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Investor Relations


Inhaltsübersicht
I. Einführung
II. Bedeutung und Einordnung der Investor Relations
III. Zielsystem der Investor Relations
IV. Zielgruppen der Investor Relations
V. Kommunikationsinstrumente der Investor Relations
VI. Anforderungen an die Investor-Relations-Tätigkeit
VII. Schlussbemerkung

I. Einführung


Mit der in den 1980er-Jahren einsetzenden Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte wurden die Grundlagen für deren Globalisierung geschaffen. Das Zusammenwachsen der internationalen Kapitalmärkte und die Etablierung neuer Finanzierungsinstrumente haben dazu geführt, dass sich Unternehmen, die ihren Kapitalbedarf über den Kapitalmarkt decken, einem ständig zunehmenden Wettbewerb um dieses Kapital ausgesetzt sehen. Insbesondere Börsenneulinge müssen sich angesichts der Zunahme der Emissionstätigkeit positiv von den übrigen Emittenten abheben. Es ist daher unerlässlich für die Unternehmen, sich auf dem Kapitalmarkt eindeutig zu positionieren und das Vertrauen der Anleger zu gewinnen. Eine Reduzierung von Unsicherheiten führt letztlich zu einer höheren Nachfrage nach den Aktien, damit zu einem höheren Unternehmenswert und auch zu einer Senkung der Eigenkapitalkosten. Als eigenständige Disziplin der Unternehmenspublizität hat sich hier für die Kommunikation mit den Anlegern der Begriff der Investor Relations herausgebildet.

II. Bedeutung und Einordnung der Investor Relations


Unter Investor Relations werden grundsätzlich strategisch angelegte, kommunikative, vertrauensschaffende Maßnahmen mit dem Ziel der langfristigen Aktienkurssteigerung verstanden. Sie werden eingesetzt, um der Unternehmung die Möglichkeit langfristig günstiger Eigenkapitalbeschaffung zu gewährleisten (Krystek, U./Müller, M. 1993). Vereinfacht lässt sich der Begriff mit „ Investoren- beziehungsweise Kapitalgeberpflege “ übersetzen.
Der Begriff Investor Relations wurde erstmals 1953 vom US-Unternehmen General Electric geprägt, das seinerzeit ein neues Kommunikationsprogramm für seine überwiegend aus individuellen Anlegern bestehende Aktionärsbasis entwickelte und als \'investor relations programme\' institutionalisierte (Lake, D./Graham, J. 1990). Nach der umfassenden Definition des im Jahre 1969 in den USA gegründeten und international maßgeblichen \'National Investor Relations Institute (NIRI)\' sind Investor Relations „ ein strategisches Instrument der Unternehmensleitung. Sie sind eine Kombination aus den Disziplinen des Marketing, der Finanzen und der Kommunikation mit dem Ziel, gegenwärtige und potenzielle Investoren mit einem zutreffenden Bild der Leistung und Zukunftsaussichten eines Unternehmens zu versorgen. Erfolgreich gehandhabt kann Investor Relations einen positiven Einfluss auf den Gesamtwert des Unternehmens im Vergleich zum übrigen Markt und auf die Kapitalkosten des Unternehmens haben “ (Roth, S. M. 1996).
Teilweise wird Investor Relations dem Finanzmarketing zugeordnet. Durch den zielgerichteten Einsatz finanzpolitischer Instrumente sollen die bestehenden Marktwiderstände zwischen Kapitalnachfrage und Kapitalangebot überwunden werden. Investor Relations hat danach die Aufgabe, eine Verkaufsbotschaft in bestimmte Zielgruppen hineinzutragen und ihre Angehörigen zum Kauf der Finanztitel zu bewegen (Süchting, J. 1996).
Für andere wiederum ist Investor Relations ein reines Marketinginstrument, das sich zur Erreichung ihres Ziels die Mittel der Public Relations zunutze macht (Rosenbaum, M. A. 1994). Ein Grund für die Einordnung von Investor Relations innerhalb eines umfassenden Marketingansatzes wird darin gesehen, dass Investoren mittlerweile aus einer breiten Palette von Alternativen auswählen können. Das erfordert von dem jeweiligen Unternehmen, durch gezielte Maßnahmen die eigenen Aktien möglichst optimal zu vermarkten (Winkler, T. G. 1994).
Vereinzelt wird Investor Relations auch mit Public Relations (PR) gleichgesetzt beziehungsweise als ein Teilbereich dessen verstanden (Krystek, U./Müller, M. 1993). Während jedoch die Public Relations alle Bereiche des Unternehmens mit dem Ziel umfasst, die Beziehungen zwischen den Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit positiv zu gestalten und als Zielgruppe die gesamte externe und interne Öffentlichkeit erfasst, bezieht sich Investor Relations schwerpunktmäßig auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmung sowie die ertragsmäßigen Zukunftsaussichten und richtet sich gezielt an die „ Financial Community “ . Selbst wenn im Einzelfall Überschneidungen zwischen den beiden Bereichen möglich sind, handelt es sich angesichts der völlig verschiedenen Aufgaben, Ziele und Zielgruppen um zwei unabhängige und eigenständige Disziplinen der Unternehmenskommunikation.
Anders als in ihrem Ursprungsland USA, wo sich Unternehmen schon seit mehr als 40 Jahren mit Investor Relations beschäftigen und ihre Institutionalisierung für alle börsennotierten Gesellschaften selbstverständlich ist, haben Investor Relations als besondere Form der Finanzkommunikation im deutschen Sprachraum noch keine lange Tradition. In den vergangenen Jahren haben deutsche Unternehmen zunehmend deren Bedeutung für die Sicherung der Eigenkapitalversorgung erkannt und durch Einrichtung von Investor Relations-Abteilungen verstärkte Anstrengungen zur Gestaltung und Pflege der Finanzmarktbeziehungen unternommen. In diesem Zusammenhang ist auch die Gründung des Deutschen Investor Relations Kreis e.V. (DIRK) – eine dem NIRI vergleichbare Einrichtung – zu sehen, der als Forum für den Informations- und Erfahrungsaustausch seiner Mitglieder genutzt wird. Die steigende Mitgliederzahl des DIRK mit über 200 Unternehmen wie auch die Tatsache, dass Neuemittenten der Investor Relations einen hohen Stellenwert beimessen und die Kommunikation mit den verschiedenen Anlegergruppen als wichtige Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg ihres Börsengangs sehen, sind Indizien für das veränderte Bewusstsein der deutschen Unternehmen gegenüber den Finanzmärkten und den Investoren.

