Investment Banking
Inhaltsübersicht
I. Definition
II. Historische Entwicklung im Investment Banking
III. Strukturwandel im Investment Banking
IV. Verhaltensoptionen im Investment Banking
V. Fazit
I. Definition
Der Begriff des Investment Banking wird üblicherweise auf zwei Arten definiert. Die institutionelle Definition geht zurück auf die für das amerikanische Trennbankensystem typische Unterscheidung zwischen den im Wertpapiergeschäft tätigen Banken (Investment Banks) und den Banken, die ausschließlich das Einlagen- und Kreditgeschäft (Commercial Banks) betreiben.
Dem steht im deutschsprachigen Raum ein funktionaler Begriff des Investment Banking gegenüber. Darunter werden verschiedene kapitalmarktorientierte Dienstleistungen subsummiert, die im Gegensatz zum Commercial Banking insbesondere Provisionserträge generieren. In einer weit gefassten Definition werden dem Investment Banking folgende Funktionen zugeordnet:
Die Wertpapieremission von Aktien, Anleihen, Optionsscheinen und derivativen Finanzprodukten. Das Emissionsgeschäft schließt das „ underwriting, issuing and placement “ am Kapitalmarkt ein. Die Erst-Plazierung (Initial Public Offering – IPO) von Aktien an der Börse hat in den letzten Jahren eine besondere Aufmerksamkeit erfahren.
Der Wertpapier-Eigenhandel (Trading) und das Wertpapier-Kommissionsgeschäft (Brokerage).
Die Strukturierung und Plazierung von Anlage-, Finanzierungs- und Absicherungsinstrumenten bei Kunden, sowie der Handel mit diesen Produkten (Corporate Finance; Structured Products; Sales and Trading).
Die Vermögensverwaltung in Form von Spezialfonds; Publikumsfonds und der Einzeltitel-Vermögensverwaltung. Im weitesten Sinne kann auch die Anlageberatung (Investment Advisory) und das Research hierzu gezählt werden.
Die Finanzberatung (Advisory Services) in den Bereichen Fusionen und Übernahmen, bei der Privatisierung von zur öffentlichen Hand gehörenden Unternehmen (Corporate Restucturing) und der Umschuldung von Staaten (Debt Rescheduling).
Diese strenge Trennung der Funktionen findet sich in der Realität nur selten und die Trennlinien sind eher unscharf. Zudem vermischt sich das Commercial mit dem Investment Banking zunehmend.
II. Historische Entwicklung
1. USA und Japan
Die geschichtliche Entwicklung des Investment Banking erweist sich als ein komplexer Prozess. Bereits im 19. Jahrhundert gab es in den USA eine Trennung zwischen dem Kredit- und Einlagengeschäft und dem Wertpapiergeschäft. Das war jedoch das Ergebnis geschäftspolitischer Entscheidungen und basierte nicht auf gesetzlichen Bestimmungen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieses Spezialbankensystem aufgeweicht durch das zunehmende Engagement der Trust Companies (Vermögensverwalter) zunächst im Wertpapiergeschäft, später auch im Commercial Banking. Die Commercial Banks antworteten auf den sich verschärfenden Wettbewerb ihrerseits mit dem Einstieg ins Wertpapiergeschäft. Gleichzeitig wuchs zu Beginn dieses Jahrhunderts die Zahl der Bankenneugründungen stark.
Dieser hohe Wettbewerbsdruck führte in den 1920er-Jahren zu zahlreichen Bankenkonkursen, trotz anhaltender Konjunktur in den USA. Das Bankensterben spitzte sich in den Jahren der „ Großen Depression “ 1929 – 1933 dramatisch zu und führte schließlich zum Kollaps des gesamten Bankensystems.
Vor diesem Hintergrund verabschiedete der amerikanische Kongress 1932 den Banking Act (sog. Glass-Steagall-Act), mit dem das Bankensystem neu geordnet werden sollte. Die Zielsetzungen des Glass-Steagall-Acts waren:
Deshalb wurde in dem Glass-Steagall-Act die strikte Trennung von Commercial und Investment Banking vorgeschrieben. Somit wurden die Banken gezwungen, sich auf das Wertpapier- oder das Kredit- und Einlagengeschäft zu beschränken.
