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Unternehmensrechnung, Struktur und Teilsysteme


Inhaltsübersicht
I. Gegenstand und Zwecke der Unternehmensrechnung
II. Theoretische Fundierung der Unternehmensrechnung
III. Systematisierung der Unternehmensrechnung
IV. Entwicklungsperspektiven der Unternehmensrechnung

I. Gegenstand und Zwecke der Unternehmensrechnung


1. Die Unternehmensrechnung als Informationsinstrument


Als Unternehmensrechnung bezeichnet man die systematisch geordnete Menge der von einer Unternehmung eingesetzten Rechnungssysteme. Sie bildet das zentrale Informationsinstrument einer Unternehmung. Dessen Adressaten sind einerseits die Personen, die auf den verschiedenen Hierarchieebenen innerhalb der Unternehmung tätig sind, auf der anderen Seite Informationsempfänger außerhalb der Unternehmung wie Anteilseigner, Marktpartner (Gläubiger, Kunden, Lieferanten), Fiskus, Gesellschaft u.a. Ihr grundlegender Zweck liegt darin, diesen Personen Informationen für ihr Handeln in, für oder mit der Unternehmung bereitzustellen. Da bewusstes Handeln auf Entscheidungen beruht, bietet die Entscheidungstheorie eine Grundlage zur Analyse des für die Gestaltung der Unternehmensrechnung bestimmenden Informationsbedarfs. Als Informationsinstrument sollte die Unternehmensrechnung nach ihr vor allem Daten im Hinblick auf die Bestimmung der Handlungsalternativen ihrer Adressaten und deren Beschränkungen, die Prognose der Wirkungen dieser Alternativen insbesondere auf ihre Entscheidungsziele und die Abschätzung der Unsicherheit liefern. Die Struktur der jeweiligen Teilsysteme wird maßgeblich davon bestimmt, welche Handlungsfelder der Adressaten und welche Bereiche inner- bzw. außerhalb der Unternehmung abgebildet werden.

2. Rechnungszwecke und Rechnungsziele


Informationen stellen Wissen dar, das für Zwecke genutzt werden kann. Daher bilden die verfolgten Rechnungszwecke die wichtigste Bestimmungsgröße für die Gestaltung der Unternehmensrechnung. Weitgehend übereinstimmend werden drei Rechnungszwecke hervorgehoben: (1) die Abbildung von Unternehmensprozessen sowie die Bereitstellung von Informationen (2) für die Planung und (3) für die (Verhaltens-)Steuerung. Der erste Zweck liefert die Grundlage aller weiteren Informationsverwendung und kann sich sowohl auf realisierte Prozesse als auch auf Erwartungen über künftige Prozesse beziehen. In einer Reihe von Bereichen wie z.B. Hochschulen kommt ihm gegenwärtig im Hinblick auf die Schaffung von Transparenz besondere Bedeutung zu, als Dokumentationszweck ist er beispielsweise für die Finanzbuchhaltung vorgeschrieben. Die Rechnungszwecke der Planung und Steuerung betreffen unmittelbar den für Handlungen bestehenden Informationsbedarf. Dabei bezieht sich der Planungszweck auf die Entscheidungsfindung, d.h. die zielorientierte Auswahl von Alternativen durch die Entscheidungsträger. Hingegen betrifft die (Verhaltens-) Steuerung die Durchsetzung von Entscheidungen und die Verhaltensbeeinflussung. Dabei wird berücksichtigt, dass die Entscheidungsträger und die durchführende(n) Person(en) unterschiedliche individuelle Ziele sowie Informationsstände haben. Häufig wird daneben die Informationsbereitstellung zur Kontrolle als Rechnungszweck angesehen. Die Eigenständigkeit dieses Rechnungszwecks ist zumindest nur in beschränktem Umfang gegeben, z.B. in Form einer Rechenschaftslegung. Meist dienen Kontrollinformationen zur Anpassung von Entscheidungen oder zur (vorbeugenden) Verhaltenssteuerung und sind damit auf die beiden anderen Zwecke ausgerichtet.
Während der Rechnungszweck Informationswünsche der Adressaten der Rechnung angibt, bezeichnet das Rechnungsziel – soweit man diese Begriffe differenziert – die Größe, die in einer Rechnung ermittelt werden soll (vgl. Schneider, D.  1993, S. 194 ff.; Küpper, H.-U.  2001, S. 113). Das Rechnungsziel gibt also an, worauf die Rechnung unmittelbar gerichtet ist, beispielsweise einen Jahresüberschuss, Deckungsbeitrag oder Stückkosten. Maßgeblich für seine Festlegung sind der bzw. die Informationsadressaten und der von einer Rechnung erfasste Abbildungsbereich. Die Rechnungsziele sind aus den von den Adressaten verfolgten Rechnungszwecken und ihren Entscheidungszielen abzuleiten.