III. Zielsystem der Investor Relations


Im Hinblick auf die Ziele, die mit Investor-Relations-Maßnahmen verfolgt werden, hat sich ein regelrechtes Zielsystem herausgebildet. Zwar haben sich die Ziele der Investor Relations im Laufe der Zeit nicht grundsätzlich geändert, eine Verschiebung der Schwerpunkte ist aber feststellbar. Die Investor Relations-Ziele üben dabei eine starke gegenseitige Wechselwirkung aus.
Die Gewinnung und Mehrung von Vertrauen beim potenziellen und tatsächlichen Aktionär wird als ein zentraler Punkt der Investor-Relations-Arbeit gesehen (Tiemann, K. 1997). Anders als in der Vergangenheit wird jedoch die Vertrauensbildung nicht mehr als Oberziel betrachtet, sondern lediglich als Folgeerscheinung des heute in der Hierarchie ganz oben stehenden Ziels der Kapitalkostenreduktion (The Nasdaq Stock Market (Nasdaq), 1997) und der langfristigen Optimierung des Aktienkurses.
Das Vertrauen der Anleger zu einer börsennotierten Gesellschaft ist deshalb von Bedeutung, weil der Erfolg eines Aktienengagements stets mit einem gewissen Risiko behaftet ist. Die zunehmende Bedeutung des Vertrauens in das Management eines Unternehmens wird auch durch die Einbeziehung dieses Faktors selbst in die Bewertung von Rating-Agenturen, die das Kreditrisiko betrachten, deutlich.
Hinderlich für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses sind Aktienkursschwankungen infolge von Überraschungen. Nach dem Grundsatz, dass zu große Kursschwankungen Vertrauen zerstören, ist ein weiteres Ziel der Investor Relations-Arbeit die Verringerung der Volatilität. Zu den Zielen, die zur Stabilität des Aktienkurses beitragen können, zählen wiederum die breite Streuung des Aktienbesitzes, die Sicherung einer möglichst hohen Liquidität für die Aktie sowie die Förderung der Aktionärstreue. Die Verteilung des börsennotierten Aktienkapitals auf eine breite Basis vermindert die Gefahr unverhältnismäßig starker Kurseinbrüche, die als Folge von größeren Transaktionen einzelner institutioneller Investoren auftreten können.
Die Möglichkeit günstiger Eigenkapitalbeschaffung wird angesichts einer sich abzeichnenden Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen am Kapitalmarkt für die Unternehmen zunehmend schwieriger. Dabei kann sich die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen am Kapitalmarkt sowohl auf die Verringerung der Kapitalkosten als auch auf die Sicherung der Finanzmittelbeschaffung beziehen (Serfling, K./Großkopf, A./Röder, M. 1998). Wenn sich Unternehmen neues Eigenkapital an der Börse durch Ausgabe junger Aktien beschaffen, wird sich die Höhe des Ausgabekurses am Kurs der Altaktie orientieren, sodass bei einem hohen Aktienkurs entsprechend mehr liquide Mittel für dieselbe Anzahl an Aktien dem Unternehmen zufließt. Dieser Zusammenhang ist für Investor Relations von besonderer Bedeutung, da durch eine positive Beeinflussung des Aktienkurses das Oberziel der Kapitalkostenreduktion erreicht wird.
Das Ziel von börsennotierten Unternehmen ist es, eine im Vergleich zu den Wettbewerbern angemessene Bewertung der Aktie beziehungsweise einen optimierten Aktienkurs zu erreichen. Ein zu hoher, langfristig nicht haltbarer Aktienkurs kann jedoch mit negativen Konsequenzen für die mittel- und langfristigen Finanzierungsinteressen verbunden sein. Das Ziel richtig verstandener Investor Relations kann insoweit nicht sein, den Kurs von Aktien künstlich in die Höhe zu treiben oder hoch zu halten, da dies nur kurzfristig von Erfolg sein kann und bei Nicht-Eintreffen der Erwartungen eine substantielle Vertrauens- und Loyalitätskrise bei den Anlegern die Folge ist (Winkler, T. G. 1994).
In diesem Kontext stellt Investor Relations auch ein zentraler Baustein im Shareholder Value-Konzept dar, das bei den meisten der bereits börsennotierten Aktiengesellschaften wie auch bei einer Vielzahl der Neuemittenten zum Bestandteil der Firmenphilosophie gehört. Die Anleger messen die Qualität des Managements und den Erfolg der Unternehmensstrategie in erster Linie an der langfristigen Entwicklung des Aktienkurses beziehungsweise Unternehmenswertes.
Neben diesen Oberzielen der Investor Relations lassen sich weitere Ziele ausmachen:
Es ist anerkannt, dass der Investor Relations eine wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit „ hostile take-overs “ zukommt. Solche feindliche Übernahmen sind zwar in Europa noch recht selten. Beispiele in jüngster Vergangenheit belegen jedoch, dass auch in Europa derartige Übernahmen künftig zum Alltag gehören werden. Die Gefahr vor feindlichen Übernahmen besteht immer dann, wenn eine so genannte Wahrnehmungslücke durch die Unterbewertung des Unternehmens an der Börse entsteht (Günther, T./Otterbein, S. 1996). Zielsetzung der Investor Relations ist es hier, diejenigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die zu einer „ fairen “ Bewertung des Unternehmens führen. Auch erweist es sich hier als besonders wichtig, dass Aktionäre ein starkes Vertrauen in die Eigenständigkeit des Unternehmens und sein Management haben.
Unter dem Stichwort des „ Krisenmanagements “ wird der Investor Relations ebenfalls Bedeutung beigemessen (Lake, D./Graham, J. 1990). Eine zweckmäßige Kommunikationspolitik seitens des Unternehmens umfasst nicht nur die Informationsbereitstellung von positiven Nachrichten. Insbesondere in schwierigen Geschäftslagen erfordert eine zweckmäßige Unternehmenskommunikation ein hohes Maß an Offenheit.
Schließlich kann die Erhöhung des Bekanntheitsgrads zur Sicherung des Erfolges von Kapitalmarkttransaktionen ein wichtiges Unterziel von Investor Relations sein. Selbst bei großen, national bekannten Unternehmen kann bei Notierung an einer ausländischen Börse die Erhöhung des Bekanntheitsgrads im Mittelpunkt der Investor Relations stehen (Krystek, U./Müller, M. 1993).

