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Spezialbanken


Inhaltsübersicht
I. Begriffliches: Theoretisch und rechtlich
II. Determinanten für Spezialisierung von Banken
III. Spezialbanken und spezielle Finanzinstitute i.w.S. in Deutschland

I. Begriffliches: Theoretisch und rechtlich


Banken sind – theoretisch betrachtet – Unternehmen, die als professionelle Hauptaufgabe die Gestaltung von Finanzbeziehungen übernehmen. Banken kaufen und verkaufen, vermitteln und schöpfen Finanzanlagen bzw. Finanzkontrakte und bieten zusätzliche Finanzdienstleistungen an. Zusammen mit ihren indirekten und direkten Vermittlungsfunktionen auf Finanzmärkten organisieren sie gleichzeitig eine Transformation von Finanzanlagen in relevanten Eigenschaften wie Laufzeit, Stückelung und Risiko. Banken können diese Funktionen in einem breiten Spektrum erfüllen oder aber in stärkerer Arbeitsteilung bzw. Spezialisierung. Eine Spezialbank ist ein Kreditinstitut mit einer Fokussierung auf spezielle Kundengruppen, Finanzprodukte und -dienste, Vertriebskanäle und/oder Wertschöpfungsstufen. Aufsichtsrechtliche Definitionen und Abgrenzungen von Kreditinstituten und Bankgeschäften sind jeweils enger. § 1 des KWG zählt für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute kasuistisch einzelne Geschäftsarten auf, während in § 1 (3 ff.) bzw. § 2 weitere sog. Finanzunternehmen bzw. spezialisierte Finanzinstitute genannt sind, die nicht unter die BAK-Aufsicht fallen. Sie werden hier spezialisierte Finanzinstitute i.w.S. genannt. Viele Kreditinstitute i.S. des § 1 KWG unterliegen auch als Universalbanken gewissen einschränkenden gesetzlichen Regelungen (z.B. SpkG, GenG) oder werden durch spezielle Bankgesetze auf einen genau definierten Geschäftsradius beschränkt (z.B. HypBankG, SchiffsBG, BausparKG, KAGG); für einige öffentliche Institute gibt es spezielle Gründungsgesetze, (z.B. für BBk, KfW). Manche Banken nach § 1 KWG) haben nur eine Teillizenz, z.B. Bürgschaftsbanken und einige der TZ-Banken.

II. Determinanten für Spezialisierung von Banken


1. Dimensionen der Spezialisierung


Das Spektrum von Spezialbanken und banknahen sonstigen Finanzinstituten ist sehr breit und hat sich beim heutigen Trend zur Organisation von Allfinanz-Dienstleistungen und infolge von Finanzinnovationen noch weiter aufgefächert (Hahn, O. 1989; Hahn, O. 1991; Stracke, G./Geitner, D. 1992). Theoretisch kann man sich den Bereich möglicher Finanzdienstleistungen und damit auch einer spezialisierten Bankleistung als einen vierdimensionalen Raum vorstellen, der durch die vier Achsen Finanzprodukte bzw. -dienste, Kunden- bzw. Zielgruppen, geographischer Raum bzw. Vertriebskanäle und Wertschöpfungsstufen bestimmt ist. Real existierende Universalbanken bedienen in diesem Raum ein relativ großes Areal, wobei sie sich durchaus schwerpunktmäßig positionieren können. Spezialbanken haben dagegen freiwillig oder auf der Basis gesetzlicher Regulierung einen bestimmten Kunden-, Produkt-, Vertriebs- oder Wertschöpfungsfokus (Sondermann, A./Tilmes, R. 1998), bedingt durch Informations-Constraints, Spezialisierungs-Vorteilen bei Finanzkontrakten, Technologien, Know-how, Konzentration auf Kernkompetenzen, Synergien usw.
Moderne Universalbanken- und Allfinanz-Gruppen organisieren eine Abdeckung von erfolgversprechenden Strukturen des Gesamtmarktes durch Kombinationen von Universal- und Spezialbanken sowie sonstigen Finanzdienstleistern und Finanzunternehmen.

