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Personalcontrolling


Inhaltsübersicht
I. Konzeption
II. Instrumente
III. Organisatorische Einbindung
IV. Anwendungsprobleme, Grenzen
V. Kritische Würdigung, Ausblick

I. Konzeption


1. Ziele, Begriff, Aufgaben


Mit Personalcontrolling soll der Personalbereich einer konsequenten ökonomischen Betrachtung und Ausrichtung unterzogen, auch in ihm soll das strategische und ökonomische Denken, Handeln und Entscheiden gefördert werden. Daraus erklärt sich das grundsätzliche Anliegen, mit Personalcontrolling den Beitrag der Arbeit im Allgemeinen und der personalwirtschaftlichen Tätigkeiten im Besonderen zum Unternehmungserfolg zu erfassen und zu beurteilen. Damit wird es auch möglich, derzeitige und zukünftige Stärken und Schwächen der Personalarbeit offenzulegen. Mit einer solchen „ ökonomischen Öffnung “ des Personal-Management werden quantitative Dimensionen (wie Personalkosten und -aufwand etc.) in den Vordergrund gerückt; allerdings sollte sich das Personalcontrolling nicht in einer rein kostenorientierten Betrachtung erschöpfen, sondern vielmehr stets auch die mit dem Einsatz von Personal verbundenen und für den Unternehmungserfolg bedeutsamen qualitativen (u.a. psychologischen und sozialen) Aspekte einbeziehen, soweit dies in nachvollziehbarer Weise möglich ist. Arbeitszufriedenheit, Motivation, Identifikation, Führungsstil, Betriebsklima, Unternehmungs- und Kooperationskultur u.a.m. spielen also auch hier eine Rolle als Bestandteile eines umfassenderen Zielbündels.
Diese Multidimensionalität kommt (wenn auch nur in Ansätzen) auch in der Auflistung von Zielen zum Ausdruck, die in der betrieblichen Praxis mit dem Personalcontrolling verfolgt werden (entsprechend einer empirischen Analyse, Gutschelhofer, /Sailer,  1998): die Reihenfolge ist eine Rangfolge.

-

Verbesserung der Übersicht über Struktur und Entwicklung der Personalkosten

-

Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen für personalwirtschaftliche Aktivitäten

-

Entschärfung personeller Engpässe

-

Verringerung der Personalfluktuation

-

Erhöhung der Arbeitsproduktivität

-

Senkung der Personalkosten

-

Verbesserung der Leistungsmotivation

-

Senkung der Kosten der Personalarbeit

-

Reduktion der Absenzen

-

Stärkung der internen Stellung der Personalarbeit.


Wie zumeist bei neueren Konzepten, so besteht auch hinsichtlich des Begriffs des Personalcontrolling eine Vielfalt von Fassungen (s. die Zusammenstellung bei Berthel,  2000, S. 437), wobei allerdings über den Kern weitgehende Einigkeit herrscht. So kann definiert werden, dass Personalcontrolling die auf den Erfolg der Unternehmung ausgerichtete Planung, Kontrolle und Steuerung personalwirtschaftlicher Maßnahmen ist (Scherm,  1995, S. 3; ähnlich z.B. Oechsler,  2000, S. 190).
Aus den Zielen und dem Begriff lassen sich unschwer die Aufgabenfelder des Personalcontrolling ableiten, unter denen die Koordination und Integration einen besonderen Stellenwert hinsichtlich ihrer Unterstützungsfunktion für die Führungsaufgaben der Unternehmungsleitung haben. Im Einzelnen lassen sich die folgenden Aufgaben unterscheiden (nach Küpper,  1991, S. 237):
(1) Koordination im Personalbereich

-

zwischen Bestandteilen der Personalplanung

-

zwischen Personalplanung und Personalkontrolle

-

zum Personalinformationssystem

-

zu Organisation und Personalführung.


(2) Verknüpfung zu anderen Funktionsbereichen

-

Koordination der Personalplanung mit Investitions-, Finanz- u.a. Planungen

-

Berücksichtigung des Personalwesens in der Gesamtplanung.