II. Theoretische Fundierung der Unternehmensrechnung


1. Die Unternehmensrechnung als Messinstrument


Als betriebliches Instrument zur Messung quantitativer Größen, der Rechnungsziele, umfasst die Unternehmensrechnung im wissenschaftstheoretischen Sinn Ermittlungsmodelle, die in der Beobachtungssprache formuliert sind und sich auf singuläre Sachverhalte beziehen (vgl. Leinfellner, W.  1965, S. 42 ff.; Schweitzer, M.  1972, S. 28 ff.; Schneider, D.  1993, S. 193 ff.). Ihr Kern besteht daher weder aus theoretischen Aussagensystemen noch aus Entscheidungsmodellen. Im einfachsten Fall misst sie vielmehr Beobachtungsgrößen wie die Ein- oder Auszahlungen einer Periode und ermittelt daraus ein Rechnungsziel wie den Zahlungsüberschuss. Jedoch kann sie auch theoretische und normative Aussagen wie Rechtsvorschriften oder Konventionen enthalten, wenn sich realisierte Größen z.B. durch Indikatoren der Ertragskraft o.Ä. nur indirekt messen lassen oder wenn Prognosewerte bestimmt werden sollen.
Dementsprechend ist die Art der verarbeiteten und ermittelten Informationen zu charakterisieren. Bei diesen kann es sich insbes. um faktische bzw. prognostische Informationen über realisierte bzw. erwartete empirische Sachverhalte, konjunktive Informationen über mögliche Ausprägungen und präskriptive Informationen als Vorschriften oder Wertungen handeln. Die Art der verwendeten und ermittelten Informationen ist wichtig für die Zuverlässigkeit des Messinstruments, da nur faktische und in geringerem Maße prognostische Informationen empirisch überprüfbar sind. Rechnungssysteme, die konjunktive oder präskriptive Aussagen enthalten bzw. ermitteln, stellen daher keine vollständig prüfbaren und deshalb keine dementsprechend zuverlässigen Informationen bereit.
Auch wenn die Teilsysteme der Unternehmensrechnung als Messinstrumente keine theoretischen Aussagensysteme darstellen, benötigt man derartige Theorien für ihre Gestaltung und zur Analyse ihrer Wirkungen. Als Grundlage können zum einen empirische Theorien über die vom jeweiligen Rechnungssystem erfassten Zusammenhänge der Realität erforderlich sein. Sie werden vor allem zur Formulierung von Prognosefunktionen benötigt und dienen dem Rechnungszweck der Abbildung. Ein Beispiel hierfür bildet die Produktions- und Kostentheorie im Hinblick auf Kostenprognosen. Auf der anderen Seite ist konzeptionell zu untersuchen, welche Informationen zur (möglichst optimalen) Lösung eines Problems benötigt werden. Darauf gerichtete Modelle dienen zur analytischen Herleitung des Informationsbedarfs, der durch ein Rechnungssystem gedeckt werden soll.