2. Determinanten und neuere Entwicklung


So lange bei Effizienzvergleichen zwischen Universal- und Spezial- bzw. Trennbankensystemen die Fragen der Produktions- und Vertriebskosten von Bankleistungen, der Diversifikation und der Organisation des Massengeschäfts allein im Vordergrund standen, sprach vieles gegen eine stärkere Spezialisierung und für die Ausnutzung von „ economies of scale and scope “ durch große Universalbanken. In neuere Betrachtungen der institutionellen Ökonomie gehen zusätzliche Argumente ein: Neben den Produktionskosten die Transaktionskosten, der Aufbau unternehmensspezifischer Vorteile (v.a. Informationsvorteile, spezielle Management- und Mitarbeiterqualifikation) sowie effiziente Beherrschungs- und Überwachungssysteme (governance). Und neben die Bewältigung der externen bzw. Marktrisiken tritt die Beherrschung der sog. verhaltensbedingten Risiken. Solche institutionellen Überlegungen sind bei Bankbetrieben deshalb wichtig, da nur eine Teilmenge von Bankgeschäften auf relativ anonymen Märkten und mit Standardverträgen erfolgt, ein großer Teil aber speziellere Bündel von Finanzkontrakten auf der Basis stabilerer Bank-Kundenbeziehungen betrifft. Finanzdienstleistungen sind z.T. abhängig vom persönlichen Kontakt und privaten Informationen, der räumlichen und sozialen Nähe und von entsprechenden sozioökonomischen Beurteilungskompetenzen. Sie setzen eine kunden-, markt- oder raumbezogene Spezialisierung voraus. Heute spricht vieles für einen Verbund von Spezial- und Universalbanken. Daher nimmt die Zahl der rechtlich selbständigen Spezialbanken zu, die der wirtschaftlich unabhängigen ab. Die heute existierenden Spezialbanken lassen sich auf sehr unterschiedliche Determinanten zurückführen, wobei meist mehrere zusammenkommen:

1.

Banktradition. Ein bewährter finanztechnologischer Erfahrungsschatz wurde stabilisiert und typisiert; infolge der Bedeutung von Vertrauen und Reputation ändern sich Bankbräuche nur langsam.

2.

Staatliche Bankenregulierung. Nach Bankenkrisen wurde Spezialisierung in sog. Trennbankensystemen oder in Spezialgesetzen erzwungen.

3.

Entstehung finanzieller Selbsthilfeinstitutionen, die sich teilweise zu Universalbanken entwickelten, teilweise aber auch wie z.B. Bausparkassen spezialisiert blieben.

4.

Gründung öffentlicher Spezialbanken zur Unterstützung einer Wirtschaftsförderung bzw. öffentlicher Sonderaufgaben.

5.

Selbst gewählte faktische Spezialisierung. Gründe sind Positionierung in erfolgversprechenden Segmenten oder Nischenmärkten (auch als Zweitbankenverbindung), größen- bzw. kapazitätsmäßig bedingte Selbstbeschränkungen, Auslagerung atypischer oder riskanterer Bankgeschäfte.

6.

Aufbau und Abrundung von Allfinanz-Gruppen mit zahlreichen Spezialinstituten unter einheitlicher Leitung oder als Kooperationsunternehmen, bedingt durch stärkere Verzahnung von Finanzierung, Asset Management und Versicherung.

7.

Spezialgründungen im Gefolge von Finanzinnovationen, z.B. Kreditkarten, Verbriefung, und technischen Innovationen (z.B. Direktbanken; Direktbanken inkl. Discountbroker). Die Nachfrage nach komplexeren Finanzdienstleistungen und Financial Engineering und das Outsourcing von Teilen der Wertschöpfungskette fördern die Spezialisierung.

8.

Gründung von Spezialbanken durch ausländische Banken und Nichtbanken-Gruppen. Das Bankgeschäft ist primär auf grenzüberschreitende Transaktionen und auf die Unterstützung des Hauptgeschäfts ausgerichtet.


In Zukunft wird die Spezialisierung weiterhin schnell zunehmen, schon durch die Dynamik technischer und finanzieller Innovationen. Finanzielle Produkt- und Prozessinnovationen regen wiederum spezialisierte institutionelle Innovationen an und verstärken nicht nur die horizontale, sondern auch die vertikale Arbeitsteilung im Finanzsektor. Die Wertschöpfungsquote in der Kreditwirtschaft wird stark zurückgehen (Betsch, O. 1999), bedingt durch die Konzentration auf bestimmte Wertschöpfungsstufen, den Zukauf von Finanzprodukten und den Vertrieb von Fremdprodukten. Unter dem Einfluss der Kreditverbriefung wird sich auch eine Spezialisierung in „ retail “ oder „ whole sale banking “ verstärken. Neuerdings sind sogar Tendenzen zur Trennung von Teilfunktionen des Kreditgeschäfts (z.B. die Gründung von Loan Funds in den USA) zu erkennen (Guthoff, A./Pfingsten, A./Schuermann, T. 1999).
Zwischen Spezialbanken mit ähnlicher oder kompatibler Ausrichtung werden Fusionen zunehmen. Bei staatlichen Instituten wird einerseits die institutionelle Vermischung von öffentlichen Förderaufgaben mit dem privatwirtschaftlich ausgerichteten sog. Wettbewerbsgeschäft im Aktivbereich unter dem Einfluss von Wettbewerbsnormen der EU wieder zurückgehen, andererseits ist der Privatisierungsprozess in Deutschland noch nicht abgeschlossen.