(3) Mitwirkung an strategischer Personalarbeit

-

strategische Wirkungen personalwirtschaftlicher Entscheidungen

-

Anpassung an Umweltänderungen.


(4) Bewertung und Ausrichtung der Personalarbeit

-

ökonomische Durchdringung der Personalarbeit

-

ökonomische Bedeutung der Personalarbeit.


In umfassender Ausgestaltung sollten nicht nur einzelne Aufgabenfelder ausgewählt, sondern vielmehr sämtliche personellen Tätigkeitsbereiche bearbeitet werden. Dadurch entsteht eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten, wie Abb. 1 (Scholz,  1994, S. 659) zeigt, die von konkreten Einzelaufgaben bis hin zu komplexen Aufgabenfeldern reicht.
Personalcontrolling
Abb. 1: Aufgabenfelder des Personalcontrolling und ihre exemplarische Konkretisierung

2. Ebenen und Bestandteile


In seiner ökonomischen Perspektive kann das Personalcontrolling auf drei Ebenen operieren: je nach dem Schwierigkeitsgrad des zu untersuchenden Gegenstandes (z.B. personalwirtschaftliche Tätigkeiten) entweder auf der Ebene der Kosten, oder aber der Effizienz bzw. der Effektivität (vgl. Wunderer, /Sailer,  1987, S. 601 ff.; dazu kritisch Drumm,  2000, S. 676 ff.). Auf jeder Ebene stehen unterschiedliche, in aufsteigender Reihenfolge immer anspruchsvollere Bestandteile zur Verfügung.
Das Kosten-Controlling (monetäres bzw. kalkulatorisches Controlling) befasst sich mit der periodischen Planung und Kontrolle von Personalkosten und -aufwand (sowohl Kosten des gesamten Personals als auch Kosten der Personalabteilung als Kostenstelle). Als Instrumente dienen Budgets und kostenanalytische Auswertungen (z.B. Berechnung kalkulatorischer Stundenlöhne).
Das Wirtschaftlichkeits-Controlling (Effizienz-Controlling) verlässt dagegen die periodenbezogene Sichtweise und wählt stattdessen – mit der Planung und Kontrolle der Effizienz oder Produktivität der Personalarbeit – eine prozessbezogene Sichtweise. Für die Beantwortung der Frage „ Tun wir die Dinge richtig? “ werden bestimmte personalwirtschaftliche Aktivitäten – wie Bewerbungsgespräche, innerbetriebliche Schulungen etc. – hinsichtlich ihres Ressourceneinsatzes (Fremdleistungskosten/ Kosten des Personaleinsatzes) bewertet und in ihrer zeitlichen Entwicklung überwacht. Ziel ist eine sukzessive Ressourcen-Minimierung definierter Prozesse, aber noch nicht die Überprüfung deren Zweckmäßigkeit.
Dies geschieht erst im Erfolgs-Controlling bzw. Effektivitäts-Controlling (Rentabilitäts-Controlling) mit der Frage „ Tun wir die richtigen Dinge? “ . Die Planung und Kontrolle der Effektivität der Personalarbeit soll den Kosten personalwirtschaftlicher Prozesse die entsprechenden Beiträge zum Unternehmungserfolg gegenüberstellen. Da der Nutzen der Personalarbeit nicht oder nur schwer direkt operationalisiert werden kann, dienen die Arbeitsproduktivität und Leistungs- und Motivations-Indikatoren – wie Fluktuations- und Absenzraten etc. – als Hilfsmittel (in)direkter Messung und Beobachtung. Auf dieser höchsten und anspruchsvollsten Ebene dient Personalcontrolling nicht mehr nur der Kontrolle der Personalarbeit, sondern vielmehr auch ihrer Verbesserung.
Über Bestandteile des Personalcontrolling auf den drei Ebenen liefert Abb. 2 (Nach Wunderer, /Sailer,  1987, S. 605) eine exemplarische Übersicht.
Personalcontrolling
Abb. 2: Die drei Ebenen des Personalcontrolling