2. Wirkungen der Unternehmensrechnung


Die Unternehmensrechnung soll Entscheidungsträger mit Informationen versorgen, durch die sie zu einer besseren Erfüllung ihrer Ziele gelangen. Ihre primäre Wirkung liegt deshalb in der Verbesserung des Informationsstandes im Hinblick auf das Treffen und die Umsetzung von Entscheidungen. Aus der Sicht des jeweiligen Entscheidungsträgers ist zu untersuchen, mit welchen Informationen sich diese Zwecksetzung erreichen lässt und wie das zu ihrer Bereitstellung geeignete Rechnungssystem zu gestalten ist. Diese Forschungsrichtung führt zu umfassenderen Fragen nach der Bedeutung der Unternehmensrechnung sowie ihrer Struktur als Instrument der Unternehmensführung; sie beinhaltet ihre Wirkung auf die Zielerreichung der Unternehmung sowie die darauf aufbauende Bewertung unterschiedlicher Gestaltungsformen dieses Informationssystems.
Die Blickrichtung ändert sich, wenn man danach fragt, wie sich das Handeln von Personen durch Informationen beeinflussen lässt. Damit tritt die Wirkung der von einer Person ausgesandten Informationen auf eine andere in den Mittelpunkt. In Bezug auf Einzelpersonen kann es sich hierbei insbesondere um Vorgabeinformationen handeln, die häufig mit Anreizsystemen verknüpft werden, um die beabsichtigte Wirkung sicherzustellen. Daneben bildet die Wirkung von Unternehmensinformationen auf Gruppen von Personen wie die aktuellen und potenziellen Aktionäre, Gläubiger oder Kunden einen wichtigen Forschungsgegenstand.
Dementsprechend kann die Struktur der Unternehmensrechnung selbst Einfluss auf das Verhalten ihrer Anwender nehmen, soweit diese ihre Entscheidungen nicht nur an den von ihnen als relevant erachteten Größen, sondern auch daran orientieren, welche weiteren Informationen ihnen zur Verfügung stehen. Dann können sich insbesondere gesetzliche Vorschriften zur Rechnungslegung hinsichtlich Bilanzierung und Besteuerung auswirken. Eine derartige „ normative Kraft des Faktischen “ scheinen beispielsweise der einperiodige Jahresüberschuss und von öffentlichen Leitsätzen bestimmte Kalkulationsschemata auszuüben.
Für die Untersuchung von Wirkungen der Unternehmensrechnung sind vor allem empirische Theorien heranzuziehen. Die Erfassung der Struktur der Unternehmensrechnung in unterschiedlichen privaten und öffentlichen Unternehmungen sowie Bereichen liefert hierfür eine wertvolle Grundlage. Ein breites Feld stellt die Analyse von empirisch überprüfbaren Zusammenhängen z.B. über die Bedeutung der Unternehmensrechnung als Erfolgsfaktor oder den Einfluss von Jahresabschlussinformationen auf Aktienkurse mithilfe von Methoden der empirischen Forschung dar. Soweit man Verhaltensreaktionen auf die (unterschiedliche) Gestaltung der Unternehmensrechnung erklären oder prognostizieren möchte, bietet sich eine Nutzung von theoretischen Ansätzen der Verhaltenswissenschaften sowie der (Sozial-)Psychologie und der Soziologie an.

