Spezial-Sondervermögen
Inhaltsübersicht
I. Gegenstand und Begriffsabgrenzung
II. Legal-Definition
III. Deskription
IV. Beurteilung
V. Ausblick
I. Gegenstand und Begriffsabgrenzung
Spezial-Sondervermögen sind in den letzten 40 Jahren zu einem anerkannten Asset Management-Produkt für institutionelle Anleger geworden. Im Gegensatz zu Publikumsfonds gelten für Spezial-Sondervermögen Beschränkungen bei Anlegeranzahl und Anlegerkreis.
Spezial-Sondervermögen können wie Richtlinienkonforme Publikums-Sondervermögen ausgestaltet sein (vergl. §§ 91 Abs. 2 i.V.m. 46 ff InvG). Möglich ist auch die Auflage von Immobilien-Spezial-Sondervermögen (vergl. §§ 91 Abs. 2 i.V.m. 66 ff InvG), Gemischten Spezial-Sondervermögen (vergl. §§ 91 Abs. 2 i.V.m. 83 ff InvG) oder von Spezial-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (sog. „ Hedgefonds “ , vergl. §§ 91 Abs. 2 i.V.m. 112 ff InvG).
Der Schwerpunkt liegt bei den Spezial-Sondervermögen, die wie Richtlinienkonforme Publikums-Sondervermögen ausgestaltet sind und eine Anlage in Wertpapieren einschließlich Geldmarktpapieren, Investmentanteilen, Derivaten und Bankguthaben vorsehen. Gemischte Sondervermögen sind allerdings auf dem Vormarsch und haben seit Einführung im Investmentgesetz (InvG) eine enorme Zunahme erfahren (322 Gemischte Sondervermögen von insgesamt 4728 Spezial-Sondervermögen im November 2005; Deutsche Bundesbank 2006).
Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des InvG zum 01.01.2004 geltende Unterscheidung zwischen Wertpapier-, Geldmarkt- und Investmentfondsanteil-Sondervermögen ist damit aufgehoben.
Der gesetzlich fixierte Begriff des Spezial-Sondervermögens ist abzugrenzen gegenüber der aus der Vertriebsterminologie abgeleiteten Bezeichnung „ Spezialitäten- “ oder „ spezieller Fonds “ .
II. Legal-Definition
Durch das 1. Finanzmarktförderungsgesetz wurde mit § 1 Abs. 2 KAGG eine gesetzliche Definition des „ Spezialfonds “ eingeführt, die durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz modifiziert wurde (Bauer, 1999) und mit Inkrafttreten des InvG in § 2 Absatz 3 InvG im Hinblick auf den Anlegerkreis von ursprünglich 10 eine Erweiterung auf 30 erfahren hat.
Legaldefinition § 2 Absatz 3 InvG: „ Spezial-Sondervermögen sind Sondervermögen, deren Anteile aufgrund schriftlicher Vereinbarungen mit der Kapitalanlagegesellschaft jeweils von nicht mehr als 30 Anlegern, die nicht natürliche Personen sind, gehalten werden. Alle übrigen Sondervermögen sind Publikums-Sondervermögen. “
Die Kapitalanlagegesellschaft hat in der Vereinbarung mit den Anteilinhabern sicherzustellen, dass die Anteilscheine nur mit Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft von den Anteilinhabern übertragen werden dürfen (vergl. § 92 InvG).
Das Investmentgesetz regelt die Geschäftstätigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft (KAG). Nach § 2 Abs. 6 InvG gelten diese als Spezialkreditinstitute und unterliegen somit den Vorschriften des Kreditwesengesetzes .
