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Personalentscheidungen


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Einordnung
II.  Allgemeine entscheidungstheoretische Gesichtspunkte
III.  Entscheidungsorientiertes Personalmanagement

I. Begriff und Einordnung


Betriebliche Leistungen sind das Ergebnis bewusster Entscheidungen über die Kombination menschlicher Arbeit mit sachlichen Produktionsfaktoren. Entscheidungen dienen der Wahl zwischen mehreren Alternativen, die sich nicht gleichzeitig realisieren lassen. Es sind zentrale Aufgaben des betrieblichen Managements (vgl. Heinen,  1969; Heinen,  1991). Führungsentscheidungen, individuelle Wahlakte und mehrpersonale Entscheidungsprozesse sind seit langem Gegenstand betriebswirtschaftlicher Forschung (vgl. z.B. Gutenberg,  1998; Heinen,  1969; Witte, /Hauschildt, /Grün,  1988; Bamberg, /Coenenberg,  2000; Laux, /Liermann,  2003). Die gesonderte Betrachtung von Personalentscheidungen ist hierbei aus mehreren Gründen sinnvoll (vgl. Türk,  1978):

-

Mitarbeiter sind sowohl Objekt als auch Träger von Entscheidungen, die Entscheidereigenschaft unterscheidet sie von anderen produktiven Faktoren,

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Personalentscheidungen werden häufig durch materielle oder finanzielle Dispositionen des Managements direkt und indirekt beeinflusst,

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typisch für Personalentscheidungen ist ihre Zielpluralität, neben ökonomischen sind auch soziale Entscheidungskriterien zu berücksichtigen.


Personalentscheidungen treten in zwei Arten auf.

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Entscheidungen über Personal betreffen Beschaffung und Einstellung, materielle und immaterielle Anreizgestaltung, Personalentwicklung, Beförderung und Versetzung sowie Entlassung von Mitarbeitern. Weitere Entscheidungstatbestände betreffen Managementverfahren (Führungssysteme und -instrumente), die das Verhalten der Mitarbeiter steuern und dauerhaft ausrichten.

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Entscheidungen des Personals beschreiben die Wahlhandlungen der Mitarbeiter in ihrer Eigenschaft als betrieblich Handelnde (Teilnahme-, Leistungs- und Verbleibensentscheidungen).


II. Allgemeine entscheidungstheoretische Gesichtspunkte


Entscheidungen sind Grundkomponenten individueller wie institutioneller Handlungsprozesse. Sie interpunktieren das Handeln durch generelle und spezielle Impulse, haben eine innere Struktur und einen Verlaufscharakter. Das Zustandekommen ist von personalen, institutionalen und situativen Faktoren abhängig (vgl. Bronner,  1999), wobei Entscheidungskriterien die Alternativenwahl und die Schritte zur Zielerreichung steuern. Bei Ziel- wie bei Mittelentscheidungen können einzelne Entschlussakte oder der jeweilige Entscheidungsprozess untersucht werden. In Unternehmungen ist die (informatorische) Verkettung einzelner Entschlussakte zu einem mehrpersonalen, arbeitsteiligen Entscheidungsprozess typisch. Nach der Phase der Willensbildung (unternehmerische Oberziele) werden Entscheidungen hierarchisch gestaffelt in Vorgaben für nachgelagerter Ebenen transformiert (vgl. Kirsch,  1977; Luhmann,  2000). Hierbei handelt es sich um einen Aushandlungsprozess, der neben entscheidungsorientierten auch politikorientierte Momente integriert (vgl. Wimmer, /Neuberger,  1998) (Personalpolitik; Personalpolitisches Instrumentarium). Weil sich strategische und unternehmerische Oberziele nur begrenzt operationalisieren lassen, entstehen Auffassungsunterschiede und mehrdeutige Interpretationen bei nachgelagerten Entscheidungsträgern. Außerdem ist die Wahl von Entscheidungskriterien auch abhängig von Interessen. Das Management erbringt deshalb laufend Sicherungs- und Interpretationsleistungen bezüglich der Oberziele, um nachgelagerte Entscheidungen und Handeln dauerhaft zu stabilisieren. Hierzu dienen unmittelbare persönliche Kommunikation, Festlegung von Handlungsspielräumen, Verfahrensrichtlinien und systematische Planung. Zusätzlich kann die Entscheidungsumsetzung über partizipative Führung, organisationskulturell oder durch Führungsleitbilder unterstützt werden.

