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Handels- und Gesellschaftsrecht


Inhaltsübersicht
I. Standort des Handelsrechts
II. Begriff sowie Sinn und Zweck des Handelsrechts
III. Rechtsquellen des Handelsrechts
IV. Das HGB im Überblick
V. Standort und Begriff des Gesellschaftsrechts
VI. Rechtsquellen des Gesellschaftsrechts
VII. Numerus clausus der Rechtsformen, Rechtsformzwang und Gestaltungsfreiheit
VIII. Allgemeine Regeln des Gesellschaftsrechts
IX. Überblick über die wichtigsten Gesellschaftsformen

I. Standort des Handelsrechts


Das Handelsrecht ist Teil des Privatrechts. Sein zentraler Regelungsgegenstand ist der Rechtsverkehr der Kaufleute untereinander und mit nicht kaufmännischen Dritten. Allerdings enthält das Handelsrecht auch zahlreiche öffentlich-rechtliche Normen, so z.B. die Regelungen über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters, §§ 7 ff. HGB (vgl. Brüggemann, Dieter in: Staub, Hermann 1983, Einleitung Rdnr. 14). Diese öffentlich-rechtlichen Normen geben jedoch nur rechtliche Rahmenbedingungen für die private Tätigkeit der Kaufleute vor.
Abzugrenzen ist das Handelsrecht einerseits von dem – ebenfalls zum Privatrecht zählenden – Gesellschaftsrecht (dazu unten V.) und andererseits vom überwiegend öffentlich-rechtlich geprägten Wirtschaftsrecht (Brüggemann, Dieter in: Staub, Hermann 1983, Einleitung Rdnr. 2 ff.), das der Ordnung und Lenkung des Wirtschaftsgeschehens sowie der Gefahrenabwehr dient. Zum Wirtschaftsrecht zählen beispielsweise das allgemeine (Gewerbeordnung) und besondere Gewerberecht (z.B. Handwerksordnung, Kreditwesengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz, Bundesimmissionsschutzgesetz), das Kartell- und Vergaberecht (GWB), das materielle Preis- und das Subventionsrecht, usw.

II. Begriff sowie Sinn und Zweck des Handelsrechts


Das Handelsrecht ist das Sonderprivatrecht der Kaufleute (Schmidt, Karsten 1999, S. 3 ff.). Es modifiziert und ergänzt das allgemeine, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegte Privatrecht im Blick auf die Bedürfnisse des kaufmännischen Rechtsverkehrs. Dieser verlangt in verstärktem Maße nach Leichtigkeit, Schnelligkeit, Flexibilität, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie Transparenz. Diesen Bedürfnissen trägt das Gesetz zum einen dadurch Rechnung, dass bestimmte Vorschriften des bürgerlichen Rechts, die dem Schutz von Privaten dienen, für Kaufleute nicht oder nur eingeschränkt gelten, sofern das betreffende Rechtsgeschäft zum Betrieb ihres Handelsgewerbes gehört (vgl. z.B. § 766 BGB vs. § 350 i.V.m. §§ 343, 344 HGB). Derlei Vorschriften vergrößern den Spielraum für privatautonome Rechtsgestaltung. Sie setzen allerdings auch voraus, dass Kaufleute besser als Nicht-Kaufleute in der Lage sind, ihre eigenen Interessen zu wahren. Zum anderen trägt das Gesetz den Bedürfnissen des kaufmännischen Rechtsverkehrs dadurch Rechnung, dass es Kaufleuten Obliegenheiten auferlegt, die sie bei Meidung von Rechtsnachteilen zu einer beschleunigten Reaktion und Disposition anhalten (z.B. § 377 HGB). Zudem treffen Kaufleute zahlreiche zusätzliche Pflichten (z.B. §§ 238 ff. HGB).