3. Strategisches und operatives Personalcontrolling


In den unter 1. genannten Aufgabenfeldern ist explizit „ Mitwirkung an strategischer Personalarbeit “ aufgeführt worden. Auch die übrigen können neben ihrer operativen Bearbeitung zudem strategisch ausgerichtet werden.
Operatives Personalcontrolling ist am unmittelbaren Tagesgeschäft ausgerichtet und hat insofern starken Gegenwartsbezug. Es bewertet quantitativ – etwa im Wege von Soll-Ist-Vergleichen – Kosten- und Wirtschaftlichkeitsgrößen, qualitativ – etwa im Wege von Mitarbeiterbefragungen – das Personal-Management.
Strategisches Personalcontrolling hingegen ist auf die langfristige Unternehmungsentwicklung ausgerichtet und konzentriert sich dabei auf existenzsichernde und weiterführende Ziele und Programme wie die Integration der personellen Dimension in die Unternehmungsstrategie, die unternehmerische Orientierung des Personal-Managements, die langfristige Personalplanung.
Abb. 3 (in Anlehnung an Gerpott, /Siemens,  1995, S. 12; Amling,  1997, S. 26) zeigt idealtypische Unterschiede in den Merkmalen strategischen und operativen Personalcontrollings auf; sie sind keine Gegensätze, sondern ergänzen einander vielmehr.
Personalcontrolling
Abb. 3: Gegenüberstellung idealtypischer Merkmale des strategischen und operativen Personalcontrolling
Die strategische Variante ist in der Praxis allerdings bislang kaum realisiert, insbesondere weil hierfür geeignete Instrumente und Verfahren, mit denen langfristige, überwiegend qualitative und zumeist schwierig präzise voraussagbare Phänomene verarbeitet werden können, nicht hinlänglich zur Verfügung stehen bzw. ihre Erarbeitung auf nicht unerhebliche Probleme stößt.

II. Instrumente


Controlling-Instrumente, „ konkrete, methodisch und technisch geprägte Verfahren “ (Remer,  1992, Sp. 1648), ermöglichen die Durchführung des Personalcontrolling in der Unternehmung. Es steht ein breit gefächertes Instrumentarium zur Verfügung: Zum einen können bereits seitens des konventionellen Finanzcontrollings genutzte Instrumente (wie z.B. Kostendaten und daraus abgeleitete Kennziffern) verwandt werden, zum anderen bieten sich bereits in der täglichen Personalarbeit eingesetzte Verfahren (wie etwa Fluktuationsraten und -analysen) an. Insofern ist es durchaus nicht erforderlich, in erheblichem Ausmaß neue Instrumente zu entwickeln; vielmehr können viele bestehende gezielt, d.h. entsprechend den spezifischen Aufgabenstellungen, in Dienst genommen werden. Ggf. müssten sie bezüglich ihrer ökonomischen Aussagekraft verbessert und zu einem systematischen Konzept zusammengefasst werden.
Die Literatur bietet kein einheitliches Bild bei Zusammenstellungen der verschiedenen Instrumente; sie differieren bei den einzelnen Autoren in Struktur und Auswahl vielmehr erheblich, wie Abb. 4 zeigt.
Personalcontrolling
Abb. 4: Mögliche Systematisierungen des Controlling-Instrumentariums
Die im Folgenden exemplarisch aufgeführten Instrumente sind nach zwei Kriteriengruppen unterschieden, die für ein abgerundetes Controlling-Konzept für wesentlich gehalten werden: quantitativ/qualitativ und operativ/strategisch, s. Abb. 5.
Soll-Ist-Vergleiche können zum Ausgangspunkt für Kontroll- bzw. Steuerungsprozesse werden, wenn sie sich nicht lediglich auf eine bloße Feststellung einer Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert beschränken, damit Controlling im Sinne eines Regelkreises funktioniert. Dafür sind zusätzlich die folgenden Aufgaben zu erfüllen:

-

Analyse von Abweichungen und Feststellung der Abweichungsursachen,

-

Beurteilung der Relevanz der Abweichungen,

-

Planung und Empfehlung von Korrekturmaßnahmen zur Zielerreichung (Gegensteuerung).


