Konsumgütermarketing
Inhaltsübersicht
I. Der Objektbereich
II. Ökonomische, soziale und technologische Determinanten des Wettbewerbs
III. Strategische Dimensionen des Konsumgütermarketing
IV. Instrumente zur Entwicklung und Verwirklichung einer Marketing-Strategie
V. Die Beherrschbarkeit des Wettbewerbsgeschehens
I. Der Objektbereich
1. Konsumgüter als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung
Den ökonomischen Ort des Tausches bildet der Markt. Gehandelt werden auf ihm Güter im weitesten Sinne, wobei man zwischen Konsum-, Investitions-, Produktionsgütern und Dienstleistungen unterscheidet. Sie alle dienen dem Menschen zur Befriedigung fundamentaler physiologischer wie auch psychischer und sozialer Bedürfnisse. Im Einzelnen geht es dabei um die Sicherung der Daseinsgrundlagen (Essen, Trinken, Kleidung, Wohnung etc.), um den Schutz von Gesundheit, Eigentum und Umwelt, um die Absicherung gegen Versorgungsengpässe, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Pflegebedürftigkeit, ferner um die Erlangung von Liebe und Zuneigung, um das Erleben von Geselligkeit, das Streben nach Anerkennung, Prestige und Ruhm sowie Um Selbstverwirklichung, die z.B. in der Ausübung des Traumberufs, im Do-it-yourself, im Sport oder auch in einer Betätigung im Sozialbereich ihren Ausdruck findet.
Bei den Konsumgütern gibt es zwei Varianten: Verbrauchsgüter sind zur einmaligen und Gebrauchsgüter zur mehrmaligen bzw. andauernden Verwendung bestimmt. Angeboten werden sie von Herstellern und/oder vom Handel, nachgefragt von Bedarfsträgern, die entweder nicht zur Gruppe der Gewerbetreibenden gehören oder, falls doch, Ware für private Zwecke erwerben, ferner von den freien Berufen sowie Großverbrauchern, für welche die genannte Einschränkung gleichermaßen gilt. Im Gegensatz zu freien (wie Luft und Wasser in der freien Natur) und öffentlichen Gütern (wie Landesverteidigung sowie Schutz von Sicherheit und Ordnung) muss der Einzelne, um rechtmäßig in deren Besitz zu gelangen, für sie eine unmittelbare Gegenleistung erbringen, zumeist in Form von Geld oder Kompensationsware, nicht jedoch in Gestalt von Steuern oder anderen öffentlichen Abgaben.
2. Der Bedeutungsgehalt von Marketing
(1) Ursprünglich verstand man unter Marketing nichts anderes als die Vermarktung von Erzeugnissen, die, solange Mangel an allem herrschte, unschwer an den Mann gebracht werden konnten. Diese Phase ist noch nicht überall überwunden. Noch immer fehlt es in weiten Teilen der Welt an einem adäquaten Angebot an Konsum- und Investitionsgütern, und zwar deswegen, weil nicht genügend kaufkräftige Nachfrage existiert. Nicht selten liegt dies daran, dass der ordnungspolitische Rahmen für eine sinnvolle wirtschaftliche Betätigung keine Basis bietet.
(2) Mit dem Übergang von der Knappheitswirtschaft zur Gesellschaft des Überflusses war man in zunehmendem Maße gezwungen, Märkte systematisch zu erkunden, zu erschließen und zu pflegen. Marketing ist deshalb immer mehr zu einem Schlagwort für eine gewisse Grundhaltung der für ein Unternehmen Verantwortlichen und der in ihm Tätigen geworden, die sich mit einer konsequenten Ausrichtung aller unmittelbar und mittelbar den Markt berührenden Entscheidungen an den Bedürfnissen der Bedarfsträger umschreiben lässt.
Man sieht sich dabei unablässig herausgefordert, sich auf den Nutzen, den eine Leistung den Abnehmern vermittelt, zu konzentrieren und ein Höchstmaß an Kundenzufriedenheit zu erreichen. Dies ist nicht nur eine Frage der Mentalität, der grundsätzlichen Einstellung gegenüber den Marktpartnern, sondern auch ein Ergebnis des gezielten Einsatzes von Instrumenten und einer systematischen Entscheidungsfindung, die bewusst auf Erkenntnisse von Nachbarwissenschaften zurückgreift und sich vielfältiger analytischer Hilfsmittel bedient. Das Gedankengut haben sowohl erwerbswirtschaftlich orientierte Unternehmen als auch Non-Profit-Organisationen übernommen.
(3) Eine dritte Entwicklungsstufe begreift Marketing als eine Konzeption zur Bewältigung von Engpässen. Vor dem Hintergrund der Überwindung der Mangelwirtschaft liegt es nahe, dabei zunächst an den Absatzsektor zu denken. Es treten aber immer wieder Konstellationen auf, in denen nicht der Absatz der produzierten Güter, sondern Restriktionen im Bereich von Rohstoffen, Maschinen, Kapital und Mitarbeitern oder Direktiven des Staates die Entfaltungsmöglichkeiten eines Betriebes behindern. Ob aus akutem Anlass oder auch nur prophylaktisch wird ein Unternehmen deshalb stets alles daransetzen, um sich etwa als verlässlicher Abnehmer, solider Schuldner, vorbildlicher Arbeitgeber oder ordentlicher Steuerzahler zu erweisen. Insofern spricht man auch von Beschaffungsmarketing, Finanzmarketing, Personalmarketing und Public Marketing.
(4) Bereits Anfang der 1950er-Jahre ist die Frage gestellt worden, ob man nicht genauso wie Seife auch Nächstenliebe »verkaufen« könne. Dahinter steckt der Gedanke, Marketing als Sozialtechnik, eine technologische Beeinflussungskonzeption zu begreifen. Der Terminus entäußert sich damit seines wirtschaftsbezogenen Charakters und wird zu einer Schlüsselvariablen im Rahmen der Steuerung zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Prozesse. Die Nutzung des Wirkmechanismus bietet sich förmlich an, um Ideen und Anliegen, die zum Vorteil der Gesellschaft verfolgt werden sollen, zum Durchbruch zu verhelfen. Dies kommt auch in Begriffen wie Social Marketing, Societal Marketing und Demarketing zum Ausdruck.