Seit dem 2. Weltkrieg haben insbesondere die Commercial Banks Gesetzeslücken genutzt, um ihren Geschäftsbereich erneut auszudehnen. Diese Bestrebungen führten zu einer partiellen Deregulierung. Im Jahre 1999 wurde durch die Verabschiebung des Gramm-Leach-Bliley Acts (GLBA) die Abschaffung des Trennbankensystems beschlossen.
Das japanische Bankensystem wurde 1948 mit der Verabschiedung des „ Securities and Exchange Act “ nach dem amerikanischen Muster strukturiert. Die darin verordnete Trennung von Commercial Banks und Securities Companies zeigt in den letzten Jahren – ebenso wie in den USA – Tendenzen einer Auflösung. Angesichts der Bankenkonkurse der jüngsten Vergangenheit soll das japanische Bankwesen reformiert werden und damit auch hier das Trennbankensystem abgeschafft werden.
2. Großbritannien
Das britische Bankensystem des 19. Jahrhundert ist durch eine freiwillige Trennung von Einlagen- und Kreditgeschäft (Clearing Banks) und dem Wertpapiergeschäft (Merchant Banks) gekennzeichnet. Durch die Kolonien zu Vermögen gekommen, beteiligte sich das britische Bürgertum bereits zu Beginn der Industrialisierung an Wirtschaftsunternehmen. Diese erwirtschafteten so hohe Gewinne, dass sie in der Lage waren, ihre Investitionen auf dem Wege der Selbstfinanzierung zu tätigen. Die Fremdfinanzierung hatte daher keinen hohen Stellenwert und wurde nur von der Regierung und den Eisenbahngesellschaften genutzt. Auf diese Weise bildete sich ein „ natürliches “ Trennbankensystem.
Erst mit dem Inkrafttreten der großen Börsenreform ( „ Big Bang “ ) 1986 wandelte sich das britische Bankwesen hin zu einem Universalbankensystem.
3. Deutschland
Im Gegensatz dazu entwickelte sich in Deutschland ein Universalbankensystem. Dabei wurden die Funktionen des Investment Banking nicht von organisatorisch selbstständigen Einheiten betrieben, sondern verschiedenen Unternehmensbereichen zugeordnet. Deshalb kam es nicht zu einer Fokussierung in diesem Geschäftsfeld, obwohl alle Funktionen auch von deutschen Banken betrieben wurden. Die dadurch auftretenden Steuerungs- und Effizenzverluste können als Ursache gelten, weshalb sie im Vergleich zu britischen und insbesondere amerikanischen Investment-Banken zurückblieben.
Im Zuge der Internationalisierung des Bankgeschäfts versuchte man diesen Rückstand auszugleichen, indem ausländische Investment Banken übernommen wurden oder Tochtergesellschaften gegründet wurden, in denen die Funktionen des Investment Banking in einer organisatorischen Einheit zusammengefasst wurden.
III. Strukturwandel im Investment Banking
1. Zunehmende Marktdynamik
Das Geschäftsfeld des Investment Banking ist in den letzten Jahren durch starke Veränderungsprozesse gekennzeichnet. Teil dieser Entwicklung ist eine konstant steigende Nachfrage nach Kapitalmarktleistungen. Hier sind drei Hauptursachen zu erkennen.
Die Kapitalmärkte weltweit befinden sich einer Phase der Liberalisierung. In Staaten der zweiten und dritten Welt, in denen noch vor 10 Jahren keine oder illiquide Wertpapiermärkte existierten, findet sich heute ein florierender Handel. Diese „ Emerging Markets “ sind der in der Lage, ausländische Direktinvestitionen in großem Umfang anzuziehen. In den „ Devolped Markets “ setzt sich zunehmend eine Kultur der Kapitalmarktfinanzierung durch. Sie zeigt sich beispielsweise in der steigenden Wertpapierorientierung in der Vermögensbildung und in der Etablierung von Börsensegmenten für Wachstumsunternehmen mit geringer Börsenkapitalisierung.
