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Rücklagen und Rückstellungen


Inhaltsübersicht
I. Begriffsabgrenzung
II. Rücklagen
III. Rückstellungen

I. Begriffsabgrenzung


Rücklagen und Rückstellungen sind bilanzrechtliche Begriffe, die die Kapitalherkunft, also die Passivseite der Bilanz betreffen. Rücklagen entstehen entweder durch Zuführung von Eigenkapital über das Nennkapital hinaus oder durch Einbehaltung von Gewinnen. Sie sind Teil des Eigenkapitals. Rückstellungen betreffen Verbindlichkeiten, Drohverluste und bestimmte Aufwendungen, deren Grund und/oder Höhe noch ungewiss ist. Sie werden dem Fremdkapital zugerechnet.

II. Rücklagen


Zu unterscheiden sind offene und stille Rücklagen. Offene Rücklagen werden im Rahmen des Eigenkapitals auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen. Für Unternehmen mit festem Nennkapital, wie Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, ist nach dem handelsrechtlichen Gliederungsschema (§ 266 II HGB) neben dem gezeichneten Kapital ein gesonderter Ausweis der Rücklagen vorgeschrieben. Dabei werden die Rücklagen nach der Herkunft des Kapitals in Kapital- und Gewinnrücklagen unterteilt. Bei Unternehmen ohne festes Nennkapital, wie Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften, sind diese Rücklagen, sofern keine abweichenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen getroffen sind, Bestandteil der (variablen) Kapitalkonten der Eigentümer. Eine Aufgliederung in Kapital- und Gewinnrücklagen ist nicht erforderlich (IDW RS HFA 7, Tz. 35).
Stille Rücklagen oder Reserven entstehen im Wesentlichen durch Unterbewertung von Aktiva bzw. Überbewertung von Passiva und sind daher für den Bilanzleser nicht erkennbar.
Die finanzwirtschaftlichen Effekte liegen vor allem darin, dass durch die Bildung von Rücklagen die Ausschüttung der entsprechenden Beträge an die Eigentümer verhindert und damit die Eigenkapitalbasis des Unternehmens gestärkt wird. Die im Unternehmen verbleibenden Mittel können statt dessen etwa für Investitionen oder zur Rückzahlung von Fremdkapital genutzt werden (Büschgen, H. E. 1991; Perridon, /Steiner, 2004; Wöhe, G. 1997).
Rücklagen repräsentieren eine bestimmte Herkunft des Kapitals, das in allen auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerten seine Verwendung gefunden hat. Insoweit muss mit der Bildung und dementsprechend auch der Auflösung von Rücklagen kein unmittelbarer Finanzierungseffekt verbunden sein. Finanzierungseffekte ergeben sich aus der Vermögensstruktur, etwa durch das Vorhandensein von Liquiditätsreserven (Perridon, /Steiner, 2004).

1. Offene Rücklagen

a) Kapitalrücklagen


Als Kapitalrücklage sind Eigenkapitalzuführungen (Geld- oder bewertete Sachmittel) auszuweisen, die im Einzelnen im § 272 II HGB aufgeführt sind (Agiobeträge und andere Zahlungen). Bei der AG unterliegen die verschiedenen Bestandteile unterschiedlichen Restriktionen hinsichtlich ihrer Verwendung (§ 150 III und IV AktG). Finanzwirtschaftlich betrachtet ist die Einlage von Geld- oder Sachmitteln durch die Gesellschafter eine Form der externen Eigenfinanzierung (Büschgen, H. E. 1991).