Personalcontrolling
Abb. 5: Ausgewählte Instrumente des Personalcontrolling
Diese Aufgaben sind nur erfüllbar bei hinreichender Unterstützung durch umfangreiche und gut gepflegte Personalinformationssysteme. Dann können Soll-/Ist-Vergleiche zu einem integrierten Konzept werden, zielorientiertes Handeln und gemeinsames Organisationales Lernen fördern. Die ständige Überprüfung und Korrektur der Maßnahmen führt dazu, dass realistische Ziele gesteckt und betriebliche Prozesse transparenter gemacht werden.
Wer Gegensteuerungsmaßnahmen übernimmt und verantwortet, wird sinnvollerweise von der Höhe der Abweichungen und ihrer Relevanz abhängig zu machen sein: dies kann (bei kleineren Abweichungen) die Personalabteilung sein, oder Fachabteilung und Personalcontrolling arbeiten gemeinsam mögliche Strategien aus (bei mittleren), oder aber die Geschäftsleitung ist mit einzubeziehen (bei größeren Abweichungen).
Mit Benchmarking wird der Versuch unternommen, im Wege systematischer und beständiger Suche herausragende Vorbilder ( „ best practice “ als Referenzgrößen) zu finden, deren erfolgreiche Praxis verstanden und im eigenen Unternehmen eingesetzt werden kann. Vorbilder können sowohl in eigenen, anderen betrieblichen Teilbereichen, aber auch in anderen Unternehmungen, auch in solchen anderer Branchen angetroffen werden; sie dienen für Vergleiche mit der eigenen Praxis, mit Abweichungsanalysen in der Folge, zur Aufdeckung von Defiziten im Ergebnis. Im Rahmen des Personalcontrolling können als Benchmarking-Objekte personalwirtschaftliche Programme, Methoden, Instrumente und Aktionen (praktizierte wie auch geplante) miteinander verglichen werden. Beispiele dafür sind etwa Personalentwicklungsprogramme, Entgeltsysteme, Arbeitszeitmodelle u.a.m.
Häufigste Schwierigkeit, Benchmarking erfolgreich zu praktizieren, liegt darin, bei nur partieller Vergleichbarkeit von Referenz- und eigener Situation, adäquate Verbesserungen einzuleiten und erfolgreich abzuschließen. Gleichwohl wird diesem Instrument als Positivum vor allem attestiert, dass es hilft, gezielt diejenigen Human Resource-Aktivitäten zu identifizieren und mit Priorität zu versehen, die den größten Zusatznutzen stiften, und schließlich den ökonomischen Unternehmungserfolg zu erhöhen, wenn es gelingt, Verbesserungen durchzusetzen.
Mitarbeiterbefragungen, hier (weil überwiegend so gesehen) als operatives Instrument eingestuft, können auch für strategische Zwecke eingesetzt werden, wie z.B. für Gestaltungen von Faktoren, die das Betriebsklima beeinflussen. Ob dies gewünscht oder sogar notwendig ist, darüber können Ergebnisse entsprechend gezielter Mitarbeiterbefragungen nicht nur Frühwarnsignale liefern, sondern zudem gleichzeitig konkrete Hinweise für veränderungsbedürftige Faktoren. Solche Befragungen hingegen, die die Tagesarbeit betreffen, sind Grundlage für eher operative Verbesserungsmaßnahmen.
Dieses Instrument für die Erhebung qualitativer Informationen muss durchaus nicht in erster Linie in der Dimension umfassenden Einsatzes gedacht und genutzt werden. Vielmehr haben auch auf wenige Mitarbeiter bezogene, ad hoc aus speziellen Anlässen heraus initiierte Aktionen Personalcontrolling-Charakter mit dem Stellenwert einer Art internen Marktforschung (vgl. auch Methoden der Personalforschung, qualitative).