III. Rechtsquellen des Handelsrechts


Die bedeutendste Rechtsquelle des Handelsrechts ist das Handelsgesetzbuch (HGB). Daneben gibt es eine Vielzahl von Nebengesetzen (z.B. das Wechsel- und Scheckgesetz oder das Versicherungsvertragsgesetz). Zudem richten sich zahlreiche Normen des bürgerlichen Rechts an Unternehmer (z.B. §§ 310, 312 ff., 474 ff., 481 ff., 491 ff., 499 ff. BGB), wobei der in § 14 BGB definierte Begriff des Unternehmers weiter ist als derjenige des Kaufmanns (§§ 1 ff. HGB) und insbesondere auch Freiberufler umfasst. Jeder Kaufmann i.S.d. HGB ist daher zugleich Unternehmer i.S.d. BGB. Zu beachten sind überdies das Gewohnheitsrecht, wozu insb. die Grundsätze des sog. kaufmännischen Bestätigungsschreibens (KBS) gehören, sowie Handelsbräuche (§ 346 HGB), denen vor allem bei der Auslegung von nationalen (z.B. „ Barzahlung “ , „ Lieferung vorbehalten “ ) und internationalen Handelsklauseln (sog. Incoterms, dazu Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus 2003, § 346) Bedeutung zukommt (Schmidt, Karsten 1999, S. 23 f.). Besonders wichtig sind ferner Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), wobei die §§ 305 ff. BGB zu Gunsten von Unternehmern nur eingeschränkte (§ 310 Abs. 1 BGB), bei Verbraucherverträgen dagegen zu ihren Lasten erweiterte Anwendung (§ 310 Abs. 3 BGB) finden. In manchen Branchen sind die AGB einheitlich gefasst (z.B. die AGB-Banken bzw. -Sparkassen).
Schließlich macht der Handelsverkehr keinen Halt an nationalen Grenzen. Das Handelsrecht war daher stets besonders um eine Rechtsangleichung bemüht, und zwar nicht nur im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft (EG), sondern auch auf internationaler Ebene (z.B. durch die United Nations Commission on International Trade Law – UNCITRAL). Hierdurch haben internationale Abkommen (z.B. auf dem Gebiet des Transportrechts) als Quelle handelsrechtlicher Normen erhebliche Bedeutung erlangt. Besonders bedeutsam ist das UN-Abkommen über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980 (CISG), das in Deutschland seit dem 01.01.1991 in Kraft ist und ein Sonderrecht für den Warenkauf zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben, schafft.

IV. Das HGB im Überblick


Angesichts dieser vielfältigen Rechtsquellen ist eine zusammenfassende Darstellung des gesamten Handelsrechts hier nicht möglich. Genügen muss vielmehr ein kursorischer Überblick über das erste (u. IV.1.), zweite (u. IX.1.b. bis d.) und vierte Buch des HGB (IV.2.). Das dritte Buch (§§ 238 – 339) über die Buchführung und Rechnungslegung wird im Rahmen der Rechnungslegungsgrundsätze behandelt. Und das fünfte Buch (Seehandel, §§ 476 – 905) bleibt als Spezialmaterie ganz aus der Darstellung ausgeklammert.

1. Erstes Buch (§§ 1 – 104 HGB)


Das erste Buch regelt zunächst in den §§ 1 – 7, wer Kaufmann im Sinne des HGB ist. Davon hängt ab, ob die Normen des HGB überhaupt anwendbar sind; denn das setzt die Kaufmannseigenschaft mindestens eines der Beteiligten voraus. Heute gibt es nur noch zwei Arten von Kaufleuten, nämlich kraft Betriebs eines Handelsgewerbes (§ 1 HGB) und kraft Eintragung in das Handelsregister (§§ 2, 3, 5, 6). Handelsgewerbe ist dabei jeder Gewerbebetrieb, es sei denn (widerlegbare Vermutung), dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Ist ein Gewerbebetrieb nicht von dieser Art oder von diesem Umfang, kann die Firma des Unternehmens gleichwohl in das Handelsregister eingetragen und hierdurch die Kaufmannseigenschaft erworben werden (§ 2 HGB). Voraussetzung ist jedoch stets das Betreiben eines Gewerbes, wozu aus historischen, heute nicht mehr gerechtfertigten Gründen freiberufliche Tätigkeiten (wie etwa von Ärzten, Anwälten und Architekten) nicht gehören (Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus 2003, § 1 Rdnr. 12, 19 f.). Nur bei Formkaufleuten kommt es gemäß § 6 Abs. 2 HGB nicht auf den Gegenstand des Unternehmens an.
Es folgen Regelungen zum Handelsregister (§§ 8 – 16), welches als öffentliches Register bei einem Amtsgericht geführt wird und aus welchem der Handelsverkehr schnell und zuverlässig Informationen zu wichtigen Rechtstatsachen des Handels- und Gesellschaftsrechts entnehmen kann. Als öffentliches Register genießt das Handelsregister öffentlichen Glauben hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der in ihm enthaltenen Eintragungen (Krafka, Alexander in: Schmidt, Karsten 2005, § 8 Rdnr. 3 ff.), was u.a. durch die auch praktisch wichtige Vorschrift des § 15 HGB gewährleistet wird.
Daran schließen sich in den §§ 17 ff. Regelungen zum Firmenrecht an. Die Firma ist der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt (§ 17 Abs. 1 HGB).
Die §§ 48 – 104 behandeln das Recht der kaufmännischen Hilfspersonen, wobei zwischen den unselbstständigen (insb. Prokurist und Handlungsbevollmächtigter) und den selbstständigen Hilfspersonen (Handelsvertreter und Handelsmakler) differenziert wird. Andere selbstständige Hilfspersonen wie insb. der Vertragshändler und Franchisenehmer sind nicht besonders gesetzlich geregelt. Das Kommissionsgeschäft ist in den §§ 383 ff. HGB normiert.