IV. Zielgruppen der Investor Relations


Dem Grundsatz, dass unterschiedliche Anlegergruppen unterschiedliche Interessen und Zielsetzungen haben, wird bei der Investor-Relations-Arbeit durch eine differenzierte Informationspolitik Rechnung getragen. Für die praktische Investor-Relations-Arbeit werden Aktionäre grundsätzlich in die beiden großen Gruppen Privatanleger und institutionelle Investoren eingeteilt. Von besonderer Bedeutung sind darüber hinaus die Intermediäre und Meinungsbildner.
Bei den institutionellen Anlegern (Investment- und Pensionsfonds von Versicherungen und Banken) handelt es sich zwar um die zahlenmäßig kleinste Zielgruppe, die aber pro erreichbaren Entscheider über das größte zur Anlage stehende Kapital verfügt. Ihre Transaktionen können Signalwirkung haben und Kursreaktionen auslösen. Den Gesellschaften treten hier professionelle Anleger gegenüber, die sehr detaillierte Informationen über das Umfeld, die Besonderheiten des Unternehmens und seine Zukunftsaussichten erwarten, um Chancen und Risiken eines Investments besser abschätzen zu können.
Als Mittler und Multiplikatoren treten in den Kapitalmärkten die Wertpapieranalysten von Investmentbanken ( „ sell-side “ ) oder Kapitalanlagegesellschaften ( „ buy-side “ ), Rating-Agenturen, die Fachpresse sowie Anlageberater auf. Diese Zielgruppen üben zwar nicht direkt durch Transaktionen Einfluss auf den Aktienkurs aus, sie beeinflussen jedoch die Investoren bei ihren Anlageentscheidungen. Beim Transport dieser Informationen zu den aktuellen und potenziellen Anlegern übernehmen Wertpapieranalysten eine besondere Funktion. Primäre Aufgabe der Analysten ist es, mittels verschiedener Analysemethoden (Finanzanalyse; Fundamentalanalyse) Investmentempfehlungen für den Anleger zu erarbeiten. Im Interesse des Investors haben Analysten objektiv und unabhängig alle bewertungsrelevanten Informationen zu etablieren, zu filtern und zu bewerten.
Die Zielgruppe der Fondsmanager ist von besonderer Bedeutung, weil sie als Funktionsträger in Institutionen die Anlageentscheidung treffen. Sie üben darüber hinaus eine Mittlerfunktion aus, da viele Institutionen sich häufig auch externer Fondsmanager bedienen, um auf den immer komplexer werdenden Kapitalmärkten optimale Anlageentscheidungen treffen zu können (Günther, T./Otterbein, S. 1996).
Die Zielgruppe der Privatanleger ist zahlenmäßig sehr groß und darüber hinaus recht heterogen, sodass die Pflege dieser Gruppe sehr kostenintensiv und mit einem hohen Streuverlust verbunden ist. Für Privataktionäre ist eine Investitionsentscheidung nicht immer rational, und emotionale Einflussfaktoren spielen dabei häufig eine Rolle. Private Anleger direkt anzusprechen war bislang fast unmöglich. Die Einführung der Namensaktie und das Führen eines elektronischen Aktienbuches ermöglicht es den Gesellschaften, wichtige Erkenntnisse über die Aktionärsstruktur (z.B. Aufteilung institutionelle/private oder deutsche/ausländische Investoren) zu erhalten, sodass die Investor-Relations-Arbeit mithilfe dieser Informationen konkret auf Zielgruppen ausgerichtet werden kann.
Anlageberater stehen im direkten Kontakt mit den individuellen Anlegern und stellen deshalb eine nicht zu vernachlässigende Zielgruppe der Investor Relations dar. Über sie kann ein Unternehmen einerseits Informationen über die Anleger erhalten und andererseits deren Anlageentscheidung beeinflussen (Günther, T./Otterbein, S. 1996).