III. Deskription
1. Phasen der Entwicklung von Spezial-Sondervermögen a) Etablierungsphase 1968 – 1978
Nicht nur bis zur rechtlichen Regelung des Investmentgeschäfts im Jahre 1957 durch das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG), sondern noch ein weiteres Jahrzehnt lang standen dem Investmentanleger in Deutschland allein Publikums-Sondervermögen zur Verfügung. Aus dem Bedürfnis der Lebensversicherungen, Deckungsstockvermögen nicht nur direkt in Wertpapieren, sondern auch indirekt in Investmentfonds anzulegen, entstanden Ende der 1960er-Jahre speziell für deren Anlagebedürfnis konzipierte Wertpapierfonds, damals noch „ Individualfonds “ genannt (BVI, 1998, S.49). Die Etablierungsphase dauerte etwa 10 Jahre, wobei die Entwickungsarbeit hauptsächlich von Kapitalanlagegesellschaften geleistet wurde, die bereits im Publikumsfondsgeschäft tätig waren. 1978 verwalteten 19 Kapitalanlagegesellschaften in 381 Spezial-Sondervermögen ein Fondsvolumen von mehr als 5,25 Milliarden Euro (Kandlbinder, H.-K. 1991, S. 30). b) Die Phase des weiteren Wachstums 1978 – 1989
Nach der Phase der Etablierung und Anerkennung folgten die Jahre stetiger Expansion. Das in Spezial-Sondervermögen angelegte Vermögen verdoppelte sich alle drei Jahre. Ende 1985 repräsentierten die Spezial-Sondervermögen praktisch die Hälfte des Wertpapier-Investmentfondsmarktes in Deutschland (Kandlbinder, H.-K. 1991, S.30). c) Der Durchbruch in den 1990er-Jahren
Das Inkrafttreten des 1. Finanzmarktförderungsgesetzes am 1. März 1990 war für die Branche von besonderer Bedeutung. Hilfreich war die ausdrückliche Anerkennung des Instruments Spezial-Sondervermögen in § 1 Absatz 2 KAGG. Die „ Make-or-Buy “ -Diskussion wurde vom Produktions- auf den Finanzbereich übertragen. Durch die Globalisierung der Anlagemärkte wurden die Kosten der Eigenerstellung immer höher. Die Expansion des Anlageinstruments Spezial-Sondervermögen beschleunigte sich vor diesem Hintergrund weiter. Die Zahl der im Geschäft für Spezial-Sondervermögen tätigen KAGs und die Zahl der Arbeitsplätze erhöhten sich jetzt nochmals deutlich. Bemerkenswert war weiterhin, dass das enorme Wachstum fast ausschließlich von den Wertpapier-Spezial-Sondervermögen getragen wurde. Die Gesamtanzahl der Spezial-Sondervermögen in Deutschland überstieg im 4. Quartal 2000 die „ 5.200er Marke “ .
2. Gesetzliche Rahmenbedingungen: das Investmentgesetz und gesetzliche Kontrollgremien
Das InvG (Investmentgesetz) ist Organisations-, Aufsichts- und Vertriebsgesetz. Die Besteuerung der Anteile der Spezial-Sondervermögen ist seit 01.01.2004 im Investmentsteuergesetz geregelt, das insofern Spezialgesetz ist, neben dem die allgemeinen Regelungen des Körperschaftsteuerrechts Anwendung finden.
Das InvG regelt drei Ordnungs- und Anlegerschutzprinzipien:
- | das Trennungsprinzip, | - | die staatliche Aufsicht, | - | die Grundsätze der Risikostreuung. |
Hervorzuheben ist hierbei besonders das Trennungsprinzip: Das Gesetz sieht drei voneinander getrennte Rechtsträger vor: Die KAG, das Sondervermögen (Spezial-Sondervermögen) und die Depotbank. So wird eine Trennung von Verwaltung (KAG) und Verwahrung (Depotbank) des investierten Kapitals erreicht. Die Abwicklung der getätigten Geschäfte und die Ausgabe und Rücknahme der Anteilscheine obliegen der Depotbank. Die Genehmigung als Depotbank muss von der KAG bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragt werden. Fungiert die Gesellschafterbank der KAG als Depotbank besteht oftmals eine enge wirtschaftliche Verbindung.
Die KAGs und ihre Mitarbeiter werden bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten in vielfältiger Weise beaufsichtigt. Eine staatliche Aufsicht/Kontrolle findet durch die BaFin und die Deutsche Bundesbank statt (Zeyer, F. 1999).
Ursprünglich stand bereits das KAGG (abgelöst ab dem 01.01.2004 durch das InvG) ganz im Zeichen des Grundsatzes der generellen Risikominderung mittels einer gesetzlichen Beschränkung der zulässigen Anlageobjekte auf notierte Wertpapiere an organisierten Börsen von gut fundierten Emittenten. 1969 erfolgte die Erweiterung des zulässigen Anlageuniversums auf Immobilien. Später wurde das KAGG um das Beteiligungs-Sondervermögen erweitert. Eine neuerliche Ausweitung der Fondspalette erfolgte 1994 im Rahmen des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes. Mit der Zulassung von Geldmarkt-Sondervermögen wurde die Anlage in kurzfristigen Geldmarkttiteln ermöglicht. Zuletzt kamen im Rahmen des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes 1998 u.a. die Investmentfondsanteil-Sondervermögen (Dachfonds, §§ 25k – 25m KAGG) und Gemischte Wertpapier- und Grundstücks-Sondervermögen (Mischfonds, §§ 37a – 37g KAGG) hinzu.