III. Entscheidungsorientiertes Personalmanagement


Personalentscheidungen dienen der unternehmerischen Zielerreichung. Ökonomische Entscheidungen beziehen sich auf die Versorgung der Unternehmung mit Personal, auf die Leistungs- und Verhaltenssteuerung aller Mitarbeiter und auf führungserhebliche Informations- sowie Dokumentationsaufgaben.

1. Ziele, Arten, Träger und Objekte von Personalentscheidungen


Personalwirtschaftliche Entscheidungsziele legen bevorzugte Entscheidungsergebnisse fest. Sie werden aus personalpolitischen Oberzielen abgeleitet, entstammen anderen Unternehmungszielen oder den Individualzielen des Personals. Aufgrund der für Personalentscheidungen typischen Mehrfachzielsetzung müssen ökonomische und soziale Kriterien berücksichtigt werden. Strategische und langfristige Personalentscheidungen sind auf die gesamte Unternehmung bezogen, sie abstrahieren von einzelnen Mitarbeitern und Stellen. Taktische Entscheidungen vermitteln zwischen der strategischen und der Umsetzungsebene. Operative Entscheidungen beziehen sich auf einzelne Mitarbeiter bzw. Stellen. Eine Unterscheidung nach Prozessphasen (Planung, Realisation, Kontrolle) von Personalentscheidungen kann sich auf das Aufgabengesamt der Personalfunktion und einzelne Hauptaufgaben beziehen. Personalstrategische Entscheidungen wurden bislang zumeist als nachgelagert (derivativ) zur Unternehmungsstrategie gesehen, in den neueren Ansätzen zum strategischen Human Resources Management wird ihr originärer Charakter für die Gesamtstrategie und den langfristigen Unternehmungserfolg stärker betont (vgl. Wright, /Snell,  1998; Ridder,  1999). Die Zahl der Entscheidungsträger bestimmt mit, wie Personalentscheidungen organisiert und koordiniert werden, denn Individual-, Gruppen- und Kollektiventscheidungen enthalten unterschiedlich hohe Anteile an Selbst- bzw. Fremdentscheidungen. Routineentscheidungen sind typisch für wiederkehrende Führungsanforderungen. Innovative Personalentscheidungen sind nötig, um die Wandlungsfähigkeit der Unternehmung zu erhalten. Träger von Personalentscheidungen sind die Unternehmungsleitung, die Vorgesetzten und die personalwirtschaftlichen Fachabteilungen. Ihre Entscheidungsaufgaben unterscheiden sich rangmäßig. Als Objekte von Personalentscheidungen gelten alle Mitarbeiter und Führungskräfte (vgl. Drumm,  2000). Die Träger-Objekt Unterscheidung ist analytischer Art und faktisch nicht immer trennscharf. Mitarbeiter und Führungskräfte sind Eigner spezifischer Qualifikations- und Handlungsressourcen, über deren Verausgabung sie im Arbeitsprozess entscheiden. Sie sind damit auch Träger von Entscheidungen in ihrer Objekteigenschaft als betriebliches Personal (Ridder, /Conrad, /Schirmer, et al. 2001).