2. Viertes Buch (§§ 343 – 460 HGB)


Das vierte Buch enthält Regelungen zu den Handelsgeschäften. Das sind alle Geschäfte, die zum Betrieb des Handelsgewerbes des Kaufmanns gehören (§ 343 f. HGB). Im ersten Abschnitt finden sich allgemeine, für alle Handelsgeschäfte geltende Regelungen, welche insbesondere die Normen des BGB entsprechend den Bedürfnissen des Handelsverkehrs modifizieren (s. dazu bereits oben bei II., weitere Beispiele: erhöhter Sorgfaltsmaßstab, § 347; keine Einrede der Vorausklage, § 349; höhere Zinsen, § 352).
Die Abschnitte 2 bis 7 regeln einzelne Handelsgeschäfte, nämlich den Handelskauf (§§ 373 – 382) sowie das Kommissions- (§§ 383 – 406), Fracht- (§§ 407 – 452d), Speditions- (§§ 453 – 466) und Lagergeschäft (§§ 467 – 475h). Gesetzlich nicht normiert sind moderne, dem historischen Gesetzgeber des 19. Jahrhunderts noch unbekannte Vertragstypen wie Leasing, Factoring, Franchising usw.

V. Standort und Begriff des Gesellschaftsrechts


Auch das Gesellschaftsrecht ist Teil des Privatrechts. Es handelt von Personenzusammenschlüssen, die durch privatrechtlichen Vertrag begründet wurden, um hierdurch einen bestimmten Zweck zu verfolgen (vgl. § 705 BGB). Geregelt werden die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft, der Gesellschafter untereinander sowie der Gesellschaft und der Gesellschafter zu außenstehenden Dritten (Schmidt, Karsten 2002, S. 3 ff.). Bei GmbH und AG sind auch Einpersonen-Gesellschaften zulässig (§§ 1 GmbHG, 2 AktG) und verbreitet (ca. 45% aller GmbH).

VI. Rechtsquellen des Gesellschaftsrechts


Die Rechtsquellen des Gesellschaftsrechts sind weit auf verschiedene Gesetze verstreut. Regelungen zu Gesellschaften und Vereinen finden sich insb. im BGB (nämlich §§ 21 ff. zum Idealverein und §§ 705 ff. zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR), im HGB (§§ 105 ff. zur OHG, §§ 161 ff. zur KG und §§ 230 ff. zur stillen Gesellschaft), im Aktiengesetz (zur AG und KGaA), im GmbHG (GmbH), im Genossenschaftsgesetz (e.G.), im VAG (Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, VVaG) und im PartGG (Partnerschaftsgesellschaft). Hinzu treten die EG-Verordnungen (Nr. 2137/85 und Nr. 2157/2001) über die europäischen Rechtsformen, nämlich die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) und über die Europäische (Aktien-) Gesellschaft (SE) (hierzu: Habersack, Mathias 2006, S. 353 ff., 392 ff.).