3. Der Blickwinkel des Betrachters
Marketing wird hier zugleich als
1. | Teil der Wertschöpfungskette, als | 2. | Inbegriff konsequenter Kundenorientierung und als | 3. | Kristallisationspunkt einer marktorientierten Führungskonzeption |
verstanden. Als Bezugsebene fungiert grundsätzlich der Hersteller, da zwar der Handel über mindestens ebenso viel Macht wie die Produzenten verfügt, diese aber doch sehr viel stärker die Marketing-Konzeption für das Erzeugnis prägen.
Von Produktions- und Investitionsgütern unterscheiden sich Konsumgüter vor allem dadurch, dass sie in den Begehrskreis von Einzelpersonen oder Familien fallen und mit dem einem Haushalt typischerweise zur Verfügung stehenden Budget erworben werden können, wobei die Bedarfsträger i.A. die Qual der Wahl bezüglich Hersteller, Ort, Zeitpunkt und Partner bei einem anstehenden Kauf haben. Alle diese Aspekte führen zu Besonderheiten, teils Vereinfachungen, teils Erschwernissen, im Beschaffungsverhalten, denen im Folgenden Rechnung getragen werden soll, ohne sie indessen mit Spezifika von Spielarten wie Investitionsgütermarketing, Dienstleistungsmarketing oder auch Nonprofit-Marketing zu kontrastieren.
II. Ökonomische, soziale und technologische Determinanten des Wettbewerbs
1. Bestimmungsfaktoren der Nachfrage a) Der Überblick
Art und Menge der von einem Unternehmen absetzbaren Güter hängen zunächst von der Zahl der erreichbaren Bedarfsträger, von deren Produktpräferenzen, deren Verbrauchsintensität sowie von situativen Gegebenheiten wie Kaufkraft, Möglichkeiten der Vorratshaltung und Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges zur Erlangung von Markttransparenz und zum Transport von Ware ab. Bei allen hier angedeuteten Sachverhalten sind in den letzten Jahren entscheidende Veränderungen eingetreten. b) Die Entstehung großer territorialer Märkte
In verschiedenen Teilen der Welt fallen in ökonomischer Hinsicht die Grenzen zwischen den Ländern. Es entstehen Wirtschaftsblöcke in der Art von EU, NAFTA (North American Free Trade Agreement), LAFTA (Latin American Free Trade Agreement) und MERCOSUR (Mercado Común del Cono Sur), die in der Endstufe einen freien Fluss von Waren, Dienstleistungen, Menschen und Kapital innerhalb des jeweiligen Gebildes gewährleisten sollen. Hinzu kommt, dass der Zerfall des kommunistischen Weltreiches Barrieren für den Handel beseitigt und die Verbreitung marktwirtschaftlichen Denkens gefördert hat. Beides führt zu einer beträchtlichen Ausweitung der den westlichen Industrienationen zugänglichen Märkte. c) Veränderungen in der Bedarfsstruktur
Ob und woran genau Bedarf besteht, hängt abgesehen von den eingangs erwähnten physiologischen Grundbedürfnissen in hohem Maße von den Lebensumständen der Menschen ab. Während es jedoch in den meisten Ländern der Dritten Welt praktisch an allem und in den sog. Newly Industrialized Countries noch an vielem fehlt, gelten die Märkte in den Industriestaaten weithin als gesättigt. Sie weisen kein reales Wachstum mehr auf, soweit sie nicht sogar schrumpfen. Breite Bevölkerungsschichten erfreuen sich eines Wohlstandsniveaus, das den Menschen früher als utopisch erschienen wäre.
Gleichzeitig leiden alle großen Industriestaaten mit Ausnahme Japans an hoher Arbeitslosigkeit sowie an einem unaufhaltsamen Anstieg der Steuern und Sozialabgaben, was, oft verstärkt durch Inflation und Verfall der heimischen Währung, zu einem nachhaltigen Verlust an Kaufkraft, einer Zurückhaltung bei Neuanschaffungen und einem Ausfall von Nachfrage nicht nur bei Konsum-, sondern auch bei Produktions- und Investitionsgütern führt.
Parallel dazu hat sich das Bedarfsspektrum verbreitert. Dies ist einmal auf den hohen Anteil an Ausländern unterschiedlicher Herkunft in fast allen Industrienationen zurückzuführen, die in der ersten Generation ihre Konsumgewohnheiten weithin beibehalten, zum anderen auf die wachsende Bereitschaft der Einheimischen, sich von außen kommenden Einflüssen zu öffnen.
Maßgebend für die Auffächerung und zugleich Polarisierung der Nachfrage war noch ein weiterer Grund: Gibt es in den Industrieländern auch einen ausgeprägten Mittelstand mit gefestigten Konsummustern, so nimmt doch das Gewicht der am oberen und am unteren Rand angesiedelten Segmente zu. Hierbei müssen die einen, die schon »alles« besitzen, in ganz besonderer Weise zu Käufen stimuliert werden, während die anderen gerne auf Luxus und Firlefanz verzichten, um sich so preisgünstig wie möglich zu versorgen. Es lässt sich beobachten, dass vor allem Leute, die es sich leisten können, einen ausgeprägten Hang entwickeln, Produkte als Unikate zu erwerben, die auf ihre ganz spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Die von Levitt propagierte These, dass sich im Zuge des zunehmenden Wohlstands und aufgrund der Ausdehnung der Reichweite von Kommunikationsmitteln die Bedürfnisse der Verbraucher »weltweit« anzugleichen tendierten, was ein »Global Marketing« nahe lege, kann man empirisch nur in einem eingeschränkten Sinne belegen (Levitt, T. 1983). Es gibt in jedem Land (L1, L2, ?, Li, ? Ln) Segmente (S1, S2, ?, Sj, ?, Sm) von Nachfragern nach Konsumgütern, die zwischen Li und Ln ein höheres Maß an Übereinstimmung aufweisen als Sj und Sm innerhalb ein und desselben Staates. Es verwundert deshalb nicht, dass Unternehmen, die ein segmentspezifisches Marketing betreiben, ganz bewusst solche »cross cultural target groups« zu identifizieren bestrebt sind, die ungeachtet aller nationalen Grenzen ein einheitliches Gepräge aufweisen.