Die Einrichtung dieser Segmente fügt sich ein in den allgemeinen Trend zur Verbriefung von Forderungen bzw. wertpapiermäßige Unterlegung von Finanzierungen. Dadurch werden diese handelbar und können leicht an Dritte weitergegeben werden. Die Breite der Produktvielfalt hat durch die „ Securitization “ stark zugenommen.
Darüber hinaus tragen demographische Veränderungen zu einem verstärken Engagement in der kapitalmarktorientierten Vermögensanlage bei. Der Anteil der älteren Bevölkerung steigt in den Ländern der ersten Welt in den nächsten Dekaden. Verbunden mit den Schwierigkeiten der staatlichen Rentensysteme entsteht hier ein gewaltiger individueller Vorsorgebedarf, der das Asset Management zu einem der wachstumsstärksten Geschäftsfelder im Bankgeschäft macht.
Der steigenden Nachfrage nach Investment-Banking-Dienstleistungen steht eine Verkürzung der Produktzyklen gegenüber. Während man noch vor 10 Jahren mit Standardprodukten ( „ plain vanilla products “ ) wie einfachen Derivativen oder „ straight bonds “ attraktive Margen erzielen konnte, liegen diese heute nur noch bei einigen Basispunkten. Um mit diesen Produkten Erträge zu erwirtschaften, müssen sehr große Volumina plaziert werden. Statt Standardlösungen verlangt der Markt jedoch nach Produkten, die individuell für ein bestimmtes Problem konzipiert werden. Wer in der Lage ist, derartige Innovationen anzubieten, also neue Produkte, Produktkombinationen oder Dienstleistungen zu entwickeln, findet ein lukratives Geschäftsfeld.
Allerdings ist für die Konstruktion innovativer, zumeist hoch komplexer Lösungen ein hervorragendes Know-how und viel Entwicklungsarbeit notwendig. Solche Neuentwicklungen können als einzigartiges Verkaufsargument (Unique Selling Proposition – USP) nur relativ kurze Zeit genutzt werden, da Wettbewerber diese neue Leistung innerhalb kürzester Zeit imitieren. Damit drohen sie in eine Innovationsfalle zu geraten. Diese entsteht durch die Expansion der Entwicklungszeiten der immer komplexer werdenden Kapitalmarktprodukte und der Kontraktion der Marktzyklen, in denen sich die Innovationen mit attraktiven Margen verkaufen lassen. Als Konsequenz folgt daraus, die Entwicklungsanstrengungen zu erhöhen und die Innovationsleistung kontinuierlich zu wiederholen, um damit die Stellung als Pionier ständig neu zu verteidigen.
2. Zunehmende Wettbewerbsintensität
Neben der Beschleunigung der Marktdynamik wird auch der Wettbewerb zunehmend härter. Im Investment Banking kann man von einer weltweit oligopolen Marktstruktur sprechen. Eine beherrschende Stellung haben die US-amerikanischen Banken Merrill Lynch, Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter, Salomon Smith Barney und Credit Suisse First Boston. Diese fünf Gesellschaften vereinen auf sich beispielsweise ca. 50% des weltweiten Geschäfts der Syndizierung verzinslicher Wertpapiere.
Zudem entstehen neue Wettbewerber mit einer gewaltigen Finanzkraft durch das Eindringen der amerikanischen Commercial Banks ins Investment Banking. Dies ist ihnen möglich, seit die US Federal Reserve Bank die Bestimmungen des Glass-Steagall-Act im März 1997 gelockert hat. Angezogen durch die hohe Profitabilität dieses Wertpapiergeschäfts kam es zu einer Welle von Akquisitionen. Beispiele hierfür sind die Übernahme von Alex Brown durch Bankers Trust, die Veräußerung von Montgomery Securities an die Nations Bank und die im Oktober 1999 erfolgte Akquisition von Hambrecht & Quist durch Chase Manhattan.