Die Balanced Scorecard wird seit längerem in Theorie und Praxis als methodischer Ansatz zur zukunftsorientierten Unternehmungsentwicklung und -steuerung diskutiert. Mit ihr kann die Verbindung von der Gesamtunternehmungsebene auch zum Personalbereich hergestellt werden, indem sie als Controlling-Instrument eingesetzt wird, das Ziele dieses Bereichs aus den Strategien und Zielen der Gesamtunternehmung ableitet und dafür operationale Zieldimensionen und konkret messbare Kennzahlen angibt. Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard (vgl. Kaplan, /Norton,  1997) – die Kunden-, Finanz-, Prozess-, Lern- und Innovations-Perspektive – sind auch auf den Personalbereich anzuwenden, womit seine enge Vernetzung mit den Unternehmungszielen ermöglicht wird (s. Abb. 6, Dahmen, /Maier, /Kamps,  2000, S. 20).
Personalcontrolling
Abb. 6: Perspektiven und Messkriterien der Personal-Balanced Scorecard
Das Herunterbrechen der Strategischen auf die Operative Ebene von Individuen und Teams im Personalbereich geschieht durch die Erarbeitung von Zielen im Vereinbarungswege, deren Konkretisierung durch Kennzahlen, Messwerte und ggf. Maßnahmen.
Personal-Portfolios entstehen, wenn in Analogie zur Anwendung im Produkt-Markt-Bereich zweidimensionale Matrizen entwickelt werden, deren Achsenbezeichnungen als Dimensionen solche Personenmerkmale enthalten, die für personenbezogene Entscheidungen (Personal-Einsatz, -Entwicklung, -Freisetzung etc.) von Bedeutung sind. Dies ist z.B. der Fall bei dem ersten sehr bekannt gewordenen Portfolio von Odiorne, , das auf der Abszisse das erwartete Entwicklungspotenzial, auf der Ordinate das derzeitige Leistungsniveau von Mitarbeitern enthält.
Ein solches Portfolio (wie auch andere, mit veränderten Achsenbezeichnungen) soll über den Ist-Zustand der Qualität der Belegschaft und über die (vorhandene oder aber mangelhafte) Ausgewogenheit ihrer Verteilung Auskunft geben. Sie kann Grundlage für einzuschlagende Personalstrategien (und für auf einzelne Mitarbeiter bezogene Entscheidungen) sein. Aus dem Beispiel von Odiorne, : Für „ Workhorses “ (hohe Leistung, geringe Entwicklungsfähigkeit) kommen möglicherweise interne Karrierepfade als Personalstrategie infrage (wenn es sich z.B. um ältere Mitarbeiter oder um Stabsspezialisten handelt); „ Stars “ (hohe Leistung, großes Potenzial) schließlich gelten in der Hauptsache systematische Bemühungen um eine erfolgssichere Personalbindung.
Notwendiger Informationsinput für Personal-Portfolios jedweder Art sind Ergebnisse von Personal- und Leistungsbeurteilungen; ihre Güte bestimmt die Aussagekraft der Portfolios und die Treffsicherheit der in der Konsequenz ergriffenen Strategien und Maßnahmen. Dies ist der zentrale kritische Punkt dieses Instruments; zudem ist besondere Sorgfalt auf die beiden Dimensionen zu verwenden, auf die die Personalbeurteilung letztlich reduziert wird, mit der Mitarbeiter aus einem strategischen Gesamtzusammenhang eingeschätzt werden sollen: Was für eine Belegschaft (mit welchen Qualitäts-Merkmalen) wird für das Unternehmen, seine Ziele und seine für die Zukunft anvisierte Entwicklung benötigt?
Insgesamt ist es für das gesamte Instrumentarium und das Erzielen der gewollten Wirkungen für das Personalcontrolling unabdingbar, dass ein hinreichend umfängliches und gut gepflegtes Personalinformationssystem zur Verfügung steht. Häufig existieren bereits systematisch erhobene und ausgewertete Daten, die insoweit weiteren, nämlich controlling-relevanten Zwecken zugeführt werden, teilweise aber müssen auch neue Informationsquellen erschlossen bzw. vorhandene anders genutzt werden.