Veränderungen in der Gesellschaft führen auch zu einer Verlagerung der Gewichte innerhalb der Grenzen des Bedarfsspektrums. Bestimmt wird die Entwicklung vor allem von Verschiebungen in der Alters- und Familienstruktur, von der Mobilität der Menschen und einem Wandel der Werte. Gab es früher eine Art Alterspyramide, kennzeichnen heute das Bild ein schmaler Sockel und eine im Vergleich dazu breitere Besetzung der einzelnen Jahrgänge bis hinauf ins hohe Alter. Die Bedarfsstruktur dieser Menschen unterscheidet sich wesentlich von jener jüngerer Schichten, weil sie nicht mehr sparen müssen, sich um ihre Gesundheit sorgen und über viel Zeit sowohl zum Einkaufen als auch zum Verbrauchen verfügen.
Auch die Familienstruktur verändert sich. Weit mehr als die Hälfte der Haushalte besteht nur noch aus einer oder zwei Personen. Die Folgerungen, die Unternehmen daraus zu ziehen haben, sind gleichwohl ganz verschieden. Die einen gewinnen, die anderen verlieren. Vor allem werden dadurch mehr Gebrauchsgegenstände gekauft, deren Besitz eher an die Existenz einer Wohnung als an die Anzahl der Familienmitglieder geknüpft ist, also z.B. Sanitäranlagen, Kücheneinrichtungen, Gefriertruhen und Staubsauger. Angehörige von Minihaushalten gehen auch öfter aus, verreisen nicht selten mehrmals im Jahr und geben somit vergleichsweise weniger Geld beim örtlichen Einzelhandel aus.
Für die Industrie ist damit die Forderung verbunden, z.B. mehr ess- bzw. kochfertige Nahrungsmittel bereitzustellen, die Portionen und Packungsgrößen zu vermindern, die Konservierungstechnik zu verbessern und preiswerte Mikrowellenherde auf den Markt zu bringen. Wer dagegen Presseerzeugnisse vertreibt, muss seinen Kunden, wenn sie bis zu zwei Monate im Jahr im Ausland verbringen, dorthin folgen.
Sofern fast jeder Verbraucher direkt oder indirekt Zugang zu einem Kraftwagen hat, kann die räumliche Nähe bestimmter Einkaufsstätten nicht mehr allein maßgebend dafür sein, dass sie und nur sie von den darum herum wohnenden Verbrauchern aufgesucht werden. Den Menschen geht es zuallererst um vernünftige Preise, ein anspruchsvolles Angebot und gute Erreichbarkeit der Geschäfte, die durch Gestaltungsformen, die ein One-stop-shopping ermöglichen, gefördert wird. Die Versorgungszufriedenheit hängt sodann von der Breite der Warenpalette, der Einkaufsatmosphäre, der Verfügbarkeit einer großen Anzahl gleichartiger Geschäfte, ferner von einer Betriebsformenvielfalt sowie von der Möglichkeit, zur gewünschten Zeit die jeweils benötigte Menge (also sowohl Großgebinde als auch Anbruchpackungen) einkaufen zu können, ab.
In vielen Facetten der hier skizzierten Entwicklung spiegelt sich ein deutlicher Wandel der Werte einer Gesellschaft wider. Je wohlhabender ein Land ist, desto weniger Kinder werden geboren. Es gilt nicht länger als unschicklich, wenn zwei Menschen zusammenleben, ohne verheiratet zu sein. Der Einfluss der Kirchen auf Moral und Ordnung schwindet, Arbeit wird weithin als Vorstufe der Freizeit begriffen. Gleichzeitig gelang es, breite Bevölkerungsschichten für gesellschaftliche Erfordernisse wie den Umweltschutz, insbes. einen sparsamen Umgang mit nicht regenerierbaren Ressourcen, und die Schwierigkeiten zu sensibilisieren, die mit dem Entstehen einer multikulturellen Gesellschaft verbunden sind.
2. Bestimmungsgründe des Angebots a) Veränderungen bei den Produktionsbedingungen
Was Unternehmen an Gütern bzw. Leistungen bereitstellen, hängt nicht nur von der Nachfrage, sondern auch davon ab, inwieweit sie dieser aus strukturellen Gründen Rechnung tragen können. Wenn sich z.B. Hersteller in Deutschland im gewerblichen Bereich mit den höchsten Arbeitskosten der Welt konfrontiert sehen, die Jahresarbeitszeit hier um Hunderte von Stunden unter der von maßgeblichen Wettbewerbern wie Japan und den USA liegt, die Kosten des Umweltschutzes und die Steuern so hoch wie kaum sonst irgendwo sind, stellt sich unweigerlich die Frage, auf welche Art von Erzeugnissen sich die von all dem betroffenen Betriebe konzentrieren müssen, um dennoch wettbewerbsfähig zu bleiben. Es erscheint verständlich, dass hierbei vor allem Kreativität, Kompetenz, Kapitalkraft und Kundennähe in die Waagschale geworfen werden müssen, damit die Bedeutung der Arbeitskosten relativ zum Produktionswert abnimmt. Nicht von ungefähr spricht man in diesem Zusammenhang von Hightech- und Highchem-Produkten. Wettbewerbsvorteile, die manch einem Staat durch niedrige Löhne erwachsen, versucht man in den Industrieländern vor allem durch konsequenten Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung wettzumachen. b) Die Machtverlagerung auf dem Distributionssektor
Die meisten Konsumgüter finden ihren Weg zu den Verbrauchen über Groß- und Einzelhandel. Weite Teile beider Wirtschaftszweige verfügen über ein beachtliches Maß an Nachfragemacht, was auf die dort seit Jahrzehnten anhaltende Konzentration, die Professionalisierung des Managements und die dadurch ermöglichte Ausweitung des Tätigkeitsfelds, sowohl inhaltlich als auch geografisch, zurückzuführen ist. Den Bemühungen vieler Hersteller, dem durch Gegenkonzentration auf ihrer Seite oder durch Übergang zu Direct Marketing, zum Teil gestützt auf elektronische Medien, etwas entgegenzusetzen, war nur teilweise Erfolg beschieden.