3. Analytische Ansätze zur Bestimmung von Informationsbedarf und Informationswert


Da die wichtigsten Teilsysteme der Unternehmensrechnung vielen Unternehmungen und deren Entscheidungsträgern dienen sollen, sind sie durch breit geltende Konzepte zu stützen. In diesen ist die möglichst allgemeingültige Struktur wichtiger Klassen von Adressaten der Unternehmensrechnung mit deren charakteristischen Entscheidungsproblemen und -zielen wiederzugeben. Daraus folgt die Rechnungszweck- und die Entscheidungszielabhängigkeit der Rechnung. Da Dokumentations- und Rechnungslegungszwecke vor allem aus Vorschriften über die zu ermittelnden Daten abzuleiten sind, ist eine theoretische Fundierung primär im Hinblick auf Planungs- und Steuerungszwecke erforderlich. Aus den theoretischen Konzepten sind Erkenntnisse zu ziehen, welche Informationen die Entscheidungsträger zur Lösung ihrer Entscheidungsprobleme und der sich dabei ergebenden Durchsetzungs-(Verhaltensbeeinflussungs-)Probleme benötigen.
Der Informationsbedarf bei Planungsproblemen lässt sich beispielsweise unter Nutzung der Entscheidungstheorie sowie der Unsicherheitstheorie anhand von isolierten und integrierten Entscheidungsmodellen herausarbeiten. Ein wichtiges Konzept zur Differenzierung und Verknüpfung von Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung liefert die Kapitaltheorie (vgl. Küpper, H.-U.  1994). Mit ihr lässt sich z.B. im Hinblick auf den Marktwert als theoretisch allgemein begründbarem Erfolgsziel herleiten, welche Informationen zur Bewertung operativer sowie taktischer Entscheidungsalternativen erforderlich sind, und beurteilen, welche (vereinfachten) Verfahren der Kostenrechnung hierzu geeignet und welche nicht geeignet sind. Für die Analyse von Steuerungsproblemen liefert insbesondere die Agency-Theory leistungsfähige Ansätze. Mit ihr kann man u.a. verschiedene ein- und mehrperiodige Bemessungsgrößen für Anreizsysteme wie den Periodengewinn, Return on Investment, Kapitalwert, Aktienkurs, Residualgewinn usw. daraufhin prüfen, ob bzw. unter welchen Annahmen sie eine Steuerung von Managern auf übergeordnete Entscheidungsziele der Unternehmung wie den Marktwert hin gewährleisten.
Die Wirkungen der Unternehmensrechnung bilden die Basis für eine Beurteilung ihrer alternativen Gestaltungsformen. Erste Ansätze zur Bewertung von Informationssystemen sind in der Entscheidungstheorie und der Informationsökonomie entwickelt worden (vgl. Demski, J.S./Feltham, G.A.  1976). Sie gehen von der Frage aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit Informationen zu einer Verbesserung von Entscheidungen führen (vgl. Laux, H.  1998, S. 333 ff.). Derartige Konzepte sind damit auf die primäre Wirkung der Unternehmensrechnung, nämlich die Unterstützung der betrieblichen Entscheidungsträger, und deren Analyse gerichtet. Ihr bisheriger Entwicklungsstand erscheint jedoch für eine umfassende Bewertung von Teilsystemen der Unternehmensrechnung und deren Struktur noch nicht ausreichend.

III. Systematisierung der Unternehmensrechnung


1. Systematisierungskriterien


Für die Systematisierung der Unternehmensrechnung gibt es eine Vielzahl von Ansätzen. Schmalenbach (vgl. Schmalenbach, E.  1962, S. 57 ff.) stellte den Zusammenhang zwischen Bilanz und Erfolgsrechnung in den Mittelpunkt seines Konzepts. Über die Berücksichtigung der Finanzrechnung gelangte Chmielewicz (vgl. Chmielewicz, K.  1972, S. 6 ff.) zu einem „ FBE “ -System, in dem sich wichtige Bestandspositionen der Bilanz aus den Salden der Finanzrechnung (Kasse) und der Erfolgsrechnung (Eigenkapital) ergeben. Die Basisgrößen der Unternehmensrechnung Ein- und Auszahlungen, Einnahmen und Ausgaben, Erträge und Aufwendungen sowie Erlöse und Kosten dienen Weber (vgl. Weber, H.K.  1993) zur Kennzeichnung von Geld-, Güter-, pagatorischer und kalkulatorischer Erfolgsrechnung als Grundsystemen des Rechnungswesens. Dagegen sieht Schneider (vgl. Schneider, D.  1997, S. 27 ff.) das zentrale Gliederungskriterium in den Einzelaufgaben des Rechnungswesens im Hinblick auf das Ausüben von Unternehmerfunktionen, das ihn zu einer Unterscheidung von Rechnungslegung, Kontrollrechnungen, Planungsrechnungen in Form von Vorschau- sowie Entscheidungsrechnungen und Prospektrechnungen führt.
Diese verschiedenartigen Ansätze weisen auf die vielfältigen, in Abb. 1 skizzierten Kriterien hin, nach denen sich die Unternehmensrechnung gliedern lässt. Daran zeigt sich die Breite ihrer Teilsysteme und der in einer Unternehmung einsetzbaren Rechnungsinstrumente. Besondere Bedeutung für die Unterscheidung und ggf. (Neu-)Entwicklung von Rechnungssystemen kommt den Rechnungszwecken und den Entscheidungszielen der Informationsempfänger zu. In engem Bezug zu den Entscheidungszielen stehen die Basisgrößen, welche die Dimension kennzeichnen, in der die Zielerreichung gemessen wird. Maßgeblich für die Struktur des jeweiligen Rechnungssystems sind ferner der von ihr erfasste Abbildungsbereich, z.B. die gesamte Unternehmung, einzelne ihrer Funktionen, Einsatzgüterarten (Material, Personal, Anlagen, Finanzen, Informationen), Sparten oder (Absatz-, Beschaffungs-, Kapital-, Arbeits- u.a.) Märkte sowie der Zeitbezug.
Unternehmensrechnung, Struktur und Teilsysteme
Abb. 1: Merkmale zur Gliederung der Unternehmensrechnung