b) Gewinnrücklagen


Nach § 272 III HGB sind als Gewinnrücklagen Beträge auszuweisen, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem erwirtschafteten Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören die gesetzliche Rücklage, nach Gesellschaftsvertrag oder Satzung zu bildende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen. Unter den Gewinnrücklagen ist gemäß § 266 II HGB außerdem die Rücklage für eigene Aktien auszuweisen. Die Bildung von Gewinnrücklagen ist eine Form der Selbstfinanzierung.
(a) AG und KGaA müssen gemäß §§ 150 I und II, 278 III AktG eine gesetzliche Rücklage bilden. Dieser Rücklage sind 5% des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses solange zuzuführen, bis die gesetzliche Rücklage und die Beträge der Kapitalrücklage gemäß § 272 II Ziff. 1 – 3 HGB zusammen einen Betrag von mindestens 10 % des Grundkapitals ausmachen. Die Satzung kann auch einen höheren Teil des Grundkapitals festlegen. Die Auflösung der gesetzlichen Rücklage unterliegt den Restriktionen des § 150 III und IV AktG. Für GmbH gibt es keine entsprechende Dotierungsverpflichtung.
(b) Satzung oder Gesellschaftsvertrag einer Kapitalgesellschaft können die Bildung und Verwendung von Gewinnrücklagen zwingend vorschreiben oder dazu ermächtigen. Grundlage, Organzuständigkeit und Grenzen dafür ergeben sich für AG/KGaA aus § 58 AktG, für GmbH aus § 29 I und II GmbHG. Entscheidend für einen Ausweis als satzungsmäßige Rücklagen ist, dass die Bildung aufgrund einer bindenden Verpflichtung (Pflichtrücklagen) und nicht nur aufgrund einer Ermächtigung (Ermessensrücklagen) erfolgt.
(c) Kapitalgesellschaften müssen eigene Anteile oder Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen als Wertpapiere des Umlaufvermögens ausweisen und in Höhe des aktivisch angesetzten Betrages auf der Passivseite eine Rücklage für eigene Anteile bilden (§ 272 IV HGB). Der Betrag kann der Rücklage aus dem Jahresüberschuss, einem Gewinnvortrag, aus vorhandenen, frei verfügbaren Gewinnrücklagen oder aus Beträgen der Kapitalrücklage gemäß § 272 II Ziff. 4 HGB zugeführt werden. Die Rücklage ist jedoch auch zu bilden, wenn dies zu einem Bilanzverlust führt, weil entsprechende Beträge nicht zur Verfügung stehen. Sie darf nur bei Ausgabe, Veräußerung oder Einziehung der Anteile aufgelöst werden oder soweit aktivisch ein niedrigerer Wert für die Anteile gemäß § 253 III HGB anzusetzen ist. Mit der Rücklage wird verhindert, dass über den Erwerb eigener Anteile Kapital an die Anteilseigner zurückgezahlt wird (Küting, K./Weber, C.-P. 2002).
(d) Stellen Vorstand und Aufsichtsrat einer AG den Jahresabschluss fest, dürfen sie bis zu 50% des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen. Die Satzung kann diese Kompetenz auf einen kleineren Teil beschränken (nicht bei börsennotierten AG) oder auf einen größeren Teil erweitern. Aufgrund einer solchen Satzungsermächtigung dürfen keine Beträge in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden, wenn diese die Hälfte des Grundkapitals übersteigen (§ 58 II AktG).
Stellt bei einer AG die Hauptversammlung den Jahresabschluss fest, so kann die Satzung bestimmen, dass Beträge aus dem Jahresüberschuss, höchstens jedoch 50%, in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen sind (§ 58 I AktG). Im Rahmen ihrer Kompetenz hinsichtlich der Verwendung des Bilanzgewinns kann die Hauptversammlung weitere Beträge in die anderen Gewinnrücklagen einstellen (§ 58 III AktG).
Bei einer GmbH ist für Gewinnthesaurierungen ausschließlich die Gesellschafterversammlung zuständig, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht anderes (z.B. Ermächtigung der Geschäftsführung) vor (§ 29 II GmbHG).