Die zwischen Herstellern und Handel eingetretene Verlagerung der Gewichte führte zu einer komplizierten Situation insofern, als dem auf der horizontalen Ebene ausgetragenen Wettbewerb noch eine vertikale hinzugefügt wurde. Weder die Wirtschafts- noch die Rechtstheorie sind damit bisher fertig geworden (Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. 1994).
3. Der Übergang von der Transaktions- zur Beziehungsökonomie
Trends wie das Customizing, also die Bereitschaft von Unternehmen, Abnehmern auf Wunsch jeweils eine maßgeschneiderte Lösung zu erbringen, und das Segment of one-Management deuten darauf hin, wovon man sich in der Zukunft vorrangig Vorteile erhofft. Im letzteren Fall wird jeder Kunde als ein Segment für sich betrachtet, und zwar im Sinne einer »Sache fürs Leben«. Man hat dabei nicht nur den nächsten oder übernächsten Einkauf im Auge, sondern ein Geschäftsvolumen, das, wenn beispielsweise jemand einer Automarke über Jahrzehnte hinweg treu bleibt, leicht 200.000 Euro (zu konstanten Preisen) erreichen kann.
Sofern es sich als schwierig erweist, neue Kunden hinzu zu gewinnen, und die vorhandenen oft nur noch zur Deckung von Ersatzbedarf zu bewegen sind, erscheint es unvermeidlich, nicht mehr auf die einzelne Transaktion fixiert zu sein, sondern zu jedem Geschäftspartner eine intensive, langfristige Beziehung aufzubauen. Symptome für den Wandel der Betrachtungsweise bilden die Begriffe Transaktionsepisode auf der einen und Nachkaufmarketing (Hansen, U./Jeschke, K. 1992) auf der anderen Seite. Damit aber tritt der kurzfristige geschäftliche Erfolg, der sich in Größen wie dem Deckungsbeitrag pro Abnehmer und Jahr niederschlägt, hinter das Kriterium Kundenzufriedenheit zurück.
Der Übergang von der »transaction economy« zur »relationship economy« kommt noch ungleich deutlicher in dem strukturellen Wandel zum Ausdruck, der sich auf der Ebene Zulieferer – Hersteller von Enderzeugnissen vollzieht. Kein Produzent wird z.B. seine Fertigungstiefe spürbar verringern und sich als Konsequenz eines »single sourcing« oder »modular sourcing« an einen oder wenige Zulieferer binden, kein Hersteller von Vorprodukten, Bauteilen etc. sich einem oder wenigen Abnehmern ausliefern, wenn nicht verbindliche Vereinbarungen hinsichtlich der Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung, des Produktions- bzw. Abnahmevolumens, der Art der Belieferung (z.B. »just in time«), der Zuständigkeit für die Qualitätskontrolle usw. getroffen worden sind.
Um Kunden an sich zu ketten, bedienen sich Anbieter ökonomischer, sozialer, technischer und juristischer Mittel. Ein wirtschaftlicher Hebel besteht z.B. darin, dass man mit Geschäftspartnern langfristige Abschlüsse (für Heizöl, Tiefkühlkost, Getränke, Zeitschriften etc.) tätigt, die beiden Seiten zu einem finanziellen Vorteil verhelfen. Typischerweise setzt man dazu, soweit rechtlich zulässig, Mengen- und Treuerabatte ein oder versucht, um ein Beispiel aus dem Dienstleistungsmarketing heranzuziehen, Vielflieger durch Gewährung von Gratisflügen und anderen Vergünstigungen von einem drohenden »Markenwechsel« abzuhalten. Demselben Ziel dient eine finanzielle Verflechtung, aus der sich der Kapital- bzw. Kreditnehmer in der Regel nicht ohne weiteres zu lösen vermag.
Soziale Bindung schafft, wer zu Kunden auch privaten Kontakt unterhält, etwa indem er mit ihnen befreundet ist, in Vereinen zusammenkommt oder gemeinsam Sport treibt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, besonders bedeutsamen Abnehmern gelegentlich insofern eine Vorzugsbehandlung zuteil werden zu lassen, als man sie zum Essen, zu Messen, Sportveranstaltungen oder Jagdausflügen einlädt, sie – zumal Meinungsführer – in einen Kundenbeirat beruft oder wenn man die Gründung von Clubs (z.B. Porsche, Ikea) initiiert bzw. bestehende fördert.
Ein technischer Ansatzpunkt eröffnet sich bei Systemgütern, wie z.B. mehrbändigen Lexika, Einbauküchen, Möbeln und manchen Werkzeugen, weil sie es demjenigen, der das erste Element erworben hat, schwer machen, von dem einmal eingeschlagenen Weg abzuweichen.
Die juristische Absicherung schließlich beruht im Abschluss von Verträgen, so z.B. Leasingvereinbarungen, die Geschäftspartner für einige Zeit aneinander schmieden. Diesen Weg wählt man oft parallel zu einem der anderen, vor allem dann, wenn es darum geht, Risiken zu reduzieren.
III. Strategische Dimensionen des Konsumgütermarketing
1. Differenzierungsgrad und Positionierung des Angebots a) Das Tätigkeitsfeld
Ein Unternehmen muss zunächst die Felder festlegen, auf denen es tätig sein bzw. werden will. Dies hat nicht nur juristische Konsequenzen, etwa im Hinblick darauf, welche Entscheidungen der Vorstand allein oder im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat treffen darf, sondern auch praktische. Es werden dadurch alle Kräfte auf bestimmte Fixpunkte hin ausgerichtet. Die Konzentration der Ressourcen sensibilisiert die Betroffenen für relevante Trends, Chancen und Gefahren. Sie bestimmt die nötige Qualifikation der Mitarbeiter, erhöht deren Motivation und erleichtert die Koordination von Strategien und Maßnahmen. b) Gesamtmarkt-, Segmentierungs- und Nischenstrategie
Angenommen, ein Unternehmen sieht seine Aufgabe (Business Mission) darin, Fahrzeuge für den Individualverkehr herzustellen und zu vermarkten, so ist dessen Tätigkeitsfeld noch nicht hinreichend fixiert; denn während z.B. der Welt größtes Unternehmen, General Motors, bestrebt ist, »a car for every pocket and taste« verfügbar zu haben, fehlte namhaften deutschen Anbietern lange entweder ein Angebot im unteren oder ein solches im obersten Preissegment. Manch einer beschränkt sich gar auf einen ganz kleinen Ausschnitt des Marktes, beispielsweise einen Sektor, der zugleich durch Sportlichkeit und Luxus geprägt ist. Offenkundig gibt es mancherlei Möglichkeiten, Marktpotenzial in Firmenumsatz umzuwandeln.