2. Randbedingungen für Personalentscheidungen


Externe und interne Faktoren begrenzen die betriebsindividuellen Spielräume für Personalentscheidungen.
Externe Beschränkungen entstehen aus der Arbeitsmarktsituation, dem beruflichen Qualifikationsgefüge, der konjunkturellen Lage und Absatzsituation, der eingesetzten Technologie und Arbeitsorganisation (vgl. Türk,  1978). Daneben spielt der organisationale Vernetzungsgrad eine Rolle, der indirekt auf Umfang und Art betrieblich verbleibender Personalentscheidungen einwirkt (vgl. Eigler,  1997). Grundlegend sind die individual- und kollektivrechtlichen Regelungen des Arbeitsrechts (vgl. Sadowski,  1988) und die abgestuften Regelungsebenen des Industrial-Relations-Systems (vgl. Oechsler,  1999). Mitbestimmungsregelungen haben nicht nur restringierenden Charakter, es sind Ressourcen, die Konflikte kanalisieren und Transaktionskosten mindern (vgl. Wächter,  1999).
Betriebsinterne Randbedingungen für Personalentscheidungen sind teilweise disponibel. Aus der Abteilungs- und Stellenbildung und der betrieblichen Autoritätsstruktur ergeben sich u.a. Daten für die Personalbeschaffung, die Leistungsbeurteilung, die Lohn- und Gehaltsfestsetzung und die Personalentwicklung (vgl. Kieser,  1992). Durch moderne Informationstechnologie können Folgen komplexer Entscheidungsalternativen simuliert und geplant werden (vgl. Koopman, /Broekhuijsen, /Wierdsma,  1998).
Personalentscheidungen setzen die Gewinnung, Verarbeitung und Bewertung von Informationen voraus (vgl. Wagner,  1995). Sie müssen systematisch gesucht, beschafft oder erzeugt werden und rechtzeitig bei den Entscheidungsträgern vorliegen. Informationen für Entscheidungen über Personal entstammen der unternehmerischen Arbeitsmarktforschung, der Personalforschung und Arbeitsforschung (vgl. Drumm,  2000). Hinzu kommen Informationen aus der mikro- und makroorganisatorischen Gestaltung und der einschlägigen wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschung. Diese Bereiche können in ein umfassendes Informationsmanagement einbezogen sein (vgl. Scholz,  2000). Phasenabhängig werden Personalentscheidungen durch entscheidungsvorbereitende, entscheidungsbildende und entscheidungsdurchsetzende Techniken unterstützt (z.B. bei der Problemstrukturierung, der Alternativenfindung, der Bewertung und Auswahl). Bei kollektiven Entscheidungen sind Abstimmungstechniken und Konferenztechniken wichtig, um Beschlüsse zu erreichen. Entscheidungsdurchsetzende Techniken nutzt man, um gewählte Alternativen umzusetzen (vgl. Mag,  1989).

3. Entscheidungsbereiche bei Entscheidungen über Personal


Die wesentlichen Entscheidungsbereiche betreffen die Versorgung der Unternehmung mit Personal, die Festlegungen zur Personalausstattung und den Personaleinsatz. Die betriebliche Personalplanung dient als Koordinationsmittel, um die drei Bereiche miteinander zu verzahnen. Jeder Entscheidungsbereich lässt sich in spezifische, phasenlogisch gegliederte Teilentscheidungen (Ermittlung, Planung, Realisierung) zerlegen, die nach Zielen, Alternativen, einzusetzenden Instrumenten und Prognoseanteilen differenziert werden können (vgl. z.B. Ridder,  1999; Drumm,  2000; Scholz,  2000):

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die Personalplanung verbindet die Entscheidungsbereiche und koordiniert sie mit dem betrieblichen Planungssystem. Grundlage ist der betriebliche Leistungsprozess, die Finanzplanung und die Vorgaben aus den betrieblichen Funktions- und Unterstützungsbereichen bilden den Rahmen für die Personalbedarfsplanung;

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in der Planung der Personalausstattung wird die Bedarfsplanung konkretisiert. Unterschiedliche Restriktionen (z.B. Arbeitsmarkt) werden eingearbeitet und die personellen Kapazitäten nach Art und Menge festgelegt,

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die Personalausstattung wird dann über Entscheidungen zur Beschaffung, Einstellung, Entlassung, Versetzung, Beförderung bzw. zur Personalentwicklung realisiert,

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Entscheidungen im Rahmen des Personaleinsatzes betreffen die Zuordnung von Qualifikationsträgern auf Tätigkeitsfelder, die über spezifische Anforderungen charakterisiert sind,

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weitere Entscheidungen betreffen die materielle und immaterielle Anreizgestaltung einschließlich betrieblicher Sozialleistungen.


Verfahrensentscheidungen beziehen sich auf die Instrumente, die zur Verhaltenssteuerung und Verhaltenskonditionierung eingesetzt werden. Als Mittel indirekter Führung (vgl. Türk,  1981) fließen sie in die direkte Führung ein, unterstützen und ergänzen sie oder können sie teilweise auch ersetzen. Übergeordnet entschieden wird die grundsätzliche Anwendung und das Ausmaß an Selbsterstellung bzw. Fremdbezug von Instrumenten sowie ihre Bündelung zu unternehmungsspezifischen Führungssystemen (vgl. Guest,  1989). Standardisierte Verfahren reduzieren Entscheidungsbedarfe. Dazu werden u.a. gerechnet: Führungsleitlinien, personalpolitische Grundsätze und Entlohnungsgrundsätze oder organisatorische Prinzipien, Methoden und Verfahren der Personalauswahl, der Personalentwicklung, der Vergütung und der Personaladministration, Führungstechniken und Verfahren zur Optimierung des Führungsverhaltens.
In den letzten Jahren wird die originäre Funktion von Personalentscheidungen stärker betont. Ihre Bedeutung wird besonders deutlich, wenn Personalentscheidungen Engpasscharakter für die Realisierung strategischer Absichten haben. Beispiele sind:

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die rechtzeitige Beschaffung oder Entwicklung spezifischer, knapper Qualifikationen und Handlungsbereitschaften der Mitarbeiter (vgl. z.B. Lundy,  1994; Wright, /Snell,  1998);

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die diskontinuierliche Entwicklung des unternehmerischen Umfeldes erschwert planerische Festlegungen für den Personalbereich (vgl. z.B. Staehle,  1991; Steinmann, /Schreyögg,  2000);

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zunehmende Personalrisiken, wenn z.B. Träger spezifischer Qualifikationen die Unternehmung unerwartet verlassen (vgl. Mroß,  2001).


4. Entscheidungen des Personals


Mit den Entscheidungen des Personals werden die Wahlhandlungen beschrieben, die Mitarbeiter und Führungskraft als einzelne oder Gruppe in Bezug auf ihre Teilnahme am betrieblichen Arbeitsprozess, auf die Leistungsabgabe, das Verbleiben und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses treffen. Solche Entscheidungen sind das Ergebnis der subjektiven Aufnahme und Verarbeitung von Informationen aus dem gesamten Bedingungsrahmen der jeweiligen Arbeitssituation. Gruppenentscheidungen sind in Unternehmungen häufig anzutreffen. Nach dem gegenseitigen Informationsaustausch bildet jedes Gruppenmitglied seine individuelle Präferenzordnung über die betrachteten Alternativen. Die eigentliche Entscheidung erfolgt auf dem Abstimmungsweg (vgl. Laux,  2003). Unternehmungen versuchen die Entscheidungsfindung ihrer Mitarbeiter gezielt zu beeinflussen (z.B. Anreizgestaltung, individualisierte Organisationsgestaltung, Entscheidungspartizipation) und Strukturen zu schaffen, um Entscheidungsdefizite (selektive Wahrnehmung, Konformitätsdruck, Risikoneigung) von Gruppen zu verringern (vgl. Nitsch, von,  2002).

5. Theorien der Personalentscheidung


Theorien der Personalentscheidung fußen auf allgemeinen entscheidungstheoretischen Ansätzen. Pragmatisch dienen sie der Entscheidungsunterstützung oder der Verbesserung des Entscheidungsverhalten. Drei Theoriegruppen werden unterschieden:
Entscheidungslogische (\'präskriptive\', \'normative\') Ansätze nutzen die Annahme des Rationalverhaltens als methodisches Prinzip (vgl. z.B. Domschke, /Scholl,  2000) und entwickeln Regeln und Lösungsmethoden für rationales Verhalten (z.B. lineare Programmierungstechniken, Entscheidungsbaum-Verfahren) oder entsprechende Entscheidungsmodelle (vgl. Laux,  2003), um bei einer gegebenen Alternativenmenge zu einer nutzenmaximalen Auswahl zu kommen (\'optimizing behavior\'). Formale Modelle finden sich vor allem in der Personalplanung und jüngst bei modellgestützten Personalentscheidungen (vgl. z.B. die Arbeiten der Forschergruppe um Kossbiel,  1997; Kossbiel,  2000).
Deskriptive (\'empirische\') Konzeptionen kritisieren den fiktionalen Charakter und die axiomatische Fixierung des Rationalverhaltens (vgl. z.B. vgl. Albert,  1965; Matiaske,  1999) und legen die Entscheidungsforschung realwissenschaftlich an. Die Bedeutung der empirischen Entscheidungsforschung rührt auch aus den erheblichen Diskrepanzen der präskriptiven Annahmen mit dem realen Entscheidungsverhalten her (vgl. Kromschröder,  2001). Entscheider suchen auf der Basis ihres subjektiven Anspruchsniveaus nach zufriedenstellenden Lösungen (\'satisfizing behavior\'). Ansätze der begrenzt rationalen Wahl sind heute in den Untersuchungen zu Personalentscheidungen weitverbreitet. Sie dienen heuristischen Zwecken, um individuelle Entscheidungsfehler zu verringern oder um die Qualität mehrpersonaler Entscheidungsprozesse zu erhöhen.
Ethisch-normative Ansätze erhalten wegen der Mehrfachzielsetzungen von Personalentscheidungen besondere Bedeutung, da sie unternehmerische Zielsetzungen über die begründungsfähigen Absichten der Entscheidungsträger analysieren (vgl. Steinmann,  1978; Ulrich,  1998). Sie beziehen sich auf Diskursverfahren, um zu vernünftigen Begründungen für betriebliche Entscheidungen zu kommen (vgl. z.B. Osterloh,  1991).