V. Kommunikationsinstrumente der Investor Relations


Der Geschäftsbericht mit dem Jahresabschluss bildet die Grundlage für alle Zielgruppen der Investor-Relations-Maßnahmen und stellt daher ein wichtiges Medium der Investor Relations dar. Die Bedeutung des Geschäftsberichts für die Unternehmen wird auch dadurch deutlich, dass seit einigen Jahren die „ besten “ Geschäftsberichte prämiert werden. Der Geschäftsbericht gilt als „ Visitenkarte des Unternehmens “ , die einerseits über die Geschäftsentwicklung und Unternehmenssituation im abgelaufenen Geschäftsjahr informiert und seine zukünftigen Perspektiven aufzeigt und andererseits der Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit dient (Rosen, R. v. 1997). Insbesondere professionelle Zielgruppen erwarten Informationen, die über die gesetzlich geforderten Rechnungslegungsdaten des HGB-Jahresabschlusses hinausgehen. Viele Unternehmen tragen dem dadurch Rechnung, dass detaillierte Bilanz-, Ertrags, Kapitalfluss- und Wertschöpfungsrechnungen samt statistischen Anhängen mit Kennzahlen für Konzern und Tochtergesellschaften, eine ausführliche Segmentberichterstattung sowie auf Aktien bezogene Kennzahlen publiziert werden. Zur Verbesserung der Vergleichbarkeit mit anderen internationalen Unternehmen werden zunehmend statt der deutschen Rechnungslegungsvorschriften die international dominierenden Standards IFRS (International Financial Reporting Standards) bzw. US-GAAP (US-Generally Accepted Accounting Rules) angewandt, die im allgemeinen als anlegerorientierter und transparenter gelten. Das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) befreit die deutschen Unternehmen hier von einer doppelten Rechnungslegung (nach HGB und IFRS oder US-GAAP). Von großer Bedeutung für alle nicht amerikanischen Unternehmen, die ein „ Full Listing “ in den USA haben, ist der so genannte Annual Report on Form 20-F, der bei der Securities and Exchange Commission (SEC) eingereicht werden muss.
Emittenten von zum Börsenhandel zugelassenen Aktien sind nach § 44b BörsG verpflichtet, innerhalb des Geschäftsjahres regelmäßig mindestens einen Zwischenbericht zu veröffentlichen. Da die gesetzliche Regelung nur einen Mindestrahmen festsetzt, können – wie im Fall des Geschäftsberichts – die Zwischenberichte als Medium für weitergehende Informationen genutzt werden.
Die Erstellung von Quartalsberichten ist in Deutschland zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, sie sind in der Unternehmenspraxis aber immer häufiger anzutreffen. Die dadurch bewirkte Verkürzung der Intervalle zwischen den Publikationen kommt dem Bedürfnis der Anleger nach einer kontinuierlichen Berichterstattung entgegen.
Obwohl Pressemitteilungen in der Unternehmenspraxis weniger als Investor-Relations-Instrument, sondern mehr als PR-Maßnahme dem Public-Relations-Bereich zugeordnet werden, kann mittels dieses Mediums das Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch der speziellen Investoren-Öffentlichkeit geweckt und eine Steigerung des Bekanntheitsgrades der Gesellschaft und ihrer Aktien erreicht werden. Dadurch wird sichergestellt, dass Aktionäre und sonstige interessierte Kreise auch während des Jahres zeitnah mit Unternehmensinformationen versorgt werden.
Wesentlicher Vorteil des Internets für die Investor-Relations-Arbeit sind nicht nur die geringeren Kosten, die das Medium im Vergleich zu den klassischen Print-Publikationen verursacht, sondern auch die Möglichkeit, sämtliche Zielgruppen, und das weltweit, zeitnah über aktuelle Unternehmensentwicklungen zu informieren. Das Internet trägt damit der Chancengleichheit zwischen Privatanlegern und institutionellen Anlegern Rechnung. Viele Unternehmen haben mittlerweile eigene Investor-Relations-Seiten auf ihren Corporate websites eingerichtet. In zunehmendem Maße werden im Internet Conference calls, Analystentreffen, Hauptversammlungen und andere aktionärsrelevante Veranstaltungen übertragen.