Dies liegt daran, dass tatsächliche und potenzielle Nachfrager weithin divergierende Bedarfsvorstellungen und Eigenschaftsprofile aufweisen, was zugleich ihren Lebensstil prägt. Daraus resultieren Möglichkeiten der Marktsegmentierung, d.h. man verzichtet darauf, Abnehmern mit einem einheitlichen, standardisierten Angebot gerecht zu werden. Stattdessen bemüht man sich, durch eine sog. Line extension (= Erweiterung der Produktpalette), durch Setzen unterschiedlicher Preise, Nutzung verschiedenartiger Absatzwege und Wahl zielgruppenorientierter Kommunikationskonzepte spezifischen Bedürfnissen von Gruppen potenzieller Käufer stärker Rechnung zu tragen, um auf diese Weise Nachfrage zu aktivieren und einen möglichst großen Teil davon an sich zu ziehen. c) Leistungsanspruch und Produktpositionierung
Wenn sich in einem konkreten Fall eine bestimmte Zahl von Nachfragergruppen herauskristallisiert, bedeutet dies noch lange nicht, dass ein Unternehmen auch alle davon zu bearbeiten gewillt ist. Möglicherweise wird es sich nur Teilbereichen des Marktes oder auch nur einer Nische zuwenden. Es dürfte indessen keinen Anbieter geben, der nicht bestrebt wäre, ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis zu erreichen. Diese Relation wird von zwei Größen bestimmt, die nicht beide zugleich minimiert bzw. maximiert werden können.
Viele Unternehmen haben eine ziemlich klare Vorstellung davon, wo das Schwergewicht liegen soll. Das Spektrum reicht von »nur das Beste oder nichts« bis hin zu »we are the cheapest in town«. Eine Fluggesellschaft wirbt mit dem Slogan »wir wollen unübertroffen sein«, was nicht zu Discountpreisen zu schaffen ist, während eine andere den Fluggast spüren lässt, er könne bei dem bisschen Geld, das er bezahlt hat, nicht noch mehr erwarten, als mitgenommen zu werden. Deutlich in Richtung Mittelfeld beim Leistungsanspruch tendiert ein bekannter Bekleidungsfilialist, dessen Firmenphilosophie auf den Nenner »hochwertig wirkende Ware zu erschwinglichen Preisen« zu offerieren, gebracht werden kann.
Anspruchsvolle Leitmotive der angedeuteten Art prägen das Verhalten eines Unternehmens gegenüber Abnehmern, Mitarbeitern und Öffentlichkeit. Wer in dieser Hinsicht ein bestimmtes Image kultiviert, muss sich bei all seinen Aktivitäten daran messen lassen. Umgekehrt wird von einem Anbieter, der sich rühmt, dass es keinen preiswerteren im weiten Umkreis gibt, nicht erwartet werden, dass er auch noch ein aufwendiges Servicepaket schnürt.
Der Leistungsanspruch, den ein Anbieter für sich erhebt, ist eng mit der Frage der Positionierung seines Angebots verknüpft (Brockhoff, K. 1993). Welche Bewandtnis es damit hat, lässt sich leicht unter Zuhilfenahme formaler Modelle verdeutlichen. Es ist möglich, Märkte in geometrischen Räumen abzubilden, deren Dimensionen zentrale Image oder Präferenz bildende Faktoren verkörpern. Man kann dabei für jedes als Wettbewerber in Betracht zu ziehende Produkt Koordinatenwerte bestimmen. Aus der Sicht des Marketing kommt es zunächst entscheidend darauf an, dass sich ein Erzeugnis von anderen in seiner Umgebung deutlich abhebt. Es geht darum, eine unverwechselbare Stellung einzunehmen, die Nachbarn auf »Distanz« zu halten, über ein prägnantes Profil mit positiven Konturen zu verfügen.
Ob das Ergebnis, nämlich eine bestimmte Koordinatenkonstellation, auch ökonomisch sinnvoll erscheint, steht auf einem ganz anderen Blatt, denn Bedarfsträger, Kaufkraft, Nachfrageintensität etc. werden innerhalb des Systems höchst unterschiedlich verteilt sein. Insofern vermag eine eindrucksvolle Positionierung den Marketing-Manager erst dann zufrieden zu stellen, wenn sich um sein(e) Produkt(e) eine stattliche Käuferschaft schart. Der auf ein spezifisches Leistungsversprechen ansprechende Teil des Marktes muss vom Volumen her einigermaßen attraktiv sein. Der Umkehrschluss, dass man immer nach der größten Nachfragedichte im Raum suchen sollte, wäre indessen falsch, weil sich dort vermutlich auch die meisten Wettbewerber tummeln.
2. Die Bestimmung der geografischen Dimensionen des Marktes
Im Englischen wird bewusst zwischen »market« und »market place«, also dem Markt als abstraktem Gebilde und jenem im territorialen Sinn unterschieden. Auch dieser muss festgelegt werden. In Wirklichkeit kommt dabei noch ein zweiter Aspekt hinzu, nämlich die Größe des Kunden oder Aufträge, denen man sich gewachsen fühlt; z.B. vermag nicht jeder kleine Bäcker Abnehmer von der Größenordnung der Bundeswehr zu beliefern.
Die Absatzreichweite wird einerseits von betrieblichen Restriktionen, andererseits von Ertragserwartungen bestimmt. Eine erste Einschränkung stellt das Liefervermögen dar, das seinerseits von der Produktions- und der Distributionskapazität auf der einen sowie etwaigen Zukaufsmöglichkeiten auf der anderen Seite bestimmt wird. Eine weitere Hürde für die Ausdehnung des unternehmensspezifischen Marktes bilden die Transportkosten. Die Ware kann nur eine bestimmte Strecke befördert werden, weil dann die Distanzüberwindung so stark zu Buche schlägt, dass die Gesamtkosten einen zu hohen Wert erreichen.