2. Stille Rücklagen


Stille Rücklagen oder Reserven entstehen dadurch, dass auf der Aktivseite der Bilanz Vermögensgegenstände entweder gar nicht oder mit einem niedrigeren Wert angesetzt werden, als ihrem Veräußerungs- oder Wiederbeschaffungszeitwert entspricht, und auf der Passivseite Verpflichtungen mit einem höheren Wert angesetzt werden, als für ihre Erfüllung erforderlich ist. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften verbieten z.B. die Aktivierung selbsterstellter Patente und einen Wertansatz für Vermögensgegenstände, der über den (historischen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt. Dadurch ergeben sich zwangsläufig stille Reserven. Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften enthalten jedoch auch Bewertungswahlrechte, die bewusst so ausgeübt werden können, dass stille Reserven entstehen (z.B. durch die Bewertung von Erzeugnissen mit den Einzelkosten). Stille Reserven können außerdem dadurch entstehen, dass für bestimmte Bewertungsfragen Ermessens- oder Schätzungsspielräume bestehen (z.B. hinsichtlich des Wertansatzes für ungewisse Verpflichtungen). Eine wesentliche Ursache für stille Reserven ergibt sich außerdem aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit: Die Inanspruchnahme steuerrechtlicher Sonderabschreibungen setzt deren Berücksichtigung auch in der Handelsbilanz voraus.
Mit stillen Rücklagen sind finanzwirtschaftliche Effekte verbunden, da ihre Bildung entweder aufwandswirksam (z.B. bei steuerrechtlichen Sonderabschreibungen) oder noch nicht ertragswirksam (z.B. durch das Verbot, unrealisierte Wertsteigerungen bei Vermögensgegenständen zu berücksichtigen) ist. Im Ergebnis kommt dies einer Einbehaltung von Gewinnen gleich.
Die einbehaltenen Mittel sind aus dem Jahresabschluss nicht ersichtlich; gleiches gilt für die Auflösung stiller Rücklagen, insbesondere wenn sie still, z.B. durch zu niedrige Abschreibungen, erfolgt. Dabei besteht die Gefahr der Kapitalfehlleitung, indem eine nicht vorhandene Ertragskraft vorgetäuscht wird, die u.U. Kapitalgeber zu Investitionen in das Unternehmen veranlassen kann (ADS, 1995, Vorb. zu §§ 252 – 256 HGB, Tz. 22). Zudem wirkt sich eine stille Auflösung auf die laufende Finanzpolitik aus, wenn Gesellschafter und Fiskus auf der Basis des höheren Gewinnausweises finanzielle Ansprüche an das Unternehmen stellen.

3. Sonderposten mit Rücklageanteil


Der Sonderposten mit Rücklageanteil (§§ 273, 247 III HGB) beruht auf steuerlichen Wertansätzen, die eine zeitliche Verschiebung der Besteuerung bezwecken, wobei die steuerliche Anerkennung aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit (§ 5 I Satz 2 EStG) voraussetzt, dass die entsprechenden Wertansätze auch in der Handelsbilanz berücksichtigt werden. Beispiele hierfür sind die Reinvestitionsrücklage gemäß § 6 EStG und die Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß Abschnitt 35 EStR, mit deren Hilfe stille Reserven, die bei Veräußerung oder erzwungenem Ausscheiden von bestimmten Wirtschaftsgütern aus dem Unternehmen aufgelöst werden, unter bestimmten Voraussetzungen auf später neuangeschaffte Wirtschaftsgüter übertragen und damit einer sofortigen Besteuerung entzogen werden können.
Außerdem können im Sonderposten mit Rücklageanteil steuerliche Sonderabschreibungen ausgewiesen werden, die nicht aktivisch abgesetzt werden (§ 281 I HGB). Insoweit hat der Posten Wertberichtigungscharakter.
Die Bildung des Sonderpostens erfolgt aufwandswirksam und wirkt finanzwirtschaftlich gesehen wie die Einbehaltung unversteuerter Gewinne mit den entsprechenden Liquiditäts- und Zinseffekten. Die eingestellten Beträge unterliegen dann bei ihrer ertragswirksamen Auflösung i.d.R. der Besteuerung, wobei die Steuerschuld hinsichtlich Höhe und Fälligkeit unbestimmt ist. Insofern haben Sonderposten mit Rücklageanteil nicht nur Rücklagen-, sondern in Höhe der latenten Steuerschuld auch Rückstellungscharakter und stellen eine Finanzierung aus Eigen- und Fremdkapital dar (Bierich, M. 1988). Im Gliederungsschema gemäß § 266 II HGB sind sie aus diesem Grunde auch zwischen dem Eigenkapital und den Rückstellungen auszuweisen.