III. Organisatorische Einbindung


Für die organisatorische Einbindung der Personalcontrolling-Aufgaben steht eine Mehrzahl von Optionen zur Verfügung – die Entscheidung für eine von ihnen kann im Übrigen als ein Indiz für Stellenwert und Gewicht des Personalressorts innerhalb der Gesamtunternehmung genommen werden. Die Optionen reichen von der Institutionalisierung einer eigenständigen Personalcontrolling-Stelle oder -Abteilung über zahlreiche Alternativen der Zuordnung und Dezentralisierung bis hin zum Extrem der vollständigen Übertragung auf die einzelnen Führungskräfte und Mitarbeiter (Selbstcontrolling); es können aber auch vielfältige Kombinationen realisiert werden.
Zwei Grundfragen mit jeweils zwei Extrempolen für ihre Beantwortung sind zuerst zu stellen: (1) Soll ein Personalcontrolling institutionalisiert werden oder aber nicht? (2) Soll es organisatorisch zentral oder aber dezentral verankert werden?
Die Notwendigkeit einer Institutionalisierung steigt prinzipiell mit steigender Unternehmungsgröße und Bedeutung des betrieblichen Personal-Managements. Gegen sie sprechen organisatorische Dezentralisierungs-Tendenzen, aber auch entgegengerichtete unternehmungskulturelle Charakteristika (s. V.).
Für ein zentrales Personalcontrolling sprechen die mit ihm verbundenen, möglichen Spezialisierungs- und Koordinierungs-Vorteile bezüglich der Bandbreite personalwirtschaftlicher Aufgaben. Dagegen können mit einer Dezentralisierung die Vorteile niedrigerer Personal- und Transaktionskosten, größerer Chancen für individuelle Lernprozesse, insgesamt stärkerer Flexibilität im Personal-Management zur Geltung kommen.
Mischformen kombinieren das zentrale und das dezentrale Personalcontrolling, wobei die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt werden können. So könnte sich beispielsweise anbieten, das operative Tagesgeschäft durch Selbstcontrolling oder durch dezentrale Stellen begleiten und evaluieren zu lassen, während eine zentrale Stelle die dezentralen Teilergebnisse aggregiert und interpretiert, die Einheitlichkeit sichert und sich mit strategischen Fragestellungen beschäftigt.
Für eine zentrale Stelle sind wiederum unterschiedliche Zuordnungen möglich und in der Praxis vorzufinden: Sie kann als Teilfunktion des Personal- oder aber des Finanzbereichs etabliert werden, deren jeweilige Vorteile in Abb. 7 (in Anlehnung an Amling,  1997, S. 36) gegenübergestellt sind.
Personalcontrolling
Abb. 7: Vorteile organisatorischer Positionierungen des Personalcontrolling
Jeweils mit diesen Lösungen verbundene Nachteile dürfen nicht außer Acht gelassen werden, so (bei Zuordnung zum Personalbereich) die Gefahr mangelnder Neutralität und Objektivität der Personalcontrolling-Aktivitäten ( „ Schönfärberei “ ) bzw. (bei Zuordnung zum Finanzbereich) das mit der inhaltlichen Ferne steigende Risiko einer einseitigen und kurzfristigen ökonomischen Orientierung. Dem kann man (wenigstens teilweise) dadurch begegnen, dass die Stärken beider Alternativen miteinander verbunden werden, etwa dergestalt, dass das Unterstellungsverhältnis aufgespalten wird. Das könnte z.B. die Form annehmen: fachliche Unterstellung dem Controllingbereich, disziplinarische Unterstellung dem Personalbereich; damit würde es möglich, personalspezifische Sachverhalte mit controllingspezifischen Instrumenten zu erheben und zu bewerten – allerdings müsste das damit häufig zunehmende Konfliktpotenzial beherrschbar bleiben (vgl. auch Organisation und Träger der Personalarbeit).