VII. Numerus clausus der Rechtsformen, Rechtsformzwang und Gestaltungsfreiheit


Das Gesetz stellt nur eine bestimmte Anzahl von Rechtsformen zur Verfügung (sog. numerus clausus der Rechtsformen), zwischen denen grundsätzlich Wahlfreiheit besteht. Nur ausnahmsweise schreibt das Gesetz vor (sog. Rechtsformzwang i.e.S.), dass bestimmte Unternehmen nur in bestimmten Rechtsformen betrieben werden können (so § 7 Abs. 4 VAG, wonach Versicherungen die Form einer AG, eines VVaG sowie einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts haben müssen), oder dass bestimmte Rechtsformen nur für bestimmte Unternehmen offen stehen (so kann in Form einer OHG oder KG gemäß §§ 105 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 HGB nur ein Handelsgewerbe betrieben und in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft gemäß § 1 PartGG nur ein freier Beruf ausgeübt werden).
Zudem besteht innerhalb der Rechtsformen grundsätzlich Gestaltungsfreiheit. Innerhalb verhältnismäßig weniger zwingender Regeln namentlich zum Schutz des Rechtsverkehrs und von Gesellschaftsgläubigern können die Gesellschafter daher im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung regeln, was immer ihnen beliebt. Grundsätzlich zulässig sind daher auch sog. Typendehnungen (z.B. Publikumspersonengesellschaft) und Grundtypenvermischungen (z.B. GmbH & Co. KG). Nur bei der AG ist die Gestaltungsfreiheit stark eingeschränkt: Gemäß § 23 Abs. 5 AktG kann die Satzung der Gesellschaft lediglich insoweit von den Vorschriften des Aktiengesetzes abweichen, als dies ausdrücklich zugelassen ist (sog. Grundsatz der Satzungsstrenge).
Schließlich kann nach der Rechtsprechung des EuGH (zuletzt Neue Juristische Wochenschrift 2003, S. 3331 ff. „ Inspire Art “ ) jedermann innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine Gesellschaft in der Absicht gründen, den tatsächlichen Verwaltungssitz in einem anderen Mitgliedstaat zu nehmen und das Unternehmen auch dort zu betreiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 153, 353; 164, 148) gilt das ebenso für Gesellschaften, die in einem EWR-Mitgliedstaat (das sind neben den EG-Mitgliedstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein) oder den USA gegründet werden. Neben rund einem Dutzend deutscher und zwei europäischer Rechtsformen stehen daher bei einer Unternehmensgründung die Rechtsformen aller 28 EWR-Mitgliedstaaten sowie aller 50 Bundesstaaten der USA sowie Mischformen zwischen ihnen (z.B. Ltd. & Co. KG) zur Auswahl.
Aufgrund des numerus clausus der Rechtsformen unzulässig ist jedoch die Gründung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsform (Schmidt, Karsten 2002, S. 96 f.). Dergleichen führt freilich nicht zur Unwirksamkeit des betreffenden Gesellschaftsvertrages, sondern nur dazu, dass das Phantasiegebilde einer der zulässigen Rechtsformen zugewiesen wird, und zwar im Zweifel derjenigen Grundrechtsform (GbR, OHG bzw. nicht eingetragener Verein), die von ihrer Verfassung her am ehesten auf die in Frage stehende Organisation passt (sog. Rechtsformzwang i.w.S., näher Schmidt, Karsten 2002, S. 102 f.).