Der Entwicklung neuer Produktinnovationen folgend wurde Anfang der 1990er-Jahre die Anlage in derivativen Finanzinstrumenten zugelassen. Durch das 3. Finanzmarktförderungsgesetz wurde u.a. auch die Variante eines „ Aktienindex-Spezialfonds “ möglich. Dies war bis dahin wegen der Emittenten-/Konzernhöchstgrenzen gerade bei Indexschwergewichten kaum möglich.
Mit dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz wurden Anteilklassen eingeführt und die Palette zulässiger Nebentätigkeiten erweitert; die Anlageberatung sowie die Erlaubnis zum Vertrieb konzernfremder Investmentanteile wurden als Nebentätigkeit zugelassen.
Einschneidende Änderungen brachte das Inkrafttreten des Investmentgesetzes am 01.01.2004. Mit dem Gesetz war die Richtlinie 85/611/EWG betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) des Rates der Europäischen Union in deutsches Recht umgesetzt worden. Die Neuordnung des Investmentrechtes fasste die Regelungen für in- und ausländische Fonds zusammen. Daneben regelt das Investmentsteuergesetz gesondert vom Investmentgesetz die Informationsanforderungen und Besteuerung in- und ausländischer Investmentfonds.
Das Investmentgesetz regelt u.a. die Aufsicht der BaFin, die Ausgestaltung der unterschiedlichen Fondsprodukte einschließlich der jeweils fondsspezifischen Grundsätze der Risikostreuung, den Vertrieb von Sondervermögen und das Institut der Investmentaktiengesellschaften.
Das Gesetz beseitigte die Aufteilung in unterschiedliche Fondstypen zugunsten des sog. „ Super-OGAW “ , der – unter Beachtung unterschiedlicher Risikostreuungsvorschriften – gleichgeordnet in Wertpapiere einschließlich Geldmarktinstrumente, Derivate, Bankguthaben und Investmentanteile anlegen kann. Nicht nur die Palette der Spezial-Sondervermögen, auch die Anlagemöglichkeiten innerhalb eines Fonds haben damit wiederum eine enorme Erweiterung erfahren.
Spezial-Sondervermögen können so nicht nur richtlinienkonform ausgestaltet werden, sondern auch als Gemischte Spezial-Sondervermögen, als Spezial-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken ( „ Hedgefonds “ ) oder Spezial-Immobilien-Sondervermögen aufgelegt werden. Mit Schreiben der BaFin vom 23.08.2005 ist die Möglichkeit der Auflage von Garantiefonds bei entsprechender Eigenkapitalunterlegung geregelt worden.
Im Rahmen eines Gemischten Sondervermögens kann ein Spezial-Sondervermögen zusätzlich zu den für richtlinienkonforme Sondervermögen zugelassenen Vermögensgegenstände in Immobilien-Sondervermögen und/oder zu max. 10% in Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken ( „ Single-Hedgefonds “ gem. § 112 InvG) investieren.
Spezial-Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken (Hedgefonds) sind erstmals in Deutschland geregelt worden. Es gibt die Single-Hedgefonds und „ Dachhedgefonds “ . Letztere investieren im Wesentlichen nur in Ziel-Hedgefonds. Damit sind Leverage-Strategien und/oder Leerverkäufe auch im Rahmen von Spezial-Sondervermögen möglich. Bis zu 30% des Single-Hedgefonds kann in Beteiligungen angelegt werden, die nicht in einen organisierten Markt einbezogen sind. Die Vertragsbedingungen von Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken bedürfen allerdings einer Genehmigung durch die BaFin, die sich über die Auflage der komplexen und als risikoreicher eingestuften Produkte informiert halten möchte.
Mit Inkrafttreten der Derivateverordnung vom 06.02.2004 ist die Begrenzung des KAGG auf den Einsatz abschließend aufgezählter Finanzinstrumente aufgehoben worden. Bei Einsatz eines angemessenen Risikomesssystems kann die KAG derivative Finanzinstrumente erwerben, sofern der Erwerb den Anlagegrundsätze des jeweiligen Sondervermögens nicht zuwiderläuft. Über den Einsatz von Derivaten darf sich das Marktrisiko des Fonds sogar verdoppeln. Insgesamt sind damit die Möglichkeiten der Strukturierung des Fonds-Portfolios bedeutend flexibler geworden.