3. Investment Banking versus Investitions- und Entwicklungsbanken


In angelsächsischen Trennbanksystemen ist die längerfristige Investitionsfinanzierung schon immer stark über Wertpapiere und Börse organisiert. Im dort entwickelten Investment Banking kooperieren häufig noch verschiedene Banken arbeitsteilig. Und die Schwelle einer Emissionsfähigkeit von Unternehmen ist niedriger. Die deutschen Investitionsbanken sind vom Design her keine Organisatoren für die Emissionsfinanzierung von Unternehmen, sondern Emissionsersatz. Auf der Basis ihrer Emissionsfähigkeit und ihres Standings und mit zusätzlicher öffentlicher Refinanzierung stellen sie den Unternehmen längerfristige Darlehensfinanzierung zur Verfügung. Öffentliche Investitionsbanken (auch Förderbanken genannt) unterstützen die Wirtschaftsförderung, Struktur- bzw. Entwicklungspolitik mit direkten öffentlichen Finanzhilfen, die in Deutschland meist nach dem Hausbankprinzip über die Hausbanken geleitet werden. Ihre Aufgaben liegen i.d.R. dort, wo Leistungsschwächen- u. -lücken im privaten Angebot der Banken bestehen, z.B. zugunsten von neuen, innovativen und kleinen Unternehmen, Großprojekten und der langfristigen Exportfinanzierung. Neben ihrem öffentlichen Auftrag – z.T. als Treuhandgeschäft – setzen sie auch selbst mobilisierte Mittel ein und stehen z.T. auch im Wettbewerb mit anderen Banken. Investitionsbanken mit einer völlig aus öffentlichen Quellen organisierten Refinanzierung und mit einem faktischen Vergabemonopol subventionierter Finanzierung haben sich nicht bewährt, wie zahlreiche ineffiziente u. technisch illiquide Entwicklungsbanken in der 3. Welt zeigen. Im internationalen Bereich hat sich das Modell der Weltbankgruppe mit hartem und weichem Fenster sowie Investment Banking zugunsten ausländischer Direktinvestitionen und Joint Ventures durchgesetzt.

III. Spezialbanken und spezielle Finanzinstitute i.w.S. in Deutschland


1. Private Spezialbanken-Gruppen

a) Arten


Viele Spezialbanken, die nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen arbeiten, werden an anderer Stelle behandelt, z.B. die Hypothekenbanken, Bausparkassen, die auf das Wertpapiergeschäft spezialisierten Banken, Finanzdienstleister und -unternehmen, die Kapitalanlagegesellschaften, bzw. Institute des Asset Managements. Wertpapiersammelbanken sind Institute des Clearing und Settlements von Wertpapieren, die auch wichtige Funktionen bei Wertpapierleihe und Repo-Geschäften sowie Wertpapierpensionsgeschäften erfüllen. Auf neue Vertriebswege mit eingeschränktem Sortiment und neue Finanzdienstleistungen spezialisiert sind Direktbanken inkl. Discountbroker und Institute des Electronic Banking, die u.a. das Geldkarten- und Netzgeldgeschäft betreiben. Faktisch sind auch viele kleine Banken mit Volllizenz spezialisiert, z.B. kleine Genossenschaftsbanken und sog. alternative Banken wie die anthroposophische GLS-Bank, Bochum, die Ökobank, Ffm und die BkmU Bank AG, Berlin. Auch Privatbanken und Auslandsbanken bzw. die Zweigstellen ausländischer Banken sind meist auf ein engeres Leistungssortiment und eine bestimmte Klientel spezialisiert. Infolge des relativ hohen Anteils von bilanzunabhängigen Provisionsgeschäften unterschätzen Bankstatistiken ihre Bedeutung.
Hier werden skizziert die Branche- und Konzernbanken, die Institute für Absatzfinanzierung die Privatkundenbanken sowie die Bürgschaftsbanken und Kreditgarantiegemeinschaften als Institute der Kreditleihe. Sie sind teilweise in ihrer Tätigkeit aufsichtsrechtlich beschränkt bzw. haben z.T. nur eine Teillizenz des BAK, genießen aber andererseits auch gewisse Privilegien, z.B. in Form niedrigerer Anforderungen an das Eigenkapital.