VIII. Allgemeine Regeln des Gesellschaftsrechts


Das gesamte Gesellschaftsrecht ist von einigen gemeinsamen Grundsätzen und Regelungen geprägt, die prinzipiell für alle Rechtsformen gelten. Dazu gehört neben dem numerus clausus der Rechtsformen und dem Rechtsformzwang, die Fähigkeit von Gesellschaften und Vereinen Inhaber von Rechten und Pflichten sein zu können (sog. Rechtsfähigkeit). Eine Ausnahme gilt insofern lediglich für bloße Innengesellschaften. Hauptbeispiel hierfür ist die stille Gesellschaft.
Alle Verbände verfügen zudem über einen zumindest zweistufigen Organisationsaufbau. Höchstes (bei der AG ist dieser Vorrang allerdings abgeschwächt), zwingend für Änderungen der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages zuständiges Organ ist die Mitgliedergesamtheit (oft verkürzt als Mitgliederversammlung bezeichnet). Daneben tritt zumindest ein für die Geschäftsführung und Vertretung zuständiges Organ, mag dies auch (wie bei der OHG) aufgrund von Personenidentität nicht immer deutlich werden. Die AG hat zudem zwingend einen Aufsichtsrat. Bei der GmbH gilt dies nur, wenn sie der Mitbestimmung unterliegt. Sonst ist die Statuierung eines Aufsichtsrats fakultativ möglich (Lutter, Marcus/Hommelhoff, Peter 2004, § 52 Rdnr. 1). Das gilt – außer bei der AG – auch für die Bildung sonstiger Organe (z.B. eines Beirats).
Die Organe bilden unmittelbar oder mittelbar den Willen des Verbandes. Ihr Handeln wird dem Verband als eigenes zugerechnet. Die Organe ihrerseits bilden ihren Willen durch Beschlüsse. Ein Beschluss ist die Entscheidung eines Kollektivorgans über einen Antrag. Es ist ein Rechtsgeschäft eigener Art (Schmidt, Karsten in: Scholz, Franz 2002, § 45 Rdnr. 18). Die einzelnen Stimmen der Organmitglieder sind empfangsbedürftige Willenserklärungen. Sind einzelne Stimmen nichtig (z.B. mangels Stimmberechtigung aufgrund eines Stimmrechtsausschlusses oder wegen einer Treupflichtverletzung), so dürfen sie nicht mitgezählt werden, was das Beschlussergebnis beeinflussen kann. Ist der Beschluss selbst fehlerhaft, so ist er entweder nichtig oder innerhalb einer gewissen Frist (§ 246 Abs. 1 AktG: 1 Monat) anfechtbar. Mängel des Beschlusses können dabei auf seinem Zustandekommen (formelle Mängel) oder auf seinem Inhalt (materielle Mängel) beruhen.
Von den Organen sind die Organmitglieder zu unterscheiden. Organmitglieder sind die – meist, aber nicht stets notwendig natürlichen – Personen, mit denen die Organe besetzt sind. Dabei sind geborene und gekorene Organmitglieder zu unterscheiden. Geborene Organmitglieder sind die Verbandsmitglieder, die ihre Organstellung durch ihre Mitgliedschaft ipso jure erwerben. Gekorene Organmitglieder erwerben ihre Organmitgliedschaft dagegen durch einen Bestellungsakt (z.B. GmbH-Geschäftsführer). Der Bestellungsakt kann durch Beschluss des hierfür zuständigen Organs oder in dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung erfolgen. Zudem bedarf die Bestellung des Einverständnisses des bestellten Organmitglieds.
Ferner gehört zu den allgemeinen Regeln die Unterscheidung zwischen Geschäftsführung (Geschäftsführungsbefugnis) und Vertretung (Vertretungsmacht). Zur Geschäftsführung zählen alle Handlungen zur Förderung des Verbandszwecks i.w.S., wobei die Befugnis des Geschäftsführungsorgans (das rechtliche Dürfen) zur Vornahme solcher Handlungen im Verhältnis zur Gesellschaft (also im Innenverhältnis) in jeder Hinsicht eingeschränkt sein kann und in der Praxis auch vielfach eingeschränkt wird (insb. durch Zustimmungsvorbehalte zu Gunsten der Gesellschafter oder eines Aufsichtsrats). Demgegenüber betrifft die Vertretung die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen (insb. bei der Vornahme von Rechtsgeschäften). Zur Vertretung und Geschäftsführung ist regelmäßig dasselbe Organ berufen (z.B. bei Verein und AG der Vorstand, bei der GmbH die Geschäftsführer). Dabei betrifft die Vertretungsmacht das rechtliche Können im Außenverhältnis. Beim Idealverein und bei der GbR kann auch die Vertretungsmacht weitgehend eingeschränkt werden, nicht aber bei den Handelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH, AG) und wirtschaftlichen Vereinen (e.G., VVaG). Dort ist die Vertretungsmacht des Vertretungsorgans zwingend unbeschränkt und unbeschränkbar (§§ 126, 161 Abs. 2 HGB; §§ 35, 37 GmbHG; §§ 78, 82 AktG; §§ 24 Abs. 1, 27 GenG; § 34 VAG i.V.m. §§ 78, 82 AktG).
Aus der Mitgliedschaft in einem Verband folgen bestimmte Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten gehören insbesondere die mitgliedschaftliche Beitragspflicht und die mitgliedschaftliche Treupflicht (Ulmer, Peter in: Ulmer, Peter 2004, § 705 Rdnr. 221 f.). Zu den wichtigsten mitgliedschaftlichen Rechten gehören das mitgliedschaftliche Stimmrecht, das mitgliedschaftliche Informationsrecht, das Teilnahme- und Rederecht, der Anspruch auf Gleichbehandlung und ggf. ein Recht auf Beteiligung am Gewinn und dem Liquidationserlös.
Zur Vollbeendigung eines Verbandes bedarf es regelmäßig der Auflösung und Liquidation. Dabei dient die Durchführung eines ordnungsgemäßen Liquidationsverfahrens vor allem der Befriedigung der Gläubiger und damit deren Schutz. Dementsprechend ist ein liquidationsloses Erlöschen die Ausnahme (Beispiel: Wegfall des vorletzten Gesellschafters einer OHG: In diesem Fall geht das Vermögen der Gesellschaft ipso jure auf den letzten verbleibenden Gesellschafter über).

IX. Überblick über die wichtigsten Gesellschaftsformen


Herkömmlich werden die vom Gesetz zur Verfügung gestellten Gesellschaftsformen in zwei Gruppen eingeteilt: Personengesellschaften und Körperschaften. Die Unterschiede zwischen ihnen ergeben sich aus folgender Tab. 1.
Handels- und Gesellschaftsrecht
Tab. 1: Unterschiede zwischen Personengesellschaften/Körperschaften
Dabei besagt das Prinzip der Selbstorganschaft, dass nur Mitglieder an der organschaftlichen Geschäftsführung und Vertretung teilhaben dürfen. Während also Personengesellschaften auf eine individuelle Tätigkeitsgemeinschaft einer relativ kleinen Anzahl natürlicher Personen angelegt sind, sind Körperschaften überindividuelle Organisationen, die auf eine Vielzahl sich nicht persönlich engagierender Mitglieder ausgerichtet sind (Ulmer, Peter in: Ulmer, Peter 2004, Vor § 705 Rdnr. 13).
Bemerkenswert ist überdies, dass der gesetzlich notwendige Gründungsaufwand bei Personengesellschaften noch erheblich geringer und die Gestaltungsfreiheit noch größer sind als bei Körperschaften. Eine GbR oder OHG kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung durch konkludentes Handeln zustande kommen! Allerdings sind die gesetzlichen Regeln vielfach nicht interessengerecht und müssen daher in der Praxis regelmäßig im Gesellschaftsvertrag modifiziert werden.