2. Wichtige Teilsysteme der Unternehmensrechnung


Da für die Adressaten die Erreichung ihrer eigenen Ziele im Vordergrund steht und im Hinblick auf Planung, Steuerung und Kontrolle Plan- sowie Istrechnungen benötigt werden, orientiert sich die Einordnung wichtiger Teilsysteme der Unternehmensrechnung in Abb. 2 an den Merkmalen Entscheidungsziel- und Zeitbezug. Liquiditäts-, Bilanz- sowie Kosten- und Erlösrechnung mit ihrer Basis in der (Finanz-)Buchhaltung gehören als Kernsysteme des traditionellen Rechnungswesens in die Klassen der finanz- bzw. erfolgszielorientierten vergangenheitsbezogenen Systeme. Sie werden in vielen Unternehmungen um die zukunftsbezogenen, operativen Systeme der Liquiditätsplanung sowie der Plankosten- und Planerlösrechnung ergänzt. Auf eine längere Frist sind die Finanzplanung und die Investitionsrechnung ausgerichtet.
Unternehmensrechnung, Struktur und Teilsysteme
Abb. 2: Überblick über wichtige Teilsysteme der Unternehmensrechnung
Über die Berücksichtigung von Produktzielen der Leistungserstellung und Bedarfsdeckung lassen sich weitere Rechnungssysteme wie die Anlagen-, Material- und Lohnrechnung einbinden. Während diese sog. „ Nebenbuchhaltungen “ Vorsysteme der monetären Erfolgsrechnung darstellen, benötigen (öffentliche) Unternehmungen wie Hochschulen und öffentliche Verwaltungen eigenständige mengenmäßige Leistungsrechnungen anstelle von Ertrags- oder Erlös- bzw. Leistungsrechnungen auf der Basis von Einnahmen, soweit ihre Produkte bzw. Leistungen nicht monetär bewertet werden (können).
Mit dem zunehmenden Gewicht der strategischen Planung nimmt der Bedarf an potenzialzielorientierten Rechnungen zu. Ansätze hierfür sind als Humanvermögensrechnung sowie Erfolgspotenzialrechnung vorgeschlagen worden. Während sozialzielorientierte Rechnungssysteme wie Sozialbilanzen gegenwärtig weniger diskutiert werden, hat die Bedeutung der auf ökologische Ziele ausgerichteten Systeme in Form von Ökologischen Bilanzen oder Umweltkostenrechnungen zugenommen. Die stärkere Beachtung kapitaltheoretischer Konzepte in der Investitions- sowie der Erfolgspotenzialrechnung ist auch auf die Diskussion um Marktwert bzw. Shareholder Value zurückzuführen. An ihr wird ebenso wie an dem Einbau ökologischer Rechnungssysteme erkennbar, wie sich wirtschaftliche und gesellschaftliche Strömungen auf die Entwicklung der Unternehmensrechnung auswirken.

IV. Entwicklungsperspektiven der Unternehmensrechnung


1. Übergang vom Rechnungswesen zur Unternehmensrechnung


Die Worte Rechnungswesen und Unternehmensrechnung werden häufig synonym verwendet. Durch den Übergang auf den Begriff der Unternehmensrechnung kann aber auch die Ausweitung der Rechnungsteilsysteme und deren stärkere Ausrichtung auf die Unternehmensführung zum Ausdruck gebracht werden. Daran lassen sich mehrere Linien in der Entwicklung der Unternehmensrechnung aufzeigen. Diese liegen einmal im Ausbau von rein vergangenheitsbezogenen Istrechnungen (Finanzbuchhaltung, Bilanzrechnung, Istkostenrechnung) über operative Planrechnungen (Plankostenrechnung, Liquiditätsplanung) bis zu strategischen Erfolgspotenzialrechnungen und Früherkennungssystemen. Eine weitere Linie besteht in der stärkeren Berücksichtigung von Finanz- und Investitionsrechnungen, indem diese auch zu Kernsystemen der Unternehmensrechnung werden. Schließlich wird die Unternehmensrechnung auf die Ermittlung und Fundierung anderer als rein ökonomischer Ziele ausgeweitet.