4. Vergleich mit IFRS/IAS und US-GAAP


Im Gegensatz zum HGB kommt dem Konzernabschluss nach US-GAAP und IFRS/IAS eine gegenüber dem Jahresabschluss dominante Bedeutung zu. Diese Bedeutung ergibt sich nicht durch detaillierte gesetzliche Gewinnverwendungsregelungen, sondern insbesondere dadurch, dass die sich aus dem Konzernabschluss ergebenden Informationen Grundlage von Ausschüttungsentscheidungen sind (Niehus, R. J./Thyll, A. 2000; Baetge, J. 1998). Die in US-GAAP und IFRS/IAS enthaltenen Regelungen zu Rücklagen und rücklagenähnlichen Eigenkapitalposten schließen daher spezifische konzernbezogene Bestandteile ein.

a) Rücklagen nach IFRS/IAS


IAS 1.68(p) schreibt den gesonderten Ausweis des Eigenkapitals (Gezeichnetes Kapital [issued, share oder equity capital] und Rücklagen [reserves]) in der Bilanz vor. Eine weitere Untergliederung ist wie bei jedem Bilanzposten gemäß IAS 1.74 in Abhängigkeit von der Eigenart der Posten wahlweise in der Bilanz oder den notes vorzunehmen. Wesentliche reserves sollten in der Bilanz bzw. in den notes nach Kapitalrücklagen (capital contributions), Gewinnrücklagen (retained earnings), Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) und Währungsumrechnungsdifferenzen (translation reserves) aufgegliedert werden (Appendix zu IAS 1 ADS, 2005 Abschn. 7, Tz. 120). Die verschiedenen Arten und Zwecke sind zu erläutern (IAS 1.75(e) und 1.76(b); PwC, 2005). Unter den capital contributions sind, wie auch nach deutschem Handelsrecht, die in § 272 II HGB genannten Beträge auszuweisen (PwC, 2005). Die Dotierung der retained earnings erfolgt aus den erwirtschafteten Ergebnissen des Unternehmens. Diese werden als retained earnings ausgewiesen, bestehend aus thesaurierten Vorjahresergebnissen und dem Geschäftsjahresergebnis; Verwendungsrestriktionen bei den legal and statutory reserves (gesetzlichen und satzungsmäßigen Rücklagen) sollten gemäß IAS 1.76(b) angegeben werden (Beck\'scher Bilanz-Kommentar, 2006, § 272 HGB, Tz. 260 ff.; PwC, 2006). Unter den retained earnings können auch Auswirkungen der rückwirkenden Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden nach IAS 8.22 f. erfolgsneutral erfasst sein. Die IFRS/IAS sehen im Gegensatz zum deutschen Recht die Möglichkeit bzw. Pflicht einer zeitnahen Bewertung vor (IAS 16.41; IAS 38.75 sowie IAS 39.46 und 39.95). Soweit diese Bewertungsmethode zur Anwendung kommt, sind die Aufwertungsbeträge (Differenz zwischen Zeitwert und Buchwert) im Zusammenhang mit der Neubewertung von Sachanlagen, immateriellen Vermögenswerten, Finanzvermögen und Cashflow-hedges in eine Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) einzustellen. Die Einstellungen erfolgen erfolgsneutral, für die Auflösung bestehen differenzierte (erfolgswirksame und erfolgsneutrale) Regelungen (Beck\'scher Bilanz-Kommentar, 2006, § 272 HGB, Tz. 277; PwC, 2005). Nach IAS 21.32 und 21.39 sind bestimmte Währungsumrechnungsdifferenzen im Zusammenhang mit ausländischen Tochterunternehmen im Konzernabschluss erfolgsneutral zu erfassen. Dieser Posten ist nach IAS 1.76(b) gesondert darzustellen. Entsprechendes gilt für den Konzernabschluss nach HGB (DRS 14).