Die Hauptversammlung gilt als das zentrale persönliche Kommunikationsmedium für Privatanleger, die ansonsten keinen direkten Zugang zum Vorstand des Unternehmens haben. Die Hauptversammlung ist eine der wenigen Gelegenheiten für einen aktiven Dialog zwischen Unternehmen und Investoren. Erste Erfahrungen mit der Übertragung von Teilen oder der kompletten Hauptversammlung über das Internet haben bereits einige Unternehmen gemacht. Angesichts der zunehmenden Verbreitung dieses Mediums wird es für die erfolgreiche Durchführung von Hauptversammlungen immer wichtiger.
Für die Analysten werden von den Unternehmen, entweder in eigener Regie oder mithilfe der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management, regelmäßig Analystenpräsentationen veranstaltet. Es steht hierbei weniger das Interesse im Vordergrund, das Topmanagement kennen zu lernen, sondern vielmehr, Details der Rechnungslegung oder der Unternehmensstrategie zu erhalten und eine umfassende, auf den Anleger zugeschnittene Darstellung des Unternehmens zu erreichen (Winkler, T. G. 1994).
Bei Einzelgesprächen von Marktteilnehmern mit der Unternehmensführung (sog. „ One-on-One-Meeting “ ) liegt der Hauptvorteil im sehr persönlich zugeschnittenen Dialog mit den Investoren und Analysten. Insbesondere institutionelle Investoren, die größere Positionen in einer Aktie halten, erwarten, dass der Vorstand regelmäßig zum Sitz des Fondsmanagers reist, um ausführlicher längerfristige Aspekte, Strategien u.Ä. mit dem Management zu diskutieren. Umgekehrt besuchen große Investoren auch regelmäßig das Unternehmen an dessen Sitz.
Bei Unternehmenspräsentationen oder sog. „ Road Shows “ können Unternehmen an wichtigen nationalen und internationalen Finanzplätzen das professionelle Anlegerpublikum über das Unternehmen informieren. Road Shows sollten mindestens zweimal pro Jahr durchgeführt werden und dazu dienen, Unternehmensinformationen und aktuelle Entwicklungen vor Ort durch Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter aus dem Bereich Investor Relations zu vermitteln. Gleichzeitig dienen sie dem Aufbau einer intensiveren Beziehung zwischen Aktionären und Unternehmen. Insbesondere im Vorfeld einer Aktienplatzierung können solche Road Shows helfen, den Grund der Begebung von Aktien zu erklären und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Viele Unternehmen halten Telefonkonferenzen mit Analysten und institutionellen Investoren ab, die häufig im Anschluss an die Veröffentlichung von Quartalsergebnissen stattfinden. Teilnehmerzahlen von mehr als 250 Personen, die sich weltweit zuschalten, sind dabei keine Seltenheit. Letztlich erhöhen sie die Informationsökonomie, da es einer größeren Zahl dieser Zielgruppe ermöglicht wird, vom Vorstand der Gesellschaft über die aktuelle Unternehmensentwicklung per Telefon informiert zu werden und kritische Fragen zu stellen.
Um in einen direkten Kontakt mit den interessierten Privatanlegern zu treten, ist die Einrichtung eines Forums geeignet, bei dem sich der Aktionär registrieren lässt und regelmäßig Informationen über das Unternehmen und seine Produkte erhält. Auch die Einrichtung eines Call-Center kann dazu beitragen, in einen direkten und persönlichen Dialog mit Privatanlegern zu treten und ihnen qualifizierte Unternehmensinformationen zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Instrument, um mit dem Privatanleger Kontakt aufnehmen zu können und gleichzeitig für die Aktie zu werben, stellt die Teilnahme an Aktionärsmessen dar, die seit einigen Jahren in Deutschland durchgeführt werden.