Vor einem ähnlichen Problem stehen z.B. ein Handwerker, der bei Kunden zu Hause Dienstleistungen (Malerarbeiten, Reparaturen etc.) erbringt, oder ein Produzent, der ein hohes Maß an Abnehmernähe erreichen muss, etwa weil sich seine Erzeugnisse als störungsanfällig erweisen oder regelmäßig gewartet werden müssen. Wo er dies aus Entfernungsgründen nicht gewährleisten kann, tendieren seine Verkaufschancen gegen null.
Wer mit modernsten Fertigungsanlagen arbeiten will, benötigt Stückzahlen, die zumeist nur der Weltmarkt aufzunehmen vermag. Insofern präjudiziert das Streben nach Effizienz ein Global Marketing. Wer als Erster bestimmte Schlüsselländer erobert, verschafft sich Vorteile im Einkauf, in der Produktion und in der Distribution, kann damit, falls es der Markt verlangt, die Abnehmerpreise senken und dadurch auch Konkurrenten aus dem Rennen werfen. Von daher führt zumindest für größere Unternehmen kein Weg daran vorbei, von vornherein einen Auslandsabsatz ins Auge zu fassen.
3. Die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen a) Der Überblick
Das Betätigungsfeld einer Unternehmung festzulegen, entscheidet oft schon darüber, ob das ständige Streben den Wettbewerbskampf zu bestehen, von Erfolg gekrönt ist oder nicht. Solche Festlegungen werden indessen immer für längere Zeit getroffen, während die Alltagsarbeit dadurch gekennzeichnet ist, dass man die erreichte Position zu sichern sucht, beharrlich auf Verbesserungen hinarbeitet, behutsam Stützpunkte ausbaut und unablässig die Effizienz der Marketing-Arbeit zu steigern bestrebt ist. Welche strategischen Stoßrichtungen kommen infrage? b) Die Erringung der Qualitätsführerschaft
Die meisten Menschen, die ein Gut zu erwerben gedenken, werden darauf achten, dass dieses von »guter Qualität« ist. Damit kann Verschiedenes gemeint sein.
Bei Produktions- und Investitionsgütern gibt es meistens, bei Konsumwaren und Dienstleistungen oft objektive Kriterien dafür, wie ein Erzeugnis beschaffen sein sollte. Um etwa die Belastbarkeit von Stoßdämpfern eines Autos vor Aufnahme der Serienfertigung zu überprüfen, wird dessen Hersteller Tests durchführen und danach wissen, woran er ist. Die Ansprüche, die ein Käufer an ein Produkt stellt, erschöpfen sich jedoch nicht in der Art von Anforderungen, die eine überbetriebliche Prüfstelle ihrer Arbeite zugrunde legt. Ein Erzeugnis muss zumeist auch ansprechend aussehen, sympathisch stimmen, anmutend wirken. Dafür existieren keine objektiven Messkriterien. Schließlich gibt es Fälle, in denen sich die Beteiligten durchaus über die beobachtbare Ausprägung einer bestimmten Eigenschaft, nicht aber darüber einig werden, ob der Befund nun als gut oder schlecht zu werten ist. Für den einen z.B. bildet die Existenz eines automatischen Getriebes in einem Auto eine Conditio sine qua non, für den anderen dagegen einen höchst überflüssigen und damit verzichtbaren Bestandteil.
Im Marketing richtet sich die Aufmerksamkeit vorrangig nicht auf die objektive, sondern auf die subjektive Seite der Qualität von Produkten. Als Bezugsebenen kommen in erster Linie Material, Funktionalität, Verarbeitung und äußere Gestaltung, als Beurteilungskriterien technische Angemessenheit, Umweltfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Komfort und Sicherheit in Betracht. c) Gewährleistung von Markt- und Kundennähe
Nach dem allgemeinen Sprachverständnis bedeutet der an sich wertfreie Begriff Markt- und Kundennähe, sich inmitten eines geografisch attraktiven Marktes zu befinden und damit für viele Abnehmer unmittelbar erreichbar zu sein. Man geht dabei von bestimmten Dimensionen des Absatzgebietes aus, seien dies die Neuen Bundesländer, Deutschland, die EU, die Triade (= Nordamerika, Japan und Westeuropa) oder der Weltmarkt, das die Grundlage für die strategische und die operative Marketing-Planung bildet.
Die Bedingungen für einen Anbieter, hierbei Mengeneffekte zu erzielen, sind umso günstiger, je größer die Zahl der Bedarfsträger, je höher die Kaufkraft, je homogener die Nachfrage und je geringer der Konkurrenzdruck sind. Er profitiert dabei von Fixkostendegression, höheren Rabatten im Einkauf, Lernchancen, synergetischen Effekten und Spezialisierungsgewinnen. Marktnähe führt aber auch zu einer Verbesserung des Leistungsangebots, mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung, höherer Leistungsbereitschaft und weniger Leerlauf bei den kommunikationspolitischen Aktivitäten.
Ein Anbieter verfügt z.B. regelmäßig dann über einen Wettbewerbsvorteil, wenn er Kundenwünsche schneller und deutlicher erkennt oder von Interessenten, mit denen er in Kontakt steht, zu Neuerungen gedrängt wird. Sofern sich Abnehmer, die man im Blick hat, als anspruchsvoll erweisen, verhelfen sie sensiblen Herstellern insofern zu einem Vorsprung, als sie das, was der Markt später in anderen Ländern verlangt, vorwegnehmen oder sogar prägen (Porter, M. E. 1990).