Verstärkt wird die Wettbewerbsintensität auch durch ausländische Banken, die in die entwickelten Märkte eindringen. Der Aufkauf der britischen Investment Banken kann dafür als Beweis gelten. Diese Veränderungen wurden durch die Aufhebung der Schranken zwischen dem Commercial und dem Investment Banking 1986 ermöglicht, wodurch für ausländischen Anteilseigner der Weg an den britischen Wertpapiermarkt frei wurde. Beispiele für die sich anschließende Akquisitionswelle sind der Kauf von Morgan Grenfell durch die Deutsche Bank (1989), die Rettung der bankrotten Barings Brothers durch die ING (1995) und die Akquisition von S.G. Warburg durch die Swiss Bank Corporation (SBC) im Jahr 1996 (als Warburg Dillon Read firmiert heute die Investment Banking Division der aus der Fusion von SBC und der Union Bank of Switzerland (UBS) 1998 entstandenen neuen UBS).
Zusätzlicher Wettbewerb droht durch auf einzelne Geschäftsfelder konzentrierte neue Anbieter. Dazu zählen zum Beispiel Versicherungen, die sich zunehmend stärker im Geschäftsfeld Asset Management engagieren. Durch das Versicherungsgeschäft haben diese neuen Wettbewerber bereits Erfahrungen mit der Verwaltung von Vermögen. Die Übernahme von Pimco durch die Allianz Versicherung im Oktober 1999 ist als Zeichen dieser Expansionsstrategie zu verstehen.
3. Zunehmende Bedeutung neuer Technologien
Die Entwicklungen in der Informationstechnologie stellen für Investment Banken in zweifacher Hinsicht eine Herausforderung dar.
Sie stellen die Grundlage für das Angebot von Standarddienstleistungen dar, zum Beispiel die Ausführung von Wertpapierhandelsaufträgen. Elektronische Handels- und Maklersysteme haben hier die Tätigkeit eines Händlers weitgehend ersetzt. Einen aktuellen Trend stellt der Handel von Wertpapieren über das Internet – das Online-Brokerage – dar. Diese Variante des Wertpapierkommissionsgeschäfts ist voll automatisiert. State-of-the-art-technology übernimmt die Aufnahme und Weiterleitung der Orders, elektronische Handelssysteme führen die Order aus, an die sich eine automatische Abrechnung und Verbuchung anschließt. Manuelle Tätigkeiten sind damit nur noch zur Wartung der DV-Anlage nötig. So lassen sich die Kosten pro Handelsorder drastisch reduzieren. Diese Kostenvorteile geben die Anbieter des Online-Brokerage an die Kunden weiter, wodurch sie in der Lage sind, hohe Wachstumsraten zu realisieren.
Allerdings sind die Kosten für die Errichtung eines leistungsstarken DV-Systems, das zum Angebot dieser Leistung notwendig ist, sehr hoch und für kleinere Investment-Banken kaum zu bewerkstelligen. Wie wichtig jedoch das Angebot solcher Leistungen für die großen Markt-Player ist, zeigt das Investitionsprogramm von Merrill Lynch im Herbst 1999. Damit wurde innerhalb weniger Monate eine Infrastruktur zum Angebot von Online-Brokerage und Investment Advice unter dem Namen „ Merrill Lynch Direct “ aufgebaut, um nicht weitere Marktanteile an Discount-Broker wie Charles Schwab, E-Trade und DLJ-Direct zu verlieren.
Für beratungsintensive Leistungen im Investment Banking, zum Beispiel der Beratung von Fusionen und Übernahmen, haben die neuen Technologien jedoch eine weit geringere Bedeutung. Hier dient der intelligente Einsatz der neuen Technologien vorwiegend der Optimierung von internen Strukturen und Abläufen. Sie ermöglichen, Mitarbeiter weltweit an einem gemeinsamen Projekt arbeiten zu lassen, um auf diese Weise schneller und umfassender Kunden beraten zu können. Damit ist es möglich, neue Niveaus der Servicequalität zu erreichen.
Dennoch gibt es Beispiele für den intelligenten Einsatz des Internets auch in beratungsintensiven Geschäftsfeldern wie dem Emissionsgeschäft. Die deutsche NET-IPO AG, ein Online-Emissionshaus, erledigt das gesamte Zeichungs- und Zuteilungsverfahren per Internet und spart so Zeit, Personal und Sachkosten ein.