b) Branche-Banken


Die meist in den 1920er-Jahren gegründeten Branche-Banken z.B. für Vieh-, Getreide-, Holz- und Metallhandel haben heute kaum noch Bedeutung oder verschwanden, da die damals nicht gut funktionierende kurzfristige Handels- und Betriebsmittelfinanzierung schon längst Routinefinanzierung von Universalbanken geworden ist. Solche Banken hatten zwar Informations- und Spezialisierungsvorteile, aber Diversifikations- und Refinanzierungsprobleme. Neuere Branche-Banken bündeln umfassendere Pakete von Bankleistungen für spezielle Klientenbedürfnisse.
Beispiele sind die Ärzte- und Apothekerbank, die Bank für Kirche und für Diakonie e.G. als Hausbank für Einrichtungen der evangelischen Kirche, die Bank für Sozialwirtschaft als Hausbank zahlreicher gemeinnütziger Träger, die DePfaBank AG BauBoden für Bau- und Immobilienfinanzierung.

c) Spezialinstitute der Absatzfinanzierung- und Privatkundenbanken


Die Wurzel moderner institutioneller Formen der bankmäßigen Absatzfinanzierung liegt in Instituten des kurz- und mittelfristigen, privaten und gewerblichen TZ-Kredits, die seit 1920 entstanden und die sich 1949 in einem Verband, dem Vorläufer des heutigen Bankenfachverbandes zusammenschlossen, dem heute auch Arbeitskreise der Autobanken und Direktbanken angeschlossen sind.
Neben den informellen Lieferantenkredit trat bereits im 19. Jahrhundert der organisierte TZ- bzw. Ratenkredit von Handel und Industrie als Mittel der Absatzförderung, und bereits 1894 trat in Deutschland ein Abzahlungsgesetz in Kraft.
Ein kleiner Teil dieser Spezialbanken finanziert ausschließlich mittelständische gewerbliche Kunden mit den Instrumenten zweckgebundener mittelfristiger Investitionskredit, Einkaufs-, Lager- und Absatzfinanzierung für Händler, Factoring, Forfaitierung, Leasing und Ankauf von Leasingforderungen. Die meisten Institute aber sind auch oder ausschließlich Privatkundenbanken. Konsumkredit ist Kleinkredit, was andere Techniken der Kreditprüfung und Besicherung und infolge der relativ hohen Kosten konsequente Rationalisierung voraussetzt, z.B. Kreditprüfung mit Hilfe von Scoring-Modellen, Direct-Banking und Kreditverbriefung über Asset Backed Securities Die früher vorherrschenden objektbezogenen Verfahren (Anweisungs-, Händler- und Wechselgeschäft) wurden durch den Bar-, Dispositions- und Überziehungskredit abgelöst.
Nachdem solche Institute in den letzten Jahrzehnten starke Marktanteile an Universal- und Konzernbanken (insbesondere der Autoindustrie) verloren haben, entwickelten sich einige Institute mit voller Banklizenz erfolgreich zu Universalbanken für Privatkunden, meist mit neuartigen und stark genormten Aktiv- und Passivprodukten und der Möglichkeit des Direct-Banking.