b) Rücklagen nach US-GAAP


Rücklagen werden nach US-GAAP i.d.R. nach Kapitalrücklage (additional paid-in capital), Gewinnrücklage (retained earnings) und sonstige ergebnisneutrale Veränderungen des Eigenkapitals (accumulated other comprehensive income) gegliedert. Additional paid-in capital entspricht im Grundsatz den Kapitalrücklagen nach § 272 II HGB. Nach US-GAAP ist es aber auch zulässig, Gewinnrücklagen in additional paid-in capital umzugruppieren. Retained earnings enthalten die noch nicht ausgeschütteten Gewinne, die – falls keine Restriktionen aufgrund von Satzungsbestimmungen oder aufgrund von Zweckbindungen greifen (z.B. FAS 5.15) – durch Beschluss des board of directors (nicht jedoch durch die Anteilseigner) zur Ausschüttung gelangen können (Niehus, R. J./Thyll, A. 2000). Als accumulated other comprehensive income sind die Auswirkungen ergebnisneutraler, nicht auf Transaktionen mit Anteilseignern beruhender Vorgänge zu zeigen. Dies sind bestimmte Währungsumrechnungsposten (cumulative translation adjustments nach FAS 52), Posten aus der Bewertung von Pensionsrückstellungen (minimum pension liability adjustments nach FAS 87) sowie unrealisierte Zeitwertveränderungen bestimmter Wertpapiere und Derivate nach FAS 115 und FAS 133.

c) Eigene Anteile


Eigene Anteile müssen sowohl nach IFRS/IAS (IAS 32.33) als auch nach US-GAAP (APB 6.12b, FAS 135.4a) auf der Passivseite direkt vom Eigenkapital abgesetzt werden (PwC, 2005). Eine Rücklage für eigene Anteile ist damit nicht erforderlich.

d) Stille Rücklagen


Sowohl nach IFRS/IAS als auch nach US-GAAP steht die Informationsfunktion als primärer Rechnungslegungszweck im Vordergrund. Die Bildung von stillen Rücklagen widerspricht diesem Rechnungslegungszweck. IFRS/IAS und US-GAAP enthalten deshalb erheblich weniger Ansatz- und Bewertungswahlrechte, verlangen tendenziell mehr und höhere Aktivierungen sowie weniger und niedrigere Passivierungen, insbesondere lassen sie nahezu keine Beeinflussung der Gewinnermittlung durch steuerlich motivierte Wertansätze zu und fordern bzw. erlauben Neubewertungen bestimmter Vermögenswerte auf Zeitwertbasis.

e) Sonderposten mit Rücklagenanteil


Für die Rechnungslegung nach IFRS/IAS und US-GAAP ist die steuerliche Gewinnermittlung weitestgehend unmaßgeblich. Das Geschäftsjahresergebnis ist ausschließlich nach den Vorschriften der IFRS/IAS bzw. US-GAAP zu ermitteln. Diese sehen vor, dass Unterschiede zur steuerlichen Bilanzierung durch den Ansatz latenter Steuern zu berücksichtigen sind. In Fällen, wie sie dem Sonderposten mit Rücklageanteil gemäß § 273 oder § 281 I HGB zugrunde liegen, würden sich demnach ein entsprechend erhöhtes Eigenkapital und eine latente Steuerverbindlichkeit ergeben.

