen in Empfehlungen wie der räumlichen Diversifizierung oder Verdichtung, der Erweiterung oder Teilstilllegung vorhandener Produktionsstätten bzw. durch Konzentrationsstrategien infolge Fertigungssegmentierung zum Ausdruck.
Auch die innerbetriebliche Standortfestlegung (im engeren Sinne) muss aufgrund der Langfristigkeit der Aufgabenstellung im Hinblick auf den Produktionsprozess zum Umfeld der strategischen Problemstellungen gezählt werden, wobei die Verbindungen zur Layout-Planung schon detailliertere Aufgabeninhalte formulieren. Zur Lösung solcher genauer spezifizierter Problemstellungen sind vom Operations Research leistungsfähige Modelle und Algorithmen entwickelt worden (vgl. Domschke, W./Stahl, W. 1979, Sp. 1887 ff.; Domschke, W. 1996, Sp. 1916 ff.; Bloech, J. 1979, Sp. 1877 ff.). Betrachtungen zur Fertigungstechnik führen zu Technologiestrategien der Prozessintensivierung und -innovation. Dabei soll der Preiswettbewerb auf dem Markt durch Kostenreduktionen der innerbetrieblichen Leistungserstellung unterstützt werden; sinkende Gewinnmargen lassen sich unter Umständen durch Betriebsgrößeneffekte kompensieren (vgl. Zäpfel, G. 1989, S. 85 ff.). In Abhängigkeit der Technologieattraktivität und der Ressourcenstärke des Unternehmens bestehen die Maßnahmen in der Selektion und Investition. Typenvielfalt als Ausdruck der Flexibilität und die Losgröße als Orientierungsmaßstab für die Möglichkeiten der Automation bilden wichtige Bausteine bei der Entscheidung über die Fertigungssysteme (vgl. Ossadnik, W./Maus, S. 1995, S. 19 ff.). Alternativen in der Entwicklung des Produktionsprozesses sind Transferstraßen, flexible Fertigungssysteme oder CNC-Automaten, wobei die Eigenschaften der Potenzialelemente Bearbeitungs-, Handhabungs-, Transport- und Lagersystem für die wirtschaftliche Fertigung der Aufträge und der Verbesserung ihrer Durchlaufzeiten nutzbar gemacht werden (vgl. Zäpfel, G. 1989, S. 172 ff.).
Die Plandatenerhebung und -abstimmung als letzte Teilaufgabe eines PEI-Systems soll für die sachliche Koordination der Systeme des langfristigen Produktionscontrollings Sorge tragen. Dadurch wird vermieden, dass vom Denkansatz her unterschiedliche Planungskonzepte zu divergierenden Entwicklungen führen, die für die Effizienz und Kostenoptimalität der Produktion abträglich sind. Wegen der Langfristigkeit der Überlegungen sind diese Kriterien naturgemäß nicht so präzise zu fassen wie im operativen Produktionscontrolling, sondern erlauben nur eine grobe Orientierung. Ihre Konkretisierung finden sie in Kennzahlensystemen (vgl. Männel, W./Weber, J. 1982; Binner, H.F. 1993, S. 35; Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1992, S. 43 ff.; Bieri, B. 1995), die sinnvoll sind, wenn man die genauen Wirkungszusammenhänge der Leistungserstellung nicht kennt.
Für die Koordination des langfristigen Produktionscontrollings durch PEI-Systeme stehen noch keine standardisierten Softwaresysteme der integrierten Datenverarbeitung zur Verfügung. Für einzelne Teilaufgaben gibt es aber sehr wohl Ansätze einer Entwicklung (vgl. Lackes, R. 1995, S. 250 ff.; Meyr, H./Rohde, J./Wagner, M. 2000, S. 241 ff.; Kilger, C. 2000, S. 281 ff.). Die beobachtbare weitere interdisziplinäre Verflechtung von Betriebswirtschaft, Operations Research und Wirtschaftsinformatik dürfte in den nächsten 10 Jahren diese Lücke erfolgreich schließen.
Literatur:
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Gutenberg, Erich : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, Die Produktion, Berlin et al. 1951
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