2. Unternehmensrechnung als Führungsinstrument


Die skizzierten Entwicklungen sind mit davon getrieben, die Unternehmensrechnung als wichtiges Führungsinstrument zu nutzen. Das Instrumentarium der Unternehmensführung ist z.B. im Hinblick auf die Planung und Kontrolle, die Organisation, die Personalführung und das Controlling wesentlich ausgebaut worden. Beim Einsatz dieser Führungsteilsysteme spielen Informationen eine zentrale Rolle. Daher gewinnt die Unternehmensrechnung den Charakter eines Basissystems der Führung, das alle anderen Führungsteilsysteme mit Informationen zu versorgen hat. Es ist auf den Informationsbedarf der anderen Führungsteilsysteme auszurichten. In seiner Koordination mit diesen liegt eine Kernaufgabe des Controlling. Jedoch erscheint es wenig zweckmäßig, allein diese Informationsaufgabe als zentralen Gegenstand des Controlling zu verstehen, weil sich dann einer von beiden Begriffen erübrigen würde. Als innerbetriebliches Koordinations- und Steuerungssystem besitzt das Controlling eine eigenständige und weitergehende Bedeutung unter den Führungsteilsystemen.
Für die Ausrichtung der Unternehmensrechnung auf die anderen Führungsteilsysteme treten drei Aufgaben in den Vordergrund (vgl. Küpper, H.-U.  2001a, S. 109 ff.): (1) Die Bestimmung ihres Informationsbedarfs, (2) die darauf gerichtete Strukturierung der Unternehmensrechnung sowie (3) der dafür geeignete Aufbau des Berichtswesens, in dem die Informationen den anderen Führungsteilsystemen bereitgestellt werden. Während die zweite Aufgabe in der Wissenschaft stets intensiv bearbeitet wurde, erfordern die beiden anderen zusätzliche Beachtung im Hinblick auf eine führungsorientierte Gestaltung und effiziente Nutzung der Unternehmensrechnung. Die erste Aufgabe lässt sich mit induktiven und deduktiven Methoden angehen, die einerseits am empirisch feststellbaren Bedarf z.B. durch Befragungen ansetzen, andererseits z.B. anhand von Modellen den Bedarf aus den Aufgaben und Zielen der Führungskräfte systematisch herleiten (vgl. Tropp, G./Nusselein, M.  2000). Für die Datenübermittlung durch das Berichtswesen stehen vor allem durch die EDV-Unterstützung äußerst leistungsfähige Instrumente in Form von Datenbanken, Data Warehouse-Systemen u.a. zur Verfügung.
Daran wird die enge Beziehung zwischen der Struktur der Unternehmensrechnung und dem Einsatz moderner Software-Anwendungsarchitektur ersichtlich. Durch die EDV-Unterstützung sind die Gestaltungsmöglichkeiten und die Verwendbarkeit der Unternehmensrechnung z.B. über die Nutzung des Internets deutlich ausgeweitet worden. Umgekehrt zeigt sich aber auch, dass die verfügbaren und am Markt verbreiteten Anwendungsprogramme die Struktur der Unternehmensrechnung (z.B. im Hochschulbereich) in einer Weise beeinflussen oder begrenzen können, welche die beste Erfüllung ihrer Rechnungszwecke behindert.

