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Aktiengesellschaft


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Gründung und Satzung
III. Kapital und Aktie
IV. Organe
V. Auflösung und Beendigung
VI. Umwandlung, Spaltung und Verschmelzung
VII. Verbundene Unternehmen (Konzerne)
VIII. Europarechtliche Entwicklungen
IX. Ausblick

I. Grundlagen


1. Begriff und Rechtsnatur


Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 I Satz 1 AktG), bei der nur das Gesellschaftsvermögen den Gläubigern haftet (sog. Kapitalgesellschaft). Sie hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital (§ 1 II AktG), zu dessen Aufbringung sich die Gesellschafter (Aktionäre) verpflichten. Darüber hinaus sind die Aktionäre weder der Gesellschaft noch deren Gläubigern zu Leistungen verpflichtet. Die Höhe des Grundkapitals muss einen Mindestnennbetrag von 50.000 Euro (§ 7 AktG) erreichen und wird im Übrigen durch die Satzung festgelegt (§ 23 III Ziff. 3 AktG). Die AG ist als körperschaftlich organisierte juristische Person rechtsfähig, d.h. sie selbst ist Träger von Rechten und Pflichten (selbst Eigentümerin ihrer Grundstücke, Produktionseinrichtungen usw.). Der Struktur nach entspricht sie einem rechtsfähigen Verein (§§ 21 – 79 BGB); sie hat Organe, die für sie in ihrem Namen und innerhalb der jeweiligen Zuständigkeiten handeln. Die AG gilt stets als Handelsgesellschaft (§ 3 AktG, §6 HGB) und kann sich, wie natürliche Personen, an anderen Gesellschaften beteiligen. Ihre Bezeichnung im Rechtsverkehr (Firma) muss den Zusatz „ Aktiengesellschaft “ enthalten. Das Recht der AG ist insb. geregelt im Aktiengesetz (AktG) vom 6. September 1965 (BGBl. I, S. 1089, zuletzt geändert durch Art. 3 § 1 Gesetz vom 09.6.1998, BGBl. I, S. 1242 – Euro EinführungsG – und Gesetz vom 22.06.1998, BGBl., S.1474 – HRefG sowie Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung vom 18.01.2001, BGBl. I, S. 123 – NaStraG, Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I, S. 786 – KonTraG und Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität vom 19.7.2002, BGBl. I, S. 2681 – Transparenz- und Publizitätsgesetz sowie durch Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.9.2005, BGBl. I, S. 2802 – UMAG).
Im AktG finden sich auch Bestimmungen über die Sonderform der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA, §§ 287 ff. AktG), die allerdings praktisch eine geringe Rolle spielt. Bei der KGaA gibt es zwei Gruppen von Gesellschaftern, die persönlich haftenden Komplementäre und die übrigen Gesellschafter, sog. Kommanditaktionäre, die nur mit ihren Aktien an dem Grundkapital der Gesellschaft beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften.

2. Geschichte und Entwicklung der AG und des AktG


Anfänge der modernen Kapitalgesellschaft finden sich schon in den Handelskompagnien des 17. Jahrhunderts, die zur Erschließung und Ausbeutung der Kolonien in Amerika und Indien gegründet wurden. In Deutschland wurde das Recht der AG erstmals im preußischen AktG von 1843 geregelt, an das dann das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861 anknüpfte. Während nach diesen Gesetzen die Gründung einer AG einer staatlichen Genehmigung bedurfte (sog. Konzessionssystem), wurde mit der 1. Novelle zum ADHGB vom 11.06. 1870 das liberale System der Normativbestimmungen eingeführt. Danach entsteht eine AG, vorausgesetzt die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen sind erfüllt, durch Eintragung in das Handelsregister; auf diese Eintragung besteht ein Rechtsanspruch, der ggf. durch Rechtmittel durchgesetzt werden kann. Nach der wichtigen 2. Aktienrechtsnovelle von 1884 wurde das Aktienrecht in das neue HGB von 1887 (dort §§ 178 ff.) aufgenommen (Schubert, W./Hommelhoff, P. 1985), jedoch schon mit der erneuten Reform von 1937 wieder aus dem HGB herausgenommen und in einem eigenen AktG kodifiziert. Das heute geltende AktG von 1965 baut im Wesentlichen auf diesem Vorgänger auf, versucht dabei aber den Aktionär besser zu schützen und fügt vor allem erstmals eine umfassende Regelung des Konzernrechts hinzu (§§ 291 – 327 AktG). Seitdem waren mehrfach Anpassungen im Rahmen der europäischen Rechtsangleichung (s.u.) und infolge der Mitbestimmungsgesetzgebung (insb. Mitbestimmungsgesetz von 1976) erforderlich.

3. Wirtschaftliche Bedeutung


Die AG ist eine typische Rechtsform für Großunternehmen mit erheblichem Kapitalbedarf (Kapitalsammelfunktion), insb. wenn Kapital über den Kapitalmarkt aufgebracht und Anteile an der Börse gehandelt werden sollen. Einschließlich der neuen Bundesländer gab es Ende Mai 1992 in Deutschland nur 3052 AGen, wegen des Gesetzes für kleine AGen (vom 10.10.1994, BGBl. I, S. 1967) und der aufblühenden Börse aber zu Beginn des Jahres 2000 bereits rund 7600 AGen. Auch der Zusammenbruch des „ Neuen Marktes “ hat diesem Trend keinen Abbruch getan: im August 2005 gab es 16.114 AGen (incl. ca. 30 KGaA) mit einem nom. Grundkapital von rund 165 Mrd. Euro, von denen 814 (2004) börsennotiert sind. Dabei gibt es völlig unterschiedliche Realtypen, von der Einmann- oder Familien-AG über die konzernabhängige AG bis zur großen Publikums-AG mit über 900.000 Aktionären weltweit (z.B. Siemens). Die Bedeutung der AG als Organisationsform der Großunternehmen wird auch daran deutlich, dass von den 100 größten deutschen Unternehmen, gemessen an ihrer Wertschöpfung, 74 in der Rechtsform der AG organisiert sind (2002).