1. Personengesellschaften


Die wichtigsten Personengesellschaften sind GbR, OHG, KG, deren Sonderformen sowie die stille Gesellschaft. Europäische Wirtschaftliche Interessengemeinschaft (EWIV) und Partnerschaftsgesellschaft (PartG) spielen dagegen kaum eine Rolle.

a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts


Die GbR ist in den §§ 705 ff. BGB geregelt. Sie ist die Grundform aller Personengesellschaften, auf deren Regelungen ergänzend zurückgegriffen wird, s. § 105 Abs. 3 HGB. Dabei sind die Erscheinungsformen der GbR in der Praxis außerordentlich vielfältig: Bankkonsortien, Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe, Forschungsgemeinschaften und Anwaltskanzleien sind bspw. in dieser Rechtsform organisiert. Lediglich ein Handelsgewerbe kann die GbR nicht betreiben; denn dann ist sie kraft Rechtsformzwang (s.o. VII.) OHG.
Geschäftsführung und Vertretung liegen in den Händen aller Gesellschafter gemeinschaftlich (§§ 709 Abs. 1, 714 BGB), eine Regelung, die bei einem größeren Gesellschafterkreis evident unpraktikabel ist und abbedungen werden kann. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht können dabei beschränkt werden. Die Gesellschafter haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß §§ 128 ff. HGB analog zwingend persönlich und unbeschränkt. Abweichendes kann nur einzelvertraglich (nicht durch AGB!) mit Gläubigern vereinbart werden. Nach ihrem Ausscheiden haften die Gesellschafter für zuvor begründete Verbindlichkeiten (wozu auch Dauerschuldverhältnisse gehören) bis 5 Jahre nach Kenntnis der Gläubiger von ihrem Ausscheiden (sog. Nachhaftungsbegrenzung, § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB).
Größtes praktisches Problem ist, dass die GbR nicht in das Handelsregister eingetragen wird. Angesichts der Vielfalt der Erscheinungsformen – unter Einschluss von zahlreichen Gelegenheitsgesellschaften – wäre dies auch kaum anders möglich. Folge ist aber, dass Dritte nur schwer feststellen können, wer Gesellschafter war und ist.

b) Offene Handelsgesellschaft


Die OHG ist in den §§ 105 ff. HGB geregelt. Kennzeichnend für die OHG ist, dass ihr Unternehmensgegenstand auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist und alle Gesellschafter unbeschränkt haften. Die OHG ist in das Handelsregister einzutragen. Die Eintragung ist – außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 HGB – deklaratorisch. Im Gegensatz zur GbR besteht für gewöhnliche Geschäfte Einzelgeschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter, wobei die übrigen Gesellschafter jedoch ein Widerspruchsrecht haben, §§ 114, 115 HGB. Bei außergewöhnlichen Geschäften ist zudem die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich, § 116 HGB. Für die Vertretungsmacht gelten diese Einschränkungen dagegen nicht. Sie ist unbeschränkt und unbeschränkbar, § 126 HGB. Dabei ist – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – jeder Gesellschafter einzeln zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt, § 125 HGB. Hinsichtlich der persönlichen Haftung der Gesellschafter gilt das zuvor (unter a) Gesagte, wobei die Nachhaftungsbegrenzungsfrist mit der Eintragung des Ausscheidens in das Handelsregister beginnt.

c) Kommanditgesellschaft


Die Kommanditgesellschaft unterscheidet sich von der OHG dadurch, dass mindestens ein Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur beschränkt haftet, nämlich bloß in Höhe der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme, § 172 Abs. 1 HGB. Ist die Einlage in Höhe der Haftsumme geleistet, ist die Haftung ausgeschlossen, § 171 Abs. 1 HGB. Sie lebt wieder auf – freilich nur bis zur Höhe der eingetragenen Haftsumme – , soweit die Einlage zurückgewährt wird. Diese Haftungsbeschränkung wirkt gemäß § 176 HGB allerdings grundsätzlich erst ab Eintragung – was dringend zu beachten ist. Der Eintritt eines Kommanditisten sollte daher stets durch die Handelsregistereintragung aufschiebend bedingt vereinbart werden.
Die Kommanditisten sind von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen, haben aber bei ungewöhnlichen Geschäften ein Widerspruchsrecht, §§ 164, 170 HGB.