3. Differenzierung und Integration der Unternehmensrechnung


Aus den unterschiedlichen Adressaten mit ihren vielfältigen Rechnungszwecken sowie Entscheidungszielen und den Abbildungsbereichen folgt die Notwendigkeit einer Differenzierung der Unternehmensrechnung in verschiedenartige Teilsysteme. Daher ist die theoretisch begründbare Erkenntnis einsichtig, dass für eine möglichst optimale Bedienung der Informationsbedürfnisse jeweils eigenständige Rechnungssysteme erforderlich sind und die Vorstellung einer umfassenden integrierten Rechnung, die alle Zwecke erfüllt, irreführend ist (vgl. Schneider, D.  1997, S. 33). Eine Differenzierung der Unternehmensrechnung in mehrere Systeme mit wert- und mengenmäßigen Basisgrößen erscheint deshalb im Hinblick auf die Zwecke der Abbildung, Planung und Steuerung sowie ökonomische und andere Entscheidungsziele der Informationsnutzer unvermeidlich.
Daraus muss sich jedoch nicht ein Gesamtsystem von Rechnungen ergeben, die isoliert nebeneinander stehen. Verbindungen zwischen ihnen treten schon dort auf, wo sie dieselben Prozesse und Bereiche erfassen. So sind die mengenmäßigen Realgüterprozesse des Gütereinsatzes und der Güterausbringung zwar nicht gleichläufig mit dem Nominalgüterprozess der Ein- und Auszahlungen, aber mit diesem verknüpft. Ferner bestehen enge Beziehungen zwischen mehr- und einperiodigen Erfolgszielen sowie zwischen diesen und den Finanz-, Produkt- und Potenzialzielen. Um die Unternehmensrechnung effizient zu gestalten, sind daher auch Möglichkeiten zur Integration zu nutzen. Dies gilt sowohl für ihre konzeptionell-inhaltliche Strukturierung als auch für deren (EDV-)technische Umsetzung durch die Abstimmung der Anwendungsprogramme. Ansätze für die konzeptionelle Verbindung wichtiger Teilsysteme der Unternehmensrechnung bieten insbesondere das kapitaltheoretische Konzept und das (Preinreich-/)Lücke-Theorem (vgl. Preinreich, G.A.D.  1937; Lücke, W.  1955; Küpper, H.-U.  1991, S. 5 ff.).
Auch in der Praxis zeigt sich eine Tendenz, die Differenzierung und damit die Komplexität der Unternehmensrechnung auf ein geeignetes Maß zu verringern. In diesem Sinn spricht viel dafür, die begriffliche Vielfalt der Basisgrößen (z.B. die Unterscheidung von Auszahlungen und Ausgaben) und ihre mehrdeutige Verwendung (z.B. des Leistungs- und des Erlösbegriffs) zu beschränken. Eine überzogene Differenzierung zwischen bilanzieller und kalkulatorischer Erfolgsrechnung kann eine zielorientierte Steuerung von Unternehmensbereichen behindern. Dies führt zu einer Angleichung zwischen interner und externer Unternehmensrechnung (vgl. Küpper, H.-U.  1995; Männel, W./Küpper, H.-U.  1999).
Ein wesentlicher Impuls für die Nutzung von Integrationsmöglichkeiten geht von der Globalisierung aus. Dies wird am deutlichsten bei der Internationalisierung der externen Rechnungslegung sichtbar. Aufgrund der weltweiten Ausrichtung vieler Unternehmungen, ihrer Präsenz auf den verschiedenen Kapitalmärkten und einer internationalen Rekrutierung des Fachpersonals müssen jedoch auch die internen Rechnungssysteme vereinheitlicht werden. Das erfordert eine Angleichung der Konzepte aus verschiedenen Wissenschaftstraditionen und dürfte eine Vereinheitlichung der Begriffe sowie Instrumente und eine Vereinfachung der Systeme erzwingen.
In der zumindest befriedigenden Erreichung der grundlegenden Rechnungszwecke liegt aber eine nicht zu überschreitende Grenze der Integrationsbemühungen. Für die Struktur der Unternehmensrechnung ist daher ein den Unternehmenszielen entsprechender Ausgleich zwischen Differenzierung und Integration zu suchen.