Darüber hinaus ist durch das Fortschreiten der technischen Entwicklung eine neue Wachstumsbranche entstanden, die mit der Etablierung einer neuen Kultur des Unternehmertums einhergeht und sich in einer Welle von Unternehmensneugründungen und Ausgründungen niederschlägt. Diese sich dynamisch entwickelnde Technologiebranche bietet ein reichhaltiges Betätigungsfeld für Investment Banken. Diese versorgen die erfolgversprechenden High-Tech Firmen in jeder Wachstumsphase mit den entsprechenden Kapitalmarktleistungen. Das angebotene Leistungsspektrum umfasst beispielsweise die Eigenkapitalbeschaffung, die Platzierung an der Börse (IPO) inklusive späterer Kapitalerhöhungen und die Beratung in strategischen Fragen (Beteiligungen, Kooperationen und Akquisitionen).
Wie attraktiv diese Branche ist, beweist die Tatsache, dass alle der vier in der Technologiebranche ehemals führenden US-Investment-Boutiquen (Mongomery Securities; Robertson, Stephens; Alex, Brown und Hambrecht & Quist, die so genannten „ Four Horsemen “ ) von Commercial Banks aufgekauft wurden. Ihr Interesse ist es, Expertise im Technologiemarkt zu erwerben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anforderungen an Anbieter von Investment-Banking-Leistungen gestiegen sind. Neben Standardleistungen verlangt der Markt nach komplexen Problemlösungen. Sie erfordern eine hohe Professionalität der Anbieter. Die Standardleistungen, zum Beispiel dem Wertpapierkommissionsgeschäft, sind jedoch durch einen deutlichen Preisverfall gekennzeichnet. Das zwingt die Investment-Banken wiederum, ihre Abläufe zu optimieren und hohe Beträge in moderne Technologie zu investieren. Die Technologiebranche stellt allerdings auch eines der wichtigsten Kundensegmente dar.
IV. Verhaltensoptionen im Investment Banking
Diese Marktstrukturveränderungen zwingen die Investment-Banken zur Revision ihrer Strategien. Ihnen bleiben grundsätzlich vier Basisstrategien, um auf die neuen Bedingungen zu reagieren.
1. Konfliktstrategie
Eine Möglichkeit sich auf den Wandel einzustellen, ist dem verschärften Wettbewerb zu begegnen und eine aggressive Expansion zu betreiben. Das Ziel ist dabei, Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz aufzubauen und diese zu nutzen, um Marktanteile zu gewinnen. Die Strategie bietet sich insbesondere an, wenn bereits ein Wettbewerbsvorsprung besteht und dieser weiter ausgebaut werden kann. Es existieren mehrere Mittel, um eine Expansionsstrategie zu betreiben.
Das schnellste Wachstum erreicht man durch die Akquisition eines Wettbewerbers. Das ist sinnvoll, wenn die Zusammenlegung von Technologieplattformen und Verwaltungsaufgaben Kosteneinsparpotenziale eröffnet. Zudem kann die Wettbewerbsposition verbessert werden, wenn spezifisches Know-how gebündelt wird und Economies of Scale zusätzliches Ertragspotenzial bieten. Hat das übernommene Unternehmen andere Produkt- oder Marktschwerpunkte, so kann auf diese Weise die eigene Produktpalette oder Marktpräsenz ergänzt werden. Darüber hinaus kann eine Akquisition die einzige Möglichkeit sein, in einem attraktiven Marktsegment Fuß zu fassen. Beim Kauf von Hambrecht & Quist durch die Chase Manhattan dürfte der Marktzutrittsaspekt das entscheidende Argument gewesen sein.
Gegen diese Strategie sprechen allerdings die notwendigen hohen Investitionen. Ebenso können Probleme aufgrund unterschiedlicher Unternehmenskulturen eine Integration der akquirierten Gesellschaft erschweren. Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass die Leistungsträger – das wertvollste Kapital einer Bank – zu Konkurrenten wechseln.
Auch das Wachstum aus dem eigenen Unternehmen heraus kann überdurchschnittliche Geschäftserfolge erzielen. Diese organische Wachstumsstrategie führt in der Regel nicht zu einem sprunghaften Wachstum, ist aber mit bedeutend niedrigeren Investitionen verbunden. Fraglich ist jedoch, ob sich so dauerhaft die gewünschten Wachstumsraten erzielen lassen. Problematisch können auch die für angeworbene Spitzenkräfte zu zahlenden hohen Gehälter sein. Die Deutsche Bank versuchte mit dieser Strategie ihre Position insbesondere in den USA auszubauen, erlitt jedoch nachhaltige Rückschläge und entschied sich im November 1998 zur Akquisition von Bankers Trust.