IV. Anwendungsprobleme, Grenzen


Mit dem Personalcontrolling sind sowohl in der Implementierungs-, wie auch in der Einsatzphase Probleme verbunden, von denen die wichtigsten sich drei Kategorien zuordnen lassen:

-

Die für den Personalbereich charakteristische Tatsache, dass in ihm neben harten, quantitativen Größen (z.B. die Zahlen der Mitarbeiterfluktuation) auch – und zwar in erheblichem Umfange und oft von größerer Wichtigkeit – weiche, qualitative Größen (z.B. die Gründe für die Fluktuation) existieren, produziert ein Datenerhebungsproblem. Es ist deshalb gravierend, weil es bereits im Zusammenhang mit der Formulierung von Zielen entsteht, in der Folge auch bei der Messung der Zielerreichung auftritt, und schließlich sich ein weiteres Mal bei Versuchen der Analyse von Abweichungsursachen einstellt.

-

Vor allem Letzteres ist es, was die nächste Kategorie hervorruft: Abweichungsanalysen sind deshalb mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, weil bei komplexen Sachverhalten aufgrund unzureichend geklärter Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge Methodenprobleme auftauchen. So ist unter den Gründen für Mitarbeiterfluktuation Arbeitsunzufriedenheit als ziemlich sicher erkannt. Jedoch sind die Ursachen für sie nur schwer exakt zu definieren, in ihren Auswirkungen auf die Fluktuation weder zuverlässig noch genau quantifiziert zuzurechnen (vgl. auch Personalforschung).

-

Sowohl das Implementieren, wie aber auch das Praktizieren von Controlling im Personalbereich kann zu den unterschiedlichsten Akzeptanzproblemen führen, (die sich letztlich in Widerständen äußern): generelle Abneigung gegenüber Kontrollen, Aversion gegen erhöhte Transparenz der Effektivität und Effizienz eigener Tätigkeit, Furcht vor dem „ gläsernen Menschen “ – nicht zuletzt geschürt durch den verstärkten Einsatz computergestützter Informations- und Kommunikationstechnik etc.