3. Abgrenzung zu Publikums-Sondervermögen
Spezial-Sondervermögen und Publikums-Sondervermögen unterliegen als Investmentanlagen dem InvG. Es bestehen jedoch gravierende Unterschiede zwischen diesen beiden Anlageformen (Bitz, M. 1998): Zum einen bedarf es bei Spezial-Sondervermögen keines öffentlichen Vertriebes, da diese i.d.R. nur für einen Anleger bzw. maximal 30 institutionelle Anleger aufgelegt werden. Publikums-Sondervermögen hingegen können von jedermann erworben werden und unterliegen auch keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der Anlegerzahl (Andres, V. 1995). Die Assetstruktur eines Spezial-Sondervermögens wird durch die individuellen Kundenziele bestimmt.
Durch den beratenden Anlageausschuss können die Anlagevorstellungen des Fondsinhabers Berücksichtigung in der grundsätzlichen Anlagepolitik der KAG finden, ohne jedoch auf die Einzelentscheidungen im dispositiven Bereich Einfluss nehmen zu können. Von einer börsentäglichen Bewertung kann bei Spezial-Sondervermögen, im Gegensatz zu Publikums-Sondervermögen, im allgemeinen abgewichen werden. Bei Anteilen von Spezial-Sondervermögen sind i.d.R. Ausgabe- und Rücknahmepreise identisch. Durch das 1. Finanzmarktförderungsgesetz wurden für die Verwaltung von Spezial-Sondervermögen eine Reihe von Vereinfachungen getroffen. Hierzu gehört, dass die Vertragsbedingungen von Spezial-Sondervermögen nicht mehr der Genehmigung der BaFin bedürfen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KAGG, jetzt § 93 Absatz 1 InvG mit Ausnahme der Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken, s.o.), sondern nur zwischen der KAG und den beteiligten Anlegern auf der Basis des InvG vereinbart werden. Die gesetzkonforme Verwaltung des Sondervermögens und die Übereinstimmung der Vertragsbedingungen mit den gesetzlichen Rahmenvorschriften werden anlässlich der alljährlich vorgeschriebenen Prüfung des Sondervermögens durch den Abschlussprüfer der KAG im Rahmen der Testierung des Rechenschaftsberichts bestätigt.
Die Hauptbeteiligten eines Spezial-Sondervermögens sind KAG, Depotbank und der institutionelle Anleger. Zwischen diesen wird durch vertragliche Regelungen ein Rechtsverhältnis geschaffen. Diese vertraglichen Regelungen setzen sich aus dem Zweiervertrag (Allgemeine und Besondere Vertragsbedingungen) und dem Dreiervertrag ( Rahmenvertrag oder Artikelvertrag) zusammen. Der Zweiervertrag wird zwischen der KAG und dem Anleger geschlossen. Er regelt nicht nur das Rechtsverhältnis zwischen KAG und Anteilinhaber, sondern stellt ebenso die Fondssatzung dar, d.h. er gibt die Rahmenbedingungen für das Management des Spezial-Sondervermögens vor (Kandlbinder, H.-K. 1991). Der Dreiervertrag hingegen wird zwischen Anleger, Depotbank und KAG geschlossen. Es wird somit §§ 23 und 24 InvG Rechnung getragen, indem eine Depotbank mit der Verwahrung des Sondervermögens und der Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen beauftragt wird. Darüber hinaus werden in einem zwischen KAG und Depotbank zu schließenden Rahmenvertrag (Depotbankvertrag) die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner nach den Vorschriften des InvG geregelt.
5. Anlegerstruktur
Die Anlegerstruktur des Marktes für Spezial-Sondervermögen stellt sich per Ende November 2005 wie folgt dar:
(Deutsche Bundesbank, 2006)
6. Anlagestruktur
Aufgrund der Sozialbindung des angelegten Kapitals überwog zunächst bei den Spezial-Sondervermögen die konservative Anlage in Rentenpapieren. Nach einer Zeit der Bevorzugung internationaler Werte und Aktienanlagen haben sich inzwischen ausländische Renten als wichtigste Assetklasse durchgesetzt. Das Vermögen der 4.728 Spezial-Sondervermögen beläuft sich auf 567 Mrd. Euro und setzt sich wie folgt zusammen (11/2005):
(Unter Sonstige sind zusammengefasst: Schuldscheindarlehen, Investmentanteile, Geldmarktpapiere, Verbindlichkeiten).