III. Rückstellungen


Der Bilanzansatz von Rückstellungen ist in § 249 HGB geregelt. Die Vorschrift enthält keine allgemeine Definition, sondern eine abschließende Aufzählung von Zwecken, für die Rückstellungen gebildet werden müssen bzw. dürfen. Rückstellungen sind somit im Unterschied zu den Rücklagen stets zweckgebunden und dürfen nicht – wie Rücklagen – der allgemeinen unternehmerischen Risikovorsorge dienen (ADS, 1995, § 249 HGB, Tz. 34). Allen Rückstellungszwecken gemäß § 249 HGB ist gemeinsam, dass künftige Ausgaben oder Mindereinnahmen berücksichtigt werden, die bis zum Abschlussstichtag entweder wirtschaftlich verursacht sind oder denen rechtlich entstandene Verpflichtungen zugrunde liegen. Grund, Zeitpunkt und/oder Höhe des Vermögensabflusses sind dabei noch unbestimmt. In der Steuerbilanz können nur Rückstellungen gebildet werden, für die handelsrechtlich eine Passivierungspflicht besteht. Neben dieser generellen Regel enthält das EStG (§§ 5 IIa, III, IV, IVa, IVb; 6 I Ziff. 3a; 6a) noch Sonderregelungen zu speziellen Rückstellungssachverhalten, die den handelsrechtlichen Grundsätzen vorgehen. Die Bewertung der Rückstellungen ist in § 253 I Satz 2 HGB geregelt. Danach sind Rückstellungen mit ihrem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Wert anzusetzen. Eine Abzinsung von Rückstellungen ist nur zulässig, soweit die ihnen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthalten. Rückstellungen mindern durch ihre aufwandswirksame Bildung Gewinne, die sonst u.U. als Ausschüttungen oder Steuerzahlungen dem Unternehmen entzogen würden. Finanzwirtschaftlich betrachtet binden Rückstellungen somit bis zum Zahlungszeitpunkt oder dem Zeitpunkt ihrer gewinnerhöhenden Auflösung Vermögen an das Unternehmen (Wöhe, G. 1997). Rückstellungen können – je nach Zweck – kurz-, mittel- oder langfristiger Art sein, wobei vor allem Letztere unter Finanzierungsaspekten für ein Unternehmen bedeutsam sind. Aber auch aus der ständigen Neubildung kurz- oder mittelfristiger Rückstellungen kann langfristig ein Bestand an Mitteln zur Verfügung stehen (Büschgen, H. E. 1991; Bierich, M. 1988; Perridon, /Steiner, 2004). Um den Finanzierungseffekt aus Rückstellungen beurteilen zu können, ist neben der Fristigkeit vor allem wesentlich, ob bzw. inwieweit sie steuerlich anerkannt werden.

1. Rückstellungen für Verpflichtungen gegen…über Dritten


Rückstellungen werden üblicherweise dem Fremdkapital zugerechnet. Diese Zuordnung ist jedoch nur für solche Rückstellungszwecke eindeutig, denen Verpflichtungen gegenüber Dritten zugrunde liegen. Dies betrifft im Katalog des § 249 HGB die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und Kulanzleistungen. Primärzweck dieser Rückstellungen ist, einen vollständigen Schuldenausweis zu gewährleisten. Für sie besteht Passivierungspflicht. Ungewisse Verbindlichkeiten können sich aus privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verträgen, per Gesetz oder aus faktischen Zwängen heraus ergeben (ADS, 1995, § 249 HGB, Tz. 49 ff.). Verpflichtungen gegenüber Dritten können auch aus schwebenden Geschäften, in denen Leistung und Gegenleistung noch nicht endgültig erbracht sind, resultieren. Wenn die noch zu erwartenden Aufwendungen die künftigen Erträge übersteigen, ist für einen solchen Verpflichtungsüberschuss am Bilanzstichtag eine Drohverlustrückstellung zu bilden. Das handelsrechtliche Gliederungsschema für Kapitalgesellschaften (§ 266 III HGB) stellt mit den Pensions- und Steuerrückstellungen aufgrund ihrer finanzwirtschaftlichen Relevanz zwei Unterfälle der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gesondert heraus. Während Pensionsrückstellungen häufig ein hohes Volumen an Fremdkapital eher langfristig an das Unternehmen binden, sind mit Rückstellungen für Steuerverpflichtungen eher mittel- oder kurzfristige Finanzierungseffekte verbunden. Steuerrückstellungen werden für Steuern und Abgaben gebildet, die das Unternehmen im Geschäftsjahr wirtschaftlich verursacht hat, deren Höhe aber erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig festgestellt wird. Eine Rückstellung für latente Steuern ist außerdem nach § 274 I HGB dann zu bilden, wenn in einem Geschäftsjahr der nach steuerrechtlichen Vorschriften zu versteuernde Gewinn niedriger als das handelsrechtliche Ergebnis ist, der Steueraufwand im Verhältnis zum handelsrechtlichen Ergebnis damit zu niedrig ausfällt und sich dies in späteren Jahren voraussichtlich wieder ausgleicht.