II. Gründung und Satzung


1. Gründung und Entstehung der AG


Die in §§ 23 bis 53 AktG geregelte Gründung der AG erfolgt in mehreren Akten. Es sind eine (Ein-Personen-Gründung ist heute zulässig!) oder mehrere (natürliche oder juristische) Personen notwendig, die zunächst in einer notariell beurkundeten Verhandlung die Satzung feststellen. Daran schließt sich die Übernahme aller Aktien durch den oder die Gründer an (sog. „ Errichtung “ , § 29 AktG). Um die „ Vor-AG “ handlungsfähig zu machen, bestellen der oder die Gründer dann einen Aufsichtsrat sowie Abschlussprüfer für das erste Geschäftsjahr. Der Aufsichtsrat bestellt seinerseits den Vorstand. Nachdem der oder die Gründer die Einlagen (Bareinlagen mindestens zu einem Viertel, Sacheinlagen uneingeschränkt) eingezahlt und einen Gründungsbericht erstellt haben, erfolgt eine Gründungsprüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat. Schließlich erfolgt durch Gründer, Aufsichtsrat und Vorstand gemeinsam die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister (§ 36 I AktG). Als juristische Person entsteht die AG erst mit der Eintragung ins Handelsregister (§ 41 I Satz1 AktG). Werden Abreden über Sondervorteile oder Sacheinlagen bzw. Sachübernahmen getroffen, gelten besondere Bestimmungen (§§ 26, 27 AktG). Man spricht dann von sog. qualifizierten Gründungen, wobei eine zusätzliche Gründungsprüfung durch vom Registergericht zu bestellende unabhängige Gründungsprüfer stattfindet. Eine Einpersonen-AG zu gründen ist möglich (§ 2 AktG), doch kann sie auch erst nach der Gründung durch Übernahme aller Aktien in einer Hand entstehen.

2. Satzung


Für den Gesellschaftsvertrag (Satzung) der AG sind in § 23 III und IV AktG zwingende Mindestinhalte bestimmt. Dazu gehören insb. Bestimmungen über Firma und Unternehmensgegenstand, Grundkapital, Aktiennennbeträge, Zahl der Vorstandsmitglieder und über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft. Darüber hinaus können weitere Vorschriften aufgenommen werden, die aber vom AktG nur abweichen dürfen, soweit dies entweder dort vorgesehen ist oder es sich nur um ergänzende Bestimmungen handelt (§ 23 V AktG). Insb. bedürfen Sondervorteile (§ 26 I AktG) und Sonderrechte (z.B. Vorzugsaktien ohne Stimmrecht) der Festsetzung in der Satzung. Für Satzungsänderungen ist ein Beschluss der Hauptversammlung mit 3/4-Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich (§ 179 II Satz1 AktG); sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister (§ 181 AktG).

III. Kapital und Aktie


1. Das Kapital der AG

a) Grundkapital


Als Kapitalgesellschaft hat die AG ein in der Satzung festgesetztes Grundkapital von mindestens 50.000 Euro, zu dessen Aufbringung sich die Gründer bei der Gründung verpflichtet haben. Davon zu unterscheiden ist das Gesellschaftsvermögen, das nach § 1 I Satz 2 AktG als tatsächliches Haftungsobjekt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Verfügung steht. Das Grundkapital hat die Bedeutung, den Gläubigern der Gesellschaft ein Mindesthaftungsvermögen in der festgelegten Höhe zu verschaffen und zu erhalten. Daher dürfen die Aktien nicht gegen einen geringeren Wert als ihrem Nennbetrag entspricht ausgegeben werden (Verbot der unter-pari-Emission, § 9 I AktG). Sämtliche Aktien müssen vor der Eintragung ins Handelsregister von den Gründern übernommen werden und dürfen, solange die Einlage nicht voll geleistet ist, nur als Namensaktien (§ 10 II AktG) ausgegeben werden. Ein Verzicht der AG auf ausstehende Einlagen ist unzulässig und rechtlich unwirksam.