d) Banken und Finanzservice-Gruppen von Industrie- und Handelskonzernen


Konzernbanken und konzerneigene Financial Services-Gruppen haben sehr an Bedeutung gewonnen. Beispiele sind die zahlreichen Autobanken, und die Banken von Unternehmensgruppen des auch international ausgerichteten Handels, des Versand- und Einzelhandels sowie anderer multinationaler Unternehmen. In Financial Services-Gruppen werden meist Banken mit Volllizenz ergänzt durch Institute des Leasing, Factoring, der Versicherung, des Kreditkartengeschäfts, der Immobilienfinanzierung und anderer Finanzdienste. Sie entstanden einerseits durch Ausbau und Weiterentwicklung der organisierten Absatzfinanzierung andererseits durch Tendenzen der Disintermediation: aus Funktionen von Treasury-Centers wurde In-house-Banking, das auch Aufgaben des Investment Banking, des Asset Managements und des Risikomanagements übernehmen konnte.
Heute werden für gewerbliche und private Kunden im Verbund mit den jeweiligen Kernprodukten – z.B. dem Auto – sogar innovative Finanzdienstleistungs-Pakete mit interessanten Optionen und zusätzlicher Risikoübernahme angeboten (Massfeller, N. 1999). Solche Strategien des One-Stop-Shopping und des Cross Selling werden vestärkt durch den Einstieg in das Direct-Banking und in Internet-Dienste bzw. e-commerce. Die Problemlösungspakete der Autoindustrie enthalten z.B. neben dem Produkt und dafür bestimmten Service-Leistungen einen breiten Fächer von Finanzdienstleistungen. Konzerneigene Banken und Finanzdienstleister tragen erheblich zum jeweiligen Konzernergebnis bei, sind allerdings weiterhin primär auf Refinanzierung durch Kreditinstitute und Finanzmärkte angewiesen.

e)  Spezialinstitute der Kreditleihe


Unternehmen haben nicht nur einen Kreditbedarf, sondern auch einen Aval- und Garantiebedarf, bedingt durch die vielfältigen Leistungsbeziehungen mit Lieferanten, Kunden und öffentlichen Händen (z.B. Zoll- und Frachtstundungen, Bietungs- und Gewährleistungsgarantien). Bankavale und -akzepte sind hier vertrauensschaffend und liquiditätssparend.
Die ältesten Spezialbanken der Kreditleihe entstanden im Zusammenhang mit dem Fernhandel. Sog. Akzept- bzw. Remboursbanken mit einem Netz ausländischer Korrespondenzbanken gaben Akzeptkredite. Diese Bankakzepte wurden dadurch geldmarktfähig bzw. konnten diskontiert werden. Der Rembourskredit verknüpft das Konnossement als Instrument der Zahlungssicherung mit dem Bankakzept zu einem Arrangement, mit dem gleichzeitig die drei Funktionen Leistungs- und Zahlungssicherung sowie Finanzierung organisiert wird, und die Finanzierung auch noch flexibel und kostengünstig in Geld- und Kreditleihe separiert werden kann.
In Deutschland bieten die Universal- und die Auslandsbanken Akzept- und Avalkredite an. Spezialisierte Institute gibt es v.a. in Form von Bürgschaftsbanken und Kreditgarantiegemeinschaften. Sie geben Bürgschaften, Garantien i.e.S. und/oder sonstige Gewährleistungen zugunsten von Kreditnehmern; Kreditversicherungen schützen dagegen Gläubiger.
Die erstgenannten wurden in Deutschland meist als Selbsthilfeinstitutionen von berufsständischen Organisationen gegründet. Heute sind sie i.d.R. gemeinnützige Joint Ventures von Wirtschaftsverbänden, Kreditinstituten und Bundesländern zur Erleichterung der Bankfinanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen einschl. der öffentlichen Investitionsfinanzierung nach dem Hausbankprinzip. Kreditgarantiefazilitäten werden durch zusätzliche Rückbürgschaften des Bundes und der Länder (z.B. über KfW und die Förderbanken der Länder) ergänzt, wodurch das maximal verbürgbare Kreditvolumen (der Bürgschaftsrahmen) erhöht wird.
Bürgschaften und Garantien ersetzen i.d.R. andere fehlende bankübliche Sicherheiten oder transformieren und verstärken nicht bankfähige Kreditsicherheiten. Die Zerlegung eines Kredits in die Komponenten Geld- und Kreditleihe, d.h. die Trennung von Finanzierung und Risikoübernahme, schafft ein Dreiecksverhältnis zwischen Garantieeinrichtung, Kreditinstitut und Kreditnehmer. Dies erfordert Koordinierung und kooperatives Verhalten, weshalb i.d.R. alle Beteiligten in das Risiko eingebunden werden. Vorteilhaft sind solche Arrangements nur, wenn die Informationsvorteile des Garantieinstituts die sonstigen Transaktionskosten übersteigen.
In Entwicklungsländern werden solche Fazilitäten auch in Form von Kreditgarantiefonds organisiert (Geis, H.-G. 1993).