2. Aufwandsrückstellungen


Zu den Aufwandsrückstellungen gehören die Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und Abraumbeseitigung sowie die Rückstellungen gem. § 249 II HGB. Aufwandsrückstellungen stellen lediglich eine „ betriebswirtschaftliche Verpflichtung gegenüber sich selbst “ dar; dabei steht der Zweck einer periodengerechten Gewinnermittlung im Vordergrund. Sie lassen sich deshalb nicht eindeutig dem Fremdkapital zuordnen, sondern haben z.T. Rücklagenfunktion. Für Aufwandsrückstellungen gilt grundsätzlich ein Passivierungswahlrecht (Ausnahmen: unterlassene Instandhaltungen/Abraumbeseitigung bei Nachholung innerhalb des ersten Quartals des Folgejahres/des Folgejahres). Aufwandsrückstellungen sind dann nicht zulässig, wenn das Gesetz eine Aktivierung und damit die Verteilung der Ausgaben über Abschreibungen vorsieht (ADS, 1995, § 249 HGB, Tz. 31). Sie können aber in Betracht kommen, wenn eine Verbindlichkeitsrückstellung abzulehnen ist, weil die Inanspruchnahme aus einer Verpflichtung gegenüber Dritten nicht hinreichend objektivierbar ist. Finanzwirtschaftlich dürften Aufwandsrückstellungen weniger von Bedeutung sein, da sie tendenziell kurzfristiger Natur sind und steuerlich grundsätzlich nicht anerkannt werden.

3. Vergleich mit US-GAAP und IFRS/IAS

a) Rückstellungen nach IFRS/IAS


Nach IAS 37.14 dürfen nur Rückstellungen für gegenwärtige Verpflichtungen gegenüber Dritten gebildet werden, die aus einem vergangenen Ereignis resultieren und mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% zu einem Vermögensabfluss führen. Die Höhe der rechtlichen oder faktischen Verpflichtungen muss zuverlässig geschätzt werden können (IAS 37.12 f., 37.86). Eine Rückstellung ist in der Höhe zu passivieren, in der mit höchster Wahrscheinlichkeit die gegenwärtige Verpflichtung am Bilanzstichtag beglichen oder auf einen Dritten transferiert werden könnte. Dabei sind nach IAS 37.48 künftige und hinreichend objektivierbare Ereignisse zu berücksichtigen, die die Höhe des zu erfüllenden Betrages beeinflussen können. Liegt eine Bandbreite gleich wahrscheinlicher Erfüllungsbeträge vor, ist ein Betrag in Höhe des arithmetischen Mittels anzusetzen (IAS 37.39). Rückstellungen sind nach IAS 37.45 mit ihrem Barwert anzusetzen, sofern der Zinseffekt wesentlich ist. Bei Drohverlustrückstellungen dürfen nur direkt zurechenbare Kosten angesetzt werden (PwC, 2006).