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GmbH & Co. KG: Die GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, an welcher eine GmbH als (für gewöhnlich einzige) persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist. Anstelle der GmbH kann bspw. auch eine Stiftung, anstelle der KG bspw. auch eine KGaA treten. Die Wahl solcher Grundtypenvermischungen ist vor allem durch steuer- und gesellschaftsrechtliche Überlegungen bestimmt. Sie ermöglicht den Betrieb einer Personengesellschaft, ohne dass eine natürliche Person unbeschränkt haftet (Binz, Mark K./Sorg, Martin H. 2005, S. 1 f.). Unterlaufen wird jedoch nicht nur der personengesellschaftsrechtliche Gläubigerschutz, sondern vielfach auch der GmbH-rechtliche Gläubigerschutz, was zu einer analogen Anwendung der §§ 30 f. GmbHG und zum Erlass des § 172a HGB geführt hat.

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Publikums-KG: Dabei handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, die darauf angelegt ist, zur Kapitalsammlung eine Vielzahl von Kommanditisten aufzunehmen, denen zumeist steuerliche Vorteile versprochen werden. Dementsprechend sind solche Publikumspersonengesellschaften im Unterschied zum gesetzlichen Regelmodell körperschaftlich strukturiert. Die Gesellschaftsanteile solcher KG werden auf dem Kapitalmarkt angeboten ( „ Grauer Markt “ ). Zum Schutz der Publikumskommanditisten hat der BGH besondere Rechtsgrundsätze entwickelt.

d) Stille Gesellschaft


Die stille Gesellschaft ist in §§ 230 ff. HGB geregelt und eine Form der BGB-Innengesellschaft. Sie ist auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Beteiligung des Stillen an dem Unternehmen eines anderen mit einer Vermögenseinlage gegen Beteiligung am Gewinn. Der Gesellschaftsvertrag kann weitere Regelungen vorsehen, bspw. die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust oder seine Mitwirkung in der Geschäftsführung des Unternehmens.

2. Körperschaften


Zu den Körperschaften gehören neben dem Idealverein (§§ 21 ff. BGB) die Wirtschaftsvereine (e.G. und VVaG) sowie die Kapitalgesellschaften (GmbH, AG und KGaA sowie die Europäische (Aktien-)Gesellschaft [SE]). Von überragender Bedeutung sind dabei die GmbH (rund 1 Mio.) und die AG (ca. 15.000, darunter aber fast alle Großunternehmen). Nur von ihnen ist daher im Folgenden zu handeln.
Bei den Kapitalgesellschaften steht nach dem gesetzlichen Leitbild nicht der persönliche Einsatz der Gesellschafter, sondern ihre Beteiligung mit Kapital im Vordergrund. Dementsprechend richtet sich insb. die Stimmkraft und die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter nicht –  wie nach dem gesetzlichen, aber abdingbaren und meist abgedungenen Regelungsmodell der Personengesellschaften – nach Köpfen, sondern nach Kapitalanteilen. Zugleich dient das vereinbarte Grund- (AG) bzw. Stammkapital (GmbH) den Gesellschaftsgläubigern als Haftungsfonds. Es aufzubringen und zu erhalten ist vornehmste Pflicht der Gesellschafter, durch deren Erfüllung sie sich gleichsam die Haftungsbeschränkung verdienen.