b) System der Kapitalaufbringung/Finanzierung


Bei der Finanzierung einer AG ist zwischen Eigenkapital und Fremdkapital zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist seit dem Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985 im Gesetz definiert (§§ 266 III, 272 HGB). Danach zählen zum Eigenkapital das Grundkapital ( „ gezeichnetes Kapital “ ), die Kapitalrücklage, die Gewinnrücklagen, der Gewinnvortrag sowie der im Jahesabschluss ausgewiesene Jahresüberschuss. Fremdkapital sind demgegenüber sämtliche Lieferanten- und Finanzierungskredite von außenstehenden Gläubigern sowie die in Folge der Ausgabe von Schuldverschreibungen (Industrieobligationen), Optionsanleihen und Genussrechten dem Unternehmensvermögen zugeflossenen und rückzahlbaren Beträge. Die Finanzierung durch Eigenkapital erfolgt durch die Ausgabe von Aktien bei der Gründung oder bei Kapitalerhöhungen. Neben dem Normalfall der Emission von Stammaktien gibt es auch die Möglichkeit der Ausgabe stimmrechtsloser Aktien (Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, §§ 12 I, 139 ff. AktG), die nur zugelassen sind, wenn sie bei der Verteilung des Gewinns vorab mit einer Vorzugsdividende berücksichtigt werden. Bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung zur Erhöhung des Grundkapitals bedarf es eines Beschlusses der Hauptversammlung, die mit mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals entscheiden muss (§ 182 AktG). Nach § 186 AktG steht hierbei grundsätzlich jedem Aktionär ein veräußerliches Bezugsrecht auf neue Aktien entsprechend seinem bisherigen Anteil am Grundkapital zu, das nur unter engen Voraussetzungen (qualifizierte Mehrheit, sachliche Rechtfertigung) ausgeschlossen werden kann. Besondere Formen dieser Art von Kapitalbeschaffung stellen die „ bedingte Kapitalerhöhung “ (§§ 192 ff. AktG) und das sog. „ Genehmigte Kapital “ (§§ 202 ff. AktG) dar, das Vorstand und Aufsichtsrat ermächtigt, Art, Umfang und Zeitpunkt der Kapitalerhöhung zu bestimmen. Von diesen Fällen der effektiven Kapitalerhöhung ist die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zu unterscheiden (§§ 207 ff. AktG). Dabei beschließt die Hauptversammlung, offene Rücklagen in Grundkapital umzuwandeln. Die neuen Aktien stehen dann zwingend den bisherigen Aktionären nach dem Verhältnis ihrer Anteile am alten Grundkapital zu (§ 212 AktG). Für die Aufnahme von Fremdkapital, inkl. von an der Börse notierten sog. Industrieobligationen, ist dagegen ein Beschluss der Hauptversammlung nicht erforderlich (Ausnahme: Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen, die in Aktien umgewandelt werden können bzw. mit Bezugsrechten auf Aktien verknüpft sind, sowie Genussrechte und Gewinnschuldverschreibungen, wenn sie die Teilhabe am Gewinn verbriefen). Eine Herabsetzung des Grundkapitals kann nur mit einer Mehrheit von mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals beschlossen werden. Sie geschieht durch Herabsetzung des Nennwerts der Aktien bzw. durch Zusammenlegung der Aktien (ordentliche Kapitalherabsetzung, §§ 222 ff. AktG); daneben kann sie auch durch Einziehung von Aktien (§ 237 AktG) erfolgen. Den Gläubigern noch nicht fälliger Forderungen ist Sicherheit zu leisten (§ 225 AktG), es sei denn, dass nur eine nominelle Kapitalherabsetzung zu Sanierungszwecken (zum Ausgleich von Verlusten) vorliegt (§ 229 ff. AktG).

c) System der Kapitalerhaltung


Das AktG kann nicht den Eintritt von Verlusten verhindern, durch die das Grundkapital der AG aufgezehrt wird. Es will aber Auszahlungen an Aktionäre und andere Maßnahmen verhindern, die eine Verminderung des Gesellschaftsvermögens unter die Höhe der Grundkapitalziffer bewirken würden. Das AktG enthält daher eine Reihe wichtiger Vorschriften, die diesem Zweck der Erhaltung des Grundkapitals dienen (Idee des Garantiekapitals). So darf an die Aktionäre vor Auflösung der Gesellschaft nur Bilanzgewinn verteilt (§ 58 V AktG) werden. Der AG ist es verboten, die Aktionäre von ihren Leistungspflichten zu befreien (§ 66 AktG). Verbotswidrige Leistungen sind der Gesellschaft zurückzugewähren (§ 62 I AktG). Weitere Regelungen zum Zweck der Kapitalerhaltung sind etwa das grundsätzliche Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch die AG (§ 71 ff. AktG) und das Gebot, einen ausnahmsweise erlaubten Erwerb nur aus „ freien “ Mitteln zu bezahlen, also solchen, die auch an die Aktionäre hätten verteilt werden dürfen. Ferner gilt das Verbot Gewinne auszuschütten, solange das Gesellschaftsvermögen den Betrag des Grundkapitals nicht übersteigt. Ist ein Verlust am Grundkapital entstanden, so muss dieser erst aus den Gewinnen der nächsten Jahre gedeckt werden, ehe wieder ein Gewinn verteilt werden kann.

d) Rückerwerb eigener Aktien


An sich ist der Erwerb eigener Aktien unzulässig; dieses Verbot wurde amerikanischem Vorbild folgend im KonTraG, 1998 liberalisiert. So kann die Hauptversammlung beschließen, dass die Gesellschaft eigene Aktien aus freien Mitteln (oben c)) bis zu 10 % des Grundkapitals unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Aktionäre zurückerwerben darf. Die betreffenden Aktien können dann entweder eingezogen (vernichtet) werden (oben b)) oder aber im Besitz der Gesellschaft verbleiben und von ihr später unter Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre oder über die Börse wieder veräußert werden. Auf diese Weise erhält die Gesellschaft ein „ pulsierendes “ Kapital, kann überflüssige Mittel durch Rückkauf der Aktien an die Aktionäre geben und sich die Mittel durch Verkauf der Aktien später wieder beschaffen.

e) Jahresabschluss und Gewinnverwendung


Durch das Bilanzrichtliniengesetz ist auch das Bilanzrecht der AG wesentlich verändert worden. Es ist nun geregelt in den §§ 238 ff., 264 ff. HGB sowie §§ 150 – 160, 170 – 176 und 286 AktG. Bei den Anforderungen differenziert das Gesetz zwischen kleinen, mittleren und großen Kapitalgesellschaften (§ 267 HGB). Der Vorstand einer AG ist verpflichtet, in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vorhergehende Geschäftsjahr den Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, § 242 III HGB) aufzustellen und um einen Anhang sowie einen Lagebericht zu erweitern. Diese Unterlagen sind dann durch unabhängige Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat zu prüfen. Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss, so ist dieser festgestellt und der Hauptversammlung zur Entgegennahme sowie zur Beschlussfassung über die Gewinnverwendung vorzulegen (§§ 172, 174 ff. AktG). Im Rahmen dieser Bilanzaufstellung und -feststellung können bereits Rücklagen zu Lasten des verbleibenden Gewinnes gebildet werden (bis zu 50% des Jahresüberschusses, bei entspr. Erlaubnis der Satzung auch mehr). Über die Verwendung des in der Bilanz ausgewiesenen (Rest-)Gewinns beschließt dann die Hauptversammlung in den Grenzen des § 58 AktG frei. Der einzelne Aktionär erwirbt durch einen solchen Beschluss einen unentziehbaren Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils.

2. Eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen

a) Gesellschafterdarlehen


Bei Kapitalbedarf der AG ist es möglich, dass (Groß-) Aktionäre, statt der AG im Wege einer Kapitalerhöhung neues Eigenkapital zuzuführen, dieser Darlehen gewähren, um der Kapitalbindung zu entgehen. Im Gegensatz zur GmbH (§§ 32a, b GmbHG) ist das Problem eigenkapitalersetzender Aktionärsdarlehen nicht im AktG geregelt. Der BGH (BGHZ 90, 381; BGH 9.5.2005 II ZR 66/03 AG 2005, 617) hat aber entschieden, dass jedenfalls dann, wenn ein Darlehensgeber an der AG unternehmerisch beteiligt ist (25% und mehr), dessen Darlehen in der Krise der AG analog §§ 32a und 32b GmbHG wie Haftkapital behandelt werden kann.

b) Genussrechte


Eine Renaissance als Finanzierungsmittel der AG hatten in den 90er Jahren die Genussrechte erlebt. Dabei handelt es sich um verbriefte ( „ Genussscheine “ ) schuldrechtliche Ansprüche gegen die AG. In der Regel gehen sie auf spätere Rückzahlung des überlassenen Geldbetrages ( „ Anleihe-Komponente “ ) und seiner Vergütung dafür in Form eines variablen Zahlungsanspruchs, der sich aus einer gewinnunabhängigen Mindestverzinsung und einem Zusatzbetrag zusammensetzt, welcher von der Höhe des Gewinns oder der Dividende abhängig ist. Zu ihrer Ausgabe bedarf es einer satzungsändernden 3/4-Mehrheit der Hauptversammlung (§ 221 III AktG); den Aktionären steht ein Bezugsrecht zu. Obwohl sie an vielen Stellen im Gesetz erwähnt sind, ist ihr Inhalt gesetzlich nicht festgelegt. Gerade diese Flexibilität macht ihre Attraktivität als Finanzierungsmittel aus, sie macht andererseits eine richterliche Inhaltskontrolle nach allg. Regeln und nach §§ 307 ff. BGB erforderlich (BGHZ 119, 305). Genussrechte geben ihren Inhabern keine Mitverwaltungsrechte an der AG, insb. kein Stimm- und kein Anfechtungsrecht. Zu ihrer Anerkennung als haftendes Eigenkapital im Sinne von § 10 V KWG und als steuerlich geeigneter Typ für die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand (§ 2 I des 5. VermBG) ist es notwendig, dass sie auch am Verlust der AG beteiligt sind.

3. Die Aktie als Mitgliedschaftsrecht

a) Rechte und Pflichten der Aktionäre; Treupflicht


Aktionäre erwerben die Mitgliedschaft in der AG durch Übernahme der Aktien im Gründungsstadium bzw. bei einer Kapitalerhöhung oder durch Erwerb einer Aktie von einem anderen Aktionär, privat oder an der Börse. Dieser Erwerb erfolgt im Normalfall der Inhaberaktien durch Einigung und Übergabe (§ 929 I BGB), bei Namensaktien durch Indossierung (§ 68 AktG). Befinden sich die Aktien in Girosammelverwahrung einer Bank, genügt auch die Buchung. Rechte der Aktionäre an der Mitgliedschaft sind zum einen Mitverwaltungsrechte, insb. das Teilnahme-, Rede-, Auskunfts- und Stimmrecht in der Hauptversammlung, sowie das Recht zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen. Eine Reihe von weiteren Rechten sind an bestimmte Mindestanteile am Grundkapital gebunden. Die wichtigsten Vermögensrechte sind das Recht auf einen Anteil am Reingewinn (Dividende, § 58 IV AktG) und das Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung, § 186 AktG. Verpflichtet ist der Aktionär zur Leistung der übernommenen Einlage (§ 54 AktG); zu Nachschüssen sind die Aktionäre nicht verpflichtet. Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist ausgeschlossen. Die Mitgliedschaft endet mit der Veräußerung der Aktie, durch Kaduzierung (§ 64 AktG), Einziehung bei einer Kapitalherabsetzung (§ 237 AktG) oder bei Beendigung der AG. Da ein Mehrheitsgesellschafter die faktische Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung hat und so die Interessen der Minderheit beeinträchtigt werden können, nimmt die Rechtsprechung heute, nachdem sie über viele Jahre hinweg das Bestehen jeglicher Rechtsbeziehung der Aktionäre untereinander verneint hatte, das Bestehen einer gesellschafterlichen Treupflicht zwischen den Aktionären an (BGHZ 103, 184).

b) Missbräuchliche Aktionärsklagen


Das weitreichende Anfechtungsrecht jedes Aktionärs mit auch nur einer Aktie gegen Hauptversammlungsbeschlüsse nach §§ 243, 245 AktG kann zur Blockade wichtiger unternehmerischer Entscheidungen führen, vor allem bei Kapitalerhöhungen, Unternehmensverträgen, Fusionen oder Umwandlungen. Das kann für die Gesellschaft außerordentlich teuer sein, da der Registerrichter die zur Wirksamkeit solcher Vorgänge erforderliche Eintragung während eines schwebenden Anfechtungsverfahrens ablehnen kann oder sogar muss. Damit ist für einige Aktionäre der Reiz verbunden, mittels solcher Anfechtungsklagen eine AG unter Druck zu setzen und sich diesen „ Lästigkeitswert “ ihres Vorgehens abkaufen zu lassen. Dem ist der BGH entgegengetreten, indem er gegen solche Anfechtungsklagen den Einwand des individuellen Rechtsmißbrauchs zulässt (BGHZ 107, 296). Darüber hinaus kann heute das mit der Anfechtungsklage befasste Prozessgericht in den besonders wichtigen Fällen der Umwandlung (unten VI, § 16 UmwG), der Unternehmensverträge und der Kapitalmaßnahmen (§ 246a AktG) die Eintragung der betreffenden Maßnahme im Handelsregister trotz des laufenden Anfechtungsverfahrens erlauben, mit der Folge, dass die Maßnahme damit endgültig wirksam wird (so in den fällen Thyssen/Krupp und T-Online/Telekom).