(Deutsche Bundesbank, 2006)
7. Anbieterstruktur
Anbieterstruktur des Marktes für Spezial-Sondervermögen Deutschland gewichtet nach dem verwalteten Fondsvolumen (Stand 2004):
(Entzian, 2005)
8. Kosten eines Spezial-Sondervermögens a) KAG-spezifische Kosten
Die Verwaltungsvergütung ( „ management fee “ ) ist diejenige Gebühr, die die KAG für die allgemeine Management-Tätigkeit erhält. Sie ist also das Entgelt für das Fondsmanagement und die Analysetätigkeit sowie für den Service der KAG (Kandlbinder, H.-K. 1991). Sie wird i.d.R. monatlich nachträglich erhoben und kann nach Größenordnung des Fonds degressiv gestaffelt vereinbart werden. Erfolgsabhängige Verwaltungsvergütungen spielen nur eine geringe Rolle. Die Depotbankgebühr wird von der Depotbank für die Anteilsbewertung, Erstellung von Vermögensübersichten sowie Wahrnehmung der Kontrollaufgaben im Sinne des InvG erhoben. Die Gebühren werden dem Fondsvolumen i.d.R. direkt belastet. b) Fremdkosten
In den Vertragsbedingungen sind die im Zusammenhang mit der Fondsverwaltung anfallenden Fremdkosten, die dem Sondervermögen direkt in Rechnung gestellt werden können, geregelt. Sie bestehen bei Spezial-Sondervermögen im Wesentlichen aus:
- | Prüfungskosten des Abschlussprüfers; | - | Veröffentlichungskosten (Zwischenberichte, Rechenschaftsberichte u.a.); | - | die in Zusammenhang mit der Anschaffung, Veräußerung und Verwahrung von Vermögensgegenständen des Sondervermögens entstehenden Kosten ( Umsatzprovisionen, broker commissions, in- und ausländische Depotgebühren, Steuern); | - | Kosten für die Bekanntmachung der Besteuerungsgrundlagen und der Bescheinigung, dass die steuerlichen Angaben nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden; | - | in Zusammenhang mit der Verwaltung und Verwahrung evtl. entstehende Steuern; | - | Kosten zur Analyse des Anlageerfolges, sofern vom Anleger gewünscht; | - | Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen des Sondervermögens (z.B. class actions). |
IV. Beurteilung
1. Bedeutung für den Kapitalmarkt
Nachdem 1998 noch Rekordmittelzuflüsse (66 Mrd. Euro) zu verzeichnen waren, erlebte die Branche für Spezial-Sondervermögen in der Folgezeit einen deutlichen Einbruch. Im Jahr 2004 betrug das Mittelaufkommen nur noch 3,7 Mrd. Euro, etwa so viel wie 1985 (Entzian, 2005).
Hintergrund ist einmal der Wegfall von Vorteilen bei der Bilanzierung von Anteilscheinen nach dem HGB durch die Einführung der Bilanzierungsvorschriften nach IFRS und US-GAAP.
Ein Abzugsverbot von 10% der auf Fondsebene entstandenen Kosten durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien (EURLUmsG) ab dem 01.01.2004 beeinträchtigte weiter die Attraktivität des Produktes Spezial-Sondervermögen. Erst bei Rückgabe der Fondsanteile kann ein gebildeter Ausgleichsposten steuerlich geltend gemacht werden.
Vor allem aber die Integration internationaler Bilanzierungsregeln in deutsches Recht führt dazu, dass für den Konzernabschluss von kapitalmarktorientierten Unternehmen seit 2005 die Vorschriften gem. IFRS Anwendung finden. Anders als bei der Bilanzierung nach HGB können die Anteile nicht mehr als Wertpapiere bilanziert werden, vielmehr besteht bei wirtschaftlicher Kontrolle des Sondervermögens durch den Anleger eine Konsolidierungspflicht, das heisst, es sind alle im Fonds enthaltenen Vermögenswerte in der Bilanz auszuweisen.
Da eine Konsolidierungspflicht nach IFRS bei Halten von weniger als 20% eines Sondervermögens vermeidbar ist, sind I-Shares (Anteilklassen für Institutionelle Kunden) von Publikums-Sondervermögen eine ernst zu nehmende Konkurrenz zum Produkt des Spezial-Sondervermögens.