Auch Service setzt Nähe voraus; denn weder primäre noch sekundäre Dienstleistungen können aus der Ferne geboten werden, sondern erfordern die Vorhaltung entsprechender Ressourcen vor Ort (Simon, H. 1992). Hierin – und nicht bei den Produkten – sehen sich deutsche Weltmarktführer im Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten. Sie halten es für unabdingbar, in allen wichtigen Abnehmerländern mit Tochtergesellschaften vertreten zu sein, da sich nur mit eigenen Mitarbeitern die erforderliche hohe Qualität der Dienstleistungen gewährleisten lässt. d) Die Erzielung eines Imagevorsprungs
Manche Produkte werden überhaupt nur deswegen erworben, nicht wenige Dienstleistungen allein deshalb in Anspruch genommen, weil die Öffentlichkeit weiß, welch stattliche Beträge im Einzelfall für sie zu bezahlen sind. Man denke hier an Modeartikel, Markenkleidung, Schmuck, Kosmetika, Luxusautos und Sportgeräte, an exotische Urlaubsländer, die gehobene Gastronomie, traditionsreiche Hotels und Warenhäuser in Japan. Vieles verdankt seine Attraktivität vornehmlich dem Image des Besonderen, Elitären und Teuren, das die Verantwortlichen zu erringen und zu kultivieren verstehen. Manche Artikel profitieren auch von der mit ihnen verbundenen Erlebnisqualität, so z.B. Zigaretten, die den »Duft der großen weiten Welt« verströmen, oder Swatch-Uhren, die aufgrund ihres Designs dem Träger Modebewusstsein bescheinigen und so aus dem Rahmen des Üblichen fallen.
Nach einem Imagevorsprung zu streben, empfiehlt sich vor allem dort, wo die für die Erbringung einer bestimmten Leistung erforderlichen Rohstoffe knapp sind, wo es zu deren Erstellung selten vorhandener Kenntnisse oder Fähigkeiten bedarf, wo es nicht oder kaum zu technischem Fortschritt kommt, wo man unter »Motivenge« leidet, d.h. für eine eher rational ausgerichtet Kommunikationspolitik zu wenige konkrete Argumente zur Hand hat (z.B. bei Zigaretten), wo Statussymbole benötigt werden oder wo dem Wunsch nach demonstrativem Konsum, einem exklusiven Lifestyle oder dem Zeitgeist Tribut gezollt werden muss.
Die Imagestrategie eignet sich aber auch dazu, die Spielregeln, nach denen der Wettbewerb in einer Branche ausgetragen wird, zu verändern. Wenn z.B. ein Anbieter von Alltagsartikeln in einem Hochlohnland einsehen muss, dass er die Kostennachteile, unter denen er leidet, kaum je zu überwinden vermag, wird er versuchen, den Spieß umzudrehen, d.h. Nutzendimensionen zu kreieren, die das Kaufverhalten verändern, Kosten in den Hintergrund treten und niedrige Preise als irrelevant erscheinen lassen. Gefragt ist dann nicht mehr die preiswerte, sondern die besondere Uhr. e) Die Erlangung von Kostenvorteilen
Qualitätsführerschaft, Kundennähe und Imagegewinn bedingen sich zum Teil gegenseitig und bilden insofern keine miteinander rivalisierenden Strategien. Gleichwohl sollten im Marketing deutliche Akzente gesetzt werden, um jeder Fehlwahrnehmung im Markt vorzubeugen. Ein Ansatzpunkt ganz anderer Art, sich dem Wettbewerb zu stellen, liegt im Streben nach Kostenführerschaft, dem zwei Motive zugrunde liegen können. Anderen in der Leistung überlegen zu sein, verursacht einen gewaltigen Aufwand, der leicht außer Kontrolle geraten kann. Insofern stützt das Ringen um niedrige Kosten die Verfolgung übergeordneter Ziele, weil der Schritt etwa von hoher zu noch höherer Qualität zumeist mit einer Aufwandssteigerung verbunden sein wird, die indessen vergleichsweise niedriger ausfallen sollte.
Es gibt aber auch Anbieter, die gezielt eine Niedrigpreispolitik verfolgen. Sie erachten es als ihre vordringlichste Aufgabe, das Preis-Leistungsverhältnis jedes Artikels, ausgehend von einem bescheidenen bis mittleren Qualitätsniveau, nach unten zu drücken. Da Ware der infrage kommenden Art gewissermaßen jeder bereitstellen kann, konkretisieren sich Leistungsvermögen und Wettbewerbsstärke vorrangig im Preis. Um hierbei mithalten zu können, muss die Kostenschraube immer noch stärker angezogen werden.
Ein Mittel dazu besteht zunächst darin, die Fixkosten, die in einem Unternehmen anfallen, über Mehrabsatz insoweit abzubauen, als Leerkapazität gegeben ist (»economies of scale«). Eine stärkere Auslastung verfügbarer Ressourcen lässt sich auch dadurch erreichen, dass man für vorhandene Menschen, Maschinen, Immobilien etc. weitere Einsatz- bzw. Nutzungsmöglichkeiten findet (»economies of scope«). Wenn man sich der Kapazitätsgrenze nähert und auf Dauer einiges mehr am Markt absetzen kann, wird man eine Erweiterung der Anlagen ins Auge fassen, dabei aber einen Technologiesprung zu erzielen versuchen. Dies bedeutet, dass nunmehr »im größeren Stil«, auf leistungsfähigeren Anlagen, produziert wird. Einen weiteren Ansatzpunkt, Stückkosten zu senken, bildet schließlich die Erlangung höherer Mengenrabatte im Einkauf.
Wenn der Wettbewerb härter wird und Stückzahlen auch etwa durch Standardisierung von Bauteilen nicht mehr zu steigern sind, muss man andere Wege beschreiten. Eine erste Überlegung richtet sich darauf, ob es Kostenarten oder -stellen gibt, die sich völlig ausmerzen lassen. Schlagworte wie Lean Production und schlankes Management deuten darauf hin, dass manch ein Unternehmen bislang aus dem Vollen geschöpft hat, was man sich nunmehr nicht mehr leisten kann.
Zumindest eine Reduktion sollte indessen möglich sein, beispielsweise dadurch, dass man leistungsfähigere Lieferanten findet, allenthalben automatisiert, die Fertigungstiefe vermindert, preisgünstigere Materialien verwendet, die Produktion ins Ausland verlagert oder Vertriebsfunktionen ausgliedert, z.B. auf die Unterhaltung eines eigenen Fuhrparks verzichtet und stattdessen mit Spediteuren zusammenarbeitet. Auch organisatorische Mängel, die finanziell zu Buche schlagen, lassen sich beseitigen, z.B. Schwachstellen und Engpässe erkennen, unnötige Wege und Wartezeiten abbauen, ferner Abläufe vereinfachen sowie handwerkliche Fähigkeiten und die Geschicklichkeit der Mitarbeiter steigern.