a) Die Aktiengesellschaft


Die Aktiengesellschaft ist im Aktiengesetz (AktG) geregelt. Eine AG kann zur Verwirklichung jeden Zwecks i.w.S. gegründet werden, sofern nicht gesetzliche Verbote entgegenstehen (Hüffer, Uwe 2006, AktG, § 23 Rdnr. 23). Unabhängig von dem betriebenen Zweck ist die AG stets Kaufmann (§ 3 Abs. 1 AktG i.V.m. § 6 HGB) und in das Handelsregister einzutragen (§ 41 Abs. 1 AktG). Die Eintragung ist konstitutiv. Den Gläubigern der AG haftet grundsätzlich nur die Gesellschaft. Ihr Grundkapital i.H.v. mindestens 50.000 Euro ist in (Nennbetrags- oder Stück-)Aktien geteilt (§§ 1 Abs. 2, 7 f. AktG), die die Mitgliedschaft verkörpern und gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen werden können. Hierauf beruht die Börsengängigkeit der Aktie. Herkömmlicherweise handelt es sich um Inhaberaktien, in jüngerer Zeit zunehmend um Namensaktien.
Besonders streng geregelt ist – sieht man von konzernrechtlichen Privilegierungen ab – ferner die Kapitalerhaltung bei der AG. Einerseits ist die Bildung von Rücklagen gesetzlich vorgeschrieben (§ 150 AktG). Andererseits ist jede Vorteilsgewährung an Gesellschafter außerhalb der Verteilung des Bilanzgewinns und neutraler Drittgeschäfte verboten. Geschützt ist daher das gesamte Vermögen der AG, nicht nur ihr Grundkapital (Hüffer, Uwe 2006, § 57 Rdnr. 2 f.).
Eine weitere Besonderheit ist die Organisationsverfassung der AG. Sie ist zwingend dreistufig. Dabei ist die Hauptversammlung zwar ebenfalls für Grundlagenänderungen zuständig (§ 179 Abs. 1 Satz 1 AktG). Sie hat jedoch kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand (Kort, Michael/ in: Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert 2003, § 76 Rdnr. 2), sondern wählt lediglich die Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 119 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 101 Abs. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG), der seinerseits die Mitglieder des Vorstands bestellt (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG). Auch der Aufsichtsrat hat freilich kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand, sondern hat nur dessen Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG). Hierzu sind allerdings Zustimmungsvorbehalte zu formulieren (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Der Vorstand leitet die Gesellschaft jedoch in eigener Verantwortung (§ 76 Abs. 1 AktG). Seine Stellung ist damit ungewöhnlich stark. Insgesamt versucht das Gesetz ein Gleichgewicht zwischen allen drei Organen herzustellen (Kort, Michael in: Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert 2003, Vor § 76 Rdnr. 9 ff.).
Dieses Gleichgewicht wird allerdings gestört, wenn ein Aktionär eine sichere Hauptversammlungsmehrheit hat. Dann kann er entgegen der gesetzlichen Regel faktisch sehr wohl seine Wünsche gegenüber dem Vorstand durchsetzen. Diese Erkenntnis stand Pate sowohl für die Entwicklung des Konzernrechts (Emmerich, Volker/Habersack, Mathias 2005, S. 1 ff., §§ 15 ff., 291 ff., 311 ff. AktG) als auch für die Ausgestaltung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, vgl. §§ 29 Abs. 2, 35 ff. WpÜG (Habersack, Mathias 2006, Rdnr. 351 f.).

b) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung


Die GmbH ist als eine Art „ kleine AG “ konzipiert, die die Vorteile einer Kapitalgesellschaft mit denjenigen einer Personengesellschaft vereint. Im Unterschied zur AG haben die Gesellschafter der GmbH daher das uneingeschränkte Sagen. Insbesondere können sie die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer „ auf Null “ reduzieren und diesen zu jeder Zeit in jeder Hinsicht durch Beschluss Weisungen erteilen (Schneider, Uwe H. in: Scholz, Franz 2000, § 37 Rdnr. 30). Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist allerdings unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 35, 37 Abs. 2 GmbHG). Zudem ist die Gestaltungsfreiheit insgesamt längst nicht so eingeschränkt wie bei der Aktiengesellschaft (§ 23 Abs. 5 AktG), sondern ähnlich groß wie bei den Personengesellschaften. Zwingend sind vor allem die gläubigerschützenden Vorschriften der Kapitalaufbringung (§§ 5, 7 ff., 19 ff. GmbHG) und -erhaltung (§§ 30 ff. GmbHG), die allerdings ebenfalls nicht so streng sind wie bei der AG. Eben hier liegen freilich auch die größten Probleme. Das kann vorliegend nicht näher ausgeführt werden, zumal eine GmbH-Reform zu erwarten steht, die –  auch im Blick auf die Konkurrenz ausländischer Rechtsformen – eine Rechtsvereinfachung zum Ziel hat.
Grundsätzlich haftet gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG den Gläubigern der Gesellschaft bloß das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter haften der Gesellschaft jedoch für die Einhaltung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften. Zudem ist in Ausnahmefällen (insb. bei sog. existenzgefährdenden Eingriffen) eine persönliche und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern anerkannt.
Große Haftungsrisiken tragen auch die Geschäftsführer der Gesellschaft. Erwähnt seien §§ 31 Abs. 6, 43 Abs. 3, 64 Abs. 2 GmbHG sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 266a Strafgesetzbuch und § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 Abgabenordnung, um nur die wichtigsten Vorschriften zu nennen.
Literatur:
Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J. : Handelsgesetzbuch, 31. A., München 2003
BGH, : Urteil vom 29.01.2003, Az.: VIII ZR 155/02, abgedruckt u.a. in: Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen 153, S. 353 ff
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Schmidt, Karsten : Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, München 2005
Scholz, Franz : Kommentar zum GmbH-Gesetz, 9. A., Köln 2000 ff
Staub, Hermann : Handelsgesetzbuch, 4. A., Berlin et al. 1983 ff
Ulmer, Peter : Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Bd. V Schuldrecht Besonderer Teil III §§ 705 – 853 PartGG, ProdHaftG, 4. A., München 2004

 

 


 

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