b) Rückstellungen nach US-GAAP


Nach US-GAAP (FASB, FAS 5; AICPA, ARB 43 Chapter 3A; FASB, FAC 6.35ff.) sind ebenfalls ausschließlich Rückstellungen zu bilden, die auf einer Verpflichtung gegenüber Dritten beruhen. Der Vermögensabfluss muss dabei wahrscheinlich sein, d.h. in der Praxis einen Sicherheitsgrad von deutlich über 50 Prozent aufweisen (Förschle, G./Holland, B./Kroner, M. 2001). Die Höhe der Rückstellung ist nach dem wahrscheinlichsten Wert zu bemessen. Bei mehreren gleich wahrscheinlichen Werten ist der niedrigste Betrag als Rückstellung anzusetzen (FASB, FIN 14.3). Es dürfen bei Drohverlusten nur die direkt zurechenbaren Kosten berücksichtigt werden, d.h. keine allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungskosten (AICPA, SOP 81 – 1). Rückstellungen dürfen abgezinst werden, wenn Betrag und Zahlungszeitpunkt bestimmbar sind (AICPA, SOP 96 – 1).

c) Rückstellungen für Latente Steuern


Bei der Ermittlung der unsaldiert auszuweisenden latenten Steuerrückstellungen stellen IAS (IAS 12) und US-GAAP (FAS 109) im Gegensatz zur Regelung nach HGB auf Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanzposten ab (temporary differences). Temporary differences führen unabhängig von ihrer Entstehung zu latenten Steuern, sofern bei der Abwicklung der zugehörigen Posten ein Steuerertrag bzw. Steueraufwand entsteht. Der Umfang der abzugrenzenden Beträge geht damit über das Konzept der timing differences im HGB hinaus, es ist also z.B. auch für eine erfolgsneutrale Neubewertung von Vermögenswerten, die für steuerliche Zwecke nicht entsprechend nachvollzogen wird, eine Rückstellung für latente Steuern zu bilden (vgl. z.B. IAS 12.18 (b)).
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, bearb. v. Forster, K.-H. et al., 6. A., Stuttgart ab 1995
ADS, : Rechnungslegung nach Internationalen Standards, bearb. v. Gelhausen, H.-F. et al., Stuttgart 2005
Baetge, J. : Der Eigenkapitalspiegel als Bestandteil des Konzernabschlusses nach HGB und IAS; in: Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung, Festschrift für Professor Dr. Günter Sieben zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Matschke, J. M., Stuttgart 1998, S. 343 – 358
Baetge, J. : Bilanzen, 8. A., Düsseldorf 2005
Beck\'scher Bilanz-Kommentar, : hrsg. v. Ellrott, H./Förschle, G./Hoyos, M. et al., 6. A., München 2006
Bierich, M. : Innenfinanzierung der Unternehmen, in: Finanzierungshandbuch, hrsg. v. Christians, F. W., 2. A., Wiesbaden 1988, S. 191 – 213
Büschgen, H. E. : Grundlagen betrieblicher Finanzwirtschaft, 3.A., Frankfurt a.M. 1991
Förschle, G./Holland, B./Kroner, M. : Internationale Rechnungslegung: US-GAAP, HGB und IAS, 5. A., Heidelberg 2001
Gotthardt, U. : Rückstellungen und Umweltschutz, Köln 1995
Küting, K./Weber, C.-P. : Handbuch der Rechnungslegung, 5. A., Stuttgart 2002
Niehus, R. J./Thyll, A. : Konzernabschluss nach US-GAAP, 2. A., Stuttgart 2000
Perridon, L./Steiner, M. : Finanzwirtschaft der Unternehmung, 13. A., München 2004
Piltz, K. : Gewinnverwendungspolitik der Aktiengesellschaft, in: Finanzierungshandbuch, hrsg. v. Christians, F .W., 2. A., Wiesbaden 1988, S. 627 – 660
PwC, : IAS für Banken, 3. A., Frankfurt 2005
PwC, : Manual of Accounting – IFRS for the UK, The definitive guide for KK users of IFRS – London 2006
Wöhe, G. : Bilanzierung und Bilanzpolitik, 9. A., München 1997

 

 


 

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