4. Die Aktie als Gegenstand und Wertpapier


Der Aktie kommen innerhalb des AktG drei Funktionen zu: Das Wort Aktie bezeichnet nicht nur die Gesamtheit der mit der Mitgliedschaft an der Gesellschaft verbundenen Rechte und Pflichten (s.o.), sondern auch den Bruchteil des Grundkapitals und damit wertmäßig einen bestimmten Anteil am Gesellschaftsvermögen. Die Aktie ist schließlich Wertpapier. Als solche „ Urkunde über die Mitgliedschaft “ können nach Maßgabe der Satzung von der AG entweder Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden (§ 10 AktG). In der Praxis überwiegt die Inhaberaktie, bei der allein der Inhaber des Papiers als Aktionär gegenüber der Gesellschaft legitimiert ist. Solche Inhaberaktien können in ihrer Übertragbarkeit nicht beschränkt werden, wohl aber Namensaktien. Geschieht das und wird ihre Übertragbarkeit durch die Satzung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden, so spricht man von „ vinkulierten Namensaktien “ (§ 68 II AktG).
Früher hatte jeder Aktionär Anspruch auf eine Urkunde über seine Aktie(n). Heute kann das im Hinblick auf die hohen Kosten durch die Satzung ausgeschlossen werden, § 10 V AktG. Es werden dann nur noch sog. Globalurkunden ausgegeben und in einem Safe hinterlegt, an denen der einzelne Aktionär zu einem Bruchteil beteiligt ist.

IV. Organe


Jede AG hat zwingend drei Organe: Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung, deren Zuständigkeiten und Kompetenzen im AktG selbst (§§ 76, 84, 111, 119) bindend festgelegt sind:

1. Vorstand


Der Vorstand ist das Leitungsorgan der AG, er führt die Geschäfte in eigener Verantwortung (§ 76 I AktG). Im Unterschied zur GmbH ist er an keine Weisungen durch Aktionäre oder den Aufsichtsrat gebunden. Allerdings kann durch die Satzung und durch Beschluss des Aufsichtsrates selbst festgelegt werden, dass bestimmte Entscheidungen der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Ferner kann die Hauptversammlung auf seinen Wunsch hin Einzelfragen zur Geschäftsführung entscheiden; in der Praxis kommt das nicht vor. Nach der Rechtsprechung (BGHZ 83, 122) muss der Vorstand von der Hauptversammlung eine solche Entscheidung verlangen, wenn es sich um eine grundlegende Maßnahme handelt, die tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre eingreift (z.B. Umwandlung in eine Holding: Allianz, Daimler-Chrysler). Nach außen vertritt der Vorstand die AG gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 I AktG); nur gegenüber den (amtierenden oder früheren)Vorstandsmitgliedern selbst wird die AG durch den Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG). Diese Vertretungsmacht des Vorstands ist unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 82 I AktG), kann also weder durch Vertrag noch durch die Satzung Dritten gegenüber sachlich eingeschränkt werden. Das aber heißt nicht, dass solche Schranken nicht intern durch den Anstellungsvertrag festgelegt werden könnten (z.B. Zustimmung des Aufsichtsrats bei einem Wert der Maßnahme von über 1 Mio. Euro). Aber ihre Verletzung führt nur zu Schadensersatzansprüchen der AG; das Geschäft mit dem Dritten selbst bleibt gültig. Die Bestellung der Vorstandsmitglieder erfolgt durch den Aufsichtsrat auf höchstens 5 Jahre (§ 84 I Satz1 AktG) mit der Möglichkeit der Verlängerung. Die Anzahl der Mitglieder des Vorstands wird durch die Satzung bestimmt. Ein Vorstandsmitglied kann während seiner Amtszeit nur aus wichtigem Grund abberufen werden (§ 84 III AktG). Der Vorstand unterliegt einem Wettbewerbsverbot (§ 88 AktG), er ist dem Aufsichtsrat berichtspflichtig (§ 90 AktG) und seine Mitglieder haften der Gesellschaft bei Verletzungen ihrer Sorgfaltspflichten als Gesamtschuldner (§ 93 II AktG), wobei ihnen bei allen unternehmerischen Entscheidungen ein weites unternehmerisches Ermessen zugute kommt (BGHZ 135, 244, 235 – ARAG und § 92 II, 2 AktG – neu).

2. Aufsichtsrat


Der Aufsichtsrat setzt sich aus mindestens drei und höchstens 21 Mitgliedern zusammen (§ 95 ff. AktG). Soweit die AG der Mitbestimmung unterliegt (s.u.), gehören dem Aufsichtsrat neben den Vertretern der Aktionäre auch Vertreter der Arbeitnehmer an. Die Arbeitnehmervertreter werden nach Maßgabe der Mitbestimmungsgesetze nominiert, die Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat werden von der Hauptversammlung auf maximal fünf Jahre gewählt. Sie können vorzeitig mit 3/4-Mehrheit abberufen werden. Aufsichtsratsmitglieder können nicht zugleich Vorstand und Vorstandsmitglieder nicht zugleich Aufsichtsrat ihrer AG sein. Nichts aber steht entgegen, wenn Vorstandsmitglieder zugleich Aufsichtsräte oder Vorstände/Geschäftsführer in Tochtergesellschaften sind (häufig bei sog. Holding-AGen). Hingegen ist nicht vereinbar mit einem Aufsichtsratsmandat die Mitgliedschaft im Vorstand eines abhängigen Unternehmens. Die Hauptfunktion des Aufsichtsrats ist neben der Bestellung und der Abberufung der Mitglieder des Vorstands die Überwachung der Geschäftsführung (§ 111 I AktG; näher dazu Semler, J. 1996). Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind der Gesellschaft gegenüber zur ordentlichen und gewissenhaften Wahrnehmung ihrer Funktionen sowie zu einer getreulichen Interessenwahrung verpflichtet und haften für Pflichtverletzungen (§ 116 AktG).