VI. Anforderungen an die Investor-Relations-Tätigkeit


Ziel zweckmäßiger Finanzkommunikation ist die Unterrichtung der Informationsempfänger über die betriebswirtschaftliche Situation der Gesellschaft und ihre Zukunftsperspektiven, sodass ein Investitionsrisiko am Aktienmarkt minimiert werden kann.
Die Erfüllung der gesetzlichen Publikationspflichten vermag die Informationsbedürfnisse der Investoren jedoch nicht vollständig zu befriedigen, sondern stellt nur einen Mindestrahmen, d.h. die Pflicht dar. Neben den per Gesetz angeordneten Pflichtinformationen, wie Geschäftsbericht (Jahresabschluss, Lagebericht), Zwischenbericht, Hauptversammlung sowie die Erfüllung der Ad-hoc-Publizitätspflicht sind für die Investor-Relations-Tätigkeit von besonderer Bedeutung die freiwilligen Kommunikationsmittel. Dazu zählen im Wesentlichen Publikationen für Investoren, Analystentreffen sowie die Quartalsberichterstattung. Diese freiwilligen Informationsinstrumente sind ein „ Muss “ für jedes börsennotierte Unternehmen.
Um den Erfolg von Investor-Relations-Maßnahmen sicherzustellen, erfordert die Kommunikation mit den Zielgruppen eine Informationskultur mit klaren Verhaltensregeln. Zu den unabdingbaren Voraussetzung für eine erfolgreiche Investor-Relations-Arbeit gehört zunächst die absolute Glaubwürdigkeit bei der Informationsbereitstellung (Rosenbaum, M. A. 1994). Wenn die Zielgruppen der Investor Relations den Eindruck gewinnen, dass ihnen Informationen bewusst vorenthalten werden, oder sich im Nachhinein herausstellt, dass die Informationen nicht der Realität entsprochen haben, kann im Extremfall die zuvor geleistete Investor-Relations-Arbeit zunichte gemacht werden.
Zweites wichtiges Kriterium ist eine kontinuierliche Informationspolitik. Wichtig ist, dass ein kontinuierlicher Informationsfluss dem Informationsempfänger eine genaue Bestimmung des Risikos/Chancenprofils ermöglicht. Durch regelmäßiges und zeitnahes Veröffentlichen von Unternehmensdaten gelingt es, Bewertungsunsicherheiten und -risiken aus dem Markt zu nehmen (Diehl, U./Loistl, O./Rehkugler, H. 1998). Kontinuität bedeutet auch, dass negative Nachrichten mit der entsprechenden Transparenz und vor allem auch zum ehestmöglichen Zeitpunkt kommuniziert werden müssen. Dies kann nicht nur Überreaktionen und einen möglichen Kurssturz vermeiden helfen, sondern auch das Vertrauen der Investoren in die Informationspolitik eines Unternehmens langfristig stärken (Winkler, T. G. 1994).
Unternehmenskommunikation ist eine Bringschuld der Gesellschaft. Das erfordert ein proaktives Handeln der Investor Relations bei der Bereitstellung von Informationen. Eine zweckmäßige Kommunikationspolitik seitens des Unternehmens umfasst nicht nur die Unterrichtung der Öffentlichkeit bei positiven Meldungen, sondern auch in kritischen Situationen. Eine mangelhafte Informationspolitik während kritischer Geschäftsperioden bereitet den Nährboden für falsche Interpretationen. Mangelnde Offenheit aus Gründen eines vermeintlich kurzfristigen Vorteils in schwierigen Situationen birgt stets die Gefahr eines Reputationsverlustes und den Verlust an Glaubwürdigkeit, sodass mittel- und langfristig dem Unternehmen durch solche Fehler in der Investor-Relations-Politik zwangsläufig Schaden zugefügt wird.