Auch die freie Finanzportfolioverwaltung für Institutionelle Kundengruppen konnte zu Lasten des Spezial-Sondervermögens Zuwächse verbuchen.
Die Neuregelung des Anlagekatalogs für das gebundene Vermögen von Versicherungen durch die Anlageverordnung in der Fassung vom 12.08.2004 (AnlV) erleichterte der Kundengruppe der Versicherungen die Anlage in Publikums-Sondervermögen, indem auf eine Vertragsklausel zur Sicherung der Sicherungsvermögensfähigkeit verzichtet wurde. Im Ergebnis ist auch hier der Wettbewerb mit anderen Asset-Klassen spürbar (Entzian, 2005).
Dennoch: Die Anteile aller inländischen Wertpapiere der Spezial-Sondervermögen an der entsprechenden Marktkapitalisierung machen noch immer einen beachtlichen Prozentsatz aus. Durch den langfristigen Anlagehorizont und die aktive Vorgehensweise sind Spezial-Sondervermögen auch am europäischen Kapitalmarkt „ gern gesehene “ Investoren.
2. Bedeutung für die Finanzbranche
Das Interesse, im Rahmen des Asset Managements auch das Produkt Spezial-Sondervermögen anzubieten, ist nach wie vor vorhanden. Der Margendruck nimmt jedoch zu und die Notwendigkeit der Effizienzsteigerung bei der Kapitalanlage wird den Druck auf die einzelnen KAGen weiter wachsen lassen (Kandelbinder, 2002). Durch die zu erreichenden hohen Volumina liegt der wichtigste Vorteil in einer Art „ Economies of scale “ bei der Ausnutzung der allgemein im Wertpapierbereich vorzuhaltenden Ressourcen. Wegen der mittlerweile sehr niedrigen Verwaltungsvergütungen liegt das „ Break-Even-Volumen “ allerdings sehr hoch, die zu erzielenden absoluten Erlöse stehen anderen Unternehmensbereichen nach. Darüber können auch keine hohen relativen Ertragskennzahlen, wie Eigenkapitalrentabilität und Kapitalbindungskosten, hinwegtäuschen. Hinzu kommt, dass für die gleichen Verwaltungsvergütungssätze immer mehr Serviceleistungen erbracht werden (s.u.).
3. Die Bedeutung für die Kapitalanleger
Der Einsatz des Spezial-Sondervermögens bietet den unter „ Anlegerstruktur “ aufgeführten Nutzern zahlreiche Produkt-Vorteile: Dem Aspekt Sicherheit wird durch umfangreiche Anlegerschutzbestimmungen (s.o.) und dem „ Sondervermögenscharakter “ des Spezial-Sondervermögens Rechnung getragen. Die Transparenz der Anlagen ist durch Anlageausschuss, Berichterstattung und jährliches Testat durch einen externen Wirtschaftsprüfer gesichert. Das Sondervermögen selbst ist von der Steuerpflicht befreit. Die Besteuerung erfolgt im Wesentlichen auf der Ebene der Anteilsinhaber. Durch die Gestaltbarkeit der Ausschüttung ergeben sich u.U. Bilanzierungs- und Ertragsspielräume. Durch die Pflicht der Depotbank, jederzeitige Aufstockung und Rückgabe von Anteilsscheinen zu gewährleisten, eignet sich das Spezial-Sondervermögen als Instrument zur Liquiditätssteuerung.
Durch die Verlagerung des Anlagemanagements auf ein Spezial-Sondervermögen werden zahlreiche administrative Aufgaben beim Anleger hinfällig (z.B. Abwicklung der Transaktionen, Verbuchung, Wiederanlage, steuerliche Veranlagung).
Tatsächlich wird die KAG immer mehr zum „ Full-Service-Provider “ (Wagner, 2005) mit folgenden administrativen Zusatzleistungen:
Aufbereiten des Datenmaterials im IFRS-Report ggf. unter Einbeziehung der Eigenanlagen des Kunden, Erstellen eines transparenten Reportings sowie elektronische Datenlieferung in die Bilanzbuchhaltungssysteme des Kunden (Straight Through Processing), vor allem bei Versicherungen. Außerdem die ertragsorientierte Steuerung des Portfolios unter Beachtung der Erfolgsrechnungsvorgaben nach HGB und/oder IFRS, die Erstellung von Asset Liability-Analysen, das Management und die Bewertung von Direktbeständen einschließlich strukturierter Produkte, die einer versicherungsaufsichtsrechtlichen Zerlegungspflicht unterliegen. Darüber hinaus die Ausrichtung des Portfolios unter Berücksichtigung versicherungsaufsichtsrechtlicher Limite, das konsolidierte Reporting von Portfolio-, Performance-, und Risikokennzahlen sowie die Aufbereitung des aufsichtsrechtlichen Meldewesens (Fuss, /Müller, /Seppi, 2005).