3. Hauptversammlung


Die Hauptversammlung ist das Organ, in dem die Aktionäre ihre Rechte in Angelegenheiten der AG ausüben. Sie muss einmal jährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres und kann jederzeit einberufen werden und beschließt u.a. über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre, die Verwendung des jährlichen Bilanzgewinns (wobei sie an den festgestellten Jahressabschluss gebunden ist, § 174 I AktG – oben III, 1d), die Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand, die Bestellung der Abschlussprüfer, über Satzungsänderungen und Kapitalerhöhungen bzw. -herabsetzungen und die Auflösung der AG. Beschlüsse der Hauptversammlung werden, soweit die Satzung keine strengeren Voraussetzungen vorsieht, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 133 I AktG). Dabei wird das Stimmrecht nicht nach Köpfen, sondern nach Aktiennennbeträgen bzw. bei sog. Stückaktien entsprechend ihrer Zahl ausgeübt. Für besonders wichtige Beschlüsse wie Satzungsänderungen, Umwandlungen und Unternehmensverträge ist eine Mehrheit von mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vorgesehen (etwa §§ 179 II, 182 I Satz 1 oder § 262 II Nr.1 AktG). Die Hauptversammlung kann die Befugnisse von Vorstand und Aufsichtsrat nicht verändern; ihre Beschlüsse müssen i.d.R. notariell beurkundet werden (§ 130 I AktG). Ist ein Beschluss fehlerhaft, d.h. verstößt er nach Form oder Inhalt gegen Gesetz oder Satzung, so kann jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, der Vorstand, sowie jedes Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrates binnen eines Monats nach Beschlussfassung Anfechtungsklage erheben mit dem Ziel, dass das Gericht den Beschluss für gesetz- oder satzungswidrig erklärt und daher vernichtet (§§ 243 ff. AktG). Die Aktionäre müssen allerdings zuvor in der Hauptversammlung Widerspruch gegen den Beschluss zu Protokoll erklärt haben. Wird einer Anfechtungsklage stattgegeben, führt das rückwirkend zur Nichtigkeit des fraglichen Beschlusses.

4. Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer


Jede AG mit mehr als 500 Arbeitnehmern unterliegt der sog. unternehmerischen Mitbestimmung. Davon zu trennen ist die betriebliche Mitbestimmung über den Betriebsrat, die im Betriebsverfassungsgesetz von 1972 geregelt ist. Für die unternehmerische Mitbestimmung sind drei gesetzliche Regelungen zu unterscheiden: Für einen Teilbereich der Wirtschaft, die sog. Montanindustrie (Bergbau, Eisen und Stahl), ist durch Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 (BGBl. I, S. 347) die paritätische Mitbestimmung verwirklicht. Dies bedeutet, dass dem Aufsichtsrat der betreffenden Unternehmen jeweils gleich große Gruppen von Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer angehören, sowie ein weiteres von beiden Gruppen berufenes neutrales Mitglied. Kleinere AGen mit in der Regel 500 bis 2000 Arbeitnehmern außerhalb der Montanindustrie fallen unter das Drittelbeteiligungsgesetz von 2004; danach besteht in diesen AGen der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer. Für AGen mit mehr als 2000 Arbeitnehmern gilt seit dem 1.7.1976 das Mitbestimmungsgesetz vom 4.5.1976 (BGBl. I, S. 1153). Der Aufsichtsrat ist hier ebenfalls paritätisch besetzt, allerdings steht den leitenden Angestellten mindestens ein Sitz auf Seiten der Arbeitnehmer zu. Ergibt ein Aufsichtsratsbeschluss Stimmengleichheit, so hat der in aller Regel von der Kapitalseite bestellte Aufsichtsratsvorsitzende ein doppeltes Stimmrecht. Keine Anwendung findet das Mitbestimmungsgesetz auf sog. Tendenzbetriebe und kirchliche Einrichtungen.

5. Corporate Governance


a) Das im Gesetz festgelegte und durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich von 1998 (KonTraG, BGBl I, S. 786) verfeinerte Zusammenspiel von Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung und Abschlussprüfer ist die deutsche Spielart von Corporate Governance (dazu Hommelhoff, P./Mattheus, D. 1998). Ihre Stärke liegt im System von check and balances, ihre Schwäche in den (zu?) vielen Schanieren, mangelnder Offenheit und Vertrauen unter den Organen und ihren Mitgliedern sowie wirtschaftlicher Abhängigkeit des Abschlussprüfers. Trotz mancher „ Unfälle “ in den letzten Jahren (Metallgesellschaft, HypoVereinsbank, Holzmann) dürfen noch immer die Vorteile dieses Systems überwiegen. Daher gibt es auch keine relevanten Tendenzen zur Änderung dieses sog. dualen Systems etwa in Richtung auf das anglo-amerikanische (one)-board-System.
b) Aber natürlich war und ist auch dieses System in Einzelheiten verbesserungsfähig. Nach dem Zusammenbruch des Holzmann-Konzerns berief daher Bundeskanzler Schröder eine Kommission (Corporate Governance-Kommission) unter dem Vorsitz des Frankfurter Prof. Baums, die über 100 Verbesserungsvorschläge in ihrem Abschlussbericht von 2001 unterbreitete (Baums, 2001), die inzwischen sehr weitgehend im TransPuG und im UMAG umgesetzt wurden. Darunter befand sich auch der Vorschlag, eine weitere Kommission einzusetzen mit der Aufgabe, einen Deutschen Corporate Governance Kodex zu erarbeiten. Das ist ebenfalls geschehen (Kodex-Kommission unter Leitung von Dr. Cromme, ) und seit 2002 gibt es diesen Kodex mit inzwischen rund 80 nicht zwingenden Verhaltensempfehlungen an die Organe der AG. Darüber hinaus wurde im gleichen Jahr der neue § 161 AktG geschaffen, der Vorstand und Aufsichtsrat jeder börsennotierten AG verpflichtet, jährlich einmal öffentlich zu erklären, ob sie diese Empfehlungen eingehalten haben und weiterhin einhalten werden bzw. welche sie nicht eingehalten haben oder nicht einhalten werden. Nach den letzten vorliegenden Erklärungen für 2005 folgen die Vorstände und Aufsichtsräte dieser Aktiengesellschaften den Empfehlungen sehr weitgehend.