V. Kritische Würdigung, Ausblick


Sicherlich ist es gerade für ein Controlling im Personalbereich ein wichtiger Aspekt, sich von dem Gedanken des Identifizierens von Controlling mit Quantifizierung zu lösen. Vielmehr ist hier eine „ erhöhte Unsicherheits- und Unschärfetoleranz “ und der Mut zu ggf. rein qualitativen Ergebnissen gefragt: „ Fundierte Näherungsergebnisse “ sind mitunter ehrlicher als „ pseudoexakte Messergebnisse “ und dürften dementsprechend auf eine größere Akzeptanz stoßen (vgl. zu diesem Fazit Watzka,  1997, S. 57).
Schwierigkeiten bei Versuchen, Controllingergebnisse mit gewünschter Exaktheit zu produzieren, sollten jedenfalls auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht in praxi nicht dazu führen, resignierend „ die Waffen zu strecken “ und Versuche, Personalcontrolling zu betreiben, einzustellen. Denn damit würde das Risiko erheblich erhöht, dass für die Unternehmung (möglicherweise lebens)notwendige Personal-Aktivitäten mangels quantitativ überzeugenden Nutzennachweises dem Rotstift uneinsichtiger Zahlenfetischisten zum Opfer fallen.
Andererseits sind auch sicherlich Versuche in die andere Richtung fehl am Platze, nämlich unter allen Umständen so viel Controlling wie irgend möglich zu praktizieren. Denn das wiederum würde auf Übertreibungen mit Institutionalisierung und Zentralisierung von Personalcontrolling hinauslaufen, was den Zeichen der Zeit in den höchstentwickelten Wirtschaftsnationen, d.h. den neuesten Entwicklungen von Unternehmungen und ihrer Konfigurationen hin zu wissensintensiven Institutionen, widersprechen dürfte. Denn offenbar beginnen dezentrale schlanke Strukturen, flache Hierarchien, Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstführung und das Interesse an der Steigerung des Wertes der „ Ich-Aktie “ zu dominieren. Das lässt eher vermuten, dass Unternehmungs-Kulturen entstehen, die bei hoher Bewertung von Individualität, Selbstständigkeit und Selbstverantwortung und gleichzeitiger Ziel- und Leistungsorientierung ein jeweils unternehmungsindividuelles mixtum compositum installieren aus viel Selbstcontrolling mit nur den nötigsten zentralisierten Einheiten zur Ausrichtung der Einzelaktivitäten auf die Visionen und Strategien der Gesamtunternehmung (vgl. auch Drumm,  2000, S. 688). Das oben angeführte Instrument der Balanced Scorecard weist in diese Richtung – vielleicht kann es auch deshalb als zukunftsträchtig eingeschätzt werden. Denn mit ihm könnte Stimmigkeit von Unternehmungskultur in der beschriebenen Art und einem Personalcontrolling erreicht werden, das auf eine Integration in die Unternehmungs-Strategien ausgerichtet ist bei gleichzeitiger Steuerung der individuellen Aktivitäten auf der Grundlage abgestimmter Zielvereinbarungen, die mit einem weitgehenden Selbstcontrolling durchaus kompatibel sein kann.
Literatur:
Amling, T. : Ansatzpunkte und Instrumente des Personal-Controlling auf der strategischen und operativen Problemebene im Industriebetrieb, Frankfurt et al. 1997
Berthel, J. : Personal-Management, 6. A., Stuttgart 2000
Dahmen, C./Maier, G./Kamps, I. : 12 Erfolgsfaktoren für die Balanced Scorecard, in: Personalwirtschaft, Jg. 27, H. 7/2000, S. 18 – 25
Drumm, H. J. : Personalwirtschaftslehre, 4. A., Berlin et al. 2000
Gerpott, T. J./Siemens, S. H. : Controlling von Personalprogrammen, Stuttgart 1995
Gutschelhofer, A./Sailer, M. : Personal-Controlling: „ 10 years after “ , in: controller magazin, Jg. 23, H. 3/1998, S. 189 – 193
Kaplan, R. S./Norton, D. P. : Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen, Stuttgart et al. 1997
Küpper, H.-U. : Personal-Controlling aus der Sicht des Controllers – Entwicklungschancen?, in: Personalmanagement für die 90er Jahre, hrsg. v. Ackermann, K.-F./Scholz, H., Stuttgart 1991, S. 223 – 247
Oechsler, W. A. : Personal und Arbeit, 7. A., München 2000
Remer, A. : Personalcontrolling, in: Handwörterbuch des Personalwesens, hrsg. v. Gaugler, E./Weber, W., 2. A., Stuttgart 1992, Sp. 1642 – 1653
Scherm, E. : Personalcontrolling: Aufgaben und Instrumente, in: Handbuch Personal-Management, hrsg. v. Berthel, J./Groenewald, H., 11. Nachlieferung, 5/1995, Landsberg a. Lech 1995
Scholz, C. : Personalmanagement: informationsorientierte und verhaltenstheoretische Grundlagen, 4. A., München 1994
Watzka, K. : Personalcontrolling: Stand, Ziele, Methoden, in: Praxis des Rechnungswesens, H. 4/5/1997, S. 29 – 59
Wunderer, R./Schlagenhaufer, P. : Personal-Controlling: Funktionen-Instrumente-Praxisbeispiele, Stuttgart 1994
Wunderer, R./Sailer, M : Instrumente und Verfahren des Personal-Controlling, in: Personalführung, Jg. 21, H. 8/1987, S. 600 – 606

 

 


 

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