Ein weiteres Prinzip der Investor-Relations-Arbeit ist das Wesentlichkeitsprinzip. Die verschiedenen Adressatengruppen wollen für eine verlässliche Beurteilung alle für sie wesentlichen Unternehmensinformationen verarbeiten. Wesentliche Informationen sind in diesem Zusammenhang alle kurs- und bewertungsrelevanten Unternehmensdaten.
Entscheidend für die Verwertbarkeit von Informationen ist eine gewisse Stetigkeit in Form, Umfang und Methodik der zu veröffentlichenden Daten. Der Informationsempfänger benötigt regelmäßige Aktualisierungen seiner Unternehmensdaten, auf denen die Prognosen und Erwartungen und letztlich auch das Pricing basieren. Unnötige Veränderungen in der Methodik der Informationsermittlung zwingen den Empfänger, sein gesamtes Bewertungsmodell anzupassen; das Aufbauen einer durchgängigen Datenhistorie wird damit erschwert (Diehl, U./Loistl, O./Rehkugler, H. 1998).
Wesentliche Informationen sind nicht nur vollständig, sondern auch möglichst zeitnah zu veröffentlichen. Eine schnelle Veröffentlichung kurs- bzw. bewertungsrelevanter Meldungen verringert die Gefahr eines einseitigen Informationsvorsprungs. Durch eine zeitnahe Informationspolitik gibt ein Unternehmen seinen Anteilseignern zudem eine gewisse Sicherheit, die aktuellen Daten beurteilen zu können. Das Prinzip der zeitnahen Kommunikation ist insbesondere bei der Ad-hoc-Publizität von großer Bedeutung.
Für Analysten und Investoren ist es wichtig, für schnelle Informationen einen zentralen Ansprechpartner in den Unternehmen zu haben. Der Bereich Investor Relations ist daher so im Unternehmen zu positionieren, dass er einerseits in den Informationsfluss innerhalb des Unternehmens so eingebunden ist, dass detaillierte Einblicke in unternehmerische Zusammenhänge möglich sind, andererseits eine zielorientierte und dialogfähige Kommunikation aufrechterhalten werden kann. Mitarbeiter mit umfangreichen und detaillierten Firmenkenntnissen sind für eine aktive und professionelle Kommunikation unerlässlich (Serfling, K./Großkopf, A./Röder, M. 1998). Investor-Relations-Politik ist in erster Linie eine Sache des Vorstands. Zum einen, weil der Vorstand für die strategische Ausrichtung des Unternehmens zuständig ist, zum anderen, weil die Qualität des Managements ein zentrales Kriterium für die abschließende Unternehmensbewertung darstellt (Rosen, R. v. 1997). Eine vorstandsunmittelbare Anbindung der Investor Relations ist unerlässlich, da dies den Forderungen der professionellen Anleger, Informationen vom Top-Management zu erhalten, entgegenkommt und darüber hinaus kurze Informationswege sicherstellt.