Die KAG sieht sich bei Verwaltung von Spezial-Sondervermögen nicht mehr nur als Asset Manager, sondern als Service-KAG die eine ganzheitliche Betreuung des Kunden übernimmt.
Im Rahmen des Outsourcing kann internationales, professionelles Portfolio-Management-Knowhow genutzt werden. Ausdruck der ganzheitlichen Betreuung ist vor allem die Zunahme sog. „ Master-KAG-Mandate “ im Bereich der Spezial-Sondervermögen. Die Master-KAG legt hierbei das oder die Sondervermögen auf und lagert das Portfoliomanagement auf externe Finanzdienstleister aus. Inzwischen (Disselbeck, 2005) werden bereits 35% des Vermögens nicht mehr von der auflegenden KAG verwaltet, sondern von externen in- und ausländischen Finanzdienstleistern. Der flexible Einsatz bzw. Wechsel von Asset Managern aus dem internationalen Bereich hat zu einem Aufbruch der Wertschöpfungskette geführt. Dies beendete auch die den Konzern begünstigende, quersubventionierende Konditionsgestaltung.
Zusätzliche Dienstleistungsangebote werden über Overlay-Wertsicherungsstrategien erbracht, welche die Gesamtrisikoposition des Investors zentral steuert. Währungsoverlay oder Liquiditätsmanagement, Performanceattribution und Kostenanalyse sind weitere Dienstleistungen, die im Rahmen der Aufteilung des Portfoliomanagement eines Master-Fonds auf unterschiedliche Asset Manager vom Manager oder der KAG erbracht werden können.
Diese Entwicklung bedingt umfangreiche Investitionen in die IT-Struktur und Qualifikation von Mitarbeitern, die KAG tritt hier mit den Dienstleitstungsangeboten international operierender Global Custodians in Wettbewerb.
Multi-Manager-Konzepte und Segmentfonds bieten dem Anleger ein komplexes und diversifizierendes Dienstleistungsangebot, das das Know How international agierender Investmentgesellschaften bündelt, koordiniert und unter Minimierung des punktuellen Performance- Manager- und Stilrisikos steuert.
V. Ausblick
Der deutsche Investmentmarkt für institutionelle Anleger hat noch großes Potenzial. Die Diskussion um Alterssicherungssysteme wird dem Spezial-Sondervermögen im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersvorsorge weitere Impulse geben.
Über die Auslagerung von Pensionsrückstellungen von Unternehmen in Contractual Trust Arrangements oder bei der Administration von Zeitwertkonten wird das Spezial-Sondervermögen weiterhin Einsatz finden und Wachstumsimpulse erfahren. Ungedeckte Pensionsverpflichtungen werden nach den Rechnungslegungsvorschriften gem. IFRS als Verbindlichkeiten bewertet, das Rating betroffener Unternehmen und folglich auch die Refinanzierungskonditionen drohen sich zu verschlechtern. Die operative Trennung der Verpflichtungen vom Kerngeschäft sowie die Ausfinanzierung mit einem professionellen Asset Management im Rahmen eines Spezial-Sondervermögens kann die Pensionsrisiken minimieren. Die Pension Assets werden für die Sicherstellung der Versorgungsleistungen gesichert und die Vermögensanlage auf die zu erwartende Auszahlungsstruktur ausgerichtet. Eine Ausgliederung aus dem Betriebsvermögen des Unternehmens über ein CTA verkürzt nach internationalen Rechnungslegungsstandards die Bilanz, kann Bilanzkennziffern verbessern und gewährt zusätzlichen Insolvenzschutz.
Die Einführung der Riester-Rente kann für zusätzliche Volumina im Bereich der Spezial-Sondervermögen sorgen.