V. Auflösung und Beendigung


Die AG kann aus bestimmten Gründen aufgelöst werden. Solche Auflösungsgründe sind insb. Zeitablauf (selten), ein Hauptversammlungsbeschluss mit mindestens ¾ Mehrheit, Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Ablehnung eines Insolvenzantrages mangels Masse (§ 262 AktG). Die Verpflichtung zur Stellung des Insolvenzantrages besteht für die AG bei Zahlungsunfähigkeit und bei Überschuldung (§ 92 II AktG). Falls keine Insolvenzeröffnung vorliegt, erfolgt die Abwicklung nach den Grundsätzen der §§ 264 ff. AktG. Die Auflösung führt zur Abwicklung der Gesellschaft, die als Abwicklungsgesellschaft bis zum Abschluss der Liquidation zum Zwecke ihrer Vollbeendigung (Löschung im Handelsregister) fortbesteht. Abwickler sind in der Regel dabei die Vorstandsmitglieder (§ 265 I AktG).

VI. Umwandlung, Spaltung und Verschmelzung


Die vielfältigen und komplizierten Fragen der sog. Umwandlung (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) einer AG oder in eine AG sind heute einheitlich für alle Unternehmensformen im Umwandlungsgesetz (UmwG) vom 28.10.1994 (BGBl I, S. 3210) geregelt. Danach kann eine AG auf eine andere Gesellschaft beliebiger Rechtsform, ja sogar auf ihren Alleinaktionär verschmolzen werden oder ihrerseits andere Gesellschaften in sich aufnehmen. Sie kann aber auch ihre Rechtsform ändern und z.B. GmbH oder KG werden, aber auch durch formwechselnde Umwandlung aus einer solchen GmbH oder KG als AG entstehen. Schließlich kann sich die AG auch in zwei oder mehr neu entstehende Gesellschaften aufspalten (und danach selbst erlöschen) oder aber einen oder mehrere Teile von sich in neue Gesellschaften abspalten (und dabei mit ihrem Rest fortbestehen) oder einen Teil von sich in eine Tochtergesellschaft ausgliedern. All das geschieht jeweils uno actu (mit Eintragung ins Handelsregister) und ohne Auflösung und Liquidation. In allen diesen Fällen ist ein Beschluss der Gesellschafter mit satzungsändernder Mehrheit erforderlich.

VII. Verbundene Unternehmen (Konzerne)


1. Das Recht der verbundenen Unternehmen (Konzernrecht) ist im AktG 1965 erstmals geregelt worden (§§ 15 ff., 291 ff. AktG). Zu den verbundenen Unternehmen zählen nach § 15 AktG Unternehmen, die im Verhältnis zueinander im Mehrheitsbesitz stehen (§ 16 AktG), sowie abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG). Ein Konzern liegt vor, wenn ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind (§ 18 I, II AktG). Das Konzernrecht versucht, dem Schutzbedürfnis von Gesellschaftsgläubigern und Minderheitsgesellschaftern gerecht zu werden, da das Gesellschaftsrecht auf unabhängige Gesellschaften zugeschnitten ist und dabei die mit der Konzernierung einhergehenden Probleme vielfach nicht bedacht worden sind. Trotz formaler Selbständigkeit von Unternehmen können rechtliche oder tatsächliche Verbindungen und Abhängigkeiten zum einen durch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen von Gesellschaften an anderen Gesellschaften geschaffen werden, andererseits durch vertragliche Abreden zwischen zwei Gesellschaften. Das Konzernrecht versucht dabei, durch materielle Bestimmungen die wirtschaftlich und rechtspolitisch oft durchaus sinnvollen Konzentrationen (Fusion; Mergers & Acquisitions) mit den damit verbundenen Gefahren für Aktionäre und Gläubiger in Einklang zu bringen. So wird etwa die durch einen Beherrschungsvertrag begründete Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens durch eine gesteigerte Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens und ihre entsprechende Haftung kompensiert (§ 309 AktG); außerdem muss das herrschende Unternehmen dann jeden Jahresfehlbetrag erstatten oder gar für die Schulden der Tochter haften (§§ 302, 303 AktG). Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291, 292 AktG und ihre Änderung bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung (qualifizierte Mehrheit, §§ 293, 295 I AktG) sowie der Eintragung in das Handelsregister. Die außenstehenden Aktionäre können Abfindung oder eine Dividendengarantie verlangen, deren Höhe durch das Gericht kontrolliert wird (§§ 304 – 306 AktG). Fehlt ein Beherrschungsvertrag, bestehen aber dennoch Abhängigkeiten zwischen Gesellschaften (sog. faktischer Konzern), so gelten die Sondervorschriften der §§ 311 ff. AktG. Im Übrigen bestehen spezielle Mitteilungspflichten für Unternehmen, denen mehr als 25% (bei börsennotierten AGen: mehr als 10%) der Aktien einer inländischen AG gehören (§ 20 I AktG).
2. Die Konzernrechnungslegung ist durch spezielle Vorschriften in den §§ 290 ff. HGB geregelt. Für börsennotierte AGen gilt hier aufgrund der EU-VO vom 19. Juli 2002 (VO-EG Nr. 1606/2002) und des deutschen Bilanzrechtsreformgesetz vom 4. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3166) ab dem Geschäftsjahr 2005 die Pflicht zur Aufstellung des jährlichen Konzernabschlusses nach internationalen Regeln (IFRS).