VII. Schlussbemerkung


Der effiziente Einsatz von Kapital wird für ein erfolgreiches Unternehmen immer wichtiger. Ebenso sind die Kapitalkosten und die erreichte Wertschätzung anhand der Marktkapitalisierung ein wichtiger Barometer für das Management eines Unternehmens. Nicht zuletzt spielt das Vertrauen der Anleger auch eine große Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung von Unternehmen. Nur eine offene und zeitnahe Kommunikation mit den Anlegern gewährleistet, dass diese Ansprüche erfüllt werden. Investor Relations ist damit eine der wesentlichen strategischen Aufgaben der Unternehmensführung.
Literatur:
Diehl, U./Loistl, O./Rehkugler, H. : Effiziente Kapitalmarktkommunikation, Stuttgart 1998
Günther, T./Otterbein, S. : Die Gestaltung der Investor Relations am Beispiel führender deutscher Aktiengesellschaften, in: ZfB 1996, S. 389 – 417
Krystek, U./Müller, M. : Investor Relations, in: DB 1993, S. 1785 – 1789
Lake, D./Graham, J. : Investor Relations, London 1990
Rosen, R. v. : Investor Relations – gesetzliche Vorgaben und Erwartungen der Anleger, Vortrag auf der 1. Handelsblatt-Jahrestagung, Königswinter 1997
Rosenbaum, M. A. : Selling Your Story to Wall Street, 1994
Roth, S. M. : Investor Relations: The Scope of the Position, National Investor Relations Institute, 1996
Schieber, D. : Investor Relations im Internet: Studien des DAI, H. 7, Frankfurt a.M. 1999
Serfling, K./Großkopf, A./Röder, M. : Investor Relations in der Unternehmenspraxis, in: AG 1998, S. 272 – 280
Süchting, J. : Finanzmarketing auf den Aktienmärkten, in: ZfgK 1996, S. 654 – 659
The Nasdaq Stock Market(Nasdaq), : The Strategy and Practice of Investor Relations, New York 1997
Tiemann, K. : Investor Relations, Wiesbaden 1997
Winkler, T. G. : Investor Relations und Rechnungslegung, in: Rechnungslegung und Börse, Wien 1994

 

 


 

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