Diese beiden Varianten des wettbewerbsstellenden Verhaltens sind sowohl im Rahmen einer Gesamtmarkt- als auch einer Nischenstrategie denkbar. Das simultane aggressive Wachstum in allen Bereichen des Investment Banking ist jedoch extrem investitionsintensiv und birgt bei begrenzten Finanzmitteln die Gefahr der Zersplitterung der Kräfte. Ein sequentielles Vorgehen erscheint daher zweckmäßiger.
Viele Investment-Banken fokussieren sich allerdings auf bestimmte Marktsegmente und streben hier eine Marktführung an. Beispielsweise betreibt Donaldson, Lufkin, Jeanette (DLJ) ein aggressives organisches Wachstum in seinen Kerngeschäftsfeldern Fusions- und Übernahmeberatung und Hochzins-Anleihen (High Yield Bonds).
2. Kooperationsstrategie
Bei dieser Art der Strategie stellen sich Wettbewerber gemeinsamen den Herausforderungen des Marktes.
Sie wird in verschiedenen Formen gewählt, die sich in der Intensität der Bindung der Partner unterscheiden. Eine Allianz stellt die am wenigsten intensive Form der Kooperation dar, denn sie besteht in der Regel nur aus einer vertraglichen Bindung. Zu einer Kapitalverpflechtung kommt es bei einem Joint Venture, der Gründung eines gemeinschaftlichen Unternehmens. Die engste Form der Bindung stellt die Fusion dar, bei der beide Partnergesellschaften ihre Selbstständigkeit aufgeben und zu einem neuen Unternehmen verschmelzen.
Die Vorteile liegen, wie bei der Akquisition, im schnellen Wachstum und in den sich eröffnenden Synergiepotenzialen. Mehr noch gibt es keine Belastung durch die Kosten einer Firmenübernahme. Dafür ergeben sich oft Probleme in der Abstimmung der Partner. Untersuchungen zeigen, dass überwiegend Abstimmungsprobleme und Interessenkonflikte zum Scheitern von Allianzen, Joint Ventures und Fusionen führen.
Eine Kooperationsstrategie wird oft gewählt, wenn keiner der Partner über spezifische Wettbewerbsvorteile verfügt, die gemeinsame Größe jedoch eine Führungsposition in bestimmten Geschäftsfeldern gewährt und so eine stärkere Nutzung von Economies of Scale ermöglicht. Die engste Form der Kooperation wählten die Citibank und die Travelers Group als sie 1998 zur CitiGroup fusionierten. Dabei entstand die Investment Bank Salomon Smith Barney (SSB), die zu den größten der Branche gehört und gleichzeitig zu den größten amerikanischen Brokerhäusern zählt. Durch die Muttergesellschaft Citigroup verfügt SSB über nahezu alle Finanzdienstleistungen, die es überhaupt gibt.
Ein weiteres Argument für eine Kooperation können Investitionen sein, die geschäftspolitisch notwendig sind, die in ihrer Höhe jedoch die Finanzmittel der einzelnen Unternehmen übersteigen. Durch die Kooperation werden diese Investitionen geteilt. Bedenkt man die hohen Kosten für die Einrichtung von DV-Infrastrukturen, gewinnt dieses Argument für Investment-Banken eine besondere Bedeutung. Beim Zusammenschluss der Schweizer Großbanken SBC und UBS wurden die Kosten für die informationstechnologische Ausstattung der fusionierten Gesellschaft auf 700 Mio. USD pro Jahr geschätzt.
3. Anpassungsstrategie
Eine Anpassungsstrategie zielt auf das Halten einer erreichten Marktposition. Sie kann damit als wettbewerbsvermeidend bezeichnet werden, weil sie nicht darauf zielt, neue Marktanteile zu erringen.