2. Private Spezialbanken mit Sonderaufgaben


Die ersten drei der fünf nachfolgend skizzierten Banken sind Institute für schwierigere, spezielle Finanzierungsaufgaben, für die in der Nachkriegszeit ein dringender Bedarf der Wirtschaft bestand und die von Banken gemeinsam organisiert wurden. Man kann sie auch als finanzielle Selbsthilfeinstitutionen der Privatwirtschaft bezeichnen, mit deren Hilfe sonst notwendige direkte staatliche Intervention durch indirekte Anreize und Förderung ersetzt werden konnte. Zwei Institute sind Beispiele für eine schrittweise Privatisierung und geschäftspolitische Neuorientierung früherer öffentlicher Spezialbanken.

a) Deutsche Industriebank AG (IKB), Düsseldorf und Berlin


Die Deutsche Industriebank (IKB) ist ein Spezialinstitut oder besser eine Finanzgruppe mit einer vollen Angebotspalette für längerfristige Unternehmensfinanzierung, insbesondere für mittelständische Unternehmen. Sie vergibt vorwiegend Kredite mit fester Zinsbindung, wobei die Refinanzierung laufzeitkongruent durch die Emission von Schuldverschreibungen und Mittelaufnahme bei Banken und Versicherungen unter Nutzung von Zinsswaps erfolgt. Das Emissionsstanding der Bank wird ihren meist (noch) nicht emissionsfähigen Kunden zur Verfügung gestellt.
Sie wurde 1949 durch eine solidarische Kapitalaufbringung gewerblicher Unternehmen neu gegründet und fusionierte 1974 mit der Deutschen Industriebank, Berlin. Zwischen 1924 und 1945 bestanden schon ähnliche Vorläuferinstitute als Pioniere des langfristigen gewerblichen Kredits (Cassier, S.C. 1996).
Lange Zeit übernahmen die IKB und ihre Vorgänger auch Sonderaufgaben, die heute staatliche Förderbanken übernehmen. Seitdem auch Universalbanken auf dem Spezialgebiet der IKB verstärkt tätig sind, erweiterte sie ihr Geschäft auf neue Felder, z.B. Immobilien-, Eigenkapital- und strukturierte Finanzierung.

b) Ausfuhrkredit-GmbH (AKA), Frankfurt/Main,


Die Ausfuhrkredit-GmbH (AKA) wurde 1952 von einem Konsortium deutscher Kreditinstitute zum Zwecke der mittel- und langfristigen Exportfinanzierung gegründet. Diese derzeit 38 Banken verpflichten sich zur Refinanzierung von 4 Plafonds. Früher existierte ein weiterer Plafond, für den von der BBk eine Rediskontlinie für Exporte in Entwicklungsländer eingeräumt war. Die früheren Lieferantenkredite (Plafonds A) sind heute weitgehend abgelöst durch Bestellerkredite (Plafonds C, D, E), d.h. durch ungebundene Finanzkredite an Besteller oder deren ausländische Bank. Grund- und Rahmenverträge mit Banken aus derzeit 33 Entwicklungs- und Transformationsländern vereinfachen die Abwicklung. Exporteure, Kreditnehmer und Hausbanken werden in das Risiko eingebunden, und die Exportkredite müssen i.d.R. durch eine staatliche Exportkreditversicherung gedeckt sein.

c) Liquiditäts-Konsortialbank GmbH


Die Liquiditäts-Konsortialbank GmbH wurde 1974 von der Bundesbank initiiert und von ihr zusammen mit den deutschen Bankenverbänden nach der Zahlungseinstellung der Herstatt-Bank gegründet.

d) Deutsche Verkehrs-Bank AG, Frankfurt/Main


Die Deutsche Verkehrs-Bank AG (DVB) entstand 1990/91 im Zuge der Teilprivatisierung der deutschen Bundesbank aus der Deutschen Verkehrs-Kreditbank. Diese DVKB wurde bereits 1923 als Spezialbank zur Frachtstundung gegründet und entwickelte sich dann zur Hausbank der Bundesbahn. Sie ist heute eine Spezialbank für den Verkehrsmarkt. Neben traditioneller Fracht- und Lieferantenfinanzierung bietet sie heute – auch international – die strukturierte Finanzierung von rollendem Verkehrsmaterial, Flugzeugen, Schiffen und Verkehrsinfrastruktur an. Die DVB ist ferner Zentralbank der Sparda-Banken. Zu Privatkunden hat sie nur durch Filialen ihrer ReiseBank Kontakt.

e) DSL-Bank – Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank, Bonn und Berlin