a) Verhaltenswissenschaftliche Bezugsrahmen


Verhaltenswissenschaftliche Konzeptionen sind auf Individual- und Gruppenentscheidungen gerichtet. Zu den wichtigen Erklärungsmustern gehören:
Motivationstheorien haben unterschiedliche entscheidungstheoretische Kerne. Inhaltstheorien informieren über individuelle Präferenzen. Prozesstheorien berücksichtigen die intrapersonale Informationsverarbeitung sowie Denk- und Bewertungsprozesse, die zur Veranlassung von Handlungen führen. Teilweise sind sie aus spieltheoretischen Entscheidungsmodellen hervorgegangen (vgl. Kuhl,  1983). Anwendungsorientierte Prozesstheorien konkretisieren die teilweise komplexen Modellierungen für das betriebliche Leistungsverhalten (vgl. z.B. Locke, /Latham,  1991). Die neueren erweiterten Handlungstheorien behandeln nicht nur die Handlungsvorbereitung und den Entschlussakt, sondern auch den Handlungsvollzug und seine Beendigung (vgl. Heckhausen,  1989). Die sich an die Intentionsbildung (Entscheidung, Entschluss im engeren Sinne) anschließenden Realisierungshandlungen und kognitiven Kontrollprozesse sind wesentliche Prozessmomente des Handlungserfolgs (vgl. z.B. Conrad,  1991; Ridder,  1999).
Die Anreiz-Beitragstheorie (vgl. March, /Simon,  1958/1976) ist für die organisations- und verhaltenstheoretische Grundlegung des Personalmanagements denkstilprägend geworden (vgl. Kupsch, /Marr,  1991). Sie ist ein Teilgebiet der Koalitionstheorien (vgl. Cyert, /March,  1963). Beschrieben wird ein personinterner Kalkulationsvorgang und daraus entstehende Handlungsfolgen, die aus dem subjektiven Vergleich erhaltener Anreize und individueller Leistungsbeiträge hervorgehen. Ein Arbeitsverhältnis wird solange aufrecht erhalten, wie die gewährten Anreize subjektiv den geleisteten Beiträgen entsprechen oder sie übersteigen (vgl. Bartscher-Finzer, /Martin,  1998). Mitgliedschaftsrolle und zielkonformes Handeln sind demzufolge Ergebnisse wiederkehrender, reversibler Entscheidungen.
Sozialpsychologische Konsistenzkonzepte sind bei der Untersuchung von Entscheidungsprozessen weit verbreitet. Sie richten sich nicht nur auf den Entschlussakt, sondern auf gedankliche Abwägungsprozesse und Kommunikationsstrategien, die vor und nach einem Entschlussakt liegen (vgl. Irle,  1975). Kognitive Dissonanz wird zumeist als unangenehme Spannung erlebt, sodass die Tendenz besteht, sie zu reduzieren oder zu vermeiden. Allerdings können Inkonsistenzen auch aktivieren, z.B. beim Streben nach neuen Reizen oder unbekannten und komplexen Situationen (vgl. Herkner,  1996). Mittels Dissonanzvermeidung und Dissonanzreduktion werden starre Bindungen an Entscheidungen erklärt, die zu bestandserheblichen Entscheidungshindernissen, Entscheidungsfehlern oder unterbleibenden Entscheidungsrevisionen kumulieren können. Bewertungsverzerrungen, Aufwandsrechtfertigung, selektive Informationsaufnahme und eingeschränkte Kommunikation sind typische Beispiele. Beim Entscheidungsautismus (vgl. Schulz-Hardt,  1996) oder dem \'group-think\' (vgl. Janis,  1982; Janis,  1989) kommt es aufgrund der subjektiven Informationsabschottung zu keiner rationalen Beurteilung von Alternativen mehr, weil ausschließlich eigene Präferenzen bestätigt werden. Dem kann man durch Einbezug externer Experten in den Entscheidungsprozess ebenso begegnen wie durch diskursive Entscheidungsprozeduren und eine offene Kommunikationskultur.
In den letzten Jahren wird die Erklärungsleistung und Anwendungsbreite der lange dominierenden deskriptiven verhaltenswissenschaftlichen Ansätze durch ökonomische Verhaltenstheorien (vgl. Becker,  1993; Ramb,  1993) herausgefordert. Dabei spielen Leistungsvergleiche ökonomischer und verhaltenswissenschaftlichen Ansätze (vgl. z.B. Pott,  1991) und personalökonomische Arbeiten (vgl. z.B. Mitchell,  1989; Milgrom, /Roberts,  1992; Lazear,  1998; Baron, /Kreps,  1999; Backes-Gellner, /Lazear, /Wolff,  2001) eine Rolle. Grundsätzlich müssen sich die unterschiedlichen Betrachtungsschwerpunkte und methodischen Zugänge nicht ausschließen (vgl. Kossbiel,  1997).