Oft wird diese Strategie verfolgt, wenn das Investment Banking nicht zu den Kernaktivitäten eines Unternehmens gehört, dieses Geschäftsfeld aber profitabel bearbeitet wird und als Abrundung der Produktpalette auch weiterhin betrieben werden soll. Dieses Vorgehen bedeutet, aktuelle Marktentwicklungen zu berücksichtigen, es wird jedoch auf eine aktive Gestaltung von Marktstrukturen verzichtet. Die defensive Haltung wird jedoch aufgegeben, wenn die eigene Position in Gefahr gerät. Beispiele für diese Strategie finden sich bei deutschen Banken mittlerer Größe. Sie betreiben das Investment Banking in dem gegebenen Rahmen mit Erfolg, konzentrieren sich aber auf andere Bereiche des Bankgeschäfts. Für eine ambitionierte Investment-Bank stellt diese Strategie allerdings keine gangbare Alternative dar.
4. Ausstiegsstrategie
Eine totale Vermeidung von Wettbewerb stellt die Strategie des Ausstiegs dar. Sie ist in zwei Varianten denkbar.
Analog zu der Anpassungsstrategie wird keine aktive Gestaltung der Investment-Banking-Aktivitäten betrieben, sondern das Geschäftsfeld weiter bearbeitet, solange es positive Deckungsbeiträge erwirtschaftet. Parallel dazu wird der Ausstieg vorbereitet und existierende Barrieren sukzessive gesenkt. Das bedeutet, dass die Einnahmen zu maximieren versucht werden, die Ausgaben hingegen so weit wie möglich gesenkt werden. Teilbereiche können dabei outgesourced werden und neue Investitionen unterbleiben völlig. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dann der Geschäftsbereich verkauft oder geschlossen.
Der sofortige Verkauf der Aktivitäten im Investment Banking ist die Alternative zum langsamen Ausstieg. Diese Strategie kann durchaus sinnvoll sein, weil gebundenes Kapital freigesetzt wird und dieses in die Kerngeschäftsfelder reinvestiert werden kann. Die beiden britischen Banken National Westminster Bank (NatWest) und Barclays Bank haben sich für dieses Vorgehen entschieden, nachdem sie hohe Verluste im Wertpapiergeschäft erwirtschafteten. Beide trennten sich 1997 von dem wesentlichen Teil ihrer Investment-Banking-Aktivitäten und waren so in der Lage, die stark gesunkene Eigenkapitalrendite wieder zu steigern.
V. Fazit
Die historische Entwicklung zeigt, dass das Investment Banking traditionell starken Veränderungen unterworfen ist. Dennoch muss man heute von einer sich beschleunigenden Entwicklung sprechen, die insbesondere durch die technologischen Neuerungen getrieben wird. Für Banken stellt sich damit die strategische Grundsatzfrage ob, und wenn ja, wie das Investment Banking weiter betrieben werden kann. Die Antwort darauf kann nur individuell gegeben werden. Entscheidet man sich für die Fortführung des Geschäfts, bedeutet das die Inkaufnahme enormer Anstrengungen. Ist diese Strategie erfolgreich, lassen sich jedoch Eigenkapitalrenditen zwischen 30% bis 50% erwirtschaften. Doch auch der Entschluss, sich auf andere Kerngeschäftsfelder zu konzentrieren und das Investment Banking zu verlassen, kann zweckmäßig sein, wie britische Großbanken bewiesen haben. Einzig nichts zu tun, erscheint wenig Erfolg versprechend, denn damit wird die Entscheidung dem Markt überlassen, was mittelfristig zur Aufgabe des Geschäftsfeldes führen wird. Der erhöhte Wettbewerbsdruck beschleunigt also die Marktauslese und das ist in jedem marktwirtschaftlichen System ein natürlicher Prozess.
Literatur:
Achleitner, A.-K. : Handbuch Investment Banking, Wiesbaden 1999
Füllenkämper, H./Rehm, H. : Internationale Finanzmärkte unter Innovations- und Liberalisierungsdruck, in: KuK 1985, S.553 – 583
Kuntze, W. : Securitization, in: ZfK 1987, S.336 – 338
Obst, G./Hintner, O. : Geld-, Bank- und Börsenwesen, hrsg. v. Kloten, N./Stein, J.H. v., 38. A., Stuttgart 1988
Zahn, H.E. : Finanzinnovationen, Frankfurt 1986
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