Die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL-Bank) war eine öffentlich-rechtliche Spezialbank des Bundes, die 1966 aus der Fusion zweier Institute mit ähnlichen Aufgaben hervorging. Als Förderaufgabe finanzierte sie mit längerfristigen Hypothekarkrediten den Wohnungsbau, Siedlungsvorhaben und Agrarstrukturverbesserungen im ländlichen Raum. Mit einer Gesetzesänderung von 1981 verlor sie ihre Steuerprivilegien und erhielt die Möglichkeit zu einem erweiterten Eigengeschäft auch außerhalb des ländlichen Raums und sogar international. 1989 erfolgte mit der Gründung einer börsennotierten Holding AG eine Teilprivatisierung. Heute ist das traditionelle Fördergeschäft für Bund und Länder nur noch marginal, dafür dominiert das Wettbewerbsgeschäft: v.a. Kommunalfinanzierung, außerdem Finanzierung des privaten Wohnungsbaus, von Gewerbeimmobilien und Bauträgern und die Refinanzierung von Banken und Bausparkassen, wobei die Mittel durch Refinanzierung an nationalen und internationalen Geld- und Kapitalmärkten – auch über ausländische Töchter – aufgebracht wird. Gemäss einer Vereinbarung von Mitte 1999 übernahm im Jahr 2000 die Postbank die 52%ige Mehrheitsbeteiligung der Bundesregierung.

3. Öffentliche Kreditinstitute mit Sonderaufgaben


Die bedeutendsten Institute dieser Art sind die an anderer Stelle skizzierte Deutsche Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Wie die KfW, so wurden auch die folgenden Institute für spezielle langfristige Finanzierungsaufgaben gegründet. Sie sind Institute der Wirtschaftsförderung und arbeiten meist nach dem sog. Hausbankprinzip. Solche öffentlichen Kreditinstitute wurden durch Gesetz gegründet, haben meist keine private Rechtsform und genießen öffentliche Privilegien (z.B. staatliche Aufbringung des Eigenkapitals, Steuerbefreiung, öffentliche Garantien, Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung). Dadurch erhalten sie ein gutes Rating und können kostengünstig Mittel an Finanzmärkten mobilisieren, weshalb sie nur teilweise auf öffentliche Haushalts- und ERP-Mittel angewiesen sind. Das Finanzierungsvolumen der öffentlichen Wirtschaftsförderung wird dadurch erheblich erweitert. Für die Wirtschaftsförderung der neuen Bundesländer spielen sie eine besonders große Rolle.

a) Deutsche Ausgleichsbank (DtA), Bonn,


Die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) spiegelt besonders deutlich die wechselnden Finanzierungsaufgaben der Nachkriegszeit wider.
1950 als Vertriebenenbank AG gegründet, wurde sie 1954 mit erweitertem Aufgabengebiet zur Lastenausgleichsanstalt als Hausbank des Sondervermögens Ausgleichsfonds. Als Anstalt des öffentlichen Rechts kamen 1984 zum Lastenausgleich neue Aufgaben in Form der Finanzierung von Maßnahmen des Bundes in den Bereichen Wirtschaftsförderung für den gewerblichen Mittelstand und die freien Berufe, Umweltschutz und Soziales hinzu.
Schwerpunkt ist die Existenzgründungsförderung mit einem breiten Spektrum von Instrumenten. Zur Finanzierung dienen Haushaltsmittel verschiedener Etats und ERP-Mittel, die durch Anleihe-Emissionen und Schuldscheindarlehen im In- und Ausland erweitert werden.
2003 wurde die DtA als KfW Mittelstandsbank in die KfW-Bankengruppe integriert.

b) Landwirtschaftliche Rentenbank, Frankfurt/Main


Die Landwirtschaftliche Rentenbank wurde 1949 als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Ihre erste Vorgängerin war die Deutsche Rentenbank, mit deren Rentenmark die Inflation von 1923 beendet wurde (Pohl, M./Schneider, A.H. 1999). Ein großer Teil des heutigen Eigenkapitals der Bank wurde durch eine Abgabe auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke finanziert. Rechtlich ist das Eigenkapital Stiftungsvermögen der Landwirtschaft. Die Rentenbank vergibt nach dem Hausbankprinzip Kredite für öffentliche Lagerhaltung von landwirtschaftlichen Überschüssen, vor allem aber mittel- und langfristige Investitionskredite für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei, der Ernährungswirtschaft und damit kooperierenden Betriebe der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen. Sie finanziert außerdem in einem weiten Spektrum Vorhaben der Strukturverbesserung im ländlichen Raum von Gemeinden, Landkreisen und Zweckverbänden im Rahmen zahlreicher öffentlicher und seit 1973 auch eigener Sonderprogramme. Im Passivgeschäft dominierten anfangs ERP- und öffentliche Mittel, seit 1973 aber immer stärker die Refinanzierung an nationalen und internationalen Finanzmärkten. Im Aktivgeschäft betreibt sie seit 1993 auch das kommerzielle Refinanzierungsgeschäft mit Banken anderer EU-Länder.