4. Ausweitung der Anwendungsbereiche der Unternehmensrechnung


Die Einsicht in die Bedeutung der Unternehmensrechnung für eine effiziente Unternehmensführung hat eine Ausweitung ihres Anwendungsbereichs zur Folge. Eine wichtige Aufgabe bildet hierbei ihre spezifische Gestaltung entsprechend den Strukturmerkmalen und Bedingungen unterschiedlicher Wirtschaftszweige. Ferner erhält sie zunehmendes Gewicht in öffentlichen Institutionen, beispielsweise von ihrer Bedeutung für die Krankenhausfinanzierung bis hin zur Einführung in Hochschulen (Hochschulen, Unternehmensrechnung in, vgl. Küpper, H.-U.  2000; Küpper, H.-U.  2001b) und Kulturbetrieben.
Eine andere Ausweitung ihres Bereichs liegt in dem Bestreben, strategische Entscheidungen zunehmend durch die Entwicklung geeigneter Rechnungssysteme zu unterstützen. Ansätze hierzu bieten Vorschläge für Erfolgspotenzialrechnungen und Früherkennungssysteme. In dieser Perspektive gewinnen die Analyse der Unsicherheit und die Berücksichtigung der Risikoneigung bei der Entscheidung eine herausragende Bedeutung. Eine Erweiterung der Unternehmensrechnung in die strategische Ebene beinhaltet den Versuch, ursprünglich als qualitativ angesehene Sachverhalte auch quantitativ zu erfassen. Da diese Grenze nicht sachlich eindeutig vorgegeben ist, bietet diese Ebene ein breites Feld für künftige Entwicklungen.
Literatur:
Chmielewicz, Klaus : Integrierte Finanz- und Erfolgsplanung. Versuch einer dynamischen Mehrperiodenplanung, Stuttgart 1972
Demski, Joel S./Feltham, Gerald A. : Cost Determination: A Conceptual Approach, Ames, Iowa 1976
Küpper, Hans-Ulrich : Controlling. Konzeption, Aufgaben und Instrumente, Stuttgart, 3. A., 2001 a
Küpper, Hans-Ulrich : Rechnungslegung von Hochschulen, in: BFuP, H. 6/2001 b, S. 578 – 592
Küpper, Hans-Ulrich : Hochschulrechnung auf der Basis von doppelter Buchführung und HGB?, in: ZfbF, Jg. 52, 2000, S. 348 – 369
Küpper, Hans-Ulrich : Unternehmensplanung und -steuerung mit pagatorischen oder kalkulatorischen Erfolgsrechnungen?, in: Unternehmensrechnung als Instrument der internen Steuerung. Sonderheft 34 der ZfbF, 1995, S. 19 – 50
Küpper, Hans-Ulrich : Interne Unternehmensrechnung auf kapitaltheoretischer Basis, in: Bilanzrechnung und Kapitalmarkt, hrsg. v. Ballwieser, Wolfgang/Böcking, Hans-Joachim/Drukarczyk, Jochen, Düsseldorf 1994, S. 967 – 1002
Küpper, Hans-Ulrich : Bestands- und zahlungsstromorientierte Berechnung von Zinsen in der Kostenrechnung, in: ZfbF, Jg. 43, 1991, S. 3 – 20
Laux, Helmut : Entscheidungstheorie, Berlin, 4. A., 1998
Leinfellner, Werner : Struktur und Aufbau wissenschaftlicher Theorien, Wien et al. 1965
Lücke, Wolfgang : Investitionsrechnungen auf der Grundlage von Ausgaben oder Kosten, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, Jg. 7, 1955, S. 310 – 324
Männel, Wolfgang/Küpper, Hans-Ulrich : Integration der Unternehmensrechnung. Sonderheft 3 der KRP, 1999
Preinreich, Gabriel A. D. : Valuation and Amortization, in: The Accounting Review, Jg. 12, 1937 S. 209 – 226
Schmalenbach, Eugen : Dynamische Bilanz, Köln et al., 13. A., 1962
Schneider, Dieter : Betriebswirtschaftslehre. Band 2: Rechnungswesen, München et al., 2. A., 1997
Schneider, Dieter : Betriebswirtschaftslehre. Band 1: Grundlagen, München et al. 1993
Schweitzer, Marcell : Struktur und Funktion der Bilanz, Berlin 1972
Tropp, Gerhard/Nusselein, Mark : Methodik einer Informationsbedarfsanalyse als Grundlage der Konzeption von Entscheidungsunterstützungssystemen am Beispiel des Projektes CEUS, in: Beiträge zur Hochschulforschung, H. 1/2/2000, S. 233 – 243
Weber, Helmut Kurt : Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 1: Bilanz und Erfolgsrechnung, München, 4. A., 1993

 

 


 

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