b) Ökonomische Bezugsrahmen


Ökonomische Verhaltenstheorien beziehen sich auf Verhalten, das monetär messbar ist oder für das Schattenpreise unterstellt werden können (vgl. Becker,  1993). Der auf Coase (Coase,  1937) zurückgehende Transaktionskosten-Ansatz gehört seit den Arbeiten von Williamson (Williamson,  1975; Williamson,  1985) zu den populärsten Vorstellungen, die neoklassische Verhaltensannahmen relativieren, indem begrenzte Rationalität angenommen wird (vgl. Söllner,  2000). Dies erleichtert grundsätzlich die Anschlussfähigkeit an personalwirtschaftliche Fragestellungen (vgl. Eigler,  1996; Drumm,  2000). Personalwirtschaftliche Transaktionskosten entstehen durch die Abwicklung der komplexen Leistungsbeziehungen zwischen Unternehmung und Mitarbeitern im Rahmen der Beschäftigungsverhältnisse. Sie bilden eine Beurteilungsgröße für personalwirtschaftliches Handeln, weil sie als Teil des personalwirtschaftlichen Gesamtaufwandes mittel- bis langfristig negativ auf den Erfolg wirken (vgl. Eigler,  2001). Im Zentrum der Analyse stehen die Konsequenzen unvollständig formulierter Arbeitsverträge (vgl. Sadowski,  1988). Individuelle Spielräume zu opportunistischem Handeln und Kontrolllücken werden über die Steuerung des psychologischen Vertrags, über Personalentwicklung oder Mitarbeiterführung begrenzt. Gesucht werden transaktionskostenminimale Konzeptionen, Instrumente und Verfahren des Personalmanagements. Allerdings bestehen noch zahlreiche, zum Teil ungelöste Mess- und Zurechnungsprobleme, um Transaktionskosten tatsächlich erfassen zu können (vgl. Neuberger,  1997; Eigler,  2001).

6. Perspektiven


Personalentscheidungen werden bislang nur selten fokussiert als eigenständiger, mehrdimensionaler Gegenstandsbereich erforscht. Stattdessen hat man es mit einem Torso partialtheoretischer Analysen zu tun. Unterschiedliche Analyseschwerpunkte und divergierende meta-theoretische bzw. methodische Grundorientierungen erschweren die Entwicklung eines integrierten theoretischen Bezugsrahmens. Wichtige Veränderungen des Gegenstandsbereichs von Personalentscheidungen beruhen auf der fortschreitenden Internationalisierung und Globalisierung von Unternehmungen, die erhebliche Funktionsänderungen des Personalmanagements bedingen. Zu veränderten Entscheidungsinhalten und -strukturen kommt es z.B. im Zuge neuer vertraglicher Arrangements zwischen Unternehmungen und Mitarbeitern oder bei netzwerkintegrierten Unternehmungen und den hierdurch veränderten Personalentscheidungsaufgaben. Auf der theoretischen Ebene sind von erweiterten individuellen Handlungstheorien wichtige Forschungsergebnisse zu erwarten, da hier die Verbindung von Intention und Handeln beim Leistungsverhalten besser aufgeklärt werden kann. Diese Erkenntnisse können bei den zunehmenden Anforderungen an Selbstmanagement und Selbststeuerung von Mitarbeitern bzw. Teams betrieblich genutzt werden. Vergleichbares gilt für die Untersuchungen zum Entscheidungsautismus und den betrieblichen Möglichkeiten, bestandsgefährdende Fehlentwicklungen frühzeitig aufzudecken und zu begrenzen. Transaktionskostentheoretische Argumentationen dürften die Untersuchungen der ökonomischen Entscheidungsgründe bei der Wahl unterschiedlicher Motivations- und Kontrollarrangements weiter befruchten, wenn es gelingt, die noch erheblichen methodischen Fragen und konzeptionellen Defizite zu verringern.
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