VIII. Europarechtliche Entwicklungen


1. Stand der Rechtsangleichung


Das Recht der AGen kann heute nicht mehr als nationales Recht verstanden werden. Dies zeigt sich daran, dass seit 1968 viele der wesentlichen Änderungen des AktG auf der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union beruhen. Nach Art. 44 II lit.g, 94, 95 EG-Vertrag besteht eine Kompetenz der EU zum Erlass von Koordinierungsrichtlinien im Gesellschaftsrecht. So beruhen die Publizitätspflichten der AG heute auf der Umsetzung der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vom 09.03.1968 (Publizitätsrichtlinie, 68/151/EWG). Die Zweite Richtlinie vom 13.12.1976 (Kapitalrichtlinie, 77/91/EWG) beschäftigt sich mit der Gründung und Erhaltung bzw. Änderung des Kapitals von AGen und enthält u.a. Regelungen über die Erhöhung bzw. die Herabsetzung des Kapitals, das Bezugsrecht und das grundsätzliche Verbot des Erwerbs eigener Aktien; sie ist durch vielfältige Änderungen im AktG in deutsches Recht integriert worden. Die 3. Richtlinie vom 09.10.1978 (Fusionsrichtlinie, 78/855/EWG) und die 6. Richtlinie vom 17.12.1982 (Spaltungsrichtlinie 82/891/EWG) sind in das deutsche UmwG eingearbeitet worden. Die Regelungen der 4., 7. und 8. Richtlinie wurden in Deutschland durch das schon genannte Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985 in das 3. Buch des HGB übernommen. Nach einer längeren Pause sind in den Jahren 2004 und 2005 zwei wichtige Richtlinien der EU zur AG verabschiedet worden: diejenige zu Übernahmeangeboten (2004/25/EG) und die zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (2005/56/EG). Beide sind noch nicht in das deutsche Recht übergeleitet worden, doch wird das im Lauf des Jahres 2006 durch entspr. Änderungen im WpÜG bzw. UmwG geschehen. Aktienrecht ist also in Europa keine nationale Angelegenheit mehr, was auch bei der Rechtsanwendung zu beachten ist (richtlinienkonforme Auslegung), die insoweit unter der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg steht. Problematisch für die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts ist jedoch, dass äußerlich oft nicht erkennbar ist, welcher Teil des vorgefundenen Rechts europäischen Ursprungs ist.

2. Europäische Aktiengesellschaft


Nach 40 Jahren voller Entwürfe und Beratungen hat der Ministerrat der EU am 8. Oktober 2001 die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) verabschiedet; sie ist am 8. Oktober 2004 in allen 25 Mitgliedsländern der EU und den drei EWR-Staaten mit unmittelbarer Geltung in Kraft getreten. Allerdings enthält sie nur Teile eines europäischen Aktiengesetzes (vor allem: Gründung und Leitung) und verweist im Übrigen auf das nationale Recht am Sitz der betreffenden SE (Societas Europaea). Es gilt also nur teilweise (ca. 40 %) ein einheitliches, für jede SE gleichermaßen anwendbares Recht, im übrigen (ca. 60 %) gilt entweder speziell für die SE geschaffenes nationales Recht (in Deutschland: Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft – SEEG – vom 22. Dezember 2004, BGBl. I, S. 3675) oder allgemeines Aktienrecht, in Deutschland also das AktG.
Vorzüge dieser SE sind: Möglichkeit der Wahl zwischen der monistischen (board) und der dualistischen (VorstandAufsichtsrat) Verfassung; Möglichkeit der Sitzverlegung über die Grenze; Gründung durch grenzüberschreitende Verschmelzung (z.B. Deutsche Allianz AG mit der italienischen RAS); Möglichkeit der Zulassung der Aktien an jeder Börse in Europa.
Nachteile sind: Die SE kann nur durch Gesellschaften, nicht durch natürliche Personen gegründet werden.
Die Frage der Mitbestimmung war über Jahrzehnte hin das entscheidende Hindernis; denn in Frankreich und Großbritannien, in Belgien, Griechenland und Spanien ist unternehmerische Mitbestimmung unbekannt. Die in der SE-Verordnung gefundene Lösung lautet: Zunächst hat die Leitung der Gründungsgesellschaften mit den Arbeitnehmern über die Mitbestimmung zu verhandeln. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie für die betreffende SE maßgebend. Wird eine Einigung nicht erreicht, so gilt die weitestgehende Mitbestimmung in einer der Gründungsgesellschaften (Beispiel Allianz/RAS: die deutsche Allianz AG ist paritätisch mitbestimmt; die italienische RAS ist nicht mitbestimmt: es gilt die deutsche paritätische Mitbestimmung). Für deutsche Gesellschaften ist diese Regelung sehr nachteilig.

IX. Ausblick


Das deutsche Recht der Kapitalgesellschaften war über ein Jahrhundert hinweg geprägt von der tiefen Zweiteilung in Aktienrecht und GmbH-Recht. Dieser Unterschied besteht fort und wird fortbestehen. Inzwischen aber bahnt sich durch eine Spaltung des bislang einheitlichen Aktienrechts in ein solches für börsennotierte AGen und ein solches für nicht börsennotierte AGen eine Dreiteilung an. Sowohl im AktG selbst (z.B. §§ 3 II, 121 V Satz 2, 130 I Satz 3) als auch im HGB und vor allem im WpHG finden sich entsprechende Sondervorschriften. Auch die Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über die Einhaltung der Regeln zum Anlegerschutz in solchen börsennotierten AGen wird diese Spaltung mehr und mehr vertiefen. Diese Tendenz entspricht auch derjenigen in Europa (insb. Frankreich).
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