c) Förderbanken und -institute der Bundesländer


Neben dem Bund haben auch die meisten Bundesländer Investitionsbanken für die Unterstützung ihrer Strukturpolitik gegründet, insbes. zur Erfüllung finanzieller Aufgaben im Wohnungs- und Städtebau, in der gewerblichen Wirtschaft, der Infrastruktur und im Umweltschutzes. Bei schon älteren Gründungen wurden meist der Wohnungsbau von der Gewerbeförderung separiert, z.B. in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und bis 1992 in Berlin. Heute geht der Trend zur Bündelung der Finanzinstrumente einer Wirtschaftsförderung unter einem Dach, z.B. bei den Aufbaubanken in Sachsen und Thüringen bzw. den Investitionsbanken in Berlin und Brandenburg. Sie wurden als Anstalt des öffentlichen Rechts oder als AG bzw. GmbH – und damit leichter privatisierungsfähig – gegründet.
In Berlin ist es eine rechtlich unselbständige Anstalt der Landesbank Berlin. In Baden-Württemberg wurde Anfang 1999 das Fördergeschäft auf die Landeskreditbank (L-Bank) konzentriert, während das Wettbewerbsgeschäft auf die Landesbank Baden-Württemberg überging. In Sachsen diskutierte man dagegen die Fusion von AufbauBank (SAB) mit der Landesbank Sachsen und den Sparkassen.
Neben Investitionsbanken haben viele Bundesländer auch noch Bürgschaftsbanken und Beteiligungsgesellschaften gegründet.

4. Spezialisierte Finanzinstitute i.w.S.


Nicht als Kreditinstitute oder Finanzdienstleister im Sinne des KWG überwacht werden Leasing- und Factoring-Unternehmen sowie Finanzintermediäre für Beteiligungskapital wie z.B. Kapitalbeteiligungsgesellschaften bzw. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften nach dem UBGG sowie Institute des Venture Capitals. Das gleiche gilt für gewerbliche und öffentliche Pfandleihanstalten, Finanzmakler und Finanzconsultings sowie für Finanzunternehmen des Kreditkartengeschäfts.
Literatur:
Becker, H. : Bankbetriebslehre, Ludwigshafen 1997
Betsch, O. : Entwicklung und Perspektiven des Privatkundengeschäfts, in: Jahresbericht 98 des Bankenfachverband, S. 9 – 21, o.O. 1999
Cassier, S.C. : Unternehmerbank zwischen Staat und Markt 1924-1995, Frankfurt a.M. 1996
Geis, H.-G. : Kreditgarantiefonds in der Entwicklungszusammenarbeit, Berlin 1993
Guthoff, A./Pfingsten, A./Schuermann, T. : Die Zukunft des Kreditgeschäftes, in: ZfK, H. 21/1999, S. 1182 – 1186
Hahn, O. : Struktur der Bankwirtschaft, Band I, Banktypologie und Universalbanken, 2. A., Berlin, 1989
Hahn, O. : Struktur der Bankwirtschaft, Band II, Spezialbanken und Internationale Banken, 2. A., Berlin 1991
Massfeller, N. : Automobile Finanzdienstleister im Wandel der Zeit, in: Die Bank, H. 10/1999, S. 682 – 686
Pohl, M./Schneider, A.H. : Die Rentenbank, München 1999
Schwabe, H. : Die Deutsche Ausgleichsbank: Gründer und Umweltbank des Bundes, in: Betrieb und Wirtschaft, H. 16/1995, S. 578 – 583
Schmidt, O. : Das DSL-Modell: Privatisierung eines öffentlichen Unternehmens bei fortbestehenden öffentlichen Interessen, Berlin 1992
Sondermann, A./Tilmes, R. : Auch Spezialbanken brauchen einen Fokus, in: Die Bank, H. 1/1998, S. 8 – 12
Stracke, G./Geitner, D. : Finanzdienstleistungen, Heidelberg 1992

 

 


 

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