Auf der Anlegerseite hat sich ein Bewusstseinswechsel vollzogen, der oft mit einer stärkeren Ausgliederung des Asset Management einhergeht. Durch neu hinzu kommende Fondsanbieter und den zwangsläufig daraus resultierenden Margendruck wird der Zwang zur Rationalisierung bei der Leistungserstellung innerhalb der KAGs weiter zunehmen. Hier wird eine Abwägung gegenüber der bisher praktizierten Individualität notwendig. Neue Erkenntnisse aus der Kapitalmarktforschung und der steigende Einfluss von Consultants werden immer stärker zur Systematisierung des Investmentansatzes und zur klaren Festlegung des Investmentstils führen. Betriebswirtschaftliche Überlegungen und steigende technische Investitionen werden auch bei den KAGs Überlegungen in Richtung Zentralisierung und Outsourcing von einzelnen Komponenten der Leistungserstellung auslösen. Dies alles wird in starker Interaktion mit den Aufsichtsorganen vollzogen. Der erreichte Sicherheitsstandard dürfte dazu führen, dass zunehmend auch europaweit Treuhandvermögen sowie „ Sozialkapital “ im weitesten Sinne sich freiwillig den Vorschriften des InvG durch Auflage eines Spezial-Sondervermögens „ unterwerfen “ .
Den Markt stark verändernde Faktoren sind auch die enorme Bedeutung neuer Produkte und Asset-Klassen sowie die Konkurrenz ausländischer KAGen, denen man im Bereich der Alternative Investments (Mid und Small Caps, High Yield-Fonds, Hedge-Fonds, Venture Capital oder Private Equity) eine tendenziell höhere Kompentenz zutraut (Kandlbinder, 2002). Die neuen Möglichkeiten der Auflage von Hedgefonds oder Gemischten Sondervermögen sowie der Einsatz neuer Asset-Klassen birgt insbesondere im Zusammenhang mit weiteren Service-Angeboten der Master-KAG weiteres Aquisitionspotenzial.
Das Ende der Talfahrt scheint aber erreicht zu sein, das Mittelaufkommen bereits in den ersten 5 Monaten 2005 übertraf um ein Dreifaches den Gesamtbetrag aus 2004 (Entzian, 2005; Disselbeck, 2005).
Aufgrund der großen Fähigkeit des Marktes für Spezial-Sondervermögen flexibel auf neue Kundenbedürfnisse und sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen zu reagieren, ist der Markt für dieses Produkt noch nicht „ verteilt “ . Das Spezial-Sondervermögen kann weiterhin für Europa ein Erfolgsmodell der Zukunft sein (Kandlbinder, 2002).
Literatur:
Andres, V. : Vermögensverwaltung mit Fondspicking, Wiesbaden 1995
Bauer, J. : Das Investmentgeschäft, Köln 1999
Bitz, M. : Finanzdienstleistungen, München 1998
BVI, : Investment 98 Daten, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt 1998
BVI, : Investment 2000 Daten, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt 2000
BVI, : Investment 2005 Daten, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt 2005
Deutsche Bundesbank, : Dt. Bundesbank Kapitalmarktstatistik Oktober 1999, Statistisches Beiheft zum Monatsbericht 2
Deutsche Bundesbank, : Dt. Bundesbank Kapitalmarktstatistik Januar 2006, Statistisches Beiheft zum Monatsbericht 2
Disselbeck, K. : Totgesagte leben länger, in: ZfgK 58. Jahrgang, Frankfurt 15.08.2005
Entzian, T. : Wertpapier-Spezialfonds 2004: Talsohle durchschritten, in: ZfgK 58. Jahrgang, Frankfurt 15.08.2005
Fuss, M./Müller, J./Seppi, T. : Effiziente Lösungen für das Management der Kapitalanlagen von Versicherungen und Pensionskassen, in: ZfgK 58. Jahrgang, Frankfurt 15.08.2005
Großmann, J.-M. : Die flexible Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung mit Hilfe von Spezialfonds, Frankfurt 1992
Hörich, G./Schmitt, J. : Die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen deutscher Unternehmer, in: ZfgK 58. Jahrgang, Frankfurt 15.08.2005
Kandlbinder, H.-K. : Spezialfonds als Anlageinstrument, Frankfurt 1991
Kandlbinder, H.-K. : Spezialfonds, in: ZfgK, 52. Jahrgang, Frankfurt 15.08.1999
Kandlbinder, H.-K. : Spezialfonds in Deutschland – Ist der Markt verteilt?, in: LAZARD Standpunkt September 2002
Wagner, B. : Die Master-KAG im Spannungsfeld steigender Anforderungen und wachsenden Wettbewerbs, in: ZfgK 58. Jahrgang, Frankfurt 15.08.2005
Zeyer, F. : Das Netz der staatlichen Aufsicht ist eng gespannt, FAZ v. 15.10.1999
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