Einen Versuch wert erscheint auch die Überwälzung von Kosten auf Marktpartner. Das »Burden Sharing« lässt sich gegenüber fast allen, zu denen man Geschäftsbeziehungen unterhält, betreiben. Beim Just-in-time-Verfahren z.B. wird die Lagerhaltung weithin anderen aufgebürdet, und beim POS (Point of Sale-)Banking teilen sich Einzelhandel und Geldinstitute den Aufwand, der mit dem elektronischen Zahlungsverkehr verbunden ist.
Was bei all diesen Bemühungen herauskommt, lässt sich im Sinne einer groben Annäherung durchaus quantifizieren. Das Ergebnis schlägt sich in der sog. Erfahrungskurve nieder, nach der mit jeder Verdoppelung der kumulierten Ausbringungsmenge eines Produktes ein Kostensenkungspotenzial von 20 – 30% einhergeht. Wenn es also ein Automobilhersteller im Laufe der Zeit auf zwei Millionen Exemplare eines bestimmten Modells bringt, so werden die Kosten des letzten Stückes um einiges niedriger als diejenigen sein, die er bei Erreichen der Ein-Millionen-Grenze verzeichnete.
Dieses auch als Boston-Effekt bekannte Phänomen gehört heute zum festen Inventar der strategischen Planung. Wer gezielt darauf setzt, verfügt über eine echte Alternative zur Marktsegmentierung, die ihrem Wesen nach kleinere Stückzahlen bedingt. Es gibt dabei Unternehmen, die in Verfolgung einer Marktdurchdringungsstrategie anfangs so niedrige Entgelte fordern, dass diese unter den Stückkosten liegen, und zwar im Vertrauen darauf, auf diese Weise rasch große Absatzzahlen zu erreichen. Damit gelangen die Betroffenen alsbald in die Gewinnzone, gleichwohl bei Preisen, die es den meisten möglichen Konkurrenten wenig attraktiv erscheinen lassen, in diesem Markt mitzumischen.
IV. Instrumente zur Entwicklung und Verwirklichung einer Marketing-Strategie
Um Wettbewerbsvorteile zu erlangen und seine strategischen Ziele zu verwirklichen, benötigt ein Unternehmen operativ einsetzbare Instrumente. Im Einzelnen stehen ihm hierzu vier Maßnahmenbündel zur Verfügung. Sie verschmelzen im sog. Marketing-Mix, in dem sich jeweils eine ganz spezifische Marketing-Konzeption konkretisiert.
V. Die Beherrschbarkeit des Wettbewerbsgeschehens
Die Marketing-Wissenschaft ist gehalten, Ideen, Instrumente und Methoden zu entwickeln, deren sich jedermann bedienen kann. Sie soll die Wirkung von Maßnahmen voraussagen, Optimierungsverfahren ersinnen und Gesetzmäßigkeiten im Verhalten von Akteuren entdecken, während jeder einzelne Manager unter Nutzung eben dieser Erkenntnisse und Verfahren nach völlig individuellen Lösungen strebt, die vor ihm noch keinem eingefallen, möglichst sonst niemandem zugänglich, von anderen nicht zu durchschauen und schon gar nicht zu konterkarieren sind. Wenn dem nicht so wäre, wüssten wir auch, was bei der Veranstaltung, die man Wettbewerb nennt, herauskommt (Hayek, F.A. v. 1968).
Es scheint also, dass der auf diesem Gebiet tätige Forscher den Unternehmen bzw. Manager immer nur einen Teil des Weges begleiten, oft eigentlich nur dessen Verhalten hinterher deuten kann (Tietz, B. 1993), ganz abgesehen davon, dass er für ihn nicht neue Produkte zu finden oder Vertriebswege aufzuspüren vermag. Er kann allenfalls einen Impuls auslösen, nach solchen zu suchen, und die Richtung dafür vorgeben.
Grundsätzlich lässt sich am Status quo nicht viel ändern, weil Markterfolg geradezu Intransparenz und einen unzulänglichen Informationsstand für den Großteil der Anbieter bedingt; denn wenn jeder über dasselbe Wissen verfügen würde, könnte – bei halbwegs gleicher Ressourcenbasis – keiner mehr einen Vorsprung vor dem anderen erlangen. Damit aber wäre das marktwirtschaftliche System aus den Angeln gehoben; die zentrale Antriebsfeder, der Reiz, der darin liegt, den Konkurrenten einen Schritt voraus zu sein und daraus Vorteile zu ziehen, wäre erlahmt.
Allerdings ist auch in einer in Informationen erstickenden Gesellschaft die Sorge unbegründet, dass es jemals dazu kommt. Selbst wenn nämlich Wissen jedermann zugänglich wäre, würde dies noch lange nicht bedeuten, dass sich auch jeder veranlasst sähe, daran – gegen Entgelt – teilzuhaben. Zumindest müsste man zweifeln, dass alle den darin für sie liegenden Nutzen angemessen zu würdigen wüssten. Leider scheitern an solchen Fehleinschätzungen auch viele wünschenswerte Innovationen in der Praxis.
Literatur:
Brockhoff, K. : Produktpolitik, 3. A., Stuttgart et al. 1993
Hansen, U./Jeschke, K. : Nachkaufmarketing, in: Marketing-ZFP, 1992, S. 88 – 97
Hayek, F.A. v. : Der Wettbwerb als Entdeckungsverfahren, Kiel 1968
Levitt, T. : The Globalization of Markets, in: HBR, H. 3/1983, S. 92 – 102
Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. : Marketing, 17. A., Berlin 1994
Porter, M. E. : Nationale Wettbewerbskraft – woher kommt die?, in: HM, H. 4/1990, S. 103 – 118
Simon, H. : Vorteile durch Dienstleistungen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 02.06.1992, 1992, S. B 2
Tietz, B. : Die bisherige und künftige Paradigmatik des Marketing in Theorie und Praxis, in: Marketing-ZFP, 1993